Gehälter sinken in Großunternehmen und steigen im Mittelstand | Im Median verdienten Naturwissenschaftler:innen in der chemischen und pharmazeutischen Industrie im letzten Jahr 130 581 Euro. Das waren 1,4 % mehr als im Jahr 2020. In Unterne...
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„Ich will mich weiterentwickeln“
Von Wiley-VCH zur Verfügung gestellt
Marta Garijo Añorbe hat in Spanien Chemie studiert, in Dortmund promoviert und geforscht. Heute hat sie eine Führungsposition bei einem Hersteller für Temperiergeräte im fränkischen Lauda und ist weltweit unterwegs.
Marta Garijo Añorbe sagte ihrer Mutter in Spanien am Telefon: „Ich mache hier meine Doktorarbeit.“ Was das bedeute, wollte diese wissen. „Noch drei, vier Jahre in Deutschland“, erwiderte Garijo Añorbe. Das war im Jahr 2003. Geblieben ist sie bis heute.
Die Chemikerin hat Karriere bei Lauda Dr. R. Wobser gemacht, einem mittelständischen Hersteller von Temperiergeräten und -anlagen. Dort ist Garijo Añorbe heute Gebietsleiterin im Vertrieb und verantwortet die Umsätze in Lateinamerika, den Nachfolgestaaten der Sowjetunion (GUS) und in Europa mit Ausnahme der deutschsprachigen Länder. Sie übernimmt dabei auch die strategische Führung und Betreuung aller Lauda-Niederlassungen und -Vertretungen. Die Nachfrage und die Menge der Projekte nehmen zu, das Unternehmen wächst. Es gibt mehr Stellen zu besetzen, daher sucht die Chemikerin nach Unterstützung.
Sie berät die Vertreter der ausländischen Tochterunternehmen und Niederlassungen dabei, für Kunden das richtige Kühl- oder Heizgerät zu finden. Dafür befasst sie sich mit den jeweiligen Anwendungen in Labor oder Produktion. Sie prüft, ob sich die gewählte Temperierflüssigkeit für die gewünschte und benötigte Temperieraufgabe eignet und wie ein Gerät ausgelegt sein muss, damit es beispielsweise eine bestimmte Menge Flüssigkeit innerhalb einer Zeitspanne auf 180 °C erhitzt.
Die Kunden sind Chemie-, Pharma- und Biotechunternehmen, die ihre Reaktoren heizen, kühlen oder genau auf einer Temperatur halten müssen, Universitätslabore, Hersteller von Halbleitern und Medizintechnik, Automobilzulieferer oder Flugzeughersteller. Garijo Añorbe ist immer wieder überrascht, wo überall exakte Temperierung gebraucht wird, etwa am Tankstutzen einer Wasserstofftankstelle. „Wenn ich bei einer Anwendung nicht weiterkomme, tausche ich mich mit Chemiker-Kollegen aus dem Produktmanagement aus.“
Wissen weitergeben
Da die Vertriebsmitarbeiter in den Lauda-Niederlassungen immer über den Stand der Technik informiert sein müssen, gehören Produktschulungen zu Marta Garijo Añorbes Aufgaben. Die Vertreter kommen jeweils für eine Woche in die Zentrale in Lauda-Königshofen, lernen dabei nicht nur die Theorie, sondern probieren die Umlaufkühler oder Wasserbäder auch im hauseigenen Labor aus. „Es ist wichtig für mich, dass meine Kolleginnen und Kollegen immer auf dem neusten Stand sind“, berichtet sie.
Es mache ihr Spaß, ihre Kenntnisse weiterzugeben: „Wir stellen Aufgaben, etwa eine bestimmte Temperatur einzustellen oder eine Pumpe zu bedienen.“
Zudem erstellt Garijo Añorbe Umsatzprognosen und vertritt ihren Arbeitgeber auf Messen im In- und Ausland. Stehen größere Projekte an, etwa wenn ein Unternehmen mehr als zehn Prozessthermostate installieren lassen will, besucht sie zusammen mit den Vertriebsleuten vor Ort den Kunden. „Ich liebe es zu reisen“, sagt sie. Das war auch einer der Gründe dafür, dass sie nach Deutschland kam.
Promotion statt Job
Marta Garijo Añorbe hat an der Universität von Saragossa fünf Jahre Chemie studiert. Anders als in Deutschland ist in Spanien das Studium nicht in Semestern, sondern in Studienjahren organisiert. Während des zweijährigen Masterstudiums spezialisierte sie sich auf analytische Chemie.
„Mit 23 Jahren war ich mit dem Studium fertig und wollte Erfahrung im Ausland sammeln, bevor ich mir einen Job suche.“ Daher bewarb sie sich um ein Erasmus-Stipendium. „Nach Deutschland wollten nicht so viele“, erinnert sie sich, „aber ich dachte: Warum nicht?“
Mit dem Stipendium kam sie an die TU Dortmund in den Arbeitskreis von Bernhard Lippert, zunächst für ein halbes Jahr. Dann bot Lippert ihr eine Doktorandenstelle an. Dass Doktoranden in Deutschland Geld verdienen, findet sie gut. „In Spanien gibt es das nicht, dort bekommst du ein Stipendium, oder du hast Pech.“
Noch in Spanien begann sie, die deutsche Sprache zu erlernen. In Dortmund belegte sie zwar weiter Deutschkurse, aber „es ging mir dabei zu langsam voran.“ Deutsch habe sie vor allem durch deutsche Freunde gelernt. Es sei ihr leicht gefallen, an der Uni Kontakte zu knüpfen. „Man kommt ja selbst in der Mensa ins Gespräch.“
Eine andere Aufgabe
Nach ihrer Promotion über cis-Platin wechselte sie als Postdoc ans Leibniz-Institut für Analytische Wissenschaften (Isas) in Dortmund und untersuchte dort Proteine mit ICP-MS. „Ich hätte gerne weiter geforscht,“ erinnert sie sich. Aber die akademische Welt mit ihren befristeten Arbeitsverträgen erschien ihr auf Dauer zu unsicher. Sie begann Bewerbungen zu schreiben und stellte ihren Lebenslauf auf ein Analytik-Portal im Internet.
Lauda wurde auf sie aufmerksam und lud sie ein, sich für eine Position als Produktmanagerin zu bewerben. Im Gespräch wurde jedoch schnell klar, dass die Chemikerin mit ihren Kenntnissen in den technischen Vertrieb passen würde, und das Unternehmen bot ihr die Stelle an. Sie zog nach Würzburg und fing im Jahr 2007 bei dem Unternehmen an.
„Ich bin ambitioniert und will mich weiterentwickeln“, sagt sie. Das habe sie von Anfang an klar gemacht. Ihr Arbeitgeber unterstützte sie dabei. Ihr Vorgesetzter übernahm die Rolle als Mentor, und nach drei Jahren bekam sie Verantwortung für den Umsatz.
Inzwischen wohnt sie in Tauberbischofsheim, einer Nachbarstadt von Lauda-Königshofen. Sie brauche keine große Stadt, sagt sie, sie stamme ursprünglich aus einem Dorf, „und für meine Kinder ist es hier toll.“
Nachrichten-Redakteurin Frauke Zbikowski traf Marta Garijo Añorbe auf der Gerätemesse Analytica.
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