Bildung + Gesellschaft

Kurioses, Erstaunliches, &Uuml;berraschendes &mdash; was vor 50 Jahren in den &bdquo;Nachrichten aus der Chemie&ldquo; stand, die damals noch &bdquo;Nachrichten aus Chemie und Technik&ldquo; hie&szlig;en.

Vor 50 Jahren

<h2>Druckknopfexperimente</h2>
&bdquo;Premiere f&uuml;r die Chemie&ldquo; titelte die erste Maiausgabe 1972 der Nachrichten aus Chemie und Technik. Denn gerade hatte das Deutschen Museum in M&uuml;nchen seine Chemieausstellung neu er&ouml;ffnet: mit Experimenten in 80 Schauk&auml;sten und einer &uuml;berlebensgro&szlig;en, drehbaren DNA-Doppelhelix. Ihre Vorg&auml;ngerin hatten noch Ostwald und Nernst konzipiert; nach dem 2. Weltkrieg war sie provisorisch wieder aufgebaut worden. Im Jahr 1967 begann die Planung f&uuml;r das Konzept.
<div><img src="https://media.graphassets.com/IBOVzrWPRBW7yHfrqOAu" /></div>

Heute ist das Deutsche Museum wieder dabei, eine neu konzipierte Chemieausstellung aufzubauen, die Er&ouml;ffnung ist f&uuml;r dieses Jahr geplant.
Mehr Erstaunliches und &Uuml;berraschendes aus den Blauen Bl&auml;ttern von anno dazumal lesen Sie in der GDCh-App: <a href="https://gdch.app/category/vor-50-jahren" target="_blank" rel="noopener">gdch.app/category/vor-50-jahren</a>

Meldung

Vor 50 Jahren in den Blauen Blättern: Druckknopfexperimente

Druckknopfexperimente „Premiere für die Chemie“ titelte die erste Maiausgabe 1972 der Nachrichten aus Chemie und Technik. Denn gerade hatte das Deutschen Museum in München seine Chemieausstellung neu eröffnet: mit Experimenten in 80 Schaukästen und einer überlebensgroßen, drehbaren DNA-Doppelheli...

<img src="https://media.graphassets.com/y9AD1qVWS1Sb8OGFse0r" width="400" /><img src="Rethinking_RGB_colour_Sicherheitsabstand.png" width="200" alt="" />
Chemie neu denken &ndash; um die globalen Herausforderungen wie Klimawandel, Energietransformation oder Ern&auml;hrung von immer mehr Menschen weltweit zu bew&auml;ltigen, brauchen wir Chemie. Aber es geht nicht nur darum, bestehende Verfahren und Prozesse immer besser und nachhaltiger zu gestalten. An vielen Stellen m&uuml;ssen wir vollkommen neue Wege gehen, Althergebrachtes &uuml;ber Bord werfen und Neues entwickeln, eben komplett neu denken.
Aus diesem Grund hat der GDCh-Vorstand im Jahr 2023 beschlossen, Rethinking Chemistry zum GDCh-Motto zu erkl&auml;ren. Rethinking Chemistry soll Raum geben f&uuml;r neue Gedanken und Ideen zu allen Themenfeldern, zu denen die Chemie wertvolle Beitr&auml;ge leisten kann und muss.&nbsp;

Rethinking Chemistry

Als Teil des Strukturwandels f&uuml;r die Zeit nach dem Braunkohletagebau sollen in Sachsen zwei Gro&szlig;forschungszentren entstehen. Einer der Antr&auml;ge in der engeren Auswahl stammt aus der Chemie: das Konzept Chemresilienz des Potsdamer Max-Planck-Direktors Peter Seeberger.
Nachrichten aus der Chemie: Herr Seeberger, Sie sind Grundlagenforscher. Sie haben aber mit Chemresilienz ein Konzept f&uuml;r ein Gro&szlig;forschungszentrum in Sachsen vorgelegt, das angewandte Forschung betreiben soll. Wie kommt das?
Peter Seeberger: Das Ziel ist, Dinge von der Grundlagenforschung n&auml;her an die Anwendung zu bringen und im Anschluss industriefertig zu machen. Das Gro&szlig;forschungszentrum war ausgeschrieben, um zukunftsf&auml;hige Arbeitspl&auml;tze in der Region nach dem Ausstieg aus der Braunkohle zu schaffen. Als wir uns &uuml;ber das Konzept Gedanken gemacht haben, war unsere erste Frage: Was wird gebraucht?
Und Ihre Antwort?
Es geht um neue Impulse in der Region. Die Chemieindustrie ist daf&uuml;r genau richtig, weil die im mitteldeutschen <xref rid="nadc20224122613-fig-0001" ref-type="fig">Braunkohlerevier</xref> extrem stark ist.
<figure><img src="https://media.graphassets.com/lkdf96axTh2rV6dSkDIf" />
<figcaption><label>Abb. 1: </label>Haben ein Gro&szlig;forschungszentrum konzipiert, das dazu beitragen soll, die Chemie zu ver&auml;ndern: Peter Seeberger (links) und sein Mitarbeiter Matthew Plutschack. Foto: Max-Planck-Institut f&uuml;r Kolloid- und Grenzfl&auml;chenforschung</figcaption>
</figure>
Warum braucht die Region ein Gro&szlig;forschungszentrum, wenn es dort eine starke Chemieindustrie gibt?
Wir brauchen eine Transformation der Chemie: weg von dieser linearen Chemieindustrie, die sich im 19. Jahrhundert entwickelt hat, hin zu einer Kreislaufwirtschaft ausgehend entweder von nachwachsenden Rohstoffen oder Abfallmaterialien. Das ist ein Systemwechsel, eine komplette Transformation der Chemie in all ihren Teilen. Da geht es nicht nur um Grundstoffe, sondern auch um Spezialchemikalien, am Schluss um <xref rid="nadc20224122613-fig-0002" ref-type="fig">Pharmazeutika</xref>.
<figure><img src="https://media.graphassets.com/yY7Gqed4Q0W69Kg6Hgxc" />
<figcaption><label>Abb. 2: </label>Video-Interview mit Peter Seeberger (links unten). Frauke Zbikowski und Christian Remenyi fragten, Matthew Plutschack (oben rechts) erg&auml;nzte.</figcaption>
</figure>
Ist das nicht Aufgabe der Industrie?
F&uuml;r die Gro&szlig;industrie alleine ist das unm&ouml;glich. Sie muss Geld verdienen. Mit einem Gro&szlig;forschungszentrum haben wir die Chance, Dinge langfristig anzugehen, die wir am Schluss aber in der Industrie sehen m&ouml;chten.
Und damit zur&uuml;ck zur Ihrer ersten Frage: Weil wir Ver&auml;nderungen grundlegend angehen wollen, brauchen wir Grundlagenforschung. Wir wollen nicht f&uuml;nf Prozent Effizienz gewinnen. Wir m&uuml;ssen das ganze komplexe System &auml;ndern, das die Chemie darstellt.
Kann ein Forschungszentrum das bewirken?
Auch ein Gro&szlig;forschungszentrum wird das nicht alles alleine schaffen. Es ist meines Erachtens nach eine Generationenaufgabe f&uuml;r die Chemie weltweit. Aber dieses Gro&szlig;forschungszentrum kann ein Nukleationskeim sein, um genau das zu bef&ouml;rdern.
Wie kann Chemresilienz diese Aufgabe ausf&uuml;llen?
Wir wollen Chemie, Chemieingenieure und Verfahrenstechnik mit k&uuml;nstlicher Intelligenz zusammenbringen. Gleichzeitig werden wir Anwenderanforderungen, etwa der Automobil-, Bau- bis zur Textilindustrie in der Forschung ebenso ber&uuml;cksichtigen wie &ouml;konomische, rechtliche oder ethische Aspekte. Innovationen entstehen an den Schnittstellen wissenschaftlicher Disziplinen. Wenn wir 170 Jahre Chemieentwicklung aufholen m&ouml;chten, dann k&ouml;nnen wir das nicht mit den gleichen Methoden machen wie bisher.
<h2>INFO: Gro&szlig;forschungszentrum statt Tagebau</h2>
In der s&auml;chsischen Lausitz und im mitteldeutschen Revier sollen in den n&auml;chsten Jahren zwei neue Gro&szlig;forschungszentren entstehen. Sie sollen zum Strukturwandel in den Braunkohlerevieren beitragen und den Regionen eine wirtschaftliche Perspektive &ouml;ffnen. Wie sich die beiden Zentren inhaltlich ausrichten, bestimmen das Bundesministerium f&uuml;r Bildung und Forschung, der Freistaat Sachsen und das Land Sachsen-Anhalt in einem zweistufigen Wettbewerb, der themenoffen begann. In der ersten Runde haben die Entscheider aus der Politik sechs Ideen ausgesucht, darunter das Konzept Chemresilienz, das einzige, das sich explizit mit Chemie befasst. Erstellt haben es Peter Seeberger und Matthew Plutschack. Seeberger leitet am Max-Planck-Institut f&uuml;r Kolloid- und Grenzfl&auml;chenforschung in Potsdam die Abteilung Biomolekulare Systeme. Plutschack hat dort promoviert und am Max-Planck-Institut f&uuml;r Kohlenforschung in M&uuml;lheim einen Postdoc absolviert, bevor er nach Potsdam zur&uuml;ckkehrte.
Das Konzept Chemresilienz wurde Ende April unter dem Namen &bdquo;Center for the Transformation of Chemistry&ldquo;, CTC, eingereicht. Im Sommer entscheiden der Bund und die beteiligten L&auml;nder, welche Konzepte umgesetzt werden sollen und F&ouml;rdermittel erhalten. Die dreij&auml;hrige Aufbauphase kann bei Bedarf um drei Jahre verl&auml;ngert werden. Aus dem Strukturst&auml;rkungsgesetz stellt der Bund bis einschlie&szlig;lich 2038 je 1,25 Milliarden Euro pro Zentrum zur Verf&uuml;gung.
Was haben Sie mit Verfahrenstechnik zu tun?
Mein Zugang dazu ist, dass ich seit 20 Jahren an kontinuierlicher Prozessf&uuml;hrung arbeite. Wir haben uns &uuml;berlegt, wie kontinuierliche Reaktionsf&uuml;hrung auch bei Pharmazeutika funktionieren kann. Raffinerien laufen ja bereits kontinuierlich. Kontinuierliche Reaktionsf&uuml;hrung ist wichtig, um autonome Reaktionen zu machen. Damit k&ouml;nnen Sie belastbare Daten generieren. Ein anderes Problem, das Chemresilienz angehen soll, ist eine Normierung der Chemie.
Was bedeutet Normierung in dem Zusammenhang?
Wenn wir als Chemiker und Chemikerinnen eine Synthese beschreiben mit &bdquo;bei 25 Grad, zwei Stunden ger&uuml;hrt&ldquo;, gibt es immer noch individuelle Unterschiede. In der chemischen Literatur steht viel drin, was nicht genau so passiert ist. Ich spreche nicht von vors&auml;tzlichem Betrug, sondern von so etwas wie &bdquo;die Mittagspause war l&auml;nger&ldquo;. Wenn in einem Paper steht: 100 Prozent Ausbeute und 100 Prozent Selektivit&auml;t, haben die Autoren die Ergebnisse vermutlich angepasst, damit der Beitrag von einem besseren Journal angenommen wird. Die Algorithmen f&uuml;r das Machine Learning k&ouml;nnen aber nur mit dem arbeiten, was da ist. Dann muss es egal sein, wer die Synthese gemacht hat. Das haben wir mit autonomen Reaktoren erreicht, die wir vor zwei Jahren bei uns gebaut haben und die von au&szlig;en steuerbar sind. Die Daten daraus sind belastbar und eignen sich f&uuml;r Machine Learning.
Das Gro&szlig;forschungszentrum soll zur Verl&auml;sslichkeit der Chemiedaten beitragen. Das ist die Grundlage f&uuml;r KI.
Chemresilienz soll also ein Gro&szlig;forschungszentrum, werden, das die Automatisierung in der Chemie bef&ouml;rdert.
Ja. Automatisierung wird nicht nur wichtig sein, um Daten zu generieren. Wenn wir weiterhin Chemieindustrie in Deutschland haben m&ouml;chten und uns gegen Konkurrenz aus Asien durchsetzen m&ouml;chten, dann m&uuml;ssen wir kostenkompetitiv sein.
Stimmt vor diesem Hintergrund die Erz&auml;hlung der s&auml;chsischen Landesregierung, dass ein Gro&szlig;forschungszentrum die Arbeitspl&auml;tze aus dem Braunkohletagebau ersetzt?
Das Gro&szlig;forschungszentrum kann diese nicht sofort ersetzen. Wir m&uuml;ssen mit einem Gro&szlig;forschungszentrum qualifikations&auml;quivalente Arbeitspl&auml;tze selbst schaffen und uns aktiv in Aus- und Weiterbildung einbringen. Die Anforderungen an Chemiefacharbeiter werden sich ver&auml;ndern. Es wird auch in Zukunft keine Industrie ohne entsprechende Facharbeiterschaft geben. Neue Ausbildungskonzepte erarbeiten wir gemeinsam mit den Hochschulen der Region &ndash; allen voran mit den Universit&auml;ten in Halle-Wittenberg und Leipzig.
Wichtiger aber noch ist die Transformation. Die Chemieindustrie, wie wir sie heute haben, wird es in 40 Jahren nicht mehr geben. Ohne Transformation wird &uuml;berhaupt keine Chemieindustrie mehr in Deutschland existieren. In Leuna leben heute 14 000 Mitarbeitende von der Chemieindustrie; wenn sich die Industrie dort nicht transformiert, dann gibt es die 14 000 Arbeitspl&auml;tze irgendwann nicht mehr.
Warum?
Wenn wir die Chemieindustrie so, wie sie heute ist, elektrifizieren wollen, dann m&uuml;ssen wir nur f&uuml;r die Chemieindustrie doppelt so viel Strom produzieren, wie wir 2019 in ganz Deutschland produziert haben. Alle wissen, was das angesichts der Energiewende bedeutet. Wir m&uuml;ssen also die Prozesse &auml;ndern. Das Gro&szlig;forschungszentrum ist eine riesige Chance, die Chemie insgesamt zum Vorreiter zu machen.
Es ist Aufgabe eines solchen Gro&szlig;forschungszentrums, voran zu gehen, aber nicht alleine, sondern mit Universit&auml;ten, mit au&szlig;eruniversit&auml;ren Institutionen, mit allen zusammen.
Es gibt in der N&auml;he des mitteldeutschen Braunkohlereviers mehrere Hochschulen und Forschungsinstitute. Welche Rolle soll Chemresilienz hier einnehmen?
Das Gro&szlig;forschungszentrum sieht sich als Br&uuml;cke. Wir sind dabei, Beziehungen mit der Uni Leipzig, mit der Uni Halle und mit der TH Merseburg zu kn&uuml;pfen. Diese Institutionen waren ein Grund zu sagen, dieses Gro&szlig;forschungszentrum soll ins mitteldeutsche Revier, die N&auml;he ist seine St&auml;rke. Das Zentrum soll die Umsetzung von Forschung in die Anwendung st&auml;rken, vor allem f&uuml;r Ansiedlungen und Ausgr&uuml;ndungen.
Das Gro&szlig;forschungszentrum soll internationale Forscher anziehen. Wie wollen Sie das schaffen?
Wir haben uns einen Standort ausgesucht, der mit der S-Bahn von Leipzig und Halle aus innerhalb einer Viertelstunde zu erreichen ist. Es gibt in der N&auml;he einen Flughafen, Bahn- und Autobahnanbindungen. Leipzig ist als Stadt sehr international. Das Forschungszentrum soll im Braunkohlerevier angesiedelt sein, denn dort wird es eine Signalwirkung f&uuml;r die gesamte Region haben. Aber wir haben den Ort so ausgesucht, dass die Distanz zum urbanen Zentrum mit &ouml;ffentlichem Nahverkehr leicht zu &uuml;berwinden ist. Anders bekommen wir nicht die Leute, die wir haben m&ouml;chten, also Spitzenforscher und Facharbeiter. So wird das Forschungszentrum die gesamte Innovationsregion im mitteldeutschen Revier st&auml;rken.
Anders als in der Physik gibt es bisher keine Gro&szlig;forschungszentren, die sich explizit mit Chemie befassen. Woran liegt das Ihrer Meinung nach?
Die Chemieindustrie in Deutschland ist extrem erfolgreich gewesen in den letzten 100 Jahren.
Ein Gro&szlig;forschungszentrum war nicht n&ouml;tig?
Es gab 100, 120 Jahre engen Austausch zwischen Akademie und Industrie, und den gibt es auch heute noch, vielleicht nicht mehr so stark. Daher gab es wenig Notwendigkeit f&uuml;r ein Gro&szlig;forschungszentrum. Zudem arbeiten wir als Chemiker und Chemikerinnen oft an Dingen, die klar umrissen sind, etwa einer optimierten Synthese. Dadurch ist der Forschungsprozess klar definiert, aber das gro&szlig;e Ganze ger&auml;t aus dem Blick. Wir schauen uns nicht die gro&szlig;en Ziele an.
Aber eine Transformation der Chemie ist eine Aufgabe, f&uuml;r die wir vielleicht 50 Jahre brauchen, vielleicht 100 Jahre. Das wird extrem aufwendig. Ehrlich gesagt, ein Gro&szlig;forschungszentrum wird nicht reichen, es braucht globale Zusammenarbeit.
Sie meinen, die Chemie &auml;ndert sich: weg vom einzelnen Forscher, der alleine an seinem Abzug etwas erreicht, hin zu Zusammenarbeit, wie es in der Physik schon lange &uuml;blich ist, wenn viele Forscher an einem Experiment arbeiten?
Das ist schon heute in der Chemie so. Mit einem Gro&szlig;forschungszentrum haben wir die Chance, mit den verwandten Disziplinen zusammenzuarbeiten, und ich glaube, dass ein Gro&szlig;forschungszentrum mehr Feedback von der Industrie bekommt. Denn die Chemie soll keine L&ouml;sungen f&uuml;r Probleme liefern, die am Ende in der Anwendung nicht mehr aktuell sind.
War es schwer, Mitstreiter f&uuml;r dieses Projekt zu finden?
Nein. Viele Kollegen und Kolleginnen denken in diese Richtung, arbeiten an Nachhaltigkeit in der Katalyse, in der Verfahrenstechnik. Das Neue ist, Chemiker und Chemikerinnen hinter eine gro&szlig;e Idee zu bringen. Die Chemie hat es bisher nie geschafft, sich hinter eine gro&szlig;e Idee zu stellen, die in einem Gro&szlig;forschungsinstitut umsetzbar ist. Jetzt haben wir unsere Chance.
Ist es nicht sehr optimistisch, Chemiker hinter einer gro&szlig;en Idee versammeln zu wollen? Unter den Chemikern gibt es ja unheimlich viele Individualisten.
Ich habe fr&uuml;her Mannschaftssport gemacht. In der Mannschaft waren auch immer Individualisten, und es war Aufgabe des Trainers, die Leute auf dem Feld dazu zu bringen, gut zusammenzuspielen. Und hier m&uuml;ssen wir Leute identifizieren, sehr starke Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen oder auch Ingenieure, die Willens sind, an gro&szlig;en Dingen zu arbeiten.
Sind die dann auch gewillt, zugunsten einer Idee zur&uuml;ckzustecken?
Das Ziel kann ja nicht sein, nur Paper zu produzieren. Verstehen Sie mich nicht falsch, tolle wissenschaftliche Arbeiten und Publikationen sind wichtig, aber sie sind nur ein Teil. Es geht darum, Ideen umzusetzen. Es gibt Forscher und Forscherinnen, die zwar nochmal hundert Paper produzieren k&ouml;nnten, denen es aber wichtiger w&auml;re, einen Impact zu haben. Das sind die Leute, die wir da gerne haben m&ouml;chten.
Haben Sie, als Sie das Konzept entwickelt haben, mit den Leuten vor Ort gesprochen?
Ja. Das Gro&szlig;forschungszentrum darf nicht wie ein Ufo auf einer gr&uuml;nen Wiese landen, es muss sich komplett in das integrieren, was es bereits gibt, und muss die ganze Region nach oben bringen.
Wie weit ist das Konzept f&uuml;r das Gro&szlig;forschungszentrum?
Wir haben Partner identifiziert, die mit dabei sein werden. Wir haben mit allen gro&szlig;en Chemieunternehmen in Deutschland gesprochen. Im Chemiedreieck auch mit den mittelgro&szlig;en und kleinen Firmen. Momentan sind wir mit der Anwendungsindustrie im Gespr&auml;ch. Beispiel Automobilindustrie. Die Vision der Hersteller ist, ab 2040 nur noch Materialien einzusetzen, die entweder kreislauff&auml;hig oder aus nachwachsenden Rohstoffen sind. Das betrifft alle Materialien, Farben, Klebstoffe, Reifen. Am Ende sind hier chemische Fragen zu beantworten.
Sind Sie auch mit der Politik in Sachsen im Austausch?
Das auch. Die Politik ist ein Sparringpartner, der die Rahmenbedingungen f&uuml;r Forschung und regionale Entwicklung in Deutschland setzt. Aber in erster Linie sind wir Wissenschaftler und Chemiker &ndash; wir wollen forschen und entwickeln. Hierf&uuml;r brauchen wir Freiraum.
Aber die Politik gibt das Geld und entscheidet, ob Ihr Forschungszentrum eine Chance hat.
Ja, es gibt verschiedene thematische Vorschl&auml;ge f&uuml;r ein Gro&szlig;forschungszentrum, wir befinden uns ja in einem Wettbewerb. Es liegt an der Politik, die Ideen zu bewerten und eine Auswahl zu treffen. Wir machen mit unserem Konzept ein wissenschaftlich, aber auch gesellschaftlich und besch&auml;ftigungspolitisch attraktives Angebot und bieten eine langfristige Entwicklungsperspektive f&uuml;r das mitteldeutsche Revier.
Mit Peter Seeberger sprachen Nachrichten-Redakteurin Frauke Zbikowski und Chefredakteur Christian Remenyi. Mit diesem Interview startet eine Reihe zum Thema &bdquo;Rethinking Chemistry&ldquo;, die in loser Folge die Ver&auml;nderungen in der Chemie aufgreift.

Meldung

Vor 50 Jahren in den Blauen Blättern: Druckknopfexperimente

Druckknopfexperimente

Überprüfung Ihres Anmeldestatus ...