Ausgeblättert

Elementerätsel

Erfahrene Elementer&auml;tsler und -r&auml;tslerinnen ahnen schon, was im Aprilheft traditionell auf sie zukommt: Das gesuchte Element muss nicht unbedingt im PSE zu finden sein &hellip;
Ist das gesuchte Dings &uuml;berhaupt ein Element? Und wie k&ouml;nnte man das beweisen? (Alle R&auml;tselfreunde und -freundinnen, die uns ein plausibles Gedankenexperiment schicken, kriegen einen Extrapunkt.)
Das gesuchte Element hat schon mehrere Tausend Jahre Fantasy hinter sich, von den alten Griechen bis zum Comic-Superhelden. Sie wissen schon, der mit den langen Fingern&auml;geln.
Achtung Verwechslungsgefahr! Und zwar mit dem h&uuml;bschen Molek&uuml;l, das in Organik-Pr&uuml;fungen gern genutzt wird, um in der faszinierenden Symmetrie der Punktgruppe Td zu schwelgen.
Welches Element ist gesucht? Senden Sie die L&ouml;sung bis zum 25. April an <a href="mailto:nachrichten@gdch.de">nachrichten@gdch.de</a>; unter den richtigen Einsendungen losen wir eine siegreiche aus (es gibt auch was zu gewinnen!). Die Aufl&ouml;sung steht im n&auml;chsten Heft.
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<figure><img alt="image" src="https://eu-central-1.graphassets.com/Aype6X9u2QGewIgZKbFflz/cm8wkfmuc4lr507tdpbxegq3c">
<figcaption><label>Abb.1: </label>Bilder: Creative Imag / Adobe Stock; Ernest Hopkins / Imperial War Museums</figcaption>
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Aufl&ouml;sung aus Heft 3: Tellur
Wer den Hinweis 1 ins Englische &uuml;bersetzt hat und dann noch ein bisschen Latein und Etymologie beherrschte, hatte gleich die L&ouml;sung: Tellur stammt vom lateinischen Wort tellus (tell us), also Erde. W&auml;hrend Erde in den meisten Haushalten selten sein d&uuml;rfte, sind Tee und Teller dagegen recht h&auml;ufig.
Noch etwas brauner als der gezeigte Tee sind die Diphtherie-Erreger Corynebacterium diphtheriae, wenn sie auf K2TeO3-versetztem Agar gez&uuml;chtet werden. Da die Bakterien diese Verbindung zu elementarem Tellur reduzieren, erscheinen sie schwarz. Diptherie haben wir frech als &bdquo;braunen W&uuml;rger&ldquo; benannt.
Die Struktur kristallinen Tellurs wurde im Jahr 1924 durch R&ouml;ntgenbeugung gekl&auml;rt &ndash; Jubil&auml;um im letzten Jahr!
Tellur findet sich nur in wenigen Anwendungen, da es teuer herzustellen ist und billigere Stoffe meist gleichwertig sind.
Dimethyltellurid stinkt &auml;hnlich stark wie Schwefelwasserstoff. Wer sich mit Tellurverbindungen vergiftet, f&auml;llt meist zun&auml;chst durch Knoblauchgeruch auf.

Elementerätsel 4/2025

Das Unbezwingbare

Vom Eise befreit sind Strom und BächeDurch des Frühlings holden, belebenden Blick,Am Wegrand blühen die Osterglocken …Halt, nein, die hat Goethe nicht erwähnt – obwohl sie doch zum Frühling dazugehören und die echten Glocken dem Faust das Leben gerettet haben.In den Supermärkten lassen geschnittene Osterglocken gerade die Kassen klingeln, und in vielen Haushalten einschließlich meinem tauchen jede Woche neue hellgelbe Blüten auf. Tatsächlich finde ich aber die alternden Blumen mit ihren verschiedenen Orangetönen und Texturen schöner.Was tun mit den welken Blüten, wenn es zu viele werden? Ich hatte ursprünglich ausschließlich an Farbstoff-Extraktion gedacht. Inzwischen habe ich aber gelernt: Es gibt noch andere interessante Verwendungen für Osterglocken (Narcissus pseudonarcissus) und die verwandten Arten in der Gattung Narcissi.So könnte die Blume helfen, die Klimakatastrophe zu bremsen.1) Denn eins ihrer Alkaloide, Haemanthamin, kann die Methanproduktion von Rindviechern verringern. Chemisch leicht modifiziert, etwa durch Verestern mit Buttersäure, unterdrückt es in Wiederkäuermodellmägen die Methanemission fast vollständig.Das harmlose Image der Osterglocke könnte bei der Akzeptanz neuer Methanbremsen helfen. Bei bisherigen chemischen Mitteln zur Abgasvermeidung ist die nicht immer gegeben. Ein Milchbetrieb in Oxford, der immer noch Glasflaschen an die Tür liefert, erklärt: Seine Kühe würden auf keinen Fall mit dem etablierten Nahrungszusatz Bovaer gefüttert (obwohl der nicht nur den Methanausstoß verringert, sondern außerdem nach meinem Informationsstand für die Tiere sicher ist und in der Milch nicht nachweisbar). Ich kann mich nicht erinnern, dass die Milchbauern anno dazumal ähnliche Einwände gegen Antibiotika als Wachstumsbeschleuniger in der Viehzucht geäußert hätten. Diese brandgefährliche Praxis, die zur Verbreitung resistenter Krankheitserreger beiträgt, hatte die EU im Jahr 2006 verboten.Falls es mit den Kühen nicht klappt, haben die Osterglocken andere Wirkstoffe in petto, etwa das Alzheimer-Medikament Galantamin. Dieser Acetylcholinesterase-Inhibitor ist in Deutschland als Reminyl erhältlich; er bremst bei leichter und mittlerer Demenz den kognitiven Abbau und stärkt das Gedächtnis. Außerdem dient er als Antidot gegen bestimmte Gifte und hemmt Entzündungen bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Galantamin hat seinen Namen vom kleinen Schneeglöckchen (Galanthus nivalis) – aber Sie können sich vorstellen, dass die Gewinnung aus Osterglocken etwas weniger mühsam ist.In Antike und Mittelalter waren diese Wirkstoffe nicht bekannt. Dennoch nutzte man die Osterglocke etwa gegen Haut- und Erkältungskrankheiten, als Brechmittel sowie gegen Keuchhusten. Offenbar ein sehr vielseitiges <link href="#nadc20254150119-fig-0001">Gewächs, auch wenn seine Nützlichkeit dem Doktor Faustus (vielleicht) nicht bewusst war.<figure xml:id="nadc20254150119-fig-0001"><figure><img alt="image" src="https://eu-central-1.graphassets.com/Aype6X9u2QGewIgZKbFflz/cm8wkez387jwa07ta61mtlfv5"><figcaption><label>Abb.1: </label>„Eigentlich ganz hübsch, diese kleine Nebenwirkung unseres methanreduzierenden Wirkstoffs!“ Cartoon: Roland Wengenmayr</figcaption></figure></figure>Michael Groß<a href="https://www.michaelgross.co.uk" target="_blank">www.michaelgross.co.uk</a><ul class="references" cited="no" style="numbered" xml:id="nadc20254150119-bibl-0001"><li xml:id="nadc20254150119-bib-0001">1 Aus dem Farmersjournal, <url href="https://t1p.de/x147s"><a href="https://t1p.de/x147s" target="_blank">t1p.de/x147s</a></url></li></ul>

Meinungsbeitrag

Osterglocken fürs Klima

Woher mein Name kommt? Erz&auml;hl&lsquo;s uns, aber nicht auf Deutsch.
Es gibt mich &ndash; kurz und lang in leicht abgewandelten Schreibweisen &ndash; in jedem Haushalt.
Eine Verbindung von mir macht den braunen W&uuml;rger sichtbar.
Wie mein Innerstes normalerweise aussieht? Diese Erkenntnis hatte letztes Jahr Jubil&auml;um.
Brauchen tut man mich kaum. Weder Mensch noch Ding.
Eine Verbindung von mir kennt man als fiesen Stinker. Da stehe ich meinem PSE-Nachbarn in nichts nach.
Welches Element ist gesucht? Senden Sie die L&ouml;sung bis zum 21. M&auml;rz an <a href="mailto:nachrichten@gdch.de">nachrichten@gdch.de</a>; unter den richtigen Einsendungen losen wir eine siegreiche aus (es gibt auch was zu gewinnen!). Die Aufl&ouml;sung steht im n&auml;chsten Heft.
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<figure><img alt="image" src="https://media.graphassets.com/BQDSxaS2QaGBTsSNrIW2">
<figcaption><label>Abb.1: </label>Bilder: 5seconds, xamtiw / Adobe Stock; Wikimedia Commons / Centers for Disease Control and Prevention</figcaption>
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Aufl&ouml;sung aus Heft 2: Zink
Die gesuchte Leinwand f&uuml;r Abraham Lincoln ist der US-amerikanische Lincoln-Cent aus verkupfertem Zink.
Die meisten Zinkverbindungen sind farblos. Erhitzt man Zinkoxid, f&auml;rbt es sich gelb; in Anwesenheit des Oxids von Zinks &uuml;ber&uuml;bern&auml;chstem Nachbarn im Periodensystem, n&auml;mlich Cobalt, entsteht Rinmans Gr&uuml;n.
Der Libeskind-Bau des j&uuml;dischen Museums in Berlin ist ein Zick-Zack-Geb&auml;ude mit vielen spitzen (zinken) Winkeln, dessen Fassade aus Titanzink besteht.
In der Erdkruste ist Zink das 24-h&auml;ufigste Element, im Sonnensystem kommt es am 30-h&auml;ufigsten vor. Bei Eisenmangel kann Zink im K&ouml;rper Eisen im Protoporphyrin-Komplex ersetzen, sodass anstatt des roten H&auml;moglobins lilafarbenes Zinkprotoporphyrin entsteht.
Die Bilder zeigen Austern &ndash; mit 86 Milligramm pro 100 Gramm die zinkreichsten Lebensmittel &ndash;, H&ouml;rger&auml;te, die h&auml;ufig mit Zink-Luft-Batterien betrieben werden, und das Zinkmineral Sphalerit.

Elementerätsel 3/2025

Wenn anders, dann überall

Im vorigen Jahrzehnt glaubte ich noch, die Welt von ihren Irrungen abbringen zu können. Zum Beispiel davon, die DNA-Doppelhelix falsch herum abzubilden, also als linksgängige Schraube, obwohl sie eigentlich fast immer rechtsgängig ist. Mein Eifer ging so weit, dass ich Beispielbilder von Spiegelbild-Helices gesammelt habe – diese fanden sich nicht nur auf Buchumschlägen, sondern auch auf den Titelblättern etwa von Nature und Science. Bei Google zeigte damals zirka jede zehnte Abbildung zum Suchbegriff die DNA falsch herum. Einige davon habe ich dann in meinem Blog spiegelbildlich dargestellt, also mit der DNA in der richtigen Konformation und dem Text auf links.1)Geholfen hat es nichts. Im Januar 2025 ist der Anteil an Google-Suchergebnissen mit rund zehn Prozent spiegelverkehrter DNA bemerkenswert stabil. Und die Welt ist heute auf viel schlimmeren Irrwegen unterwegs. Also hat es keinen Sinn, gegen die Windmühlen der Chiralitätsfehler anzustürmen – auch wenn sie uns Chemiker:innen vielleicht mehr schmerzen als andere. Die Asymmetrie alles Lebendigen bereitet außer Bildredaktionen auch Forschenden Probleme dabei, den Ursprung des Lebens zu erklären. Denn die Wurzeln der Homochiralität sind weiterhin ungeklärt.Nun kommen Forschende hin und wieder auf die Idee, spiegelbildliche Biomoleküle herzustellen. Eine synthetische Protease aus d-Aminosäuren etwa faltet sich erwartungsgemäß zum Spiegelbild des natürlichen Enzyms und spaltet auch nur spiegelbildliche Substratproteine. Das war bisher nichts als eine ziemlich abstrakte Spielerei der Grundlagenforschung. Aber nun scheint es ernst zu werden.Spiegelbildliche Lebewesen dürften nicht mehr hergestellt werden, forderten schriftlich 38 Forschende etwa aus der synthetischen Biologie, denn spiegelbildliche Lebewesen zu entwickeln habe unabsehbare Risiken.2) Manche der Unterzeichnenden, etwa die in der alphabetischen Liste zuerst erscheinende Forscherin Katarzyna Adamala, hatten bereits Projekte zur Entwicklung spiegelbildlicher Mikroben begonnen und dann erschrocken innegehalten.Ginge es wirklich nur um die exakte Spiegelung, gäbe es vermutlich wenig zu befürchten. Enzyme aus d-Aminosäuren könnten natürliche Biomaterialien nicht verdauen. Entsprechende Spiegelbild-Mikroben würden kaum Nahrung finden und könnten uns nicht auffressen. Die Welt hinter den Spiegeln ließe sich prinzipiell von unserer Welt getrennt halten.Doch die Sorgen, die selbst notorische Vorprescher wie Craig Venter zum Innehalten bewogen haben, scheinen nicht aus der Spiegelung an sich zu resultieren: Potenzielle Anwendungen reichen von Sensoren bis Wirkstoffentwicklung. Die Forschung hinter den Spiegeln ist extrem teuer, da alle Moleküle von Grund auf falsch herum hergestellt werden müssen. Das würde niemand nur aus Neugier finanzieren. Um allerdings Spiegelbild-Mikroben kommerziell verwertbar zu machen, müsste es Mischformen geben, die sich von normalen Kohlenhydraten ernähren können. Das wäre tatsächlich eine Idee apokalyptischen Ausmaßes – die Mischwesen könnten die Biosphäre vernichten.Wenn das letzte Jahrzehnt eines gezeigt hat, dann das: Schlechte Ideen haben eine gute Chance, umgesetzt zu werden. Von Bitcoin bis Brexit. Wir müssen also aufpassen, dass das in diesem Fall nicht <link href="#nadc20254148295-fig-0001">geschieht.<figure xml:id="nadc20254148295-fig-0001"><figure><img alt="image" src="https://media.graphassets.com/1Y8KErUURxuoOENmN2d6"><figcaption><label>Abb.1: </label>„ … das wäre eine Erklärung, aber dann wäre sie ja extrem toxisch! Vielleicht ist sie eine Migrantin vom Asteroiden Bennu, da gibt‘s auch rechtsdrehende Aminosäuren …“ Cartoon: Roland Wengenmayr</figcaption></figure></figure>Michael Groß, <a href="https://www.michaelgross.co.uk" target="_blank">www.michaelgross.co.uk</a><ul class="references" cited="no" style="numbered" xml:id="nadc20254148295-bibl-0001"><li xml:id="nadc20254148295-bib-0001">1 <url href="https://proseandpassion.blogspot.com/2013/03/the-curse-of-inverted-helix.html"><a href="https://proseandpassion.blogspot.com/2013/03/the-curse-of-inverted-helix.html" target="_blank">proseandpassion.blogspot.com/2013/03/the-curse-of-inverted-helix.html</a></url></li><li xml:id="nadc20254148295-bib-0002">2 K. P. Adamala, D. Agashe, Y. Belkaid et al., Science 2024, 386, 1351</li></ul>

Alles spiegelverkehrt

98 Prozent der &bdquo;Leinwand&ldquo; eines Abraham-Lincoln-Portr&auml;ts bestehen aus mir.
Die meisten meiner Verbindungen sind farblos. Aus kaltem Schneewei&szlig; wird aber warmes Gelb &ndash; Gr&uuml;n, wenn mein &uuml;ber&uuml;bern&auml;chster Nachbar dabei ist.
Mein Name spiegelt sich in vielen Winkeln eines Libeskind-Werks, in dessen Fassade ich mich finde.
Sowohl in der Erdkruste als auch im Sonnensystem geh&ouml;re ich zu den 30 h&auml;ufigsten Elementen.
Fehlt dem Menschen ein essenzielles Spurenelement, &uuml;bernehme ich dessen Rolle. Ob dadurch das Blut lilafarben wird?
Welches Element ist gesucht? Senden Sie die L&ouml;sung bis zum 24. Februar an <a href="mailto:nachrichten@gdch.de">nachrichten@gdch.de</a>; unter den richtigen Einsendungen losen wir eine siegreiche aus (es gibt auch was zu gewinnen!). Die Aufl&ouml;sung steht im n&auml;chsten Heft.
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<figure><img alt="image" src="https://media.graphassets.com/xayilPTPeaQtc2rR7GKQ">
<figcaption><label>Abb.1: </label>Bilder: gontabunta, vvoe, JPC-Prod / Adobe Stock</figcaption>
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Aufl&ouml;sung aus Heft 1: Vanadium
Nach Blick ins PES l&ouml;sten findige Knobler:innen &bdquo;Gage&ldquo; und &bdquo;Asse&ldquo; zu Ga, Ge, As und Se auf. Mit diesen ist Vanadium &bdquo;auf Augenh&ouml;he&ldquo; in der 4. Periode. Das Sandwich mit fehlenden Beilagen war der Sandwichkomplex Vanadocen. Andere Sandwichkomplexe haben der 18-Elektronen-Regel folgend 18 Valenzelektronen &ndash; Vanadocen dagegen nur 15, drei Bel&auml;ge fehlen. Das Lied &bdquo;Wenn nicht jetzt, wann dann&ldquo; wurde von uns wie folgt verhunzt:
&bdquo;Wenn nicht jetzt, Vanadium.
Wenn nicht hier, h&auml;ng&lsquo; ich im Eisen rum.&ldquo;
Beim Reduzieren von Eisenerz im Hochofen f&auml;llt viel Vanadiumoxid an &ndash; eine wichtige Vanadiumquelle. Im Eisenerz entdeckte der Schwede Nils Gabriel Sefstr&ouml;m im Jahr 1831 (als Zweiter) Vanadium &ndash; im abgebildeten Publikationstitel war nur X durch V zu ersetzen. Fixiert fix: Manche Bakterien nutzen bei Molybd&auml;nmangel vanadiumhaltige Nitrogenasen, um Stickstoff zu fixieren. Schlie&szlig;lich war V zweimal buchst&auml;blich zu nehmen: V wie das Victoryzeichen und V wie Vendetta, ein Film, aus dem die abgebildete Guy-Fawkes-Maske stammt.

Elementerätsel 02/2025

Beschützer, Allrounder, Teamplayer

Die acht Milliarden Menschen auf unserem Planeten haben wahrscheinlich schon mindestens ebenso viele Papier-Kraniche gefaltet – allein meine Familie ist für Hunderte verantwortlich. Die Idee kommt zwar aus Japan, hat aber auf ihrem Weg zur Welteroberung einen kuriosen Umweg über Deutschland genommen: Der Begründer des Kindergartenkonzepts Friedrich Fröbel (1782 – 1852) hatte das Papierfalten aus Japan in seine Vorschulpädagogik integriert, um die Konzentration zu fördern. Japan importierte die Idee und bekam die Kraniche gleich mit zurück.Das 20. Jahrhundert lieferte neue Interpretationen, etwa die Assoziation mit Hiroshima und dem Protest gegen Atomwaffen, sowie neue und komplexere Faltmuster. Aber in den Kindergärten und Schulen rund um den Globus haben die Kraniche bis ins 21. Jahrhundert überlebt. Zusätzlich zur Konzentrationsübung, so ließe sich argumentieren, lernen die Kinder fürs Leben – denn Origami-inspirierte Falttechniken kommen oft zum Einsatz. Zum Beispiel dann, wenn komplexe Strukturen räumlich verkleinert und dann wieder größer werden sollen, wie bei Stents und Airbags.Im Rahmen der Covid-19-Pandemie wurde die Falterei dann auch Teil von Abwassertests. Ein Verfahren namens Lamp (loop-mediated isothermal amplification) zum Beispiel analysiert Nucleinsäuren.1) Es nutzt einen langen schmalen Papierstreifen aus fünf Panels; wechselnde Faltmuster und Mikrofluidikkanäle bringen die Proben mit den jeweils benötigten Reagenzien zusammen. Das Ergebnis ist nach 90 Minuten mit einem Smartphone auslesbar. Der Test kostet ein Pfund, ist also schneller und günstiger als ein Polymerase-Kettenreaktion(PCR)-Test, der zirka 60 Euro kostet(e) und mindestens mehrere Stunden dauerte. Eine ähnliche DNA-Papieranalyse war bereits für Malariatests entwickelt worden.2)Allerdings werden die Fans der klassischen Faltkunst enttäuscht sein von der schlichten Rechteck-Form des Tests. Anwendungen, bei denen nicht die Analytik, sondern die räumliche Papieranordnung im Vordergrund steht, greifen oft auf komplexere Origami-Werke zurück. Ein Beispiel sind Solarsegel bei Raumsonden. Da stellt sich aber die Frage, wer die ganze Knickarbeit machen soll, wenn gerade keine Kindergartenkinder zur Hand sind.Ganz schlaue Forscher:innen haben deshalb selbstfaltende Origami-Strukturen entwickelt. Eine Arbeitsgruppe am Shibaura Institute of Technology (SIT) in Japan etwa hat eine Methode demonstriert, die lediglich einen handelsüblichen Tintenstrahldrucker erfordert, um Bienenwabenstrukturen zu falten.3) Die könnten dann als Verpackung für empfindliches Obst oder als Isoliermaterial dienen. Dabei kontrahiert die aufgedruckte Farbschicht innerhalb von zehn Minuten so, dass sie das Papier zwingt, sich zu falten. Ganz ohne Kinderarbeit. <link href="#nadc20254147488-fig-0001">Origami-Magie.<figure xml:id="nadc20254147488-fig-0001"><figure><img alt="image" src="https://media.graphassets.com/EdUzBGT3QXGi8Xw3SJxL"><figcaption><label>Abb.1: </label>„Dieses Koffer-Wohnmobil aus supramolekularem Origami-Material spart uns die lästige Parkplatzsuche zwischen den Reisen!“ Cartoon: Roland Wengenmayr</figcaption></figure></figure>Michael Groß<a href="https://www.michaelgross.co.uk" target="_blank">www.michaelgross.co.uk</a><ul class="references" cited="no" style="numbered" xml:id="nadc20254147488-bibl-0001"><li xml:id="nadc20254147488-bib-0001">1 Y. Pan, B. Wang, J. M. Cooper, Z. Yang, Cell Rep. Phys. Sci. 2024, 5, 102154</li><li xml:id="nadc20254147488-bib-0002">2 G. Xu, D. Nolder, J. Reboud et al., Angew. Chem. Int. Ed. 2016; 55, 15250–15253</li><li xml:id="nadc20254147488-bib-0003">3 D. Naritomi, N. Hosoya, G. Ando et al., Mat. Des. 2022, 223, 111146</li></ul>

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