Pflegeprodukte stören | Körperlotionen und Parfums schwächen das Oxidationsfeld menschlicher Haut in Innenräumen, wie Forschende des Max-Planck-Instituts für Chemie herausgefunden haben. Das Feld besteht aus Hydroxylradikalen, die entstehen...
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Miniaturisiert messen
Von Wiley-VCH zur Verfügung gestellt
Proben aus Medizin, Produktion oder Umwelt ins Analytiklabor transportieren und von Spezialist:innen an Großgeräten untersuchen lassen – bisher Alltag in Prüfverfahren. Das Ergebnis folgt nach Tagen. Neue Mess- und Fertigungstechniken ermöglichen miniaturisierte Geräte – billiger, schneller, außerhalb des Labors einsetzbar und einfach zu bedienen.
Kleine Geräte sind groß im Kommen: Prozesse analysieren, Werkstoffe kontrollieren, Lebensmittel testen oder die Gesundheit überwachen lässt sich damit nahezu überall in Echtzeit.
Mit tragbaren Geräten lassen sich etwa Dichte- und massenspektrometrische Messungen durchführen oder pH-Werte bestimmen.
Massenfilter mit 3-D-Druck
Miniaturisierte Massenspektrometer (MS) helfen, chemische Substanzen zu identifizieren, um forensische Tatortanalysen, toxikologische oder geologische Tests direkt vor Ort zu erledigen. Bisher waren MS-Geräte teuer – 100 000 Euro und mehr –, sperrig und empfindlich, was ihren Einsatz auf Labore beschränkt hat. Es handelte sich hauptsächlich um Sektorfeld- oder Quadrupol-MS-Geräte. Letztgenannte nutzen gegenüberliegende Polstäbe, um ein oszillierendes Hochfrequenzfeld zu erzeugen, das Teilchen nach Masse und Ladung trennt. Die Auflösung (Quotient aus Masse und Peakbreite bei 10 oder 50 Prozent der Peakhöhe) beträgt bis zu 4000. Bei Sektorfeld-MS-Geräten sind elektrisches und magnetisches Feld räumlich voneinander getrennt, und das Auflösungsvermögen beträgt bis zu 100 000. Forschende des Massachusetts Institute of Technology (MIT) haben nun günstigere MS-Systeme entwickelt: Das Kernelement jedes Massenspektrometers, der Massenfilter, lässt sich jetzt über additive Fertigung billiger herstellen. Kosteten Massenfilter bisher mehr als 100 000 Dollar, lassen sie sich nun den MIT-Forschenden zufolge für eine Handvoll Dollar produzieren. Dies gelingt mit einer neuen 3-D-Drucktechnik, der Bottich-Photopolymerisation: In einem Schritt lässt sich ein miniaturisierter Massenfilter aus etwa 1000 bis 5000 Schichten eines hitzebeständigen Glaskeramikharzes fertigen, das haltbarer ist als sonst genutzte Metalllegierungen.1)
Der miniaturisierte Filter ist ein Quadrupol, lässt sich aber im vergleich zu herkömmlichen Filtern präziser herstellen und einfacher montieren. Die Polstäbe konventioneller Geräte sind rund und bestehen aus Metalllegierungen. Sie sind schwer justierbar. 3-D-Druck ermöglicht dagegen Stäbe mit hyperbolischem Querschnitt, die sich mit einem Metallfilm beschichten lassen. Diese erzeugen eine günstigere Magnetfeld-Konfiguration, und dadurch geht weniger Substanz verloren als mit Stäben mit kreisförmigem Querschnitt.
Die neuen tragbaren Geräte messen ebenso genau wie ihre konventionellen Vorgänger.
Mikrofluidische pH-Sensoren
Der pH-Wert gibt Auskunft darüber, wie toxisch medizinische oder kosmetische Produkte oder wie stark verunreinigt Gewässer sind. Klassische pH-Meter mit empfindlichen Glaselektroden benötigen Probenvolumina im Millilitermaßstab. Oft sind allerdings nur Mikro- oder sogar Nanoliter einer Probe verfügbar.
Forschende der chinesischen Xi‘an Jiaotong-Liverpool University haben eine neue Methode entwickelt:2,3) Sie messen den pH-Wert mit Terahertz-Spektroskopie in einem Mikrofluidik-System, untergebracht auf einem strohhalmähnlichen Hohlzylinder. Mikroliter einer flüssigen Probe werden mit kleinen Antriebsmotoren zum Auftrennen durch Tausende Kanäle und anschließend zum Detektieren über drei Elektroden aus lichtempfindlichen Schichten und Metallen geleitet.
Herstellen lassen sich die miniaturisierten pH-Sensoren photolithografisch. Ihre Messgenauigkeit ist ebenso gut wie die konventioneller Glaselektroden, die allerdings zerbrechlicher sind. pH-Teststreifen sind dagegen deutlich fehleranfälliger, weil die kolorimetrische Auswertung subjektiv ist. Anwenden lassen sich die Mini-Sensoren etwa, um Krebserkrankungen zu erkennen, Viren zu detektieren oder die Pestizidbelastung in Böden zu beurteilen.
Krebszellen erkennen
Eine optische Sonde eines Team der University of Adelaide in Australien, die nur Probenvolumina im Nanoliterbereich benötigt, misst den pH-Wert im Gewebe.4) So lassen sich gesunde Zellen von Krebszellen unterscheiden. Denn Krebszellen verstoffwechseln Glukose anders als gesunde Zelle hauptsächlich anaerob. Dadurch entsteht Lactat, das den pH-Wert senkt.
Die pH-Sonde besteht aus einer lichtleitenden Glasfaser, deren Spitze mit einem fluoreszenten Polymer beschichtet ist. Die Fluoreszenzfarbe ändert sich je nach pH-Wert in der Umgebung der Spitze und ermöglicht, pH-Wert-Änderungen in Echtzeit zu messen. Eine noch laufende Ex-vivo-Pilotstudie an Gewebeproben hat gezeigt: Tumor- und Normalbereiche ließen sich mit einer Sensitivität von 88 Prozent und einer Selektivität von 90 Prozent unterscheiden. Die Methode könnte künftig ohne großen technischen Aufwand in der Pathologie eingesetzt werden.
Kraftstoff-Qualitätskontrolle
Mit kleinen robusten und langlebigen elektronischen Messzellen lassen sich Dichte und Konzentration von Kohlenwasserstoffen der Mineralölindustrie direkt vor Ort bestimmen, etwas in Tanks.5)
Neue miniaturisierte Dichtemessgeräte benötigen nur zwei Milliliter Probenvolumen und ersetzen Glashydrometer und bisher notwendige zusätzliche Thermometer. Verschleißteile wie die Messzellen lassen sich einfach und kostengünstig austauschen, anstatt komplette Geräte ersetzen zu müssen.
Benzin, Diesel und Flugzeugtreibstoffe lassen sich mit tragbaren Spektralanalysegeräten prüfen.5,6) Vorinstallierte, erweiterbare Spektralbibliotheken bieten Referenzen, um Substanzen zu identifizieren oder Stoffe zu quantifizieren. Chemische, sicherheits- oder zolltechnische Fragen lassen sich dadurch schnell vor Ort klären – eine Messung dauert nur wenige Sekunden.
Inzwischen werden handtellergroße portable Spektrometer angeboten, die den nahinfraroten Wellenlängenbereich von 1100 bis 2500 Nanometer mit einer Auflösung von 5 bis 12 Nanometer abdecken. Sie erreichen dabei ein Signal-zu-Rausch-Verhältnis von über 10 000:1. Die Leistung ist also vergleichbar mit herkömmlichen größeren Labor-Spektralphotometern.
Mikroben nachweisen
Pilze und Bakterien kontaminieren oft Treibstoffe wie Kerosin, Diesel und besonders Biokraftstoffe. Dadurch können etwa Flugzeugtriebwerke geschädigt werden und ausfallen. Bisherige Mikrobentests dauern etwa vier Tage. Ein neues mikrobiologisches Schnelltestverfahren, das nur 30 Minuten dauert, entstand in einer Kooperation der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM), des Fraunhofer Instituts für Zelltherapie und Immunologie in Postdam und dem Unternehmen M2 Automation.
Die Schnelltests analysieren Bakterien- und Pilz-DNA. Mikroben werden aus einer Probe isoliert und ihre Zellen enzymatisch aufgeschlossen, um DNA zu extrahieren. Die DNA wird gereinigt, amplifiziert und mit einem Fluoreszenzfarbstoff gekoppelt. Analog zur klassischen Polymerasekettenreaktion (PCR) wird die Fluoreszenz detektiert, um die Mikrobenbelastung zu beurteilen. Dabei ist das neue Testverfahren robuster als die PCR, funktioniert beispielsweise auch bei schwankenden Außentemperaturen und erfasst ein breiteres Artenspektrum als bisher übliche Labornachweise.
Das Verfahren ist patentiert, und noch im Jahr 2025 soll ein handliches, einfach zu bedienendes Detektionsgerät erhältlich sein.
Der Autor
Der promovierte Chemiker Christian Ehrensberger ist freier Mitarbeiter der Nachrichten aus der Chemie.
- 1 C. C. Eckhoff, N. K. Lubinsky, L. J. Metzler, R. E. Pedder, L. F. Velásquez-García, Adv. Sci., 2023, doi: 10.1002/advs.202307665
- 2 W. Xiao, Q. Dong, Microchim Acta 2023. 190, 457, doi: 10.1007/s00604-023-06035-z
- 3 A. Jo, A. Green, J. E. Medina et al., bioRxiv 2023, doi: 10.1101/2023.01.19.524549
- 4 Ärzteblatt-Meldung: t1p.de/yyn5a (abgerufen am 10.2.2025)
- 5 Chemie.de-Meldung über Dichtemessung: t1p.de/encke (abgerufen am 10.2.2025)
- 6 Chemie.de-Meldung über Mikrobentest: t1p.de/mzpws (abgerufen am 10.2.2025)
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