Achtzig Prozent des Lithiums auf dem Weltmarkt stammen aus Australien und Südamerika. In Zukunft könnte Deutschland einen Teil seines Bedarfs aus eigener Produktion decken: Heiße Tiefenwässer sind eine vielversprechende Quelle...
Rohstoffversorgung
Recycling stärken
Von Wiley-VCH zur Verfügung gestellt
Um den Bedarf der Industrie an Metallen zu decken, sind heimischer Bergbau, Importe und Recycling wichtig. Dafür sind Daten zu sammeln: zur Verarbeitung in Deutschland, zu Handels- und Mengenströmen, zu künftigen Recyclingpotenzialen sowie zu Barrieren und Lösungsansätzen.
In Deutschland stammen Steine- und Erden-Rohstoffe wie Sand, Kies, Gips und ein Teil der Industrieminerale wie Steinsalz und Kaolin aus heimischen Lagerstätten. Bei Metallen, einzelnen Industriemineralen und Energierohstoffen (außer Braunkohle) sind deutsche Unternehmen dagegen auf Importe angewiesen. Im Jahr 2021 importierte Deutschland insgesamt 399 Mio. Tonnen Rohstoffe und Produkte der höheren Wertschöpfungsstufen im Wert von 211 Mrd. Euro. 49 Prozent des Werts gehen auf Metalleinfuhren zurück. Die Coronapandemie und der Angriffskrieg auf die Ukraine haben die Lieferketten gestört. Daher wird das Rohstoffrecycling immer wichtiger – insbesondere bei Metallen.
Recycling schont Ressourcen
Mit Recyclingrohstoffen lassen sich Primärrohstoffe sparen. Der Energieverbrauch beim Recycling ist für die meisten Metalle geringer als der in der primären Produktion. Metalle lassen sich zudem nahezu unendlich oft ohne Qualitätsverlust recyceln. Nur bei einigen wenigen Legierungen etwa mit Aluminium ist eine sortenreine Trennung nicht möglich oder energetisch nicht sinnvoll.
Im Jahr 2021 wurden in Deutschland Metallrecyclingrohstoffe im Wert von ungefähr 38 Mrd. Euro aufbereitet. Die Prozesse und Strukturen sind bei einigen Metallkreisläufen in Deutschland gut etabliert. So betrugen die Recycling-Inputanteile im Jahr 2021 bei Blei 70 Prozent, bei Aluminium 53 Prozent, bei Eisen und Stahl 45 Prozent und bei Kupfer 38 Prozent.
Allerdings findet bei vielen Sondermetallen wie Gallium, Indium, Lithium oder Seltenen Erden bisher kaum Recycling statt; der Recycling-Input liegt unter einem Prozent. Je nach Metall sind die Gründe dafür unterschiedlich. Oft kommen diese Metalle nur in geringen Mengen und fein verteilt in komplexen Produkten vor, sodass Sammeln und Aufkonzentrieren aufwendig und somit weder ökonomisch noch ökologisch sinnvoll ist. So stecken beispielsweise in Smartphones über 60 Metalle, von denen meist nur 5 bis 6 wiedergewonnen werden. Diese machen dann allerdings über 90 Prozent des Metallwerts aus.
Ein „Design for Recycling“ könnte diese Situation verbessern und damit die Potenziale beim Recycling stärker nutzen. So ließen sich beispielsweise Magnete recyceln. Zudem ist die Konsumentenseite gefragt, etwa sich von Schubladenhandys zu trennen.
Infrastruktur schaffen
Es ist wichtig, bereits jetzt die Infrastruktur für das Recycling von Schlüssel- und Zukunftstechnologien zu schaffen. Dieses Thema bearbeitet die Deutsche Rohstoffagentur (Dera) in der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) unter anderem im Projekt Batmix, das sich mit dem Recycling von Lithiumionenbatterien beschäftigt.1) So kommen die Massenströme der Batterien vor allem aus der E-Mobilität zwar erst ab dem Jahr 2030 in größeren Mengen zurück. Trotzdem muss die Infrastruktur für Sammeln, Logistik und die technischen Anlagen jetzt aufgebaut werden. Erste Konzepte bestehen hier bereits. Dazu gehört eine Rücknahme von Batterien durch die Hersteller.
In den Jahren 2021 und 2022 hat Deutschland das von der EU geforderte Mindestziel zur Sammelquote von Gerätebatterien in Höhe von 45 Prozent erreicht. Momentan beträgt die Recyclingkapazität von Li-Ionenbatterien in Deutschland etwa 50 000 Tonnen Batterien jährlich. Bis zum Jahr 2030 könnte sich die Kapazität in Deutschland nach Ankündigung der Industrie auf über 100 000 Tonnen erhöhen.
Auf allen Ebenen werden die Bemühungen für eine nachhaltige und resiliente Rohstoffversorgung verstärkt. Der Critical Raw Materials Act der EU sieht vor, dass bei strategischen und kritischen Rohstoffen mindestens 20 Prozent der Kapazitäten aus Recycling in der EU stammen.2)
In Deutschland wird zurzeit unter Federführung des Bundesumweltministeriums an einer nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie gearbeitet. Zudem hat das Bundeswirtschaftsministerium in seinem Eckpunktepapier „Wege zu einer nachhaltigen und resilienten Rohstoffversorgung“ im März die strategische Bedeutung einer engen Verzahnung von Kreislaufwirtschafts- und Rohstoffstrategie unterstrichen.3)
Rohstoffmärkte beobachten
Die Dera betreibt im Auftrag der Bundesregierung ein Rohstoffmonitoring, das neben den primären Rohstoffen seit dem Jahr 2021 auch um die Recyclingrohstoffe erweitert wird. Zu den Zielen gehören das Erfassen des Status quo des Recyclings in Deutschland, Untersuchungen zu Handels- und Mengenströmen sowie eine Analyse möglicher Hürden für ein zielgerichtetes Recycling.
Bisher sind in Deutschland keine Daten gesammelt verfügbar über die gesamte Metallerzeugung und -verarbeitung, zu bestehenden Recyclinganlagen, über deren Kapazitäten, zu den bearbeiteten Metallen und den jeweils verwendeten Techniken.
Die Dera veröffentlicht am 19. September einen „Recyclingatlas für die Metallverarbeitung“, der einen Überblick über die verarbeitenden Recyclingstandorte in Deutschland gibt (Abbildung S. 37). Darin geht es um die bisher für das Recycling zentralen Metalle Aluminium, Blei, Eisen und Stahl, Kupfer, Magnesium, Nickel, Zink und Zinn. Die Erhebung schließt Unternehmen mit allgemeinem Multi-Metallrecycling und mit dem Schwerpunkt Batterierecycling ein. Die Informationen über diese Rohstoffe werden in Factsheets aufbereitet und die Anlagen und Standorte als interaktive Karte im Geoportal der BGR dargestellt.4)
Recyclingrohstoffe handeln
Recyclingrohstoffe werden in unterschiedlichen Qualitäten gesammelt. Zahlreiche deutsche Unternehmen haben sich auf Zerkleinern, Aufbereiten und Sortieren diverser Schrottarten spezialisiert. In- und ausländische Hütten und Raffinerien wiederum haben ihr Geschäftsfeld in der Verarbeitung bestimmter Schrottsorten. Daher besteht ein internationaler Handel mit Recyclingrohstoffen, den Angebot und Nachfrage maßgeblich beeinflussen.
Nach Wert haben 16,3 Prozent des globalen Handelsvolumens mit Recyclingrohstoffen Ursprung oder Ziel in Deutschland. Seit dem Jahr 2002 hat sich der Wert des deutschen Handelsvolumens hier fast versechsfacht und wird voraussichtlich im Jahr 2023 etwa 20 Mrd. Euro überschreiten (Grafik). Deutschland agiert als Nettoexporteur von Recyclingrohstoffen, das heißt der Wert der Exporte liegt im Schnitt etwas höher als der Wert der Importe.
Im Dialog gegen Barrieren
Fragen zum Recycling werden in der Dialogplattform Recyclingrohstoffe diskutiert, die die Dera im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums mit verschiedenen Stakeholdern durchführt.5)
Es sollen Maßnahmen entstehen, die den Beitrag von Recyclingrohstoffen zur Versorgungssicherheit mit Metallen und Industriemineralen stärken. Hierzu hat die Dera mit Vertreterinnen und Vertretern aus Wirtschaft, Wissenschaft, Verwaltung und Zivilgesellschaft zwei Jahre lang in acht stoffstromspezifischen Unterarbeitskreisen Handlungsoptionen entwickelt.
Die Dialogplattform Recyclingrohstoffe identifizierte etwa 250 Barrieren für besseres Recycling. Der Schwerpunkt lag außer auf regulatorischen Hürden vor allem bei Techniken und Prozessen sowie Anreizen und Förderung. Im Abschlussbericht, der am 19. Oktober dem Bundeswirtschaftsministerium überreicht wird, stehen zudem etwa 100 stoffstromspezifische Handlungsoptionen, die das Recycling stärken.
Die Autorin
Den Beitrag hat Britta Bookhagen verfasst. Die promovierte Geologin leitet den Arbeitsbereich Recyclingrohstoffe bei der Deutschen Rohstoffagentur (Dera) in der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR). britta.bookhagen@bgr.de
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