Ausgeblättert

John C. Warner<img alt="image" src="https://eu-central-1.graphassets.com/Aype6X9u2QGewIgZKbFflz/dBu8tduXRgSUTiN1DdjZ">Vor über zwanzig Jahren formulierten Anastas und Warner in ihrem Werk „Green Chemistry: Theory and Practice“ zwölf Prinzipien der grünen Chemie. Sie begründeten damit dieses Fachgebiet und legten den Grundstein für eine nachhaltige chemische Produktentwicklung.My biggest privilege as scientist is …having the ability to explore crazy ideas that are important to me that I believe will be important to others.The biggest surprise of my career as a researcher was …realizing how sometimes the most obvious solution to a problem has often not been explored.I studied chemistry because …I really liked Physics and Biology. Out of indecision between the two, I decided (Physics + Biology) / 2 = Chemistry. So, I studied Chemistry.Which is the secret of your biggest success as a researcher?I often am not smart enough to know why I shouldn’t try something…A talent I’d like to have is …speaking many languages.This is the ideal morning for me:Starts with a new crazy idea, followed by some work in the lab that shows that the crazy idea wasn’t so crazy after all.The best advice I ever got is:„Do things you can do that will likely not be done by others“ (my Boss/Mentor from Polaroid – Dr. Lloyd Taylor).If I could be another person for one day, I would be …A chemistry student in the year 2122.My best ideas arise while I’m …Thinking about some process or material in the natural world.In a spare hour …I sit playing the piano while my daughter sings and dances.If I could spend a day with the person behind my prize‘s eponym, I would …… tell him of all the amazing things his works enabled. Describe some of the things that have happened in the last 130 years. And just listen to what he had to say!Der US-amerikanische Chemiker John Charles Warner, Jahrgang 1962, ist Mitbegründer der Grünen Chemie. Warner forschte etwa zehn Jahre bei Polaroid, bevor er an den Universitäten of Massachusetts in Boston und Lowell in verschiedenen Positionen arbeitete. Warner ist wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Zymergen sowie Mitbegründer und Präsident von Beyond Benign. Das Unternehmen unterstützt Lehrende mit Materialien und mehr, um nachhaltige Chemie in die chemische Ausbildung integrieren zu können.

Ansichten eines Preisträgers

John C. Warner

John C. WarnerVor über zwanzig Jahren formulierten Anastas und Warner in ihrem Werk „Green Chemistry: Theory and Practice“ zwölf Prinzipien der grünen Chemie. Sie begründeten damit dieses Fachgebiet und legten den Grundstein für eine nachhaltige chemische Produktentwicklung.My biggest privilege a...

Die Menschheit trinkt Unmengen Kaffee und verbraucht dabei pro Jahr rund zehn Millionen Tonnen Kaffeebohnen. Nachdem die interessanten, aber dünn gesäten Komponenten wie Koffein und Geschmacksstoffe extrahiert sind, bleibt beinahe ebenso viel Kaffeesatz zurück. Was soll man damit anfangen? Die Nutzung für Zukunftsprognosen ist etwas aus der Mode gekommen, obwohl der Trend zur alternativen Wahrheitsfindung sie jederzeit wiederentdecken kann.Man kann seine Pflanzen damit düngen, was ich an meinem Zitronenbäumchen praktiziere. Das hat es mir bisher nicht übelgenommen – da Zitruspflanzen auch Koffein produzieren,1) hoffe ich, dass die Pflanze im Kaffeesatz noch Bausteine für diese Synthese findet.Doch der Großteil der Millionen Tonnen an Kaffeesatz fällt bei den kommerziellen Kaffeekochern und bei der Herstellung löslichen Kaffees an. Um diese Produzenten davon zu überzeugen, den Kaffeesatz nicht in den Müll zu werfen, müsste man eine kommerziell lohnende Verwendung finden und ihnen das Material abkaufen.Einen kleinen Schritt in diese Richtung unternahmen jetzt Forscher:innen in Tokio: Sie kochten ganze zehn Milliliter Kaffee und stellten aus dem filtrierten Rückstand Wasserstoffperoxid her.2) Einfaches Inkubieren des Kaffeesatzes in Natriumphosphatpuffer (pH 7,4) bei 30 °C im Dunkeln über 48 Stunden reichte für 0,72 mM H2O2. Diese nutzten die Forscher:innen dann sogleich, um Russig’s Blue und Styroloxid mit der bakteriellen P450-Peroxygenase CYP152A1 zu synthetisieren. In einem parallelen Experiment gelangen die gleichen Synthesen auch mit Wasserstoffperoxid aus Tee-Rückständen, die sogar 1,64 mM H2O2 lieferten.Die Idee hinter dem Experiment: Die als Antioxidanzien geschätzten Polyphenole in Tee und Kaffee dienen als Reduktionsmittel und reduzieren den Sauerstoff der Luft zu Wasserstoffperoxid. Dies, so argumentieren die Autor:innen, sei nachhaltiger als Wasserstoffperoxid aus dem industriell üblichen Anthrachinonverfahren. Denn dieses ist zwar auf dem Papier ein eleganter geschlossener Kreislauf, verläuft aber wegen der unvereinbaren Lösungsmittelbedürfnisse der Reaktanden in der Praxis nicht ganz so glatt und erzeugt unerwünschte Nebenprodukte.Es ist natürlich willkommen, wenn sich ein Abfall erzeugender Industrieprozess durch eine nachhaltigere Lösung auf Basis von Abfällen ersetzen lässt. Aber wir wissen immer noch nicht, was im Endeffekt aus dem Kaffeesatz und den Teerückständen wird. Denn die vorgeschlagene Nutzung entzieht dem Material, soweit ich das überblicke, lediglich die zwei Wasserstoffatome, die dann im Wasserstoffperoxid landen. Die zehn <link href="#nadc20224127363-fig-0001">Millionen Tonnen Abfall werden dadurch nicht deutlich weniger. Da das Material oxidiert wird, ist der Prozess – zumindest sprachlich – beinahe das Gegenteil einer Abfallreduzierung.<figure xml:id="nadc20224127363-fig-0001"><figure><img alt="image" src="https://eu-central-1.graphassets.com/Aype6X9u2QGewIgZKbFflz/ucBagxZR9mekG0BwGv7w"><figcaption><label>Abb.1: </label>„Die neue Ariane 6-K gewinnt in der ersten Stufe Wasserstoffperoxid als Oxidator aus recyceltem Kaffeesatz, dann jagt sie letztgenannten durch die Brennkammer, als effiziente Rückstoßmasse.“ Roland Wengenmayr</figcaption></figure></figure>Weitere Anschlussnutzungen werden also dringend gesucht – bevorzugt solche, die auch den Kohlenstoff der Biomasse nutzen und nicht nur Wasserstoffatome. Die Autor:innen verraten nicht, wie sie die jeweils 0,2 g Kaffee- und Teerückstände aus ihren Experimenten endgültig entsorgt haben. Vermutlich könnte man sie auch nach ihrer partiellen Oxidation noch zum Düngen verwenden.Michael Groß<a href="https://www.michaelgross.co.uk" target="_blank">www.michaelgross.co.uk</a><ul class="references" xml:id="nadc20224127363-bibl-0001" cited="no" style="numbered"><li xml:id="nadc20224127363-bib-0001">1 M. Groß, Chem. Unserer Zeit 2013, 47, 146</li><li xml:id="nadc20224127363-bib-0002">2 H. Kawana et al., ACS Omega 2022, 7, 20259–20266</li></ul>

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