Gesellschaft Deutscher Chemiker

Trendbericht

Organische Chemie 2025

Nachrichten aus der Chemie, März 2025, S. 40-70, DOI, PDF. Login für Volltextzugriff.

Von Wiley-VCH zur Verfügung gestellt

Highlights von November 2023 bis 2024: die erste Einelektron-C–C-σ-Bindung und Anti-Bredt-Verbindung; gesättigte Heterocyclen elektrochemisch funktionalisieren; Ausrichten diskotischer Flüssigkristalle; enantioselektive Wagner-Meerwein-Umlagerung reiner Aliphaten; photokatalytisch von Furanen zu Pyrrolen; mit Ammoniak zu primären Arylaminen; Metallschrott recyceln mit ionischen Flüssigkeiten; terminale Alkene mit Ni-Katalysatoren zum (Z)- oder (E)-Alken isomerisieren;neue Fungizide, Medikamente und Alkaloide.

Medizinische Chemie

Bis Ende Oktober 2024 waren unter den von der FDA neu zugelassenen 36 Wirkstoffen (New Molecular Entities) 23 New Chemical Entities (NCEs), 11 New Biological Entities (NBEs), ein Oligonukleotid und ein Polymer. Resmetirom (Handelsname Rezdiffra von Madrigal Pharmaceuticals, Abbildung 1) ist das erste und bisher einzige zugelassene Medikament für die Behandlung der metabolischen Dysfunktion-assoziierten Steatohepatitis (Mash, ehemals Nash).1) Trotz weltweit zunehmender Inzidenz (drei bis fünf Prozent der globalen Bevölkerung) von Mash und intensiver Forschungsarbeiten gab es bislang keinen Wirkstoff, der effektiv und gleichzeitig sicher genug war, um Mash-Betroffene langfristig zu behandeln. Resmeritom ist ein leberspezifischer Agonist des Schilddrüsenhormonrezeptors b (THR-b), der den Fettstoffwechsel in der Leber verbessert und damit deren Verfettung verringert.

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Im Jahr 2024 als Medikament zugelassene New Molecular Entities: Wirkstoff, Markenname in Klammern.

Dem Hersteller Verona Pharma zufolge ist Ensifentrin (Ohtuvayre) das erste Medikament seit über zehn Jahren, das zur Behandlung der chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) zugelassen worden ist.2) Ensifentrin ist ein selektiver dualer Inhibitor der Enzyme Phosphodiesterase 3 und 4 (PDE3 und PDE4) und vereint bronchienerweiternde und nichtsteroidale entzündungshemmende Wirkungen in einem Molekül.

Das Medikament Cobenfy (Karuna Therapeutics und Bristol Myers Squibb) wurde zugelassen; es ist das erste seit Jahrzehnten mit einem neuen Wirkmechanismus zur Behandlung psychischer Erkrankungen.3) Cobenfy ist ein Kombinationsprodukt aus selektivem M1/M4-Muskarin-Agonisten (Xanomelin) und einem Muskarin-Antagonisten (Trospiumchlorid). Cobenfy soll eine Alternative zu Medikamenten sein, die auf den Dopamin-D2-Rezeptor abzielen. Während Xanomelin die Blut-Hirn-Schranke überwindet und im Gehirn wirkt, bleibt Trospiumchlorid in der Peripherie und kontert dort die Effekte Xanomelins. Das vermeidet unerwünschte Nebenwirkungen wie Übelkeit.

Tarlatamab (Imdelltra, Amgen) ist der erste zugelassene bispezifische T-cell Engager (Bite), mit dem sich kleinzelliger Lungenkrebs im fortgeschrittenen Stadium behandeln lässt.4) Tarlatamab-dlle, ein monoklonaler Antikörper, hat zwei Bindungsstellen: Eine Stelle bindet an ein Oberflächenmolekül (CD3) der T-Zellen, die andere an einen Liganden, der besonders auf der Oberfläche von Zellen des kleinzelligen Lungenkarzinoms vorkommt (DLL3). So bringt das Therapeutikum gezielt Immunzellen in die Nähe von Krebszellen, die daraufhin zerstört werden.

Christian A. Kuttruff, Julian Klepp Boehringer Ingelheim Pharma

christian.kuttruff@ boehringer-ingelheim.com

Elektrosynthese

Mit Elektrochemie lassen sich Moleküle reagenzfrei oxidieren, wobei meist Wasserstoff an der Gegenelektrode entsteht. Phosphine wurden in Gegenwart von Aminen zu Iminophosphoranen umgesetzt, dazu wurden Sulfonamide5) oder Cyanamid-Äquivalente als Substrate eingesetzt (Abbildung 2, oben).6) Die selektive Oxidation von Sulfiden zu Sulfoxiden ist nur schwer zu kontrollieren. Mit einem Mangan-Katalysator, entwickelt von der Gruppe um Strahl, ist diese Elektrooxidation nun hochselektiv möglich.7) Elektrosynthese eignet sich ebenfalls, um Plattform-Oxidationsmittel herzustellen, die sich dann in Folgereaktionen nutzen lassen. Das reaktive Peroxodicarbonat (Podic) wurde in der Dakin-Reaktion eingesetzt, bei der aromatische Aldehyde zu Phenolen umgesetzt werden. Da die Hydrolyse der Ameisensäureester-Intermediate erst einsetzt, wenn die Peroxidspezies abreagiert haben, lassen sich in hoher Ausbeute lösungsmittelfrei Hydrochinone und Brenzkatechine synthetisieren (Abbildung 2, unten).8) Polymere direkt mit Strom zu oxidieren, verspricht, Monomere aus Abfällen zurückzugewinnen. Wie die Gruppe um Ackermann zeigte, lässt sich Polystyrol zu Oxidationsprodukten wie Benzoesäure elektrochemisch abbauen.9)

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Elektrochemische Iminierung von Phosphinen. BDD = bordotierter Diamant; V2A = rostfreier Stahl.

Reduktion von Nitroverbindungen führt zu diversen Heterocyclen und kann elektrochemisch leicht auf der Stufe des Hydroxylamins gestoppt werden. Waldvogels Gruppe hat durch Nitroreduktion einen neuen Zugang zu dem für die Medizin relevanten Heterocyclus N-Hydroxy-thiadiazin-S,S-dioxid gefunden.10)

Reduktive Kreuzkupplungsreaktionen mit Nickel werden weiterhin breit angewendet. Oft sind diese Reaktionen aber nicht vollständig verstanden, und sie lassen sich nicht vorhersagen. Zink- und Mangansalze als Additive können die gekreuzte Kupplung von Elektrophilen beeinflussen. Um die elektrochemisch vermittelte Nickelkatalyse besser zu verstehen, wurde deren Effekt auf die Redoxpotenziale untersucht.11) Die Gruppe um Sevov hat zusätzlich stabile NiIII–Ar-Verbindungen elektrochemisch hergestellt und als Basis für C(sp2)–C(sp3)-Kreuzkupplungen eingesetzt12), und Baran et al. haben Protacs (Proteolysis Targeting Chimeras) über eine elektroreduktive Nickelkatalyse hergestellt.13) Die selektive 1,2-Addition von Olefinen hat die Gruppe um Wuttig realisiert, wobei es besonders wichtig war, die Redoxeigenschaften der Elektroden präzise einzustellen.14) Die elektrochemische Dehydrierung, gefolgt von 1,2-Additionsreaktionen, lässt sich auch auf wirkstoffrelevante Molekülstrukturen anwenden. So erreichten die Gruppen um Terrett und Lin sowie die Gruppe um Lambert die elektrochemische (Alkyl-)Fluorierung15) und Chlor-acetoxylierung16) gesättigter Heterocyclen (Abbildung 3).

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1,2-Funktionalisierung gesättigter Heterocyclen.

Ein Ziel der pharmazeutischen Forschung ist derzeit, Aromaten durch deren gesättigte Analoga zu ersetzen. Die Atobe-Gruppe hat eine elektrokatalytische Hydrierung von Heterocyclen, insbesondere Pyridin, entwickelt, um Piperidine herzustellen.17) Funktionalisierte Pyridine kommen von den Gruppen um Barham, Rehbein und Reiser, die diese durch direkte elektrochemische Kondensation herstellten.18)

Stabile C(sp3)–H-Bindungen in einer formalen Dehydrierung direkt zu aminieren, verspricht maximale Atomökonomie. Da diese Reaktion schwer umsetzbar ist, haben die Gruppen um Reek und Noël einen Reaktor entwickelt, der eine Elektrophotokatalyse im Fluss ermöglicht.19) Die elektrokatalytische Shono-artige Oxidation gesättigter Heterocyclen eignet sich ebenfalls zur direkten C(sp3)–H-Aminierung unter potentiostatischen sowie galvanostatischen Bedingungen (Abbildung 4).20) Umsetzungen mit Selectfluor-Derivaten ergaben elektrochemische C(sp2)–H-Aminierungen mit Ammoniumsalzen wie DABCOnium.21)

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Shono-artige direkte C(sp3)–H-Aminierung mit a) konstanter Spannung und b) konstantem Strom.

Leitsalze, vor allem Ammoniumsalze, entscheiden in der Elektrosynthese über den Erfolg einer Reaktion. Die Gruppen um Diezemann und Waldvogel haben eine virtuelle Ammoniumsalz-Bibliothek untersucht und darauf aufbauend ein Vorhersagemodell entwickelt, das bei zwei elektrochemischen Beispielreaktionen erfolgreich war.22)

Um elektroorganische Reaktionen besser für maschinelles Lernen zugänglich zu machen und deren Daten besser auswerten zu können, hat die Gruppe von Aspuru-Guzik Large Language Models entwickelt. Diese wurden am Beispiel von Aminierungsreaktionen als automatisiertes Protokoll für Literaturrecherchen (Reaction-Mining) erfolgreich getestet.23)

Sebastian B. Beil Siegfried R. Waldvogel MPI für Chemische Energiekonversion

sebastian.beil@cec.mpg.de, waldvogel@cec.mpg.de

Agrochemie

Im Bereich der Fungizide wurden im vergangenen Jahr drei neue Iso-Namen offengelegt (Abbildung 5). Bifemetstrobin (1a), das momentan von Sumitomo entwickelt wird, ist vermutlich ein Strobilurin-Fungizid, das den Komplex III der Atmungskette inhibiert.24) Das Substitutionsmuster am zentralen Phenylring ist für ein Strobilurin zwar ungewöhnlich, die Methoxyacrylat-Gruppe legt jedoch nahe, dass es sich um einen Vertreter dieser Substanzklasse handelt. (1a) wurde bereits vor mehr als 20 Jahren patentiert.25)

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Neue fungizide Entwicklungsprodukte (1).

Die Entwicklung von Fenopyramid (1b), einem weiteren Inhibitor der Atmungskette in Pilzen, wurde angekündigt.26) Das von Shandong United Pesticide Industry Co. veröffentlichte Pyrazolcarboxamid-Fungizid wirkt auf den Komplex II der Atmungskette (Succinat-Dehydrogenase). Die Struktur von Fenopyramid (1b) ähnelt Flubeneteram (1c); dieses wird momentan von Dongguan Hec Tech R&D Co. entwickelt und unterscheidet sich von Fenopyramid nur durch ein Chloratom anstelle einer Trifluormethylgruppe. Tatsächlich diente Flubeneteram als Startpunkt, um die biologische Aktivität zu optimieren, was letztlich zu Fenopyramid führte.27) (1b) soll gut gegen Erreger von Rostkrankheiten wirken. Feneptamidoquin (1d) ist ein Chinolin-Fungizid von Syngenta.28) Der genaue Wirkmechanismus von (1d) ist nicht öffentlich. Interessanterweise bezieht sich der Name Feneptamidoquin nur auf das (R)-Enantiomer. Dies könnte auf eine bessere fungizide Wirkung oder ein günstigeres regulatorisches Profil des (R)-Enantiomers gegenüber dem Racemat oder dem (S)-Enantiomer hindeuten.

Bei den Insektiziden wurden im letzten Jahr mehrere neue Wirkstoffe publiziert. Insgesamt sieben Strukturen wurden dem Iso-Komitee gemeldet (Abbildung 6, S. 44). Das meta-Diamid Piperflanilid (2a), das von der chinesischen Firma Jiangsu Yangnong entwickelt wird, gehört wie das Insektizid Broflanid zu einer Wirkstoffklasse mit breitem Wirkspektrum.29,30) Die Anwendungsbereiche sind beißende und stechend-saugende Insekten in Reis sowie Obst und Gemüse.31) Die eigentliche Wirkform von Piperflanilid sollte in Anlehnung an bekannte Vertreter dieser Klasse das demethylierte Amid sein, das metabolisch im Insekt freigesetzt werden muss.

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Neue insektizide Entwicklungsprodukte (2).

Ebenfalls von einer chinesischen Firma entwickelt wird Isoflualanam (2b).32) Das Isoxazolin ist wie Piperflanilid ein Modulator Gaba-gesteuerter Chloridionenkanäle mit allosterischer Bindestelle, die im Transmembranbereich des Ionenkanals angesiedelt ist. Die Firma Qingdao Kingagroot entwickelt (2b), um Raupen, Käfer, Milben, Blattläuse und Thripse in vielen Kulturen zu kontrollieren.32) Angeboten wird Isoflualanam als angereichertes Diastereomer mit (S)-Konfiguration im Isoxazolinring sowie d-Konfiguration an der Alanineinheit.

Die japanische Firma Nihon Nohyaku hat den Wirkstoff Cybenzoxasulfyl (2c) publiziert.33) Dieses Ethylsulfon ist strukturverwandt mit Oxazosulfyl und sollte den gleichen neuen Wirkmechanismus zeigen, der es interessant macht, um Insekten zu kontrollieren, die gegen Insektizide mit herkömmlichen Wirkweisen resistent sind.34) Sowohl in Obst und Gemüse als auch in Reis lassen sich mit Cybenzoxasulfyl beißende Wirbellose wie Käfer und Raupen kontrollieren. Durch die systemische Wirkung gehören selbst schwierig zu kontrollierende Insekten, die sich im Blattinneren aufhalten, zum Spektrum von (2c).35)

Tiapyrachlor (2d) heißt der neue Wirkstoff von Corteva.36) Corteva hatte zur Entwicklung des 3-Pyridyl-Wirkstoffs Tyclopyrazoflor keine Informationen bereitgestellt; er hat allerdings eine ähnliche Struktur wie (2d).37) Derart substituierte 3-Pyridine, zu denen auch Pymetrozin zählt, modulieren den TRPV-Kanal am Chortodonalorgan von Insekten und kontrollieren hauptsächlich beißend-saugende Spezies wie Blattläuse und Weiße Fliegen.38)

Der von der chinesischen Firma Shandong Kangqiao publizierte Wirkstoff Bentioflumin (2e) gehört mit seiner Trifluorethylsulfideinheit zu einer Strukturklasse, die auf die Kontrolle von Milben ausgerichtet ist.39) Der Stoff ist ein neuer Vertreter der Fluoralkylthiobenzole, zu denen die bekannten Wirkstoffe Flupentiofenox, Bisulflufen und Sulfiflumin gehören. Da (2e) gut in Blätter eindringt, soll es mehr als 25 Tage lang wirken.40)

Ein Wirkstoff mit einfacher Struktur ist Flumetnicam (2f), ein trifluormethylsubstituiertes Nicotinamid, das von Syngenta entwickelt wird.41) (2f) ist die biologisch aktive Form des bekannten Wirkstoffs Flonicamid, einem Inhibitor des Chortodonalorgans von Insekten, bei dem Flumetnicam erst durch Metabolismus aus dieser Pro-Form freigesetzt wird.42) Angewendet werden dürfte (2f) bei stechend-saugenden Insekten.

Die chinesische Firma Ningxia Huge Rise entwickelt den Oximcarbamat-Wirkstoff Sulfoxamyl (2g) gegen Nematoden.43) Ein Wirkmechanismus wird nicht beschrieben, jedoch lässt die Ähnlichkeit der Struktur zum bekannten Wirkstoff Oxamyl (2h) darauf schließen, dass (2g) die Acetylcholinesterase inhibiert. Sulfoxamyl ist die entsprechende Sulfonform des Oxamyls.

Im letzten Jahr berichteten wir über das Herbizid Icafolin-methyl ((3a), Abbildung 7).44) Bayer gab nun weitere Details zum Wirkmechanismus bekannt.45) (3a) soll sich von den Mikrotubulinhemmern unterscheiden, die bisher auf dem Markt sind. So wird eine pflanzenspezifische Bindung an β-Tubulin postuliert. Die Mikrotubulinwirkstoffe auf dem Markt binden entweder an α-Tubulin oder der genaue Mechanismus ist bisher unbekannt.

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Neue herbizide Wirkstoffe (3).

Ebenfalls Neues berichtete Syngenta vom Wirkstoff Metproxybicyclon (3b).46) Dieser neue Acetyl-CoA-Carboxylase(ACCase)-Inhibitor ist für die Nachauflaufanwendung in Soja bestimmt, um resistente Ungräser zu bekämpfen. Zudem wird eine Pre-plant-burndown-Anwendung beschrieben. Gemeint ist damit die Anwendung eines Herbizids kurz vor der Einsaat oder dem Einpflanzen der Kulturpflanzen. Markantes Strukturmerkmal von (3b) ist der ungewöhnliche Alkin-Substituent.

Syngenta beschreibt nun eine interessante Syntheseroute (Abbildung 8). Dabei wird aus Bicycloheptanon (4a) das Zwischenprodukt (4b) aufgebaut. Dieses Arylbromid reagiert in einer übergangsmetallkatalysierten decarboxylierenden Propinylierung mit der Butinsäure (4c) zum Arylalkin (4d). Das Produkt soll bei 110 °C in DMSO in Gegenwart von TBAF, 5 % PdCl2(PPh3)2 und 1,4-Bis(diphenylphosphin)butan (dppb) in 87 %-iger Ausbeute erhalten werden. Details zu den Versuchsbedingungen fehlen jedoch. Um die Verbindung großtechnisch zu produzieren, dürften wohl noch Veränderungen an dieser Syntheseroute notwendig sein.

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Synthese des Metproxybicyclon-Intermediats.

Die Forschung chinesischer Firmen fokussiert sich weiterhin darauf, Moleküle mit bekannten Wirkmechanismen zu entwickeln – sie zeichnet sich vor allem durch geringe Strukturabwandlung bekannter Marktprodukte aus. Die Liang Cynda Chemical Corporation entwickelt Feproxydim ((3c), Abbildung 7).47) Diese Verbindung gehört zu den seit den 1970er Jahren bekannten ACCase-Inhibitoren vom Typ der Aryloxyphenoxypropionate. Feproxydim wurde bereits im Jahr 1992 vom Unternehmen BASF patentiert.48) Die Struktur von (3c) unterscheidet sich nur geringfügig von bekannten ACCase-Hemmern wie Profoxidim (3d), das im Jahr 1999 an Markt eingeführt wurde. Der cyclische Thioester von (3d) ist bei Feproxydim durch eine 2-Ethylthio-1-propanylgruppe ersetzt. Dieses Motiv findet sich auch in anderen ACCase-Wirkstoffen, beispielsweise in den Marktprodukten Clethodim und Sedoxydim. (3c) wird als Isomerengemisch entwickelt. Lediglich das stereogene Zentrum an der Phenylethergruppe liegt zu 90 bis 100 Prozent in der (R)-Konfiguration vor.

Das Unternehmen Kingagroot entwickelt Cinflubrolin (3e) – ein nahes Derivat des Getreideherbizids Cinmethylin (3f), welches die Thioesterase der Fettsäuresynthese (FAT) inhibiert.49,50) (3e) unterscheidet sich von (3f) in der Substitution am Aromaten. Welche Auswirkungen diese Änderung zur Folge haben, ist bisher nicht bekannt.

Karsten Körber, Christian Winter, Markus Kordes BASF

Karsten.Koerber@basf.com Christian.A.Winter@basf.com, Markus.Kordes@basf.com

Enzymreaktionen

Die Sesquiterpencyclase Presilphiperfolan-8β-ol-Synthase (BcBOT2) ist ein Enzym aus Pilzen, das verschiedene C7-modifizierte Farnesylpyrophosphat-Derivate in sauerstoffhaltige Terpenoide umwandelt.51) Die Struktur von BcBOT2 wurde durch Alphafold2 vorhergesagt und durch das AMBER14-Kraftfeld optimiert. Wie die Arbeitsgruppe Kirschning mit molekularem Docking vorhersagte, katalysiert BcBOT2 eine zuvor nicht beschriebene Wagner-Meerwein-Umlagerung der Methoxygruppe dieser Farnesylpyrophosphat-Derivate (Abbildung 9a).

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a) Die Sesquiterpencyclase BcBOT2 katalysiert eine Wagner-Meerwein-Umlagerung zu neuen Terpenstrukturen; b) postulierter Biosyntheseweg zum Tropolon und zu hydroxylierten Tropolonen in Pseudomonaden; c) Einbau des direkten Sulfurylierungswegs in E. coli zur Nutzung Methanthiols als C1-Baustein.

Im Vordergrund der Publikation von Moffat et al. steht die Entschlüsselung der Enzymreaktionen, die an der Tropolon-Biosynthese in Pseudomonaden beteiligt sind.52) In vorangegangenen Arbeiten53) identifizierten Xie et al. das Biosynthese-Gencluster für die Produktion von 7-Hydroxytropolon (7-HT) und das erst kürzlich von Moffat et al.52) nachgewiesene 3,7-Dihydroxytropolon (3,7-dHT) (Abbildung 9b).

In einem frühen Schritt der Biosynthese sind eine Thiamindiphosphat-abhängige Decarboxylase und eine Coenzym-A-Ligase entscheidend. Beteiligt ist in einem späten Schritt außerdem eine konservierte Thioesterase zusammen mit einem Flavoprotein. Als Endprodukt des Biosynthese-Genclusters wird 3,7-dHT beschrieben.

S-Adenosylmethionin(SAM)-abhängige Methyltransferasen sind vielversprechende Enzyme für die selektive biokatalytische Alkylierung. Wie Mohr et al. zeigten, erhöht sich die Methylierungseffizienz um das bis zu 17-Fache, wenn ein direkter Sulfurylierungsweg aus der Bäckerhefe (Saccharomyces cerevisiae) in Escherichia coli eingeführt wird.54) Aus dem C1-Baustein Methanthiol produziert das Bakterium je nach Methyltransferase C-, N- oder O-methylierte Produkte (Abbildung 9c). Wird Methanthiol gegen längerkettige Thiolverbindungen ausgetauscht, ist auch Alkylierung möglich. E. coli wurde mit der passenden Enzymausstattung somit zu einem biotechnischen Wirt für bessere Methylierungs- und sogar selektive Alkylierungsreaktionen entwickelt.

Philipp Germer, Jennifer Andexer Universität Freiburg

philipp.germer@ pharmazie.uni-freiburg.de, jennifer.andexer@ pharmazie.uni-freiburg.de

Flüssigkristalle

Die Eigenschaften von Flüssigkristallen hängen von der Temperatur und ihrem Ordnungszustand ab, was sie attraktiv für die Entwicklung responsiver und adaptiver Materialien macht. Kombiniert mit der Dynamik von Iminbindungen ermöglicht dies, funktionelle Materialsysteme zu entwickeln, deren Eigenschaften sich in situ manipulieren lassen. Ein Beispiel hierfür haben Soberats und Mitarbeitende im Jahr 2024 vorgestellt.55) Die Arbeitsgruppe beeinflusste durch Zugabe verschiedener Amine (5) die flüssigkristallinen Eigenschaften des Aldehyds (6) (Abbildung 10). Dabei wurde das System so abgestimmt, dass sich ein isothermaler Phasenübergang von der nematischen in die kristalline, isotrope oder smektische Phase beobachten ließ.

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Amine (5) zur In-situ-Manipulation der flüssigkristallinen Eigenschaften des Aldehyds (6) und die Molekülstruktur des neuen Sternmesogens (7) der Arbeitsgruppe Lehmann.

In der organischen Elektronik versprechen diskotische Flüssigkristalle großes Potenzial, da besonders die kolumnare Anordnung der Mesogene die elektrische Leitfähigkeit erhöht. Noll et al. haben eine grundlegende Studie zu neuen diskotischen Flüssigkristallen vorgestellt.56) Sie funktionalisierten die Peripherie eines Sternmesogens mit drei Thyminbasen ((7), Abbildung 10) und untersuchten die Assemblierung der Mesogene. Wie sie dabei beobachteten, bildet sich eine ungewöhnliche kubische Phase (gyroid-Cubv). Diese wird durch Selbstassoziation der Thymineinheiten stabilisiert und führt zu einer dualen Nanosegregation der Thyminbausteine und konjugierten Oligo(phenylenvinylen)-Systeme. Temperaturerhöhung oder die Zugabe eines Adeninderivats als Thymin-komplementäre Base führt zu einem Übergang in eine kolumnar-hexagonale Phase (Colh) und zu einer höheren Ladungsträgermobilität. Solche kolumnaren Phasen mit Chromophoren zu kombinieren, ist vielversprechend, um organische Photovoltaikzellen zu entwickeln. Eine Schwierigkeit dabei ist, dass Chromophore mit ausgedehnten p-Systemen zu starken Wechselwirkungen neigen, die der Ausrichtung der kolumnaren Strukturen entgegenwirken – das senkt die Effizienz der Materialien. Eine Lösung hierzu kann sein, nicht-planare Mesogene zu nutzen, wie von Lehmann, Eremin und Mitarbeitenden berichtet.57) Sie untersuchten die photovoltaischen Eigenschaften schirmförmiger Flüssigkristalle auf Basis von Subphthalocyaninen ((8), Abbildung 11). Wie sich dabei zeigte, begünstigt die konische Form der Mesogene ihre Selbstorganisation zu kolumnaren polaren Strukturen. Das reine Mesogen zeigte eine geringe Ladungsträgermobilität. Durch Dotieren des Materials mit Fulleren-Derivaten wurde die photoelektrische Umwandlung einer Wellenlänge von 532 nm optimiert. Das Material zeigt verglichen mit anderen Systemen eine geringe Ladungsträgermobilität und eine anomale Feldabhängigkeit – Effekte, die noch nicht vollständig verstanden sind.

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Das schirmförmige Subphthalocyanin-Mesogen (8) und die ionischen Bausteine (9) zum Aufbau der diskotischen flüssigkristallinen Assemblate. Die Strukturen (10) bis (12) wurden in Hinblick auf ihre temperaturabhängigen Lumineszenzeigenschaften untersucht sowie die Struktur des flüssigkristallinen Elastomers (12), das im Heißprägeverfahren zur Herstellung strukturierter, adaptiver Oberflächen genutzt wurde.

Eine andere Möglichkeit, diskotische Flüssigkristalle auszurichten, ist ihre Selbstassemblierung in nanoporösen Festkörpern. Ein Problem hierbei ist jedoch, dass die Assemblierungsprozesse in räumlich eingeengten Systemen unzureichend verstanden sind, da Materialien unter solchen Bedingungen schwierig zu charakterisieren sind. Huber und Mitarbeitende untersuchten das Selbstassemblierungsverhalten der Dopamin-basierten ionischen Flüssigkristalle der Laschat-Gruppe (9) in nanoporösen Aluminiumoxid-Membranen. Dazu nutzten sie temperaturabhängige hochauflösende Doppelbrechungsmessungen und 3D Reciprocal Space Mapping basierend auf Synchrotron-basierter Röntgenstreuung.58) Dabei zeigte sich abhängig von der Hydrophilie der Membran und dem Verhältnis hydrophiler zu hydrophoben Strukturmerkmalen der Mesogene ein komplexes Phasenverhalten, das für die reinen Flüssigkristalle nicht beobachtet wurde. Wie die Ergebnisse der Arbeitsgruppen nahelegen, führt die räumliche Begrenzung der Mesogene in nanoporösen Membranen zu einer höheren Ordnung als im freien Material. Dadurch sollte sich die elektrische und optische Funktionalität verbessern.

Lumineszente Flüssigkristalle blieben im Fokus des Forschungsinteresses. Eine grundlegende Studie zur Phosphoreszenz von Platin(II)komplex-basierten Metallomesogenen (10) stellten Voskuhl, Giese, Strassert und Mitarbeitende vor.59) Die flüssigkristallinen Eigenschaften mit dem Emissionsverhalten der Metallkomplexe zu kombinieren, führt zu einem Emissionsverhalten, das sich durch Temperaturveränderungen kontrollieren lässt. Wie sich dabei zeigte, bilden Strukturen mit einem starken Dipolmoment im Molekülkern flüssigkristalline Phasen.

Eine weitere Studie zu lumineszenten Flüssigkristallen stellten Knöller et al. vor.60) Darin wurden mehrere neue flüssigkristalline Wirtsysteme (11) mit einem Boron-Carbazol-basierten Emitter (12) dotiert. Demnach beeinflusst die Anwesenheit des Emitters nicht die Struktur der Wirtmesogene. Werden die Wirt-Gast-Systeme optisch angeregt, so führt der effiziente Förster-Resonanzenergie-Transfer (FRET) fast ausschließlich dazu, dass der Dotand (12) Licht emittiert. Durch Variation des Wirtsystems zeigt sich dieser Effekt auch bei Raumtemperatur – ein wichtiger Schritt Richtung lumineszenter Materialien für optoelektronische Anwendungen.

Für neue Materialien in der Robotik (Soft Robotic) bieten flüssigkristalline Elastomere großes Potenzial. Im Jahr 2024 stellten Liu und Mitarbeitende einen neuen Ansatz vor, dual-responsive Aktuatoren herzustellen, die sich durch Licht und organische Lösemittel steuern lassen.61) Dazu entwickelte das Team eine Methode: Bei dieser führt die polymerisationsinduzierte Diffusion eines Thiol-Cross-Linkers zu einem Gradienten in der Vernetzung von Polymeren. Dies führt zu einer gerichteten Bewegung – ein vielversprechender Weg zu funktionellen Materialien für die Robotik.

Wissenschaftler:innen der Arbeitsgruppe Schenning strukturierten die Oberfläche flüssigkristalliner Elastomerfilme (13) in einem Prägungsprozess unter Hitze.62) So ließen sich Säulen mit einem Durchmesser von etwa 300 Mikrometern auf der Oberfläche positionieren, deren Form sich durch Temperaturunterschiede oder durch Bestrahlen manipulieren lässt. Weil die Integrität der Struktur der Filme unter anderem auf Wasserstoffbrückenbindungen zwischen Thiourethaneinheiten basiert, lassen sich die Materialien reprogrammieren, recyceln, und sie reparieren sich selbst. Somit handelt es sich um vielversprechende neue Materialien für die Herstellung smarter Oberflächen mit steuerbarer Mikrostruktur.

Michael Giese Universität Duisburg-Essen

michael.giese@uni-due.de

Physikalisch-organische Chemie und Computerchemie

In den 1930er Jahren postulierte Linus Pauling eine Ein-Elektron-σ-Bindung im H₂+-Radikalkation. Im Jahr 2024 untersuchten Forscher der Universität Hokkaidō, ob die chemische Oxidation von (14) mit Iod zur Bildung eines Radikalkations (15) führt, das eine bindende Wechselwirkung zwischen den ipso-Kohlenstoffatomen der Dibenzocycloheptatrien-Substituenten aufweist (Abbildung 12a).63) Die Ergebnisse einer Einkristallstrukturanalyse und von Dichtefunktionaltheorie-Rechnungen weisen darauf hin, dass in (15) tatsächlich eine Ein-Elektron-C–C-σ-Bindung mit einer Länge von 2,92 Å vorliegt. Eine Analyse des Raman-Spektrums von (15) stützt diese Interpretation.

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a) Die Oxidation von (14) zum Radikalkation (15), für das das Vorliegen einer Einelektron-C–C-σ-Bindung diskutiert wurde, die durch die gestrichelte Linie angedeutet ist. b) Die In-situ-Darstellung des Anti-Bredt-Olefins (17) und die Abfangreaktion dieses Intermediats mit Anthracen (ONf = Nonafluorbutansulfonat).

Im Jahr 1924 formulierte Bredt im Rahmen seiner Untersuchungen zu Eliminierungen an Bornan- und Pinan-Derivaten die nach ihm benannte Regel, die besagt, dass in bicyclischen Systemen mit Ringen, die jeweils aus höchstens acht Atomen bestehen, keine Doppelbindungen an Brückenkopfatomen auftreten können. Ein Forscherteam um Garg hat nun das Anti-Bredt-Olefin (17) durch eine Fluorid-vermittelte Eliminierung in situ aus (16) erzeugt. Die Bildung von (17) wurde durch eine Abfangreaktion mit Anthracen nachgewiesen (Abbildung 12b, S. 49).64) Ab-initio-Berechnungen, die im Rahmen dieser Studie durchgeführt wurden, zeigen, dass die Olefinspannungsenergie in (17) – definiert als die Differenz der Ringspannungen von (17) und des entsprechenden Alkans – 54,2 kcal · mol¹ beträgt.

Ein zentrales Ziel der computerchemischen Reaktionsentwicklung ist die Vorhersage der Regioselektivität chemischer Reaktionen. Mulks führte in diesem Zusammenhang das Konzept weicher und harter Elektronen sowie Löcher ein.65) Dieser Ansatz basiert auf der Differenz der Elektronendichten geschlossener und offenschaliger Zustände, die sich aus Rechnungen der Standard-Dichtefunktionaltheorie abgeleiten lassen. Dadurch lässt sich prognostizieren, an welchen Stellen eines Moleküls elektrophile oder nukleophile Reaktivität zu erwarten ist.

Da die Bindungsenergie einer C(sp³)–H-Bindung geringer ist als die einer H–H-Bindung, lässt sich molekularer Wasserstoff nicht homolytisch durch Alkylradikale spalten. Ein Forscherteam der Universität Tübingen unter Leitung von Wagner hat in Zusammenarbeit mit Meisner von der Universität Düsseldorf die hohe C–H-Bindungsstärke in Benzol genutzt, um phenylradikalvermittelt H₂ homolytisch zu spalten (Abbildung 13a).66) Dazu wurde Iodbenzol in einer H₂-dotierten Neon-Matrix mit UV-Licht bestrahlt. Die Reaktion des dabei entstehenden Phenylradikals mit Wasserstoff wurde durch die Bildung eines Benzol-HI-Komplexes bestätigt. Deuterierungsexperimente und quantenmechanische Rechnungen im Rahmen der Instanton-Theorie zeigen, dass Tunneleffekte für diese Reaktion entscheidend sind. Dies äußert sich in einem ungewöhnlich hohen kinetischen Isotopeneffekt bei der Verwendung von D₂.

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a) Homolytische Spaltung von H2 durch Phenylradikale, die in situ in einer wasserstoffdotierten Neon-Matrix erzeugt worden sind. b) Sterisch anspruchsvolle Substituenten bevorzugen in Cyclohexan-Derivaten mit anellierten Cyclopropanen eine axiale Ausrichtung. Das zeigen die freien Gleichgewichtsenthalpien, die durch NMR-Spektroskopie bestimmt wurden.

Es ist bekannt, dass sterisch anspruchsvolle Substituenten in Cyclohexan-Derivaten bevorzugt äquatoriale Positionen einnehmen. Zur Klassifizierung des sterischen Bedarfs von Substituenten wird der A-Wert verwendet, der die Präferenz für das äquatorial-substituierte Konformer beschreibt. Kanadische Wissenschaftler um Izzotti und Gleason berichten von Cyclohexanen mit anellierten Spirocyclopropanen, die ein abweichendes Verhalten zeigen: Hier ordnen sich vicinal stehende, sterisch anspruchsvolle Substituenten bevorzugt axial an. Die Präferenz für die axiale Orientierung der Substituenten nimmt mit steigendem A-Wert sogar zu (Abbildung 13b).67) Eine Analyse mit dem Natural-Bond-Orbital(NBO)-Modell deutet darauf hin, dass gauche-Wechselwirkungen mit der Cyclopropylgruppe jene Konformere destabilisieren, in denen die vicinalen Substituenten in äquatorialer Position stehen.

Urs Gellrich, Universität Hohenheim

urs.gellrich@uni-hohenheim.de

Porphyrine

Die Scholl-Reaktion bleibt Methode der Wahl, um Porphyrinbänder (Abbildung 14) herzustellen. So lieferte (18) unter Standardbedingungen fusionierte Porphyrin-Hexabenzocoronenkonjugate (19). In diesen verleihen die fünfgliedrigen Ringe dem Porphyrinkern Biradikalcharakter (Abbildung 14a).68) Nur durch die Sequenz in Abbildung 14b ließen sich die durchkonjugierten Porphyrin-Norcorrol-Porphyrin-Trimere präparieren.69) Hierzu mussten zunächst die β-β-Verknüpfungen im Porphyrin-Bodipy (20) installiert werden, was zu (21) führte. Nach Entfernen der BF2-Einheit wurde dann mit Nickelacetat das Chelat (22) erhalten, das in einer intramolekularen Homokupplung die Zielverbindung (23) lieferte. Einfacher gestaltete sich die Synthese fusionierter Diazaporphyrin-Porphyrin-Systeme (27) (Abbildung 14c): Suzuki-Miyaura-Kupplung von (24) und (25), gefolgt von oxidativer Kupplung in (26) ergab das Heterotrimer (27).70)

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Verwendung der Scholl-Reaktion zur Darstellung von a) Hexacoronen-Porphyrinbändern; b) Porphyrin-Norcorrol-Porphyrin-Systemen; c) Porphyrin-5,15-Diazaporphyrin-Heterotrimeren.

Der Austausch einzelner Atome im Makrocyclus ändert oft die Eigenschaften der Porphyrinoide. Miwa et al. stellten das 10-Platinacorrol (29) her (Abbildung 15a).71) Hierzu wurde ein Dibrom(bis)dipyrrin diboryliert und anschließend mit PdII metalliert, um die Konformation der Borylgruppen auf einer Seite zu fixieren (28). Transmetallierung lieferte dann (29). Austausch des cod-Liganden gegen Norbornadien ergab ein planares metalla-antiaromatisches System.

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Porphyrinoide mit Austausch von Ringatomen: a) Platinacorrol (29) und b) Verdohäm-Analog (31).

Den natürlichen Porphyrinen näher verwandt ist die Darstellung des Verdohäm-Analogs (31) (Abbildung 15b, S. 51). Aus Tetraarylporphyrinen (30) lassen sich über einfache Elektrosynthese analog zum natürlichen enzymatischen Hämabbau Verdohäm-artige Verbindungen und Biliverdine darstellen.72)

Mathias O. Senge

Trinity College Dublin

sengem@tcd.ie

Festphasen- und Flowsynthese

Für die organische Festphasenpeptidsynthese (SPPS) wurde N-substituiertes Iminothiolan (NIT) als Schutzgruppe für Lysin vorgestellt.73) Mit NIT wurde keine intramolekulare Migration beobachtet, anders als bei anderen Schutzgruppen wie N-1-(4,4-Dimethyl-2,6-dioxocyclohexyliden)ethyl) (Dde). Ähnlich wie Dde lässt sich NIT unter milden Bedingungen orthogonal entfernen (Abbildung 16).

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N-substituiertes Iminothiolan (NIT), eine neue Schutzgruppe für organische Festphasenpeptidsynthese.

Die Arbeitsgruppe um Choi entwickelte eine automatisierte kombinatorische Festphasensynthese von 4,4′-[(1E,1′E)-(2-Methoxy-1,4-phenylen)bis(ethen-2,1-diyl)]dianilin(BMB)-Fluoreszenzmarkern.74) Das Verfahren ermöglicht die Herstellung von 20 Derivaten über einen dreistufigen Syntheseweg in 72 Stunden. Die Hartrampf-Gruppe nutzte automatisierte Flow-Peptidsynthese, um chemisch modifizierte Peptide aus 57 Aminosäuren herzustellen, die sich anschließend enzymatisch zu Lasso-Peptiden umwandeln lassen.75)

Automatisierung ist auch ein Fokus in der Flowsynthese kleiner Moleküle. Laudadios Gruppe entwickelte einen automatisierten Reaktor für elektrochemische C–N-Kreuzkupplungen.76) Noël und Mitarbeitende berichteten über eine Flowplattform, die iterativ substratspezifische Bedingungen für photokatalytische Reaktionen durch Bayes‘sche Optimierung ermittelt.77) Die Lapkin-Gruppe nutzte einen ähnlichen Ansatz für Lithium-Halogen-Austauschreaktionen.78)

Die Vorteile der Flowsynthese für mehrphasige Reaktionen nutzte Monbaliu, um einen höheren Durchsatz bei der Synthese von Glycerin-1,2-carbonat zu erzielen (Abbildung 17a).79) Broumidis und Paradisi entwickelten ein poröses Polymer mit integriertem Photokatalysator, um eine Chloroperoxidase zu immobilisieren.80) Dieses bifunktionelle Material ermöglicht, Heterocyclen kontinuierlich photobiokatalytisch zu bromieren (Abbildung 17b). Kobayashi entwickelte einen heterogenen Rhodium-Katalysator für enantioselektive Hydroacylierungen (Abbildung 17c).81)

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Beispiele aktueller Flowreaktionen: a) mehrphasige Flowsynthese Glycerin-1,2-carbonats; b) Bromierung von Heterocyclen mit heterogener Photobiokatalyse in Flow; c) heterogener Rhodium-Katalysator für kontinuierliche Hydroacylierungen.

Bartholomäus Pieber, Institute of Science and Technology Austria

bartholomaeus.pieber@ist.ac.at

Grund- und Feinchemikalien

Die palladiumkatalysierte Kupplung von N-Nukleophilen mit Arylhalogeniden wird häufig genutzt, um Pharmazeutika und Pflanzenschutzmittel herzustellen – vom Labor- bis zum Industriemaßstab. Für primäre Arylamine wurden bislang gasförmiges und in organischen Lösungsmitteln gelöstes NH3 sowie Ammoniumsalze zusammen mit einem Überschuss an tert-Butoxid als Base verwendet. Eine hohe Selektivität zum primären Amin ließ sich nur durch maskierte Formen Ammoniaks erreichen, etwa Amide, Benzylamin oder Benzophenonimin. Durch Ligandenentwicklung hat die Gruppe um Hartwig zusammen mit Chemikern der BASF-Pflanzenschutzsparte nun diese wenig atomökonomischen Lösungen durch wässriges Ammoniak und gewöhnliches KOH ersetzt.82) Diese Reaktionsführung verhindert sowohl die Nebenreaktionen wie Diaryletherbildung, Hydrolyse und Weiterreaktion zum sekundären Amin als auch die Zersetzung des intermediär auftretenden Hydroxo-Palladiumkomplexes. Startpunkt der Entwicklung waren Dialkylarylphosphine wie sterisch gehinderte Brettphos-Derivate und Liganden mit einem Bispyrazol-Rückgrat. Während Brettphos-Typen neben der Zielreaktion die Phenolbildung begünstigten, katalysierte der tert-Butylbispyrazolligand kombiniert mit dem Präkatalysator (32) stärker die Reaktion von 1-Chlor-4-fluorbenzol (33) zum Diarylamin (35) (Abbildung 18, S. 54). Die sterische Hinderung am Phosphor wurde erhöht, indem tert-Butyl durch Adamantyl ersetzt wurde, und eine Methylgruppe wurde benachbart zur C–P-Bindung eingeführt. Dies fixierte mutmaßlich den tetrakoordinierten Palladiumkomplex (37) nach oxidativer Addition von Ar–X und unterdrückte so weitgehend die Bindung eines Arylamins als Reaktionspartner.82) Gleichzeitig wurde verhindert, dass sich ein unproduktiver Palladacyclus durch C–H-Aktivierung am Pyrazol bildet – das erhöhte die Umsatzzahl. Der neue Ligand KPhos wies nun eine Selektivität von Mono- zu Diarylierung von 178:1 auf. Viele andere unterschiedlich substituierte Chlor- oder Bromaromaten reagierten ebenfalls mit einem Verhältnis von über 20:1 (Bestimmung über NMR-Spektroskopie) im Sinne des primären Amins und Ausbeuten von 70 bis 96 Prozent. Darunter waren Ketone, Amide, Aniline, Nitrile, Nitro- und Trifluormethyl-substituierte sowie heteroaromatisch substituierte Chlor- und Bromaromaten. Ortho-substituierte Halogenaromaten werden stärker umgesetzt, wenn der Ligand ohne die Methylgruppe verwendet wird, wobei die Selektivität zum primären Amin erhalten bleibt. Beim Reaktionsmechanismus erwies sich die reduktive Eliminierung des L–Pd(NH2)(Ar)-Komplexes als geschwindigkeitsbestimmend; der Hydroxokomplex nach Ligandenaustausch von Cl gegen OH ist der Resting State des Katalysezyklus.82)

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Palladiumkatalysierte Aminierung von Chloraromaten mit wässrigem NH3.

Martin Ernst BASF

martin.ernst@basf.com

Nachhaltige Chemie

Angesichts knapper werdender fossiler Ressourcen sind zyklische Prozesse entscheidend, die auf Recycling und Ressourcenrückgewinnung setzen. Ein Beispiel der nachhaltigen Materialwiederverwendung ist die Umwandlung von PET-Abfällen in neue biologisch abbaubare Materialien. Dies untersuchten Qin et al. bei einem Polymer-zu-Polymer-Prozess mit aliphatischen Diolen und Dicarbonsäuren. Sequenzielles Umsetzen mit Ethylenglykol und Bernsteinsäure führte zu zugfesten Produkten, die sich als Verpackungsmaterial eignen (Abbildung 19).83) Untersuchungen zur biologischen Abbaubarkeit bewiesen: Mit zunehmendem Anteil an Additiv wird das Polymer besser abbaubar. Die Methode ermöglicht somit das rationale Design biologisch abbaubarer Polymere durch Abfall-Recycling.

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PET-Recycling durch Polymer-zu-Polymer-Prozess.

Das Recycling von Metallen aus komplexer Zusammensetzung ist problematisch, jedoch interessant, um Rohstoffe aus Abfallströmen zu gewinnen. Almeida et al. entwickelten ein System für die selektive Rückgewinnung von Platin und Palladium aus wässrigen Lösungen (Katalysatorabfällen) durch ionische Flüssigkeiten (Ionic Liquids, ILs), die an Silicagel gebunden sind (Abbildung 20a).84) Diese zeigen hohe Sorptionskapazitäten und wechselwirken stark mit den wertvollen Metallen. Mishra et al. berichteten über das Recycling von Kupfer, Zinn, Nickel und Zink durch Metallextraktion aus Leiterplatten mit niedrig schmelzenden eutektischen Lösungsmitteln (Deep Eutectic Solvents, DES), gefolgt von elektrochemischer Abscheidung (Abbildung 20b).85) Mit Ameisensäure und Cholinchlorid ließen sich so über 90 Prozent Kupfer, Zink, Eisen und Nickel rückgewinnen. ILs und DES sind somit nachhaltige Alternativen zu herkömmlichen Recyclingmethoden.

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Metallrückgewinnung a) aus Katalysatorabfällen durch ionische Flüssigkeiten (ionic liquids, ILs) und b) aus Elektroschrott durch eutektische Lösungsmittel (Deep Eutectic Solvents, DES).

Frischwasser ist in trockenen Regionen oft schlecht zugänglich. Schweng et al. synthetisierten ein sulfoniertes kovalentes organisches Netzwerk (Covalent Organic Framework, COF), mit dem sie Wasser aus der Atmosphäre gewinnen (Abbildung 21).86) Das Netzwerk ist hydrophiler als nichtsulfonierte Netzwerke und nimmt Wasser sogar bei einer Luftfeuchtigkeit unter 5 Prozent auf. Die Effizienz des Materials blieb über 130 Sorptions-Desorptions-Zyklen bestehen.

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Sulfoniertes kovalentes organisches Netzwerk (Covalent Organic Framework, COF) zur Wassergewinnung.

Sascha Bierbach, Thomas Werner Universität Paderborn

sascha.bierbach@upb.de

th.werner@uni-paderborn.de

Peptide

Die Festphasenpeptidsynthese (SPPS) ist heute das Standardverfahren, um Peptide herzustellen – für die Grundlagenforschung, aber auch zur Produktion von Peptidarzneistoffen in der Pharmaindustrie. Weil viel N,N-Dimethylformamid (DMF) oder N-Methylpyrrolidon (NMP) als Lösungsmittel benötigt wird und dann als Abfall anfällt, ist die SPPS trotz Fortschritten bei der Effizienz des Gesamtprozesses immer noch wenig nachhaltig. Hinzu kommt: Die European Chemical Agency (Echa) hat DMF und NMP wegen deren Gefährdungspotenzial als Substances of Very High Concern (SVHC) eingestuft, was die Suche nach grünen Ersatzlösungsmitteln angestoßen hat. Öhlander et al. haben Alternativen zu DMF untersucht. Diese sollten ähnlich polar und viskos sein, einen ähnlichen Siedepunkt haben und weitere SPPS-relevante Aspekte erfüllen sowie nicht SVHC-klassifiziert sein.

Als Einzellösungsmittel oder als Lösungsmittelgemische untersucht wurden Dihydrolevoglucosenon (Cyrene), Ethylacetat, 1,3-Dioxolan (SVHC-Einstufung wird geprüft), Tetrahydro-2-methylfuran und N-Butylpyrrolidinon (NBP).87) Verglichen wurde die Fähigkeit zur Quellung des Syntheseharzes, das Lösungsvermögen für Aminosäurederivate und Reagenzien sowie die Performance bei der SPPS der zum Teil synthetisch anspruchsvollen Peptide [Asp5]-Vasopressin, ACP (65–74), [Des-Ac]-18A, Thymosin a1 und Jung-Redemann-Peptid. Wie sich zeigte, eignet sich NBP alleine oder im Gemisch mit Ethylacetat oder Tetrahydro-2-methylfuran, um DMF zu ersetzen.

Trotz vieler Fortschritte bei den Methoden ist es immer noch schwierig, bei der Fmoc-basierten SPPS die Aspartimidbildung sowie die damit verbundenen Folgereaktionen zu unterdrücken. Wie Sato et al. zeigten, dämpft es die Reaktivität des Carboxylats stärker, das Seitenketten-Carboxylat mit Hydrazid (als Asp(NHNMeBoc)) zu schützen als wie üblich esterbasiert (als Asp(OtBu)). Die Schutzgruppe dämpft die Reaktivität des Carboxylat-Kohlenstoffatoms gegenüber dem nucleophilen Angriff des Amid-Stickstoffs der nachfolgenden Aminosäure Xaa in der Peptidkette soweit, dass sich sogar unter Mikrowellenbedingungen fast kein Aspartimid bildet (Abbildung 22, harzgebundene Peptide (38) und (39)).88) Nach der üblichen Harzabspaltung und Globalentschützung unter sauren Bedingungen liegt das Peptid zunächst als N-Methylhydrazid (40) vor, dessen Schutzgruppe anschließend durch eine CuSO4-vermittelte oxidative Hydrolyse zu (41) entfernt wird. Die oxidationsempfindlichen Reste Met und Trp tolerieren diese Abspaltbedingungen, während Cys-haltige Peptide zu disulfidverbrückten Dimeren reagieren. Eingesetzt haben die Autoren diese neue Schutzgruppenstrategie bei der Synthese eines Teilstücks der Fluoracetatdehalogenase (FAcD99–112, H-LGHVHFALAGHDRG-NH2) von Rhodopseudomonas palustris. Bei diesem Teilstück war bekannt, dass die Position Asp110-Arg111 zur Aspartimidbildung neigt. Während der Einsatz von Asp(NHNMeBoc) die Aspartimidbildung vollständig unterdrückte, bildeten sich bei der Vergleichssynthese mit Asp(OtBu) 7 Prozent Aspartimid.

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SPPS eines Peptids mit Asp-Xaa-Sequenz, die dazu neigt, Aspartimid zu bilden. Eine Hydrazid-basierte Schutzgruppe für die Seitenketten-Carboxylatfunktion verhindert, dass sich Aspartimid bildet.

Ungeschützte Peptide mit Effektor-Gruppen zu markieren, ist wichtig für die Lebenswissenschaften. Mit einem Verfahren von Liu et al. lassen sich selektiv Peptide markieren, die N-terminal einen Glycin-Rest aufweisen.89) Hierzu wird das Peptid (42) mit dem 1,3-Diketon Dibenzoylmethan in DMF unter Mikrowellenbestrahlung umgesetzt, wobei sich das blau fluoreszierende Pyrrol-basierte Produkt (43) bildet (Abbildung 23). Abgesehen von Cys stört dabei kein anderer der untersuchten potenziell reaktiven Reste Lys, Ser, Gln, Glu, Asp und Met. Bei den insgesamt elf Modell-Hexapeptiden wurden Umsetzungsraten von 26 bis 76 Prozent gefunden. Zurückzuführen ist die hohe Selektivität auf die Doppelaktivierung beider a-Methylengruppen des N-terminalen Gly-Restes. Der Pyrrolring bildet sich dabei den Autoren zufolge in einer der Knorr-Pyrrol-Synthese ähnlichen Sequenz.

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Fluoreszenzmarkierung von Peptiden mit einem N-terminalen Glycin-Rest durch Dibenzoylmethan.

Norbert Schaschke Hochschule Aalen

Norbert.Schaschke@hs-aalen.de

Organokatalyse

Fluorierte Ringsysteme wie (45) sind besonders interessant für die Entwicklung von Medikamenten und Pflanzenschutzmitteln (Abbildung 24a). So beeinflussen Fluoratome beispielsweise die Konformation und physikalischen Eigenschaften wie die Säurestärke. Gilmour und Mitarbeitende haben eine neue Methode für die Synthese sechs- bis zehngliedriger Ringsysteme mit zwei Fluoratomen entwickelt, die vorher nur schwer zugänglich waren.90) Diese β,β-difluorierten Carbonylverbindungen entstehen durch eine Ringexpansion aus elektronenarmen Olefinen wie (44), indem diese mit dem Oxidationsmittel meta-Chlorperoxybenzoesäure (47) und Ammoniumfluoridsalzen in Gegenwart von Aryliodiden als Katalysatoren umgesetzt werden. Mit dem chiralen Aryliodid (46) lassen sich sogar enantioselektiv Difluoride wie (45) herstellen. Zu Beginn oxidiert (47) das organische Iodid (46) in Gegenwart von Ammoniumfluoridsalzen zur hypervalenten Iodspezies (48) mit der Oxidationsstufe +III (Abbildung 24b). Diese aktiviert das Substrat (44) als Lewis-Säure zu (49), worauf eine Michael-Addition des Fluorid-Gegenions folgt. Dann greift der aromatische Rest intramolekular das α-C-Atom des resultierenden Enolats (50) an, was eine Umpolung durch den Iodkatalysator ermöglicht. Die Knüpfung einer zweiten C–F-Bindung in (51) – dabei wird der gespannte Cyclopropanring geöffnet – liefert schließlich das Produkt (45). Die Transformation von (50) zu (45) ist eine 1,2-Umlagerung der Aryl-Gruppe.

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Enantioselektive Ringerweiterungen nach Gilmour und List.

Katalysatoren aktivieren Substrate überwiegend, indem sie mit Heteroatomen und Aromaten interagieren: Kohlenwasserstoffe katalytisch zu synthetisieren, ist daher besonders schwierig. Lists Team hat erstmals eine enantioselektive Wagner-Meerwein-Umlagerung realisiert (Abbildung 24c), wobei weder Edukte wie (52) noch Produkte wie (53) über Heteroatome oder aromatische Reste verfügen müssen.91) Schlüssel zum Erfolg sind chirale Imidodiphosphorimidate wie (54) als starke Brønsted-Säurekatalysatoren, die ein sterisch gut abgeschirmtes katalytisch aktives Zentrum wie Enzyme aufweisen. Nach Protonierung des Alkensubstrats (52) zu Carbokation (55) folgt die 1,2-Umlagerung zu (56), das durch Deprotonierung zu den Produkten weiterreagiert (Abbildung 24d, S. 57). Das chirale Gegenion von (55) verursacht die bevorzugte Bildung eines Enantiomers.

Katalysatoren aktivieren mit hoher Enantioselektivität häufig nur Substrate ähnlicher Struktur. Nun hat die Gruppe um Johnston den H-Brücken-Donor-Katalysator (59) vorgestellt, der etliche Substrate umsetzt (Abbildung 25b, S. 57). Er katalysiert konjugierte Reduktionen von Nitroolefinen des Typs (57) zu Nitroalkanen wie (58) mit dem Hantzsch-Ester (60) als Reduktionsmittel (Abbildung 25a).92) Die breite Anwendbarkeit beweisen nicht nur zahlreiche Beispiele mit diversen Strukturen, sondern auch ein Vergleich mit literaturbekannten Katalysatoren durch Machine-Learning-gestützte Datenanalyse. Die Produkte dieser Reaktionen sind bedeutsam, um neue Pharmaka zu entwickeln, und Johnstons Methode vereinfacht und verallgemeinert den Zugang zu diesem Strukturraum.

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Der universelle Katalysator (59) für Nitro-Michael-Additionen.

Peter Huy, Universität Rostock

peter.huy@uni-rostock.de

Oligonukleotide

Therapeutische Oligonukleotide rufen immer mehr Interesse hervor. Neben der Identifizierung neuer Krankheitsbilder, die sich mit Oligonukleotiden therapieren lassen könnten, steht vor allem im Mittelpunkt, die Nukleasenresistenz zu verbessern. Die Gruppen um Yamada und Khvorova haben ein neues Nukleosidanalogon entwickelt, in dem eine Methylengruppe als C6‘ fungiert und den Ribosezucker erweitert (Abbildung 26a).93) Die zusätzliche Methylengruppe schützt besonders gegen den Nukleaseverdau beginnend vom 3‘-Ende der getesteten siRNAs; sie erhöht damit die Halbwertszeit der siRNAs.

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a) und b) Adaptionen in der Nukleosid- und Nukleotidstruktur verbessern die Wirksamkeit therapeutischer Oligonukleotide; c) Erhöhung der Wirkstoffdiversität an DNA-kodierenden Bibliotheken durch die optimierte Darstellung sp3-reicher Heterocyclen; d) fotolithografische Synthese von DNA und RNA durch maßgeschneiderte Schutzgruppenchemie; e) Evaluierung der Resonanz- akustischen Mischung als Alternative zur Festphasensynthese.

Eine neue Reihe neutraler Phosphatgruppen-Alternativen (Abbildung 26b) hat die Gruppe um Brown generiert, ebenfalls mit dem Ziel, eine höhere Nukleasen-Resistenz zu erhalten und zusätzlich die Aufnahme in die Zelle zu verbessern.94)

Steht die Nukleinsäure nicht selbst als Medikament im Mittelpunkt, eignet sie sich als Werkzeug, um Arzneimittel zu entdecken. Ein berühmtes Beispiel ist die DNA-codierte Bibliothek, mit der sich schnell viele neue Wirkstoffstrukturen erhalten und gleichzeitig testen lassen. Um die getesteten Wirkstoffe vielfältiger zu machen, haben die Gruppen um Geigle und Britton die Synthese sp3-reicher Heterocyclen mit Wasser als Lösungsmittel direkt an der DNA etabliert.95) Durch Click-Chemie wurde ein Ketochlorhydrinaldol als Edukt an die DNA geknüpft, bevor mehrere sp3-reiche Heterocyclen durch reduktive Aminierung und Cyclisierung erhalten wurden (Abbildung 26c).

Neue DNA- und RNA-Syntheseverfahren, maßgeschneidert für verschiedene Anwendungen, sind nach wie vor gefragt. Um hochmodifizierte Nukleinsäure-Bibliotheken zu synthetisieren, eignet sich besonders die fotolithografische Methode. Verbesserungen in der Chemie der allgemeinen und fotolabilen Schutzgruppen in der Gruppe um Lietard hat hierbei ermöglicht, DNA-, RNA-, und modifizierte RNA-Chips herzustellen (Abbildung 26d).96)

Um die gesteigerte Nachfrage an natürlichen und modifizierten Nukleinsäuren zu decken, ist es allgemein wichtig, neue Syntheseverfahren zu entwickeln. Zum ersten Mal wurden kurze DNA- und RNA-Fragmente in der Gruppe um Masad Dhama über die H-Phosphonatmethode (Abbildung 26e) durch Resonanz-akustische Mischung (RAM) hergestellt. Besonders attraktiv ist hierbei, dass sich der Verbrauch von Lösungsmitteln um 90 Prozent reduzierte.97)

Jennifer Frommer, Universität Oxford

jennifer.frommer@paediatrics.ox.ac.uk

Biosynthese

Ribosomal produzierte und posttranslational modifizierte Peptide (RiPPs) können mit verschiedenen chemischen Gruppen dekoriert sein, Prenylierungen sind jedoch selten. Forschende um Piel beschrieben nun bifunktionale Enzyme mit Prenyltransferase und Terpencyclasedomänen, die in RiPP-Genclustern codiert sind. Wie die biochemische Charakterisierung eines dieser Enzyme zeigte, wird ein Geranylgeranyl-Rest an die 6-Position einer Tryptophanseitenkette des modifizierten Peptides (61) übertragen (Abbildung 27a, S. 60). Darauf folgt eine Cyclisierung zu einer steroidartigen Teilstruktur (63). Eine colokalisierte α-Ketoglutarat-abhängige Oxidase installiert anschließend eine Ethergruppe in den terpenoiden Teil der Verbindung. Diese vervollständigt die Struktur zum neuen antibiotischen Naturstoff Steromaze (64).98)

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a) Biosyntheseschema für Steromaze (64); b) die Biosynthese der Endiine läuft über ein kürzlich entdecktes zentrales Diiodo-dien-tetrain- Intermediat (67); c) Struktur von Prymnesin-1; d) die Biosynthese von Gramin (75) läuft über eine oxidative Umlagerung von l-Tryptophan.

Endiine sind eine strukturell vielfältige Klasse cytotoxischer Naturstoffe, die alle die namensgebende Endiin-Teilstruktur aufweisen ((68), (69), (70), Abbildung 27b). Obwohl die konservierten Gencluster in produzierenden Streptomyces-Bakterien schon seit etwa 20 Jahren bekannt sind, ist nur das Heptaen (65) als frühe biosynthetische Zwischenstufe identifiziert. Gui und Mitarbeitende identifizierten nun das iodierte Heptaen (66) und das diiodierte Tetrain-Trien (67) als universelle Intermediate für alle Endiine. Für die Produktion von (67) sind drei Enzyme nötig, deren codierende Gene in allen bekannten Endiin-Genclustern strikt konserviert sind.

Naturstoffe, die Alkine oder Iodide enthalten, wurden bisher nur selten beschrieben. Da die Rolle von Iodid in der Endiinbiosynthese nun bekannt ist, ließ sich die Produktion von (70) in Streptomyces sp. CB02366 fast 50-fach erhöhen, indem Iodid im Kulturmedium zugesetzt wurde.99)

Ein Team um Moore hat die genetische und enzymatische Grundlage der Biosynthese einer Klasse umweltrelevanter Algentoxine, der Prymnesine, aufgeklärt. Die Toxine werden von zwei Polyketidsynthasen hergestellt, die 4,7 und 3,2 MDa groß sind und aus 140 beziehungsweise 99 Enzymdomänen aufgebaut sind. Die entsprechenden Gene umfassen 137 000 beziehungsweise 93 000 Basenpaare. Die Erkenntnisse verschieben die Erwartungen hinsichtlich Größen von Biomakromolekülen in der Natur (Abbildung 27c).100)

Ein Team um Franke berichtet über die Biosynthese des insektiziden Indol-Alkaloids Gramin (75) aus Gerste und anderen Gräsern. Als Schlüsselenzym identifizierten die Forschenden eine Cytochrom-P450-Monooxygenase, die eine ungewöhnliche oxidative Fragmentierung von Tryptophan zu Aminomethylindol (74) katalysiert. Die Entdeckung ermöglicht, Gramin-assoziierte Eigenschaften in Gerste durch Geneditierung gezielt zu optimieren (Abbildung 27d).101)

Lena Barra, Universität Konstanz Immo Burkhardt University of California, San Diego

lena.barra@uni-konstanz.de iburkhardt@ucsd.edu

Naturstoffe

Die Suche nach neuartigen Naturstoffen aus Mikroorganismen startet inzwischen meist mit einer Genomanalyse, idealerweise aus der Datenbank. So wurde Pyrrolizwillin ((76), Abbildung 28) gefunden, ein bakterielles Pyrrolizidinalkaloid-Pseudodimer, das im Insektenpathogen Xenorhabdus hominickii durch nichtribosomale Peptidsynthetase und nichtenzymatische Dimerisierung entsteht.102) Geklärt wurde die Biosynthese durch Promotoraustausch zusammen mit der heterologen Expression des Gens xhpA-G in E. coli. Genome Mining diente auch zur Entdeckung des neuen Octacyclins (77), wobei zunächst in Pilzen nach Biosyntheseclustern gesucht wurde, die Piperazin-haltige Cyclophane codieren könnten.103) Die Biosynthese von Octacyclin startet bei zwei Tyrosineinheiten und einem Phenylalanin.

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Im Jahr 2024 identifizierte Naturstoffe.

Zunehmend wird die Analyse des Wirkmechanismus auf Proteomebene zum Merkmal herausragender Arbeiten. Genome Mining kombiniert mit Naturstoffchemie führte zu Alligamycin A (78) aus dem Rapamycin-produzierenden Pilz Streptomyces iranensis.104) Alligamycin A hat eine neue Allyliden-β-lacton-Teilstruktur und wirkt antimykotisch (minimale inhibitorische Konzentration zwischen 0,06 und 8 µg·mL–1) gegen viele klinisch relevante filamentöse Pilze, darunter resistente Aspergillus- und Talaromyces-Arten. Wie Proteomanalysen andeuten, stört Alligamycin A die Integrität der Pilzzellwände. Die Hirocidine aus Streptomyces hiroshimensis lösen mitochondrienabhängige Apoptose aus, indem sie die Expression des wichtigsten apoptotischen Effektors Caspase-9 induzieren.105) Unter diesen weist Hirocidin B (79) ein neuartiges überbrücktes azamakrocyclisches Rückgrat auf.

Das Sternanisgewächs Schisandra macrocarpa beherbergt den Pilzendophyten Penicillium sp. DG23, der Indol-Diterpenoide produziert.106) Schipenindolen A (80) verringert in CHO-7/HMGCR-GFP-Zellen die kompensatorische Ansammlung von HMG-CoA-Reduktase, die durch Lovastatin hervorgerufen wird (halbmaximale Degradierungskonzentration DC50 = 0,5 µM), und erhöht so die Wirksamkeit Lovastatins beim Senken des Cholesterinspiegels.

Die Leptocheline A (81), B, und C wurden als Metallophore mit neuer Struktur identifiziert und in drei Cyanobakterien der Gattung Leptothoe an verschiedenen Orten der Welt gefunden.107) Wie LC/MS-basierte Metabolomik zeigte, binden Eisen, Kobalt, Zink und besonders Kupfer an die Metallophore. Die Leptocheline könnten ökologisch wichtig für Eisenaufnahme und Kupferentgiftung sein. Der IC50-Wert (mittlere inhibitorische Konzentration) der Cytotoxizität liegt im dreistelligen nanomolaren Bereich.

Neben der Aktivierung stummer Gencluster bleibt es interessant, die unter den Lebensbedingungen eines Organismus tatsächlich gebildeten Naturstoffe zu identifizieren: Small Molecule In Situ Resin Capture (Smirc) nutzt in Agar eingebettetes Harz HP-20.108) Nach einer Woche auf einem Riff wurden bis zu 300 mg Extrakt pro 100 g Harz gewonnen und aus diesem 40 µg Cabrillostatin (82) isoliert.

Thomas Lindel, TU Braunschweig

th.lindel@tu-bs.de

Naturstoff(total)synthese

Im Jahr 2024 standen tetracyclische Diterpene im Fokus der Totalsynthese (Abbildung 29, S. 62). Scabrolid A (83a) wurde im Jahr 2020 erstmals synthetisiert, die Gruppe um Fürstner hat dieses Jahr Scabrolid B (83b) über Totalsynthese hergestellt.109) Die Forschenden erschlossen so nicht nur ein Mitglied der Norcembranoid-Familie, sondern bestätigten dabei die zuvor revidierte Struktur.

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Natürliche tetracyclische Diterpene (83).

Die 2020 aus Lebermoosen isolierten antimykotischen Pallamolide (83c–f) bestehen aus einem Gemisch von (E)- und (Z)-Isomeren (blau) und Tautomeren, welche entweder mit dem Sauerstoffatom (rot) in γ- oder δ-Position ein Lacton bilden.

Sie wurden im Jahr 2024 erstmals von der Gruppe Jia synthetisiert.110) Herausfordernd sind hierbei die sieben benachbarten stereogenen Zentren, zwei davon quartär und mit ausschließlich Kohlenstoffsubstituenten.

Schwerpunkt der Arbeiten war, die Ringgerüste diastereoselektiv aufzubauen. Für die Synthese von Scabrolid B (83b) galt es, Bedingungen für die Fragmentkupplung der Schlüsselbausteine (84) und (85) zu finden (Abbildung 30). 109b) Die La(OTf)3-katalysierte Mukaiyama-Michael-Addition lieferte diastereoselektiv Intermediat (86), dessen weiterer Ringschluss zum Siebenring (87) schwierig war. Letztlich gelang die Pd-katalysierte Enolat-Alkenylierung, wobei sich die Base und das Additiv (88) als entscheidend herausstellten. In drei weiteren Schritten wurde die Zielstruktur synthetisiert, wobei diese als Substrat für die Synthese dreier weiterer Diterpene diente: Sinuscalid C, Ineleganolid und Horiolid.

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Synthese des Tetracyclus (87) gemäß Lin et al.109b)

Auch bei der Synthese der Pallamolide wurde das Grundgerüst (89) über eine sequentielle Michael-Addition aufgebaut (Abbildung 31, C–C-Kupplungen in rot). In vier weiteren Schritten wurde das Schlüsselintermediat (90) erhalten. Eine SmI2-vermittelte intramolekulare Ketyl-Enoat-Cyclisierungs-/Keton-Reduktions-Sequenz über Übergangszustände (91) beziehungsweise bevorzugt (92) lieferte die tricyclische Verbindung (93), allerdings mit der falschen Konfiguration an C12. Der Lactonisierung schließt sich eine Oxidations-Reduktions-Sequenz an, die zur Epimerisierung und damit zum Aufbau des Tetracyclus (94) führt. Hieraus wurden nicht nur die benannten Zielstrukturen (83c–f) synthetisiert, sondern auch das Pallamolid A.

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Synthese des Tetracyclus (94) nach Zhang et al.110)

Nina Stadler, Jörg Pietruszka Universität Düsseldorf

n.stadler@fz-juelich.de j.pietruszka@fz-juelich.de

Organische Materialien und Nanostrukturen

Zur Synthese kristalliner organischer Gerüstverbindungen (COFs) dienten bisher meistens reversible Reaktionstypen. Als nicht-reversible Aufbaureaktion nutzt die Gruppe um Yaghi eine Aldol-Cyclotrimerisierung des fluorierten Tris(acetylphenyl)benzols (94), um kristalline und poröse Polyphenylen-Gerüste (COF-284, Abbildung 32, S. 64) herzustellen.111) Triebkraft für das geordnete Stapeln der Schichten ist der Einbau der Fluoratome. Weitere Methoden für das Züchten großer Einkristall-COFs mit 3-D-Vernetzung haben Yu und Mitarbeiter:innen beschrieben.112)

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Kovalente Polyphenylen-COFs aus Cyclotrimerisierung, B/N- und N-haltige Helicengerüste, eine oxidative Öffnung zu chiral getwisteten Aromaten und peri-Pentacen als Diradikaloid.

Helicene mit Heteroatom-Rückgrat liefern intensive Signale in zirkular-polarisierten Lumineszenzspektren, beispielsweise das Aminoboran-Helicen (96), das durch Mehrfachcyclisierung aus dem acyclischen Vorläufer (95) entsteht,113) oder das Azahelicen (97) aus 43 annellierten Ringsystemen.114)

Fukui und Mitarbeiter:innen erzeugten durch selektive oxidative Öffnung polyaromatischer Kohlenwasserstoffe wie (98) die Diketone (99) mit einer asymmetrischen Struktur, die an einen Achter bei einem Fahrrad erinnert. Diese lassen sich durch chirale Organokatalysatoren mit einem Enantiomerenüberschuss von bis zu 96 Prozent synthetisieren.115) Das Fragment könnte für viele organische Strukturen als chiraler Grundbaustein dienen.

Bei den organischen Diradikaloiden synthetisierte die Gruppe um Wu das peri-Pentacen (100↔101) und das peri-Hexacen, bei denen der diradikalische Charakter des Resonanzhybrids 75 beziehungsweise 91 Prozent beträgt.116) Der Spingrundzustand wird als Singulett beschrieben, während der Triplett-Zustand durch eine Energielücke von unter 1,7 kcal·mol–1 thermisch besetzt wird.

Einen Aza-Cycloparaphenylen-artigen Makrocyclus erzeugte die Gruppe um Horie durch dreifache cis→trans-Photoisomerisierung des all-cis-Tri(azo)paraphenylens (102) bei einer Wellenlänge von 254 nm (Abbildung 33). Dabei entsteht der radiale π-konjugierte all-trans-Makrocyclus (103).117) Die Rückreaktion erfolgt entweder thermisch oder durch Licht höherer Wellenlänge.

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Gespannte all-trans-Azocycloparaphenylene, Windrad-Makrocyclen und dreifach verschränkte Polyphenylensysteme.

Ein dreifach gespanntes Polyphenyl-Ringsystem in Form eines Windrads (104) haben Jasti und Mitarbeiter:innen hergestellt, indem sie den Acetylen-Vorläufer katalytisch cyclotrimerisierten.118) Dieser Reaktionsverlauf baut Spannungsenergie ab und läuft am besten mit einem Palladium-Katalysator.

Die Gruppe um Cong und Chen synthetisierte über Gold-vermittelte Makrocyclisierung das dreifach mechanisch-verschränkte Multiringsystem (105), das aus gespannten Cyclophenylen-Einheiten besteht.119) Diese Methoden lassen vielfältige Strukturen neuer gespannter Makrocyclen erwarten.

Oliver Dumele, Universität Freiburg

oliver.dumele@oc.uni-freiburg.de

Photochemie

In der Photoredox-Katalyse setzte die Forschungsgruppe Park direkt Furane (106) in Pyrrole (107) um (Abbildung 34).120) Die Strategie beruht darauf, Furane durch den angeregten Acridinium-Katalysator (108) zu oxidieren. So bildet sich Radikalkation (106)+•, das daraufhin vom Amin angegriffen wird, wobei das radikalische Intermediat (109) entsteht. Protonierung und Elektronenübertrag führen dann zu Enamin (110), das in einer Paal-Knorr-artigen Reaktion zu Pyrrol (107) kondensiert. B(C6F5)3 beschleunigt die Reaktion, wobei die genaue Funktion noch nicht bekannt ist.

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Neue photochemische Methoden basierend auf a) Photoredoxkatalyse, b) Radical Sorting, c) Triplett-Sensibilisierung und d) direkter Substratanregung. Mes = Mesityl. [Ir]: [Ir{dF(CF3)ppy}2(dtbbpy)]PF6

Ebenfalls durch photochemische Oxidation haben Kerzig und Hansmann unfunktionalisierte Benzolverbindungen mit Acridinium-Carben-Hybridkatalysatoren aktiviert.121)

Die Gruppe um MacMillan hat durch Radical Sorting selektiv zwei Alkohole über Kreuzkupplung verbunden.122) Methanol als leicht zugängliches Reagenz für Methylierungen zu nutzen, ist dabei besonders interessant für die Synthese. Die Strategie beruht auf der Umsetzung zweier Alkohole, beispielsweise des 4-Hydroxypiperidins (111) und Methanol, mit dem Benzoxazolium-Salz (112). Dabei entsteht ein Gemisch der beiden Additionsprodukte (113) und (114). Diese Zwischenprodukte lassen sich durch einen photochemisch angeregten Iridium-Katalysator oxidieren, und die Radikale rekombinieren zum methylierten Produkt (115). Die Selektivität beruht dabei auf einem zugesetzten Nickel-Katalysator: Durch photochemische Oxidation entsteht das radikalische Intermediat (116), das ein Methylradikal freisetzt. Daraufhin fängt der Katalysator bevorzugt das kleinere Methylradikal ab – dieses sekundäre, kohlenstoffzentrierte Radikal aus Zwischenprodukt (113) reagiert dann mit dem Methylnickel-Komplex.

Neue Konzepte zur photochemischen Reaktionsführung führten Gschwind und König ein. Wie sie zeigten, beschleunigt die Schmelzpunktserniedrigung bei Substraten die Reaktion an Grenzflächen mit Wasser.123)

Wie die Kerzig- und Ritter-Gruppen zeigten, lassen sich Thianthrenium-Salze (117) durch Thioxanthon-Katalysatoren in den Triplett-Zustand überführen.124) So findet in einer Ethylen-Atmosphäre zunächst die Homolyse einer C–S-Bindung statt, und anschließend wird eine C2-Einheit eingebaut. So wurden die verlängerten Thianthrenium-Verbindungen (118) erhalten. Mit Nukleophilen reagiert die Verbindung weiter, beispielsweise mit Anilin zum Phenethylamin (119).

Von einer Photocycloaddition durch direkte Bestrahlung berichteten Sivaguru und Porco.125) Nach Anregung und Intersystem Crossing reagiert Chromon (120) mit Furan, und es bildet sich selektiv das Dearomatisierungsprodukt (121). Dieses wurde in verschiedenen Folgereaktionen abgefangen. Der Mechanismus läuft wie folgt: Zu Beginn wird die C–C-Bindung geknüpft, danach durchläuft die Verbindung das diradikalische Intermediat (122), und (3+2)-Cycloaddition bei Intermediat (123) führt zu den finalen zwei C–C-Bindungen.

Golo Storch, TU München

golo.storch@tum.de

Kohlenhydrate

Im Jahr 2024 wurden interessante fluorierte Oligosaccharidanaloga synthetisiert, zum Beispiel um zu untersuchen, wie Fluoridsubstituenten die Bindung an entsprechende Proteinrezeptoren beeinflussen (Abbildung 35a). Die Arbeitsgruppen um Ramos-Soriano, Angulo und Rojo beschrieben die Synthese eines Nonasaccharids des High-Mannose-Typs (Man9) mit Fluoridsubstituenten an fünf verschiedenen Monosaccharideinheiten.126) Anhand dieses fluorierten Liganden lässt sich die Interaktion zwischen Man9 und Dendritic Cell-specific Intercellular Adhesion Molecule-3-grabbing Nonintegrin (DC-Sign) analysieren: Das Bindungsmotiv wurde mit 2-D-Kernspinresonanzexperimenten bestimmt. DC-Sign ist ein C-Typ-Lektin, das wichtig ist bei der Infektion mit Krankheitserregern und bei Immunmodulationsprozessen.

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a) Synthetisierte fluorhaltige Oligosaccharidanaloga für biologische Studien; b) Synthese unsymmetrischer N-Glykane durch eine Kombination automatisierter Glykansynthese und enzymatischer Synthese, ermöglicht durch eine enzymatisch abspaltbare Phosphatschutzgruppe (ALP = Alkalische Phosphatase; AGA = Automated Glycan Assembly); c) automatisierte Synthese von Fucoidan-Oligosacchariden aus Algen; d) selektive Umwandlung ungeschützter Zucker in Desoxyzucker oder C-Glykoside.

Die Arbeitsgruppen um Köhnke, Gossert und Gilmour nutzten chemische Synthese eines doppelt fluorierten Analogons des Gangliosids GM1, um dessen Interaktion mit dem Cholera-Toxin aus Vibrio cholerae zu studieren.127) Dabei wird ein Wasserstoffbrückendonor OH durch den ähnlich polaren Substituenten F ersetzt, der keine Wasserstoffbrücke bildet. Es zeigte sich, wie wichtig die Wasserstoffbrücke für die stärkste bekannte Bindung eines Oligosaccharids an einen Proteinrezeptor ist: Ohne die Wasserstoffbrückenbindung ändert sich die Konformation an der terminalen Galaktose, die die Fluoridmodifikation trägt. Das senkt die Affinität auf ein Zehntel.

Fluorierte Disialoside lassen sich mit höherer Ausbeute synthetisieren, wenn die Edukte Fluoridsubstituenten an C2 aufweisen. Die Arbeitsgruppen um Seeberger und Gilmour setzten diese Disialoside ein, um einen kohlenhydratbasierten Impfstoff gegen Neisseria meningitidis Serogruppe C zu entwickeln.128) Wird dieses Bioisoster als Antigen validiert, könnte dies neue therapeutische Möglichkeiten eröffnen.

Ein Konsortium um Linclau erstellte aus fluorierten Monosacchariden mit natürlichen Enzymen eine 150-teilige Bibliothek ortsspezifisch fluorierter Analoga des Lewis-Glykans Lewisx.129) Wie diese Studie zeigte, verringert oder erhöht das Fluorierungsmuster die Bindungsstärke zu verschiedenen Proteinen.

Phosphate sind molekulare Modifikationen, die bei Signalkaskaden und anderen biologischen Prozessen wichtig sind. Wie die Arbeitsgruppen um Seeberger und Delbianco nun zeigten, eignen sich Phosphatreste auch als dirigierende Schutzgruppen in der Oligosaccharidsynthese (Abbildung 35b, S. 67).130) Zunächst stellten die Forschenden durch automatisierte Glykansynthese (AGA) ein Pentasaccharid des N-Glykan-Typs her. Dazu wurde nach der Oligosaccharidsynthese am Harz chemisch phosphoryliert, anschließend das Produkt vom Harz gespalten, und alle Schutzgruppen wurden entfernt. Danach wurde die nichtphosphorylierte der beiden Galaktosen enzymatisch sialyliert und die Phosphatgruppe mit alkalischer Phosphatase (ALP) entfernt, sodass ein unsymmetrisch substituiertes N-Glykan entstand.

Zum ersten Mal wurden im letzten Jahr auch Oligosaccharide aus Algen per AGA hergestellt (Abbildung 35c). Die Synthese von Fragmenten des Polysaccharids Fucoidan war erschwert, da nur a-konfigurierte glykosidische Bindungen und viele Sulfatierungen vorliegen. Dennoch wurde die Synthese sulfatierter Fucoidane bis zu einem Decasaccharid realisiert.131)

Natürlich vorkommende Saccharide chemisch in komplizierte oder ungewöhnliche Moleküle wie Oligosaccharide oder seltene Zucker umzuwandeln, ist nach wie vor schwierig. So benötigt etwa die selektive Transformation ungeschützter Zucker, beispielsweise in Desoxyzucker oder C-Glykoside, neue Synthesemethoden. Die Arbeitsgruppe um Chi berichtet von der Möglichkeit, ortsspezifisch C–O-Bindungen in C–H- und C–C-Bindungen umzuwandeln (Abbildung 35d).132) Dazu wird zunächst ein photoredoxaktiver Ester an einer der Hydroxygruppen des ungeschützten Zuckers installiert, und zwar katalysiert durch ein N-heterocyclisches Carben. Anschließend erzeugt Photokatalyse ein Kohlenstoffradikal, aus dem entweder Desoxyzucker oder C-Glykoside entstehen.

Fabian Pfrengle Universität für Bodenkultur Wien

fabian.pfrengle@boku.ac.at

Übergangsmetallkatalyse

Chirale Organometallreagenzien mit stereogenen Zentren direkt am metallierten Kohlenstoffatom sind als Kupplungspartner in asymmetrischen Palladium-katalysierten Kreuzkupplungen eine Herausforderung: Während viele der bekannten Organolithium- oder Organomagnesiumreagenzien nicht konfigurationsstabil sind, behalten chirale Organozinkreagenzien typischerweise die entsprechende Stereoinformation. Dies lässt sich mit einem hohen kovalenten Bindungscharakter der C–Zn-Bindung erklären, der im Allgemeinen auch dafür sorgt, dass viele funktionelle Gruppen toleriert werden. Wie allerdings kürzlich gezeigt, racemisieren die chiralen Organozinkverbindungen wie (125) besonders rasch bei Zugabe zusätzlicher Zinksalze (Abbildung 36).133) Die Stereochemie am metallierten Kohlenstoffatom lässt sich dann durch eine Palladium-katalysierte Negishi-Kupplung mit Arylbromiden (124) in Anwesenheit chiraler Phosphite wie (126) kontrollieren. So lassen sich viele chirale Diarylalkane (127) mit Enantiomerenüberschüssen bis 90 Prozent herstellen. Wie quantenchemische Untersuchungen zeigen, ermöglichen Zinksalze, dass das Organozinkreagenz über einen bimolekularen überbrückten Übergangszustand (128) racemisiert. Insgesamt gesehen liegt also enantiokonvergente Kreuzkupplung vor.

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Enantiokonvergente Negishi-Kupplung mit In-situ-Racemisierung des Organozinkreagenz, kontrolliert durch chirale Phosphitliganden.

Eine zurzeit vielbeforschte Reaktion (Abbildung 37) ist die stereoselektive Isomerisierung terminaler Alkene wie (129) zu den entsprechenden internen Alkenen (Z-(130) oder E-(130)). Dabei sind besonders solche Prozesse interessant, die stereoselektiv zum internen Alken mit hoher Z- oder E-Selektivität führen – das eröffnet katalytische und atomökonomische Alternativen zu Olefinierungen oder Metathesereaktionen. Unter den vielen Methoden sind dann besonders solche interessant, die auf günstige 3d-Metalle zurückgreifen. Kürzlich wurde ein Katalysatorprotokoll auf Nickel-Basis veröffentlicht,134) das die isomerisierten internen Alkene (130) E- oder Z-selektiv ansteuert. Zwar ist die Substratbreite bisher eingeschränkt, dafür sorgt der Reaktionsmechanismus über kinetische Kontrolle für eine generell hochselektive Monoisomerisierung, wobei weitere Isomerisierungen (chain walking) unterdrückt werden. So wird das amidsubstituierte Alken (129) selektiv zu den jeweiligen isomerisierten Alkenen Z-(130) oder E-(130) umgesetzt, abhängig vom Katalysator. Dabei führt die Zugabe eines Aryliodids zum Z-selektiven Katalysator (131), während für die E-selektive Isomerisierung der kationische Nickelkomplex (132) identifiziert wurde. Beide Katalysatoren durchlaufen Hydronickelierung und Eliminierung, allerdings ist Katalysator (131) sterisch stärker gehindertund liefert daher die jeweiligen Z-Alkene.

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Stereodivergente Alkenisomerisierung mit Nickelkatalysatoren unter kinetischer Kontrolle.

Cyclopropane sind häufige Strukturmotive in Natur- und Wirkstoffen. Hergestellt werden sie meist über eine (2+1)-Cycloaddition von Carbenen oder Carbenoiden an Alkene. Dabei sind die Carbenvorläufer häufig synthetisch aufwendig herzustellen. Kürzlich wurde ein einfaches Katalysatorsystem vorgestellt, das luft- und feuchtigkeitsstabil ist und auf dem käuflichen Eisen(III)porphyrinkomplex (135) basiert.135). Dieser ermöglicht mit α-Acyloxyhalogeniden wie (134) eine Cyclopropanierung mit elektronenreichen und -armen Alkenen (Abbildung 38, S. 69) und macht so verschiedene Cyclopropane (136) zugänglich. Zwar ist die Stereoselektivität gering (trans/cis generell < 4:1), allerdings lassen sich die Reagenzien (134) einfach aus den entsprechenden Aldehyden (133) in situ herstellen. Die entscheidende reaktive Zwischenstufe ist ein transientes Ketylradikal (137), das durch In-situ-Reduktion mit Mangan entsteht. Der Eisenkatalysator überführt dieses dann unter Abspaltung der Benzyloxygruppe in einen Carbenkomplex, der die eigentliche Cyclopropanierung der jeweiligen Alkene ermöglicht.

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Eisenkatalysierte Cyclopropanierung mit α-Acyloxychloriden als Carbenvorläufer.

Johannes F. Teichert, TU Chemnitz johannes.teichert@ chemie.tu-chemnitz.de

Drei Fragen an den Koordinator: Martin Breugst

Welche Anregung hat Ihnen das Sichten der Trendbericht-Literatur für Ihre eigene Forschung geliefert?

Die Trendberichte lese ich seit mehr als 15 Jahren immer sehr gerne. Gerade in thematisch weiter entfernten Bereichen kann ich so sehr einfach die neuesten aktuellen Entwicklungen nachlesen und neue Anknüpfungspunkte identifizieren.

Was brauchen Sie heute im Beruf, was Sie im Studium nicht gelernt haben?

Grundlegende Kenntnisse in Programmiersprachen sowie im Umgang mit größeren Datenmengen. Beide Bereiche sind in der modernen (physikalisch-)organischen Chemie gerade in den letzten Jahren wichtiger geworden.

Ihre Forschung in 140 Zeichen?

Meine Gruppe arbeitet an der Anwendung von σ-Loch-Wechselwirkungen in der Katalyse und einem besseren Verständnis von Reaktionsmechanismen.

Martin Breugst, Jahrgang 1980, arbeitet seit 2022 als Heisenberg-Professor für Theoretische Organische Chemie an der TU Chemnitz. Seit 2022 koordiniert er die Trendberichte Organische Chemie.https://media.graphassets.com/igHa2GEPT4qUKDko2hYd

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