Industrie + Technik

Die ungarische MOL-Gruppe hat neue Polyol-Anlagen in Tiszaújváros in Betrieb genommen. Die Investition von 1,3 Mrd. Euro ist die größte in der Firmengeschichte des Öl- und Gasunternehmens. In der Anlage werden Rohstoffe für Kunststoffkonsumgüter wie Matratzen oder Gummisohlen hergestellt (Foto). Geplant und gebaut hat die Anlagen das Dortmunder Ingenieurunternehmen Thyssenkrupp Uhde. Der Grundstein dazu wurde im September 2019 gelegt.<img alt="image" src="https://media.graphassets.com/WOMB8MmTs2hBWPNyCNtq">Foto: Boris / Adobe Stock<p></p>

Meldung

Polyol-Komplex in Ungarn

Die ungarische MOL-Gruppe hat neue Polyol-Anlagen in Tiszaújváros in Betrieb genommen. Die Investition von 1,3 Mrd. Euro ist die größte in der Firmengeschichte des Öl- und Gasunternehmens. In der Anlage werden Rohstoffe für Kunststoffkonsumgüter wie Matratzen oder Gummisohlen hergestellt (Foto)....

BASF testet in Ludwigshafen neuartige Öfen für Steamcracker. Sie arbeiten elektrisch statt mit Gas. Das senkt die Kohlendioxid-Emissionen erheblich. Für eine nachhaltige Chemieindustrie sind aber weitere Umstellungen nötig.<p>Martin Brudermüller, bis 25. April Vorstandsvorsitzender des Chemieunternehmens BASF, drückte eine Woche vor Abgabe des Chefsessels noch einmal den Startknopf für eine Anlage am Standort Ludwigshafen. Am 17. April weihte er zwei Spaltöfen an einem <link href="#nadc20244143598-fig-0001">Steamcracker ein – zusammen mit Abdulrahman Al-Fageeh, Vorstandsvorsitzender des saudi-arabischen Chemie- und Metall-Konzerns Sabic, und Jürgen Nowicki, dem Chef von Linde Engineering. Der Medienrummel war groß, denn die neuen Öfen werden nicht mit Gas, sondern mit Strom aus erneuerbaren Quellen beheizt (E-Öfen). Verglichen mit einem herkömmlichen Steamcracker sollen die CO<sub>2</sub>-Emissionen so um mehr als 90 Prozent sinken. BASFs Steamcracker stoßen jährlich etwa 3,5 Mio. Tonnen Treibhausgase aus und sind damit die größte CO<sub>2</sub>-Quelle der Chemieproduktion des Konzerns.</p><figure xml:id="nadc20244143598-fig-0001"><figure><img alt="image" src="https://media.graphassets.com/LeZrDKxQkOaumg860CBJ"><figcaption><label>Abb.1: </label>Steamcracker bei BASF in Ludwigshafen. Foto: BASF</figcaption></figure></figure><p>BASF, Sabic und Linde haben die als eFurnace bezeichnete Technik in den vergangenen drei Jahren gemeinsam entwickelt, konstruiert und gebaut. Die Anlage mit den beiden E-Öfen ist an einen Steamcracker aus dem Jahr 1965 angeschlossen, der bereits über acht konventionelle Öfen verfügt. Die E-Öfen, in denen Temperaturen von etwa 850 °C herrschen, sind als Demonstrationsanlage konzipiert. Sie verarbeiten stündlich jeweils zwei Tonnen Naphtha, entsprechend einem Zehntel der Kapazität eines konventionellen Ofens. Zusammen benötigen sie sechs Megawatt Energie pro Stunde und damit etwa dreimal so viel wie ein Single-Haushalt in Deutschland pro Jahr.</p><h2 type="main">Elektrisch heizen</h2><p>Während der zweijährigen Testphase sollen vor allem die Materialbeständigkeit und zwei Beheizungskonzepte untersucht werden. Bei der direkten Beheizung liegt der elektrische Strom direkt an den Spaltrohren an. Der zweite Ofen erhitzt die Rohre indirekt über die Strahlungswärme von 18 Heizelementen.</p><p>Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz hat das Gemeinschaftsprojekt im Rahmen des Programms „Dekarbonisierung in der Industrie“ mit fast 15 Mio. Euro gefördert. Die gesamten Kosten betragen 70 Mio. Euro. Schon Ende dieses Jahres, also vor Abschluss der Testphase in Ludwigshafen, will Linde die Technik unter dem Namen Starbridge vermarkten.</p><p>Mit elektrisch beheizten Spaltöfen beschäftigen sich weitere Unternehmen. Dow und Shell nahmen vor zwei Jahren eine Versuchsanlage in Amsterdam in Betrieb. Sie ist allerdings kleiner. Die Anlage bei BASF ist die weltweit erste großtechnische Anlage dieser Art, die an einen Steamcracker angeschlossen ist. Durch den Abriss einer Lagerhalle entstand Platz für die E-Öfen.</p><h2 type="main">Weg von fossilen Rohstoffen</h2><p>Die Industrie zu elektrifizieren ist nur sinnvoll, wenn genügend grüner Strom zur Verfügung steht. Um den steigenden Bedarf an erneuerbarer Energie zu decken, kooperiert BASF unter anderem mit dem Energieversorger Vattenfall. Im April kaufte das Chemieunternehmen 49 Prozent der Anteile von Vattenfalls bislang größtem Offshore-Windpark, dem Projekt Nordlicht in der Nordsee. Knapp die Hälfte des dort erzeugten Stroms soll in die BASF-Produktion fließen.</p><p>Eine klimaneutrale Energieversorgung ist nicht das einzige Kriterium für eine nachhaltige Chemieindustrie. Die Branche braucht darüber hinaus neue Rohstoffe. Theoretisch ließen sich die Steamcracker-Öfen mit Ölen aus nachwachsenden Quellen oder mit Pyrolyseöl aus chemischem Recycling füttern. Doch Tests dazu planen BASF und die Partner in der jetzigen Demonstrationsphase nicht. Versuche mit Pyrolyseöl scheiterten schon daran, heißt es, dass es keine ausreichenden Mengen gebe. Ob jemals ein nicht-fossiler Stoff Naphtha ersetzen wird, der sich mit petrochemischen Anlagen verarbeiten lässt, bleibt fraglich.</p><p>Wohl deswegen mochte die Begeisterung, mit der Brudermüller und seine Partner den Startknopf drückten, nicht so recht auf die versammelten Journalisten überspringen. Einige von ihnen kamen zudem gerade von einer anderen BASF-Veranstaltung, die ihnen Einblick in grüne Prozesse gewährt hatte: Am Vormittag desselben Tages hatten Eva Wilke, seit Jahresanfang Forschungsleiterin Weiße Biotechnologie bei BASF, und ihr Team zu einer Laborführung eingeladen. Dort erläuterte Wilke, wie in Bioreaktoren aus nachwachsenden Rohstoffen Biopolymere, Basis- und Spezialchemikalien entstehen. Anders als die üblichen chemischen Synthesen laufen die Bioprozesse in wässrigen Medien und bei Temperaturen ab, die in der Regel zwischen 20 und 40 °C je nach verwendetem Mikroorganismus liegen.</p><h2 type="main">Fermenter statt Steamcracker</h2><p>Weiße <link href="#nadc20244143598-fig-0002">Biotechnik ist für BASF nicht neu. Seit dem Jahr 1985 betreibt das Unternehmen in Ludwigshafen ein Biotechnikum mit Fermentern bis zu einer Größe von fünf Kubikmetern. Vitamin B<sub>2</sub> produziert der Konzern im industriellen Maßstab seit 1990 fermentativ. In den vergangenen Jahren hat das Unternehmen die Palette an Biotechprodukten um Waschmittelenzyme, Futtermittelzusätze, Chemikalien wie Bernsteinsäure und Insektizide erweitert.</p><figure xml:id="nadc20244143598-fig-0002"><figure><img alt="image" src="https://media.graphassets.com/cEondfvLSfGXbEirCFkO"><figcaption><label>Abb.2: </label>Modell der neuen Fermentationsanlage, die im Jahr 2025 in Ludwigshafen in Betrieb gehen soll. Foto: BASF</figcaption></figure></figure><p>Angesichts der über vier Jahrzehnte währenden Beschäftigung mit Biotechnik fällt BASFs Biotechportfolio allerdings bescheiden aus. Nicht auszudenken, wie klimafreundlich und nachhaltig der Chemiekonzern heute wäre, hätte er die Prozessumstellung in Richtung Biotechnik forciert. Doch das scheiterte an den Kosten. Glucose, Rohstoff Nummer eins der Biotechnik, und andere nachwachsende Ausgangsmaterialien sind teurer als fossile Ressourcen. Kunden seien oft nicht bereit, den höheren Preis zu zahlen, erklärte Wilke.</p><p>Die seit dem Jahr 1990 währende Partnerschaft zwischen der BASF-Tochtergesellschaft Wintershall, seit 2019 Wintershall Dea, und dem russischen Staatskonzern Gazprom ließ das Chemieunternehmen jahrzehntelang kostengünstig auf russisches Gas zugreifen. Doch davon musste sich BASF in Folge des russischen Angriffskriegs trennen. Seitdem steigt innerhalb des Konzerns das Interesse an der Biotechnik. Zudem helfen Fortschritte in der Gentechnik und künstliche Intelligenz, Bioprozesse schneller zu entwickeln.</p><p>In der zweiten Jahreshälfte 2025 soll in Ludwigshafen eine neue Fermentationsanlage für einen hohen zweistelligen Millionen-Euro-Betrag in Betrieb gehen. Anders als Steamcracker zählen Fermenter zwar nicht zu den Herzstücken der Chemieproduktion. Das Potenzial dazu aber haben sie.</p><h2 type="main">INFO: Über Steamcracker und weiße Biotechnik</h2><p>Steamcracker sind die Herzstücke der Petrochemie. Aus fossilen Rohstoffen gewinnen sie die Grundbausteine für die Chemieproduktion. Steamcracker bestehen aus Spaltöfen, Quenchkühlern und Aufarbeitungsanlagen. In den Spaltöfen wird der fossile Rohstoff – in Europa meist die Erdölfraktion Naphtha – mit Wasserdampf bei etwa 850 °C in kleinere Moleküle zerlegt. Die instabilen Spaltgase werden anschließend in Sekundenbruchteilen abgekühlt und anschließend in mehrstufigen Prozessen verdichtet, getrennt und aufbereitet. Hauptprodukte eines Steamcrackers sind Ethen, Propen, Butadien, Aromaten und Wasserstoff. In Deutschland gibt es insgesamt zehn Steamcracker, zwei davon bei BASF in Ludwigshafen. Der größere der beiden stammt aus dem Jahr 1980 und beansprucht eine Fläche von 13 Fußballfeldern.</p><p>Die zentralen Anlagen der weißen Biotechnik sind mit Nährbrühe gefüllte Bioreaktoren, Fermenter genannt. Darin schwimmen lebende Zellen. Das sind meist gentechnisch veränderte Bakterien, Hefen oder Pilze, die aus pflanzlichen Rohstoffen ein bestimmtes Produkt herstellen. Einige Mikroorganismen können sogar Kohlendioxid aus der Luft zu anderen Substanzen verarbeiten. Zu den Produkten der weißen Biotechnik zählen Vitamine, Waschmittelenzyme und weitere Spezialchemikalien, zudem Basischemikalien wie Milchsäure, aus denen sich Biokunststoffe und andere Substanzen herstellen lassen. Weiße Biotechnik wird auch als industrielle Biotechnik bezeichnet. Die Grenzen zur roten (medizinischen) und zur grünen (pflanzenbasierten) Biotechnik sind fließend.</p><h2 type="main">Die Autorin</h2><p>Uta Neubauer hat für die Nachrichten aus der Chemie die BASF besucht.</p>

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