Bildung + Gesellschaft

Kurioses, Erstaunliches, &Uuml;berraschendes &mdash; was vor 50 Jahren in den &bdquo;Nachrichten aus der Chemie&ldquo; stand, die damals noch &bdquo;Nachrichten aus Chemie und Technik&ldquo; hie&szlig;en.

Vor 50 Jahren

Im ersten Oktoberheft des Jahres 1974 verwiesen die Nachrichten aus Chemie und Technik auf eine Publikation in der Zeitschrift Nature. Deren Autor Chaffey pl&auml;dierte daf&uuml;r, statt g&auml;ngiger &ndash; oder, wie die Nachrichten schrieben, &bdquo;umst&auml;ndlicher und unsystematischer&ldquo; &ndash; Zeitangaben doch eine SI-Uhr und einen SI-Kalender zu nutzen. Kombiniere man die SI-Einheit Sekunde mit den amtlich zugelassenen Vervielf&auml;ltigungsfaktoren kilo, mega usw., so<img alt="image" src="https://media.graphassets.com/V8ou42cvQLGyYvtB0ZWC">
Der angegebene Termin war &uuml;brigens der 10. Juli 1974, 11.40 Uhr. H&auml;tte sich Chaffeys Vorschlag durchgesetzt, w&uuml;rden wir heute gegen 25 ks fr&uuml;hst&uuml;cken und gegen 80 ks schlafen gehen.
Noch mehr Erstaunliches aus den Blauen Bl&auml;ttern von fr&uuml;her lesen Sie in der GDCh-App: <a href="https://gdch.app/category/vor-50-jahren" target="_blank" rel="noopener">gdch.app/category/vor-50-jahren</a>

Meldung

Schlechte Zeiten

Im ersten Oktoberheft des Jahres 1974 verwiesen die Nachrichten aus Chemie und Technik auf eine Publikation in der Zeitschrift Nature. Deren Autor Chaffey plädierte dafür, statt gängiger – oder, wie die Nachrichten schrieben, „umständlicher und unsystematischer“ – Zeitangaben doch eine SI-Uhr und...

Im Projekt Science4Exit sind experimentelle Escape Games digital angereichert. Schüler:innen machen sich so spielerisch mit naturwissenschaftlichen Themen vertraut und stärken dabei Schlüsselkompetenzen. Betreut werden sie von Studierenden, die dadurch Erfahrungen für den Lehrberuf sammeln.Warum spielen? Spielerische Elemente in spielfremde Kontexte einzubetten (Gamification) fördert die Motivation, das Engagement, die Teilnahme und das Wohlbefinden. Das zeigt sich etwa bei Escape Rooms oder Games: In Escape Rooms muss eine Gruppe Menschen in einer vorgegebenen Zeit aus einem Raum entkommen, indem sie Aufgaben löst.1) Dieses Format ist für Chemielabore unter Sicherheitsaspekten kritisch, aber die grundsätzliche Idee lässt sich nutzen.Escape Games im Bildungsbereich bekommen häufig den Zusatz „Educational“.2) Sie umfassen knifflige Probleme und Rätsel, deren Lösung zur nächsten Aufgabe führt.3) Diese Aufgaben haben einen fachlichen Bezug, sodass sich damit Fachwissen festigen lässt oder ein Wissenstransfer trainiert wird. Escape Games können rein digital, rein analog und haptisch erfolgen oder in hybriden Varianten.<h2 type="main">Science4Exit</h2>Im Projekt Science4Exit werden experimentelle Escape Games mit digitaler Anreicherung entwickelt, erprobt und evaluiert. Dadurch sollen das Interesse von Schüler:innen an Naturwissenschaft gesteigert und das anwendungsbezogene Wissen sowie experimentelle und digitale Kompetenzen gefestigt werden. Die Escape Games im Projekt werden fortlaufend weiterentwickelt, erprobt, optimiert und evaluiert.4)Das Projekt ist für Lehr-Lern-Labore konzipiert, wurde aber inzwischen für den Chemieunterricht erweitert (Science4Exitschool). Schulklassen können zu mehreren Themen ein Escape Game im Lehr-Lern-Labor Ex3-Lab der Pädagogischen Hochschule Weingarten besuchen, wobei sie von Lehramtsstudierenden des Fachs Chemie betreut werden. Diese Studierenden sammeln dabei in einem komplexitätsreduzierten Rahmen Praxiserfahrung, wie Schüler:innen anzuleiten und zu betreuen sind. Die Studierenden werden während der Betreuung im Ex3-Lab videografiert. Anschließend werden aus den Aufzeichnungen Videovignetten (kurze Szenen) erstellt. Mit diesen reflektieren die Studierenden ihr Verhalten im geschützten Rahmen eines Seminars und bekommen Feedback. Die Betreuung und die Arbeit mit den Videovignetten erfolgt im Rahmen einer Lehrveranstaltung im Masterstudium. In einer Lehrveranstaltung im Masterstudium erstellen Studierende weitere Escape Games oder Bausteine dafür.In der Exit-Arbeitsgemeinschaft, einem weiteren Teil des Projekts, dürfen Schüler:innen weitere Escape Games mitgestalten. Voraussetzung ist, dass sie im Ex3-Lab waren. Sie können eigene Themen und Interessen einbringen und je nach Interesse digitale Elemente oder experimentelle Bausteine entwickeln. Betreut werden sie dabei vom wissenschaftlichen Personal der Hochschule und Lehramtsstudierenden.Ausrichtung und Schwerpunkte der Escape Games im Projekt variieren je nach Thema und Klassenstufe. Sie sind alle in digitale Lernumgebungen eingebettet, beispielsweise Actionbound, Genially oder H5P, und werden eigenständig in Kleingruppen gespielt. Erweiterungen etwa durch Augmented oder Virtual Reality oder Erklärvideos liefern zusätzliche Ebenen für den Verständnisprozess.<h2 type="main">Zusammenarbeiten</h2>Das Escape Game „Lost in Space“ ist für Schüler:innen der Jahrgangsstufen 10 bis 12 konzipiert und thematisch bei Energieversorgung und Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) angesiedelt, adressiert also zentrale Probleme der Gegenwart.Das Spiel ist in das webbasierte digitale Tool Genially implementiert, das ermöglicht, die Lerninhalte interaktiv und multimedial aufzubereiten. Dafür ist lediglich eine einfache App-Anwendung erforderlich.Die Schüler:innen arbeiten in Kleingruppen, zum Beispiel zu dritt, was neben fachlichen Kompetenzen soziale und kommunikative Fähigkeiten fördert und festigt. Die betreuenden Lehramtsstudierenden unterstützen im Escape Game: Sie helfen, wenn die Schüler:innen nicht weiter wissen oder Fragen aufkommen, die innerhalb der App nicht beantwort werden. Zudem helfen sie bei einigen Versuchen, besonders wenn Aufbau oder Durchführung nicht ganz einfach sind. Dies trägt zur individuellen Förderung der Schüler:innen bei und ermöglicht ihnen, sich differenziert mit dem Thema auseinanderzusetzen. So entsteht eine Lernumgebung, in der theoretisches Wissen und praktische Anwendung kompetenzorientiert verknüpft werden.<h2 type="main">Das Spiel</h2>Zu Beginn von „Lost in Space“ werden die Schüler:innen mit einer komplexen Ausgangslage konfrontiert, eingeführt von der künstlichen Intelligenz Alex, welche durch das Spiel begleitet. Sie gibt Aufschluss über die Situation des Raumschiffs, das nach einem Sturm auf einem marsähnlichen Planeten gelandet und dabei in zwei Teile zerschellt ist. Um alle Herausforderungen und Experimente zu meistern, müssen die Schüler:innen ihre Ressourcen nachhaltig nutzen.Das primäre Ziel des Spiels besteht darin, vom Planeten zu fliehen. Auf ihrem Tablet starten die Schüler:innen in einer Kommandozentrale (<link href="#nadc20244144112-fig-0001">Foto S. 8). Die Kabinentür ist durch ein Sicherheitsschloss mit einem Code gesichert (<link href="#nadc20244144112-fig-0002">Bilder S. 9). Die zur Codegenerierung notwendigen Ziffern stehen auf einem unter dem Tastenfeld versteckten Eisenblech, das sechs Ziffern aufweist. Jedoch sind lediglich drei nötig, um die Tür zu öffnen. Welche der sechs Ziffern das sind, müssen die Schüler:innen herausfinden, und zwar durch ein zweistufiges Experiment.<figure xml:id="nadc20244144112-fig-0001"><figure><img alt="image" src="https://media.graphassets.com/9beWqBH3R7yeYbXtj1rt"><figcaption><label>Abb.1: </label>Auf dem Tablet: Das Innere der Raumschiffkabine, in dem ein Escape Game startet. Von hier aus müssen die Schüler:innen fliehen.</figcaption></figure></figure><figure xml:id="nadc20244144112-fig-0002"><figure><img alt="image" src="https://media.graphassets.com/vpHKsOG5Rcqm0jbmufHf"><figcaption><label>Abb.2: </label>Letztlich soll ein digitales Schloss geöffnet werden, wozu die Schüler:innen experimentieren müssen.</figcaption></figure></figure>Dieses Experiment basiert auf der Spannungsreihe der Metalle. Die Materialien für die Experimente sind in einer verschlossenen Kiste. Diese können die Schüler:innen öffnen, indem sie mit einer Dekodierscheibe den Code ermitteln. Die Kiste enthält eine hellblaue und eine klare Lösung: schwefelsaure Kupfersulfatlösung (Lösung 1) beziehungsweise destilliertes Wasser (Lösung 2). Zudem finden sich Reaktionsgefäße, eine Stoppuhr und eine Pinzette. Dadurch liegt es nahe, das eingangs gefundene Metallblech nacheinander in beide Lösungen zu tauchen. Dabei verschwinden drei der sechs Ziffern (<link href="#nadc20244144112-fig-0003">Foto links), und das Metallblech bekommt einen kupferfarbenen Überzug. Wie ist das passiert? Diese Frage sollen die Schüler:innen beantworten.<figure xml:id="nadc20244144112-fig-0003"><figure><img alt="image" src="https://media.graphassets.com/szITPOy6T1W3n2FXfvd1"><figcaption><label>Abb.3: </label>Zementationsreaktion: Kupfer scheidet sich auf einem Eisenblech ab; die Codeziffern werden sichtbar.</figcaption></figure></figure>Die Erklärung: Drei der Ziffern sind mit Glycerin aufgestempelt und drei mit Talg. Da Glycerin wasserlöslich ist, lösen sich diese Zahlen in der wässrigen Kupfersulfatlösung; die mit Talg bleiben. Sie dienen zudem als Isolator bei der ebenfalls stattfindenden Zementationsreaktion, weshalb sich an diesen Stellen kein Kupfer auf dem Eisenblech abscheiden lässt. Fachlich behandelt dieses Experiment die Inhalte Löslichkeit und Redoxchemie.Die zugrunde liegende chemische Reaktion ist die Oxidation von Eisen zu Eisen(II)-Ionen und die gleichzeitige Reduktion von Kupfer(II)-Ionen zu elementarem Kupfer.Schüler:innen, die bei der Durchführung des Experiments Schwierigkeiten haben, erhalten gestufte Hilfe (audiovisuell), die sie als Hinweise beim Durchsuchen der Kabine finden.Der korrekte Code, zum Beispiel 475, lässt sich nun in der Lernplattform Genially in das digitale Schloss eingeben, und der nächste Raum ist für die Schüler:innen erreichbar.<h2 type="main">Das zweite Experiment</h2>Ein weiteres Experiment ist die Elektrolyse von Wasser zur Wasserstoff- und Sauerstoffversorgung im Raumschiff (<link href="#nadc20244144112-fig-0004">Foto unten links). Wasserstoff ist im weiteren Spielverlauf eine Schlüsselkomponente für die Energieversorgung, daher ist eine Brennstoffzelle ins Spiel integriert – und zwar in Form eines selbst entwickelten 3-D-gedruckten Marsrovers (Foto unten mittig). Er läuft mit Wasserstoff aus einem Hydrostik (Foto unten rechts). Dieser Wasserstoffspeicher auf Metallhydridbasis dient als Startpunkt, um Speicherformen von Wasserstoff zu diskutieren.5) Weiteren Input liefern Augmented-Reality-Animationen dieser Speicherform.<figure xml:id="nadc20244144112-fig-0004"><figure><img alt="image" src="https://media.graphassets.com/zZrNrdxQl2gdHZVqXoww"><figcaption><label>Abb.4: </label>Weiteres Experiment im Spiel (links): Elektrolyse von Wasser. Mitte: Der Marsrover, eine 3-D-gedruckte eigene Entwicklung, wird digital angereichert. Rechts: Hydrostik mit Adapter. Der damit erzeugte Wasserstoff treibt den Marsrover an.</figcaption></figure></figure>Da Wasserstoff als Energieträger Grenzen hat, beschäftigen sich die Schüler:innen im Rahmen der Suche nach effizienteren Energieträgern mit Methan. Die Schüler:innen setzen sich mit dem Power-to-Gas-Konzept und der Methanisierungsreaktion auseinander.6) Diese ist ebenfalls im Escape Game integriert und wird praktisch durchgeführt. Letztlich können die Schüler:innen mit selbst hergestelltem Methan und der katalytischen Zündung von Wasserstoff zur Erde zurückkehren, nachdem sie zusätzlich eine Rettungskapsel instand gesetzt haben.<h2 type="main">Erkenntnisse</h2>Interesse und Motivation der Schüler:innen waren schon vor dem Escape Game auf hohem Niveau, hier gab es keine Steigerung. Wesentlich verbessert dagegen hat sich das anwendungsbezogene Wissen, was unterstreicht, wie effektiv die Escape Games hinsichtlich Konsolidierung und Generierung fachspezifischen Wissens sind. Zudem nahmen sich die Teilnehmenden nach den Spielen als kompetent wahr, Problemlösestrategien anzuwenden und die Herausforderungen in den Escape Games zu meistern.Der Evaluation zufolge fördert das Escape Game das Lernen, die Kooperation und Interaktion, welche den 21st Century Skills zugeordnet werden. Druck und Anspannung ließen nach, die Selbstwirksamkeit bezogen auf die Experimentierfähigkeiten der Schüler:innen stieg. Escape Games scheinen also nicht nur die Vermittlung fachspezifischen Wissens zu unterstützen, sondern sich auch positiv auf überfachliche Kompetenzen und die Selbstwahrnehmung der Lernenden auszuwirken.Im Projekt Science4Exit werden perspektivisch weitere Escape Games für das Lehr-Lern-Labor und für den Chemieunterricht entwickelt. Zudem sollen interdisziplinäre Escape Games in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik (Mint) fokussiert werden.Das Projekt Science4Exit wird gefördert von der Vector Stiftung und vom Fonds der chemischen Industrie.<h2 type="main">Die Autor:innen</h2>Diesen Text haben Isabel Rubner, David Ditter, David Weiser, Rebekka Ditter und Sarah Lukas von der Pädagogischen Hochschule Weingarten verfasst. Rubner (Foto oben) ist Professorin für Chemie und ihre Didaktik und leitet das Projekt Science4Exit (S4E) gemeinsam mit Lukas (Foto unten), Juniorprofessorin in der Pädagogischen Psychologie. Ditter, Ditter und Weiser arbeiten im Rahmen ihrer Promotion am Projekt S4E.<img alt="image" src="https://media.graphassets.com/EnpenxNLT0SpURJeN8Mg"><img alt="image" src="https://media.graphassets.com/lAXPQlK8TuuC8Tdxjhl8"><h2 type="main">AUF EINEN BLICK</h2>Digitale Lernumgebungen und Anreicherungen können Naturwissenschaften möglicherweise auch solchen Schüler:innen nahebringen, die sich nicht dafür interessieren.Eine spielbasierte Einbettung eignet sich, um Lerninhalte praxisbezogen zu gestalten und anwendungsbezogenes Wissen einzufordern.Experimente als Herzstück der Chemie sind ideal, nicht nur Theorie zu vermitteln, sondern auch praktisches Wissen.<ul class="references" cited="no" style="numbered" xml:id="nadc20244144112-bibl-0001"><li xml:id="nadc20244144112-bib-0001">1 S: Strahringer, C. Leyh (Hrsg.), Gamification und serious games: Grundlagen, Vorgehen und Anwendungen. Springer Vieweg, Wiesbaden 2017, doi: <accessionid ref="info:doi/10.1007/978–3–658–16742–4">10.1007/978–3–658–16742–4</accessionid></li><li xml:id="nadc20244144112-bib-0002">2 A. Veldkamp, L. van de Grint, M.-C. P. J. Knippels, W. R. van Joolingen, Educ. Res. Rev.-Neth. 2020, doi: <accessionid ref="info:doi/10.1016/j.edurev.2020.100364">10.1016/j.edurev.2020.100364</accessionid></li><li xml:id="nadc20244144112-bib-0003">3 H. Tercanli, R. Martina, M. Ferreira Dias, Educational Escape Rooms in Practice: Research and Experiences’ 2021 doi: <accessionid ref="info:doi/10.34624/RPXK-HC61">10.34624/RPXK-HC61</accessionid></li><li xml:id="nadc20244144112-bib-0004">4 I. Rubner, S. Lukas: Experimentelle Escape Games im Lehr-Lern- Labor Ex3 -Lab des Fachbereichs Chemie; doi: <accessionid ref="info:doi/10.1007/978–3–658–40109–2">10.1007/978–3–658–40109–2</accessionid></li><li xml:id="nadc20244144112-bib-0005">5 I. Rubner, ChemKon 2022, 29(S1), 339</li><li xml:id="nadc20244144112-bib-0006">6 I. Rubner, Th. Grofe, M. Oetken, Chem. unserer Zeit 2018, 53(2), 104</li></ul>

Meldung

Schlechte Zeiten

Überprüfung Ihres Anmeldestatus ...