Some photochemical synthesis methods are hampered by back electron transfer, an unproductive relaxation pathway. To prevent this, scientists have identified strategies to promote productive reaction steps: these include leaving groups, redox auxil...
Artikel
Trendbericht Festkörperchemie und Materialforschung 2025
Von Wiley-VCH zur Verfügung gestellt
Wie die Festkörperchemie im vergangenen Jahr Grundlegendes aufgeschlüsselt hat und den Übergang von Grundlagenforschung zur Anwendung gemeistert hat, verrät dieser Bericht. Es geht unter anderem um metallorganische Gerüstverbindungen, stickstoffhaltige Materialien, Elektronenstrukturen in Clustern und Intermetallika sowie optimierte Batterien.
Metallorganische Gerüstverbindungen
Metallorganische Gerüstverbindungen (Mofs) mit klar definierten Eigenschaften reproduzierbar zu synthetisieren und zu skalieren ist oft schwierig – aber ein wichtiger Schritt zur Anwendung. Wie eine strukturanalytische Charakterisierungsroutine zeigte, beeinflussen mehrere Parameter die Synthese von PCN-224 – einem Mof mit Zirconiumoxoclustern als Metallknotenpunkt. Den genauen Reaktionsweg und das Produkt bestimmen demnach das zirconiumhaltige Edukt und der Wassergehalt in der Reaktionslösung. Diese Einblicke wurden durch eine Analyse gewonnen, die sowohl die lokale als auch die Fernordnung von Zwischen- und Endprodukten berücksichtigt.1)
Das von der EU-Förderorganisation Cost finanzierte Forschungsnetzwerk EU4Mofs nimmt sich ebenfalls dieser Herausforderung an. Der Schwerpunkt des Netzwerks ist die nachhaltige Synthese funktioneller Mofs in Anwendungen wie Wasseraufbereitung, Wirkstofflieferanten und Energiematerialien.2)
Die Funktionalität eines Materials wird darüber bestimmt, wie es auf bestimmte Stimuli reagiert.3) In lanthanoidbasierte oder -dotierte Mofs lassen sich über das Metallkation optische Eigenschaften einführen. So eignen sich Mofs wie Eu3+@MIL-68(In) oder Eu3+@UiO-67(Zr)-bipy mit postsynthetisch integrierten Eu3+-Ionen als O2-Sensoren. Das funktioniert, denn O2 unterdrückt die Eu3+-basierte Photolumineszenz durch Triplett-zu-Singulett-Übergänge.4) Dies geschieht schon bei Drücken von 10−5 bar O2. Eine weitere Möglichkeit, Mofs photoresponsiv zu machen, sind Linkermoleküle wie das mit Phosphonsäuregruppen funktionalisierte Tetraphenylethylen. Zusammen mit La3+ bildet es das Mof CAU-54, das etwa photochrom ist und abhängig vom Gastmolekül photoluminesziert.5)
Eine mit Mofs verwandte Materialklasse sind organische Gerüstverbindungen (Cofs), die ebenfalls responsive Eigenschaften zeigen können. Wie kürzlich berichtet wurde, verzerrt sich das Netzwerk eines dynamischen Cofs, wenn es Gastmoleküle aufnimmt oder abgibt. Die zugrunde liegende „Wine-Rack“-Struktur erinnert an flexible Mofs,6) welche bis vor Kurzem die Forschungsgruppe „Switchable Mofs“ erforscht hat.7)
Neben kristallinen Mofs interessieren sich Forschende in Deutschland wie international für Mof-basierte Gläser. Kürzlich wurden aus chemisch modifiziertem ZIF-8 Mof-Gläser hergestellt, die eine hohe Porosität haben, welche für C3- und C4-Bausteine zugänglich ist.8)
Wie außerdem demonstriert wurde, lässt sich die Herstellung Mof-basierter Gläser beeinflussen, indem an Stellschrauben aus der Glaschemie gedreht wird: ZIF-62-basierte Gläser bilden so monolithische Fragmente im Millimetermaßstab, und durch Anpassung der Prozessierungsparameter bei der Glasherstellung lässt sich die Porengröße für Gasdiffusion steuern.9)
Das Steuern von Eigenschaften durch die Identität molekularer Baueinheiten ist ein Ansatz, der Gebiete der anorganischen Chemie verbindet. So hat im März 2024 die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) bekanntgegeben, das Programm „Interaktives Schalten von Spinzuständen“ zu bewilligen. In dem aus der Molekülchemie motivierten Programm erforschen bis zu 30 Gruppen die Grundlagen schaltbarer Spinsysteme, deren Ergebnisse vermutlich auch spannend für die Festkörperchemie und Materialforschung sein werden.10)
Nitride und Hochdrucksynthese
Eine weitere Materialklasse mit vielfältigen Anwendungen und Eigenschaften sind Nitride. Im Jahr 2024 sind einige Nitride charakterisiert worden: Beispielsweise resultieren die optoelektronischen Eigenschaften und lineare thermische Expansion von CuTaN2 aus dem großen anharmonischen Charakter der Gitterdynamik.11)
Ein Fokus liegt auch auf der Synthese und Charakterisierung neuartiger Nitride: um diese Verbindungsfamilie besser zu verstehen, und um darauf aufbauend Materialien für Zukunftstechnologien zu entwickeln. So wurde kürzlich über die Synthese von Calciumnitriden mit komplexen Überstrukturen berichtet, welche sich vom inversen Perowskit-Typ ableiten.12)
Ruddlesden-Popper-Oxide gibt es viele – mit Eigenschaften wie Ferromagnetismus und Ferroelektrizität. Nun wurden die ersten Ruddlesden-Popper-Nitrid-Vertreter synthetisiert. Ein Ruddlesden-Popper-artiges Strukturmotiv tritt bei Pr2ReN4, Nd2ReN4 und Ce2TaN4 auf, die über Hochdrucksynthesen hergestellt wurden. Sie zeigen magnetische Kopplungsphänomene, die sich beispielsweise in einer verkanteten Spinstruktur der cerhaltigen Verbindung äußern.13)
Eine Hochdrucksynthese lieferte auch das Nitridophosphat Cr5,7Si2,3P8N24, das erste Nitridophosphat-Analogon zur Gruppe der Amphibolen (Abbildung 1).14)
Forschende, die an stickstoffhaltigen Materialien arbeiten, richten den Fokus auch auf die Entwicklung von Bauelementen für die Optik. Die Al3+-haltigen Oxonitridoborate wurden ebenfalls unter Hochdruck und hoher Temperatur synthetisiert; durch Substitution eines kleinen Anteils von Al3+ durch Cr3+ ähneln einige ihrer Eigenschaften denen von Rubin.15) Neben der Synthese von Nitriden ist die Hochdrucksynthese wichtig, um Systeme zu erforschen, in denen natürlich hohe Drücke herrschen, beispielsweise im Erdinneren. So sollen Verbindungen, die unter diesen Bedingungen existieren, und ihre Eigenschaften erschlossen werden. Dargestellt wurden beispielsweise Carbide mit Polyacen- oder para-Poly(indenoinden)-artigen Kohlenstoff-Nanoribbons (Abbildung 2, S. 57).16)
Die optischen Eigenschaften lanthanidhaltiger Materialien zu verbessern, ist ebenfalls im Fokus aktueller Forschung. Beispielsweise wurde dies für die Triflate Ln(CF3SO3)2(CH3CN) (Ln = Sm, Eu) demonstriert.17) Diese sind optisch und magnetisch aktiv und somit mehr als einfache Werkzeuge der präparativen Chemie (Abbildung 3, S. 57).
Elektronenstrukturen in Clustern und Intermetallika
Als Edukte für Synthesen sind auch wasserfreie Seltenerdmetallchloride wichtig (Abbildung 4).
Um die Chloride herzustellen und dabei aufwendige Verfahren wie die Ammoniumhalogenidroute zu umgehen, gibt es jetzt einen Syntheseweg basierend auf den Oxiden und der ionischen Flüssigkeit [BMIm]Cl3·AlCl3 (BMIm = 1-Butyl-3-methylimidazolium).18)
Ebenfalls im flüssigen Medium wurden neue Uranverbindungen dargestellt:19) Diese haben komplexe Kationen, die ungewöhnlich gebunden sind, wie Experimente und quantenchemische Untersuchungen zeigen.
Eine bizarre Bindungssituation20) weist auch das komplexe [Br4F21]−-Ion auf (Abbildung 5a). Darin ist das zentrale Fluoratom von vier BrF5-Einheiten tetraedrisch umgeben. Wie sich am [Ru6GeHI(CO)18]-Cluster zeigt, liegen auch kohlenstofffreie Strukturfragmente mit aromatischem Charakter vor (Abbildung 5c).21)
Diese Beiträge unterstreichen: Die Natur der chemischen Bindung zu verstehen, ist schwierig. Das ist jedoch nötig, um räumliche Anordnungen in Materialien zu verstehen. Dazu wurde ein weiteres Werkzeug22) entwickelt: Mit ihm lassen sich Fragmentorbitale ermitteln, ausgehend von Rechnungen, die auf ebenen Wellen basieren. Gezeigt wurde dies etwa für Struktureinheiten in reduzierten Übergangsmetallhalogeniden oder Zintl-Phasen (Abbildung 5b). Bei den Zintl-Phasen richtet sich der Fokus der Forschenden weiterhin darauf, die Grenzen des fundamentalen Zintl-Klemm-Busmann-Ansatzes auszuloten. Diese Grenzen werden derzeit experimentell und quantenchemisch an den ternären Verbindungen Cs7,29K5,71Tl13 und Cs3,45K3,55Tl7 erforscht.23) Dabei wird auch die Frage geklärt werden, ob und wie sich die anionischen Thallium-Cluster in Lösung bringen lassen. Denn viele Syntheseprozesse nutzen aus, dass Zintl-Anionen gut löslich sind. So wurde beispielsweise die Zintl-Phase K4Ge9 eingesetzt, um [Ge9Ni]-Cluster zu synthetisieren,24) die als homogene Katalysatoren mit einer Single-Site in Olefin-Isomerierungen dienen. Zum einen zielt also die Forschung auf das fundamentale Verständnis elektronischer Strukturen ab. Zum anderen sollen Phänomene ausgehend von den Elektronenstrukturen auch für neue Materialien genutzt werden.
Stellvertretend für die angesprochenen intermetallischen Verbindungen gibt es beispielsweise für PtBi2 Hinweise, dass der supraleitende Zustand auf die Materialoberfläche beschränkt ist.25) Das erlaubt, zwischen topologischen Zuständen zu schalten. Um Supraleitung zu verstehen, lassen sich auch Eisen-Arsen-basierte Supraleiter untersuchen. Dazu wurden etwa bei der intermetallischen Verbindung UFe5As3 elektrische Leitfähigkeit und Magnetismus bestimmt26) – UFe5As3 verhält sich demnach Kondo-artig, verringert also seinen Widerstand infolge magnetischer Störstellen.
Das ternäre Stannid CeMgSn wurde als Wasserstoffspeicher in Betracht gezogen.27) Es zeigte sich: Lagert sich Wasserstoff ein, wechselt der Zustand vom antiferromagnetischen CeMgSn zum ferromagnetischen CeMgSnH.
Wasserstoff wird auch in der Produktion grünen Stahls wichtig werden. Ein neues Verfahren reduziert eisenhaltige Schlämme mit einem Wasserstoff-Plasma-Strom.28)
Oxide, Wasserstoff und Nanopartikel
Um zu wasserstoffbasierten Techniken überzugehen, muss mehr Wasserstoff zur Verfügung stehen. Die Suche nach Elektrokatalysatoren zur Wasserstoffgewinnung führte zu folgenden Ergebnissen: Das ternäre Oxid AgRuO3 lässt sich wegen seiner Struktur effizient in Hydrogen-Evolution-Reaktionen (HER) einsetzen.29) Während mit dem Oxid AgRuO3 die Teilreaktionen bei der Wasserstoffproduktion zu optimieren sind, untersuchen Forschende auch, wie Oxide beim Speichern oder Trennen von Gasmolekülen helfen. Dazu wurden Membranen aus Nd2NiO4+d mit einem neuen Synthesekonzept so aufgebaut, dass sich das Oxid als Membranmaterial für industrielle Anwendungen eignet.30)
Oxide werden nicht nur als dünne Schichten, sondern auch als Nanopartikel eingesetzt, etwa in Ferrofluiden oder bei katalytischen Prozessen – deshalb werden vermehrt Nanopartikel und ihre Wirkungsweisen erforscht. Um beides zu verbessern, sind zwei Sachen nachzuvollziehen: die Wachstumsprozesse in der Synthese der Nanopartikel und deren Funktion in einer bestimmten Anwendung. Diesem Ansatz folgend wurde Pd(NO3)2 calciniert, wobei sich temperaturabhängig PdO- und Pd-Partikel auf der ZnO-Oberfläche bilden. Dies wurde mit In-situ-Transmissionselektronenmikroskopie verfolgt, und so fand sich der optimale Syntheseweg für Partikel, die kleiner sind als 4 nm.31)
Wie Citrat-Liganden und Wassermoleküle mit Eisenoxidnanopartikeln wechselwirken, wurde mit quasi-elastischen Neutronenstreuungsexperimenten aufgeschlüsselt32) – ein Beispiel für jüngste Entwicklungen in der Strukturaufklärung mit Neutronenquellen.
Großforschungsanlagen
Großforschungsanlagen werden wichtiger für die Strukturanalytik, denn sie erlauben, neben Syntheseprodukten Syntheseprozesse oder Phasenumwandlungen in der Materialforschung aufzuschlüsseln. Eine bedeutende Entwicklung aus den letzten Jahren, die die Forschungsinfrastruktur stärken soll, sind die konkreten Pläne zu Petra IV33) und zur High Brilliance Neutron Source in Jülich,34) wobei das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) die Verfügbarkeit solcher Großforschungsanlagen langfristig stützen soll.35) Dazu bietet ein Service jetzt an, Paarverteilungsfunktionen, die mittels Totalstreuung erhalten werden, kostenpflichtig zu analysieren. Somit wird diese Technik auch für Forschende ohne spezielle Erfahrung zugänglich.36)
Ab dem Jahr 2025 soll die Neutronenquelle FRM-II auch wieder zur Verfügung stehen.37)
Elektronentheorie führt zu neuen Materialien
Die jüngsten Entwicklungen zu Großforschungsanlagen setzen Maßstäbe bei der Strukturaufklärung, und die Quantenchemie hilft, komplexe Strukturszenarien aufzuklären. So wurden die Phasen des Systems Silicium-Sauerstoff mit maschinellem Lernen erschlossen,38) und Molekulardynamik-Simulationen machten die Struktur amorphen Calciumcarbonats zugänglich.39)
Um den Reaktionsmechanismus der Synthese von CaAl2O4 zu klären, wurden experimentelle Analysemethoden und ein quantenchemischer Ansatz kombiniert.40) CaAl2O4 wurde nicht nur konventionell über die Nitrate des Calciums oder Aluminiums erhalten, sondern über Oxidation der intermetallischen Verbindung CaAl2.
Eine konventionelle Route lieferte dagegen aus BaCO3, SrCO3, (NH4)2HPO4 und Dy2O3 die Verbindungsreihe (Sr,Ba)10(PO4)6(OH)2, bei der Erdalkalimetallatome in geringem Maß durch Dysprosiumatome substituiert sind.41) Wie sich dabei zeigte, hängt das Magnetisierungsverhalten eines Mitglieds der Verbindungsreihe davon ab, wie viel Dysprosium sich einbauen lässt.
Das Molybdat Cs2Fe2(MoO4)3 weist einhergehend mit dem Strukturaufbau im Hinblick auf den Magnetismus insgesamt eine frustrierte Konfiguration der Spins auf.42) Es zeigt zudem einen magnetokalorischen Effekt, der es für Kühleinheiten prädestiniert (Abbildung 6a, S. 60).
Gruppe-16-Metallate sind unter anderem als Komponenten für Batterien interessant. Um diese zu entwerfen, werden ebenfalls Experimente und quantenchemische Ansätze genutzt. Experimentell zeigte sich beispielsweise an den Molybdaten Cs3MO4 (M = V, Nb, Ta), dass bei der Wahl eines Strukturmodells Vorsicht geboten ist, da kristallographische Probleme leicht zu fehlerhaften Strukturmodellen in dieser Materialklasse führen.
Das hat wiederum Konsequenzen für das bisherige Strukturverständnis in bereits bekannten Chalkogenidometallat-Ionenleitern.43) Die Tendenz, ein bestimmtes Strukturmodell anzunehmen, wurde hingegen für die neuartigen Selenotetrelate Na4TtSe4 (Tt = Si, Ge, Sn) zusätzlich experimentell und quantenchemisch untermauert.44) Diese Verbindungen sind gleichzeitig moderate bis gute Natriumionenleiter.
Das neue Sulfidometallat K2[Co3S4]45) eignet sich potenziell als Komponente in Kaliumionen-Batterien und Spintronik-Bauelementen. Das legen die Struktur sowie die physikalischen Eigenschaften dieses Sulfidometallats nahe.
Magnetische topologische Isolatoren sind ebenso interessant für Techniken, die auf komplexen magnetischen Zuständen beruhen, beispielsweise insgesamt antiferromagnetische Zustände ausgehend von ferromagnetischen Schichten.
Diese kommen etwa in der Verbindungsreihe (MnBi2Te4)(Bi2Te3)n vor (Abbildung 6b) – deren magnetische Strukturen wurden nun mit lokal aufgelösten Analyseverfahren ermittelt.46) Nutzen ließen sich solche Verbindungen beispielsweise für Datenspeicher.
Batterien
Für Batterien, die statt Lithium schwerere Alkalimetallkationen nutzen, werden weiterhin Komponenten gesucht. Der Fokus richtet sich außerdem darauf, wie die Lithiumkationen in Lithiumionenbatterien mobiler werden. So wurde etwa geprüft, wie Fehlordnungen in einer Kristallstruktur und Ionenleitfähigkeit korrelieren: Die höchste Ionenleitfähigkeit bei Raumtemperatur erzielte die Verbindung Li6,66[P0,167Si0,5Ge0,167Sb0,167]S5I.47)
Am Elektrolyten Li6PS5Br wurde gezeigt,48) wie Druck von außen die Kristallstruktur verzerrt und so die Ionenleitfähigkeit ändert. Zudem können Grenzflächenprozesse, die an Umordnungen der Struktur in Anoden auf Siliciumbasis geknüpft sind, zu Kapazitätsverlusten führen (Abbildung 7).49) Die genannten Resultate wurden experimentell sowie quantenchemisch erzielt.
Parallel dazu wurden Ansätze aus der digitalen Chemie zwischen Chemie und Informatik verfolgt. Um optimale Komponenten für Batteriematerialien auf maschinellem Weg möglichst schnell zu identifizieren, wurde das Werkzeug attention-based recurrent algorithm for neural analysis (Arcana) entwickelt.50) Auf Grundlage eines Datensatzes potenzieller Batteriematerialien sagte Arcana Materialien für Natriumbatterien voraus.
Wichtig ist auch, wie sich aus Festkörperbatterien die Materialien zurückgewinnen lassen. Wie sich zeigte, hängt es stark von den anderen verbauten Komponenten ab, ob die Funktion der einzelnen Materialien wie β-Li3PS4 erhalten bleibt.51)
Ausblick
Derzeit erforscht die Festkörperchemie Materialklassen und -eigenschaften, um Bauteile für Zukunftstechnologien zu entwickeln. Dieses Unterfangen realisieren oft nationale und internationale Verbundprojekte, verschiedene Fachbereiche gemeinsam sowie Forschungseinrichtungen und die Industrie. Immer wichtiger werden dabei Großforschungsanlagen, zumal die Analysemöglichkeiten kontinuierlich erweitert werden. Um experimentell zugängliche Resultate zu verstehen und vorherzusagen, wird stärker auf digitale Chemie gesetzt, die sich kontinuierlich weiterentwickelt.
Zudem ist erwartbar und unerlässlich, dass Forschungsschwerpunkte im Zusammenhang mit Recyclingstrategien und Ressourceneffizienz akzentuiert werden.
Die Perspektive birgt jedoch Herausforderungen: Die Studierendenzahlen in der Chemie gehen zurück, Forschungsmittel werden weniger und der Industrie geht es schlechter. Als eines weniger Länder fördert Deutschland die Grundlagenforschung noch solide, vor allem durch Drittmittelgeber wie die DFG. Um Forschungsprojekte zu realisieren und mit diesen die Grundlage für Innovationen der Zukunft zu legen, bleiben Fördermittel in der Festkörper- und Materialforschung trotz unruhiger Zeiten essenziell.
Drei Fragen an den Autor: Gregor Kieslich
Was würden Sie gerne entdecken oder herausfinden?
Chemiebezogen? Dann eine materialklassenübergreifende Recyclingstrategie, um der Ressourcenknappheit entgegenzutreten.
Ihre Forschung in 140 Zeichen?
Die Synthese- und Strukturchemie von funktionellen Festkörpern mit Molekülen oder molekularen Baueinheiten. Damit sehe ich mich als Grenzgänger zwischen traditionellen Disziplinen in der anorganischen Chemie.
Wie schaffen Sie es, Beruf und Familie unter einen Hut zu kriegen?
Getreu dem Motto „Irgendwas ist immer“ – das entspannt und bereitet vor.
Gregor Kieslich, Jahrgang 1986, ist seit November 2016 Gruppenleiter an der TU München und hat im September 2022 in anorganischer Chemie habilitiert. Seit Dezember 2023 unterstützt ihn das Heisenberg-Programm der DFG. Er promovierte an der Universität Mainz und schloss daran einen Postdoc-Aufenthalt an der Universität Cambridge an.
Drei Fragen an den Autor: Simon Steinberg
Welche Erkenntnis der letzten zwölf Monate war für Ihre Forschung besonders wichtig?
Das Aufschlüsseln von Bindungsszenarien wie metavalente Bindung, um so phänomenologische Befunde für zukünftige Anwendungen zu erschließen.
Welche Anregung hat Ihnen das Sichten der Trendbericht-Literatur für Ihre eigene Forschung geliefert?
Neuartige und immer bessere Ansätze in Synthese, Analytik und Computerchemie, die auch ich in Zukunft gerne einsetzen möchte.
Was brauchen Sie heute im Beruf, was Sie im Studium nicht gelernt haben?
Digitale Chemie, die an der Schnittstelle zur Informatik überall wichtiger wird und daher nun Bestandteil jedes Lehrplans sein sollte.
Simon Steinberg, Jahrgang 1987, ist Gruppenleiter an der RWTH Aachen, wo er sich der Festkörper- und Quantenchemie zu Telluriden widmet. Dort arbeitet er seit dem Jahr 2015; 2022 hat er sich habilitiert. Zuvor hatte er ein Postdoktorat an der Iowa State University absolviert. Studiert hat er an der Universität Köln, wo er 2013 auch promovierte.
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