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Wie Moleküle riechen | Eine Geruchsdatenbank hilft, digitale Nasen zu entwickeln. Aufgebaut haben sie Forschende der Universitäten Jena und TU Dresden. Dafür rochen über 1200 Proband:innen an molekularen Proben und bewerteten, wie angenehm, intensiv oder vertraut sie die Düfte empfinden. Mit Kolleg:innen aus Finnland, Israel und Tschechien erarbeiteten die Jenaer eine weitere Datenbank mit Körpergerüchen, die etwa zeigen könnten, ob Personen krank sind.Zur Molekülgeruch-Datenbank: <url href="https://t1p.de/wwfea"><a href="https://t1p.de/wwfea" target="_blank">t1p.de/wwfea</a></url>Zur Körpergeruch-Datenbank: <url href="https://t1p.de/exkqk"><a href="https://t1p.de/exkqk" target="_blank">t1p.de/exkqk</a></url>Süße Proteine | Forschende des Fraunhofer-Instituts für Molekularbiologie und Angewandte Oekologie IME haben ein proteinbasiertes Süßungsmittel als Zuckerersatz entwickelt. Als Vorbild nutzten sie das Protein Brazzein aus einer afrikanischen Pflanze, das zwar süß schmeckt, allerdings im Hals kratzt. Die weniger kratzige Brazzein-ähnliche Variante X3 stellt das Team durch mikrobielle Fermentation her (<link href="#nadc20254149302-fig-0001">Foto). Sie ist etwa 10 000-fach süßer als Haushaltszucker. Das MetaX-Institut für Diätetik testet X3 derzeit in einem eiweißarmen, kakaohaltigen Getränkepulver.<figure xml:id="nadc20254149302-fig-0001"><figure><img alt="image" src="https://eu-central-1.graphassets.com/Aype6X9u2QGewIgZKbFflz/cm8wk1suf77es07uomf1mffux"><figcaption><label>Abb.1: </label>Das Gen für das süß schmeckende Protein schleusen die Forschenden in Hefezellen ein und vermehren sie im Bioreaktor. Foto: Fraunhofer IME</figcaption></figure></figure>Zur Fraunhofer-Meldung: <url href="https://t1p.de/lhs6w"><a href="https://t1p.de/lhs6w" target="_blank">t1p.de/lhs6w</a></url>Feinfühlige Keramik | Keramikpartikel aus Kalium-Natrium-Niobat, Zinkoxid oder Kohlenstoff nutzt ein Team der Schweizer Eidgenössichen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa), um Sensoren herzustellen. Die Forschenden betten die Partikel in thermoplastische Kunststoffe ein. Temperaturschwankungen, Dehnung oder Kompression verändern den Abstand der Partikel und damit die elektrische Leitfähigkeit der Sensoren. Diese eignen sich etwa für Handprothesen oder als künstliche Haut: Sie „fühlen“ Berührungen und Temperaturunterschiede.Adv. Intell. Syst., doi: 10.1002/aisy.202400413Katharina Käfer

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Riechen, schmecken, fühlen

Wie Moleküle riechen | Eine Geruchsdatenbank hilft, digitale Nasen zu entwickeln. Aufgebaut haben sie Forschende der Universitäten Jena und TU Dresden. Dafür rochen über 1200 Proband:innen an molekularen Proben und bewerteten, wie angenehm, intensiv oder vertraut sie die Düfte empfinden. Mit Koll...

Alternativen für thermisch und chemisch beständige Fluorpolymere finden: Vor dieser Aufgabe stehen Unternehmen in Europa derzeit, denn die EU plant, per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) zu beschränken. Welche Verbindungen kommen in Frage, und wo liegen Probleme?Seit März 2023 liegt ein Vorschlag der European Chemical Agency (Echa) vor, der per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) in ihrer <link href="#nadc20254150334-fig-0001">Nutzung beschränken oder verbieten soll. Fluorpolymere enthalten CF2- oder CF3-Gruppen und bilden mit 38 Vertretern eine kleine Untergruppe der PFAS. Sie sind als polymers of low concern (PLC) eingestuft – also als wenig bedenklich für menschliche Gesundheit und Umwelt. Viele Länder, beispielsweise die USA, Kanada, Großbritannien, Dänemark, Frankreich, China und Japan, wollen deshalb die Fluorpolymere aus dem Echa-Vorschlag ausschließen.<figure xml:id="nadc20254150334-fig-0001"><figure><img alt="image" src="https://eu-central-1.graphassets.com/Aype6X9u2QGewIgZKbFflz/cm8wkgdp57kwd07tanshbv9r3"><figcaption><label>Abb.1: </label>Dank Fluorpolymeren sind Smartphones wasserdicht und funktionieren auch unter der Dusche oder nach einer halben Stunde im Schwimmbecken. Bild: saf4ry, generiert mit KI / Adobe Stock</figcaption></figure></figure>Trotzdem suchen Unternehmen in der Europäischen Union (EU) nach Alternativen zu Polytetrafluorethylen (PTFE) und anderen Fluorpolymeren.<h2 type="main">Eigenschaften der Fluorpolymere</h2>Kunststoffe lassen sich anhand ihrer maximal zulässigen <link href="#nadc20254150334-fig-0002">Dauergebrauchstemperatur kategorisieren: Bis 90 °C spricht man von Standardkunststoffen, bis 140 °C von technischen und bei noch höheren Temperaturen von Hochleistungskunststoffen (Abbildung 1).<figure xml:id="nadc20254150334-fig-0002"><figure><img alt="image" src="https://eu-central-1.graphassets.com/Aype6X9u2QGewIgZKbFflz/cm8wkgg567k5j07uomg65dm3d"><figcaption><label>Abb.2: </label>Kunststoffe klassifiziert anhand ihrer Dauergebrauchstemperatur: Sämtliche Fluorpolymere gehören zu den Hochleistungskunststoffen. Gelb: Polypropylen; hellgelb: Polyethylen; blau:Polyamide; magenta: Polyester; ocker: Hochleistungskunststoffe mit aromatischem Gerüst; grün: Fluorpoylmere; weiß: alle anderen Kunststoffe. Abbildung: M. Schlipf, FPS</figcaption></figure></figure>Nach 20 000 Stunden bei ihrer Dauergebrauchstemperatur behalten die Kunststoffe mehr als die Hälfte ihrer Eigenschaften, etwa mechanische wie Reißfestigkeit und Reißdehnung. Alle Fluorpolymere gehören zu den Hochleistungskunststoffen.Fluorelastomere sind amorph; PTFE, modifiziertes PTFE und Fluorthermoplaste (FTP) teilkristallin.Bei Suche nach Alternativen auch zu berücksichtigen: Mit einer Bindungsenergie von 439 kJ · mol–1 ist die Bindung zwischen Kohlenstoff und Fluor die stärkste organische. Ihr Zerfall ist energetisch ungünstig. Deshalb ist PTFE beispielsweise nicht brennbar. Die Fluoratome schirmen das Kohlenstoff-Rückgrat der <link href="#nadc20254150334-fig-0003">PTFE-Moleküle ab; chemische Angriffe an den Schwachstellen – den Kohlenstoff-Kohlenstoff-Bindungen – sind nicht möglich (Abbildung 2). Die Kohlenstoff-Fluor-Bindung ist stark polar; die Elektronegativitäten von Kohlenstoff und Fluor liegen bei 2,5 beziehungsweise 4,0. Das PTFE-Molekül ist allerdings aufgrund seiner helikalen Struktur und der Symmetrie nach außen hin unpolar. Polymere mit C8-Perfluorseitenketten etwa sind deshalb gleichzeitig wasser- und ölabweisend.<figure xml:id="nadc20254150334-fig-0003"><figure><img alt="image" src="https://eu-central-1.graphassets.com/Aype6X9u2QGewIgZKbFflz/cm8wkh3zj7lx007tare72bed2"><figcaption><label>Abb.3: </label>Polytetrafluorethylen (PTFE) und modifiziertes PTFE. Abbildung: M. Schlipf, FPS</figcaption></figure></figure>An den Enden der Polymerketten fehlt der Fluor-Schutzschirm. Allerdings kommt bei PTFE durchschnittlich auf eine Million Kohlenstoffatome nur eine Endgruppe. Erst ab 100-facher Endgruppenkonzentration, also 100 Endgruppen auf eine Million Kohlenstoffatome, beeinflussen diese die Reaktivität, etwa bei thermoplastischen Perfluoralkoxy-Polymeren (PFA). Hier sind die Endgruppen nachzufluorieren, um sie zu stabilisieren. Geschieht dies nicht, können beim Verarbeiten bei hohen Temperaturen (etwa 340 °C) Endgruppen abgespalten werden, wodurch sich Flusssäure (HF) bildet. Diese korrodiert Teile der Verarbeitungsmaschine und kontaminiert dadurch PFA – ein Ausschlusskriterium für dessen Einsatz in der Chipproduktion in der Halbleiterindustrie.<h2 type="main">Temperaturbeständigkeit steuern</h2>Über die Kohlenwasserstoffreste (-CH2-Ketten) und funktionellen Gruppen, die die Polymerketten zusammenhalten, lässt sich erklären, wo Polymere im Kunststoffspektrum liegen (Abbildung 1).Standardkunststoffe wie Polyethylen oder PVC bestehen aus aliphatischen Kohlenwasserstoffketten. Vergleichsweise schwache van-der-Waals-Kräfte zwischen den Ketten festigen den Polymerverbund. Deshalb sind Standardkunststoffe nur bis zu Temperaturen von etwa 90 °C einsetzbar.Bei den technischen Kunststoffen verstärken ionische Wechselwirkungen oder Wasserstoffbrückenbindungen den Zusammenhalt benachbarter Moleküle. Das ermöglicht Dauergebrauchstemperaturen bis zirka 140 °C. Die Polyamide PA6, PA66 und PA1014 etwa gehören zu den technischen Kunststoffen.Einsatztemperaturen von bis zu 300 °C lassen sich mit Polymeren auf Basis aliphatischer Kohlenwasserstoffe nicht erzielen – diese würden zerfallen. Die Mesomerie aromatischer Strukturen, Mehrsträngigkeit wie in Leiterpolymeren oder funktionelle Gruppen wie Imid- oder Etherketongruppen führen zu höherer Stabilität bei Hochleistungskunststoffen. Wegen der hohen Bindungsenergie der C–F-Bindung gehören zu diesen auch die Fluorpolymere.<h2 type="main">Alternativwerkstoffe</h2>Als Alternative zu PTFE-Werkstoffen in chemischen Anlagen, etwa in Pumpen, Ventilen, Hähnen oder sonstigen Armaturen, könnte sich Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk (EPDM) eignen. Bei dynamisch belasteten Teilen wie Pumpenmembranen wird es bereits eingesetzt. Fraglich ist, ob es sich auch für Dichtungen nutzen lässt. Ein Vergleich mit PTFE im Einsatz als Membran (<link href="#nadc20254150334-fig-0004">Tabelle 1) zeigt: Gegenüber mehr als der Hälfte der Medien in Chemieanlagen ist EPDM unbeständig – und daher für die meisten Anwendungen nicht oder nur eingeschränkt geeignet, wie Erfahrungen aus dem Betrieb von Membranpumpen belegen. Verschiedene Membranmaterialien wurden in Doppelmembranpumpen mit Medienkontakt untersucht hinsichtlich des maximal möglichen Lastwechsels bis zum Membranbruch.1)<figure xml:id="nadc20254150334-fig-0004"><figure><img alt="image" src="https://eu-central-1.graphassets.com/Aype6X9u2QGewIgZKbFflz/cm8wkh6gq4nlh07tder01kel5"><figcaption><label>Abb.4: </label>Beständigkeit von Polytetrafluorethylen(PTFE)- und Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk(EPDM)-Werkstoffen im praktischen Einsatz als Pumpenmembran. Grüne Haken: für das entsprechende Medium geeignet, rote Kreuze: ungeeignet. Quelle: Lit. 1)</figcaption></figure></figure>Ein ähnliches Ergebnis ist zu erwarten bei einer Werkstoffprüfung unter Anwendung der 13 Kriterien, die durch die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) festgelegt wurden, um sichere Produkte (Products of low concern, PLC) zu klassifizieren.2) Dazu gehören etwa die Stabilität gegenüber physikalischen, chemischen oder biologischen Einflüssen, die elektrische Ladung oder die Löslichkeit.Fluorpolymere erfüllen alle 13 Kriterien der OECD-Werkstoffklassifizierung. Wie lässt sich das erklären?Die aliphatischen Reste von EPDM sind ähnlich beständig wie die von Polyethylen (PE) und Polypropylen (PP). Mit 140 °C ist die Dauergebrauchstemperatur von EPDM höher als die von PE und PP (90 °C), weil der Werkstoff über Dien-Monomere chemisch zum Elastomer vernetzt ist.3) Mit der Beständigkeit von PTFE kann EPDM allerdings nicht mithalten, weil EPDM kein mesomeriestabilisiertes Alkylgerüst aufweist und die Bindungsenergie der C–H-Bindung mit 414 kJ · mol–1 niedriger ist als die der C–F-Bindung.Als Werkstoffalternativen für PTFE könnten auch Naturkautschuk (NR), Perbunan (NBR), Therban (HNBR), Viton (FPM), Hypalon (CSM) oder Silikon (VQM) in Frage kommen. Diese Elastomere sind Werkstoffe, die im Maschinen- und Fahrzeugbau oder in chemischen Anlagen eingesetzt werden, etwa als Membran in der Sensor- oder Pumpentechnik. Für den Kontakt mit speziellen Medien sind sie geeignet. Allerdings ist keiner dieser Werkstoffe ein Alleskönner.Auf Alternativwerkstoffe umzustellen, kann für Anlagenbetreiber Kosten verursachen:Dichtungen auf PTFE-Basis eignen sich für nahezu alle Anwendungen. In einer Anlage lassen sich für alle Teile die gleichen Dichtungen nutzen, selbst wenn es eine Mehrzweckanlage ist. Die bisherigen PTFE-Alternativen sind weniger universell. Daher ist ein größeres Dichtungssortiment nötig – das birgt die Gefahr von Verwechslungen. Dichtungswechsel, etwa bei Produktumstellung, bedeuten zusätzlichen Aufwand und reduzieren die Anlagenverfügbarkeit.<h2 type="main">Neuentwicklungen</h2>In Deutschland und anderen europäischen Staaten haben viele Unternehmen in den letzten zwei Jahren Zeit, Geld und Arbeitskraft investiert, um Antworten für Fragen aus dem PFAS-Beschränkungsansatz der Echa zu finden. Zusätzlich waren die notwendigen Eingaben im Rahmen der öffentlichen Diskussion des PFAS-Beschränkungsvorschlags bürokratisch enorm aufwendig.Unternehmen mussten potenzielle Alternativen auswählen, teilweise neu entwickeln, aufbereiten und testen. Ressourcen für Neuentwicklungen gab es in dieser Zeit nicht mehr; es taten sich Innovationslücken auf. Neuentwicklungen bei den Fluorpolymeren gab es kaum.Andere Regionen der Welt, etwa China, unterscheiden regulatorisch zwischen polymeren und nicht polymeren PFAS. Global wächst daher der Fluorpolymermarkt. Anwendungen in E-Mobilität, Halbleiterproduktion, Luft- und Raumfahrt, Computertomographie (CT), Chirurgie und 5G-Datentransformation profitieren von der Hochleistungsfähigkeit der Fluorpolymere. In China wurden beispielsweise Batterien für Elektrofahrzeuge entwickelt, die die Reichweite erhöhen, und Trockenelektroden zu deren sicherem Betrieb. Beide Anwendungen sind ohne Fluorpolymere nicht realisierbar.Dass Smartphones heutzutage wasserdicht sind, ist ebenso Fluorpolymeren zu verdanken. Biaxial verstreckte, also durch einen Reckprozess in Längs- und in Querrichtung hergestellte Fluorpolymermembranen schützen die für Mikrophon und Lautsprecher erforderlichen Öffnungen. Diese Membranen verhindern, dass Wasser eindringt, lassen Schallwellen allerdings ungedämpft passieren.Ein weiteres Beispiel ist eine vom Unternehmen FPS im Jahr 2024 entwickelte PTFE-Membran, mit der bis zu fünfmal mehr Pumpenhübe realisiert werden können, als das mit bisherigen Produkten der Fall war. Testläufe wurden nach dem Erreichen von mehreren Millionen Hüben aus Zeitgründen abgebrochen, um die Markteinführung nicht zu behindern. Die Membran lässt sich etwa in der chemischen Prozessindustrie, Halbleiterindustrie, Lebensmittelproduktion oder in Lackierbetrieben nutzen, um Wartungsintervalle zu verlängern und den CO2-Fußabdruck durch längere Einsatzzeiten zu senken.<h2 type="main">Kommentar</h2>Im PFAS-Regulierungsansatz sind die Verantwortlichen von dem abgewichen, was die EU vorgegeben hat: Der Vorschlag ist nicht stoffbezogen und nicht risikobasiert. Stattdessen sollen ganze Stoffgruppen reguliert werden, die überwiegend noch nicht klassifiziert sind – ihr Risikopotenzial ist noch nicht bekannt. Vom europäischen Rechtsrahmen ist dieses Vorgehen nicht gedeckt. Ein pauschaler Verbotsansatz birgt die Gefahr, dass die Verhältnismäßigkeit, also die Abwägung von Risiko und Nutzen, unbeachtet bleibt.Als Gründe für die Stoffgruppen-Regulierung geben die Verantwortlichen an: große prognostizierte PFAS-Emissionen von 75 000 Tonnen im Jahr 20204) und die Gefahr von regrettable solutions. Das sind Stoffe mit ähnlichen Eigenschaften, die die Industrie nach dem Verbot einer Substanz nutzt. Diese Alternativen sind zwar nicht verboten, aufgrund der Ähnlichkeit zum regulierten Stoff aber meist auch ähnlich in ihrer Löslichkeit, Mobilität und Bioakkumulation und könnten daher zukünftig ebenfalls ein Risiko darstellen. Die Regulatoren hat das in der jüngeren Vergangenheit verärgert, als die Industrie auf regulatorische Verbote mit der Einführung alternativer Problemlösungen reagierte. Dies war bei PFAS insbesondere in den letzten 25 Jahren der Fall.Nach dem Verbot der Perfluoroctansäure (PFOA), einem Emulgator beim Herstellen von Fluorpolymeren, führte die Chemieindustrie etwa die Alternativen Adona und GenX, fluorhaltige Substanzen mit kürzeren CF2-Ketten als bei PFOA, und andere Perfluoralkylcarbonsäuren als Ersatz ein. Als Polymerisationshilfsmittel werden sie nach der Polymerisation vom Polymer abgetrennt, zurückgewonnen, aufbereitet und wieder eingesetzt. In der Vergangenheit kam es dabei zur Freisetzung geringer Mengen PFOA (wenige 100 Kilogramm bezogen auf die prognostizierte Emissionsmenge von 75 000 Tonnen PFAS im Jahr); heute gibt es verbesserte Verfahren mit sogar nahezu Null-Emission.Dabei hätte es eine bessere Lösung als das Verbot gegeben: die PFOA-Freisetzung während der Polymerisation zu begrenzen. Das wäre etwa durch geschlossene Wasserkreisläufe möglich. PFOA hat verglichen mit allen in der Zwischenzeit eingeführten Alternativ-Emulgatoren immer noch Vorteile: Es ist in geringeren Mengen einsetzbar und lässt sich am besten recyceln.Fluorpolymere lassen sich auch ohne fluorierte Emulgatoren herstellen, beispielsweise nach dem Suspensions-Verfahren oder mit nicht fluorierten Polymerisationshilfen (non-fluorinated polymerization aid, NFPA). Letztere sind ungeeignet für vollfluorierte Polymere, eignen sich aber, um teilfluorierte herzustellen. Dafür werden inzwischen nur noch fluorfreie Emulgatoren eingesetzt – ein Erfolg des noch laufenden PFAS-Beschränkungsverfahrens.Auch wenn sich das PFAS-Beschränkungsverfahren der EU noch in seiner technischen Phase unter Federführung der Echa befindet, zeichnen sich schon Auswirkungen auf die Belastbarkeit des Industriestandorts Europa ab: Firmen verschieben Investitionen oder investieren im außereuropäischen Ausland. Ein Beispiel ist eine Verlagerung der Antibiotikaproduktion nach Indien. Dadurch verstärkt sich die Abhängigkeit Deutschlands von Importen lebenswichtiger Medikamente aus dem Ausland. Zwar gehören Medikamente mit CF2- oder CF3-Strukturelementen zu den PFAS, sind jedoch von der Beschränkung ausgenommen. Allerdings lassen sie sich unter der PFAS-Regulierung nicht mehr wie bisher herstellen, da für die Synthese PFAS nötig sind, die nicht als Medikamente eingestuft und deswegen verboten sind.Man kann den Eindruck gewinnen, dass die Regulierungsbehörden mit einem pauschalen PFAS-Verbot von gleichzeitig mehr als 14 000 meist unbekannten Substanzen hoher Diversität den Rahmen ihrer Möglichkeiten überschritten haben; auch weicht der Ansatz vom vorgegebenen stoffbezogenen, risikobasierten Vorgehen ab. 5642 Eingaben (in Form einer durch zwölf Echa-vorgegebene Fragen strukturierten Bewertung des Regulierungsvorschlags) gab es im Rahmen der öffentlichen Diskussion des PFAS-Regulierungsverfahrens. Das bisher umfangreichste EU-Beschränkungsverfahren mit zirka 800 Eingaben hat fünf Jahre gedauert. Bei PFAS ist nach dieser Erfahrung vor dem Jahr 2030 kein Ende des technischen Verfahrensabschnittes zu erwarten.Eine zeitnahe politische Entscheidung durch EU-Kommission und -Parlament ist deshalb dringend erforderlich, um Schäden für den Industriestandort Europa abzuwenden: Der pauschale PFAS-Regulierungsansatz ist zu stoppen und durch einen differenzierenden Ansatz zu ersetzen. Ein geeigneter Ansatz, der jetzt schon in außereuropäischen Regionen angewandt wird, unterscheidet zwischen polymeren und nicht polymeren PFAS. In jedem Fall sollten die Kriterien helfen, Umwelt und Lebewesen zu schützen und gleichzeitig ermöglichen, den Industriestandort Europa zu erhalten und auszubauen. Denn in Europa sind die Standards für Sicherheit und Umwelt und Gesundheitsschutz hoch. Eine Europa-Flucht der chemischen und pharmazeutischen Industrie birgt das Risiko zunehmender globaler Umweltverschmutzung.<h2 type="main">AUF EINEN BLICK</h2>Fluorpolymere gehören zu den PFAS und sind beständig gegenüber Temperaturen über 140 °C und nahezu allen Medien wie Säuren, Laugen, Öl und Lösungsmitteln.Sie werden eingesetzt in der E-Mobilität, Halbleiterproduktion, Luft- und Raumfahrt, Pharmazie und in chemischen Anlagen, etwa als Armaturen und Dichtungen.Bisherige Alternativen für Fluorpolymere sind weniger beständig und weniger vielseitig nutzbar.Fluorpolymere sollten nicht pauschal reguliert werden, sondern differenziert anhand ihres Risikopotenzials.<h2 type="main">Der Autor</h2>Der Chemiker Michael Schlipf hat über Herstellverfahren von Polyamiden promoviert. Beruflich befasste er sich seit dem Jahr 2013 damit, Fluorpolymerprodukte und -anwendungen zu entwickeln, sowie mit Verarbeitungsverfahren für das unlösliche, nicht schmelzende Polytetrafluorethylen. Heute leitet er das von ihm gegründete Unternehmen FPS (Fluorocarbon Polymer Solutions). Seit dem Jahr 1985 ist er zudem Hochschul-Lehrbeauftragter für Kunststoffe im Maschinenbau. Schlipf ist Vorsitzender der Fluorpolymergruppe des Kunststoffverbandes pro-K und Mitglied des Wirtschaftsrates.<img alt="image" src="https://eu-central-1.graphassets.com/Aype6X9u2QGewIgZKbFflz/cm8wkh8fb7l3h07uo2cnhaj7o"><ul class="references" cited="no" style="numbered" xml:id="nadc20254150334-bibl-0001"><li xml:id="nadc20254150334-bib-0001">1 Firma Gottlob Dietz – Elastomerteile, Werkstoffauswahl – kein Problem!, 2024</li><li xml:id="nadc20254150334-bib-0002">2 S. H. Korzeniowski, R. C. Buck, R. M. Newkold, A. E. Kassmi, E. Laganis et al., Integr Environ. Assess. Manag. 2023, 19, 326, doi: <accessionid ref="info:doi/10.1002/ieam.4646">10.1002/ieam.4646</accessionid></li><li xml:id="nadc20254150334-bib-0003">3 C. E. Mortimer, U. Müller, Chemie: Das Basiswissen der Chemie in Schwerpunkten, 1973, Georg Thieme Verlag, Stuttgart</li><li xml:id="nadc20254150334-bib-0004">4 F. Averbeck, Vortrag: BioPRO BW – Regulatorik Nachgefragt: Bedeutung von PFAS in der Gesundheitsindustrie; 19.9.2024</li></ul>

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