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Zwei neue Kolonnen ragen in Wesseling in den Himmel. Sie sind für die neue Grundölanlage bei Shell Rheinland gedacht, die bis zum Jahr 2028 fertig sein soll. Diese arbeitet mit einem Elektroheizer statt der üblichen Erdgasbefeuerung. Die Produktionskapazität soll 300 000 Jahrestonnen betragen. Der europäische Bedarf an Grundölen für die Schmierstoff-, Pharma- und Kosmetikindustrie liegt bei 3 Mio. Tonnen pro Jahr. Die Stripperkolonne wiegt 38 Tonnen und ist 37 Meter lang. Die Destillationskolonne ist 54 Meter lang und 173 Tonnen schwer (Foto).<img alt="image" src="https://eu-central-1.graphassets.com/Aype6X9u2QGewIgZKbFflz/cmbanlc0m7i1d07t6jiesb09u">Transport der neuen Kolonnen von Shell in den Energy and Chemicals Park Rheinland. Foto: Shell

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Neue Kolonnen

Zwei neue Kolonnen ragen in Wesseling in den Himmel. Sie sind für die neue Grundölanlage bei Shell Rheinland gedacht, die bis zum Jahr 2028 fertig sein soll. Diese arbeitet mit einem Elektroheizer statt der üblichen Erdgasbefeuerung. Die Produktionskapazität soll 300 000 Jahrestonnen betragen. De...

Die Zeit wird knapp, um einen gewaltigen Elektroschrottberg aus ausgemusterten Solarpaneelen zu vermeiden – geschätzte 80 Millionen Tonnen fallen bis Ende 2025 an. Die darin enthaltenen Rohstoffe sollten zurückgewonnen und wiederverwendet werden.Photovoltaik(PV)-Anlagen tragen seit etwa 20 Jahren dazu bei, elektrische Energie aus Sonnenlicht zu gewinnen. Im Jahr 2023 speiste Deutschland 53,6 Millionen Megawattstunden Strom aus Photovoltaik ins Netz ein – fast 12 Prozent des insgesamt eingespeisten Stroms.1) 6 Prozent der rund 29 500 Terawattstunden des weltweiten Strommixes im Jahr 2023 stammten aus Photovoltaik, vor 20 Jahren waren es noch weniger als 0,1 Prozent.2) Spitzenreiter unter den Ländern mit wachsender Solarstromerzeugung sind China, die USA, Japan und Indien, gefolgt von Deutschland. Photovoltaikanlagen mit über 1,5 Terawatt Nennleistung waren im Jahr 2023 weltweit installiert – aus China kamen rund 40 Prozent davon, etwa 7 Prozent machte der deutsche Anteil aus.3) Überschattet wird diese Entwicklung durch den Sondermüll aus ausgedienten PV-Modulen. Einer Schätzung der Internationalen Energieagentur (IEA) zufolge fallen bis Ende 2025 weltweit zirka 80 Millionen Tonnen PV-Abfallmaterial an. Daher besteht vor allem in Industrieländern dringender Handlungsbedarf: Eine PV-Kreislaufwirtschaft muss her.<h2 type="main">Gesetzliche Vorgaben</h2>Solarpaneele sind durchschnittlich zirka 20 Jahre lang in Betrieb; nach spätestens 30 Jahren kommt der photoelektrische Effekt vollständig zum Erliegen – die Paneele funktionieren nicht mehr. Naturkatastrophen, Wetterereignisse, Brände oder Unfälle verkürzen die Lebensdauer von Solarmodulen auf unter 20 Jahre, sodass exakte Voraussagen über die Solarmüllmengen kaum möglich sind. Dem Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg zufolge wird die PV-Abfallmasse in Deutschland ab dem Jahr 2029 schlagartig steigen: Dann seien pro Jahr zwischen 400 000 und einer Million Tonnen Material aus Solarmodulen zu erwarten. Im Jahr 2022 waren es noch 10 000 Tonnen jährlich.4)Es ist wichtig, ausgediente Solarpaneele am Ende ihres Lebenszyklus fachgerecht zu entsorgen: Sie enthalten recycelbare Wertstoffe – eine Solarzelle besteht meist zu 15 bis 25 Prozent aus Silicium und enthält zudem etwa Aluminium, Kunststoffe oder Edelmetalle – und umweltschädliche Substanzen wie Cadmiumverbindungen. Allerdings gibt es bisher noch keine hochskalierten massentauglichen Recycling-Verfahren, die die Abfälle verarbeiten können.5)Unter anderem Deutschland und die Schweiz haben mittlerweile gesetzliche Abfall-Regularien geschaffen, um Elektroschrott zu vermeiden. Diese betreffen auch die Entsorgung ausgemusterter Solarpaneele. So gibt es in der Europäischen Union seit dem Jahr 2012 die Waste-Electrical-and-Electronic-Equipment(WEEE)-Richtlinie, die regelt, wie Elektroschrott und ausgediente Elektronikgeräte zu sammeln, behandeln und recyceln sind. Deutschland verpflichtet außerdem seit dem Jahr 2015 PV-Hersteller und -Händler, Solarmodule am Ende deren Lebenszyklus‘ zurückzunehmen und zu recyceln.<h2 type="main">Glas, Aluminium und Kupfer zurückgewinnen</h2>Gesetze zu erlassen ist zwar wichtig, aber noch keine technische Lösung für Solarmodul-Recycling. Ein Pilotverfahren, um Solarmodule komplett aus entsorgten Komponenten herzustellen, hat das Fraunhofer-Center für Silicium-Photovoltaik CSP in Halle an der Saale im Jahr 2022 entwickelt:6) Ein 20 Kilogramm schweres Standardmodul aus 60 kristallinen Siliciumzellen entstand aus geschredderten ausrangierten Solarzellen. Das recycelte Modul erreichte einen Wirkungsgrad von 19,7 Prozent. Das entspricht fast dem fabrikneuer Passivated-Emitter-Rear-Cell(PERC)-Solarmodule, der derzeit bei rund 21 bis 24 Prozent liegt – ein erster Meilenstein im Solarmodul-Recycling. Die industrielle Marktreife ist allerdings noch nicht erreicht.Auch international geht es nur langsam voran: Nirgendwo gibt es bisher eine landesweite Recycling-Strategie für das PV-Modul-Recycling. Zwar werden technische Verfahren im experimentellen Maßstab erprobt oder diskutiert, an wirtschaftlich tragfähigen Konzepten fehlt es jedoch noch.7) Eine echte Recycling-Perspektive schafft auch die WEEE-Richtlinie der EU nicht. Sie regelt nur, wie die Hauptkomponenten von PV-Standardmodulen zu demontieren und trennen sind: Das sind mit 85 Prozent des Gesamtgewichts Kupferkabel, Aluminiumrahmen und Glas, das sich allerdings nicht für Solarzellen recyceln, sondern nur noch zu anderen Produkten verarbeiten lässt, etwa zu Baustoffen. Alle anderen Wertstoffe mit geringerem Massenanteil berücksichtigt die EU-Vorschrift nicht. Das energieintensiv produzierte mono- oder polykristalline Silicium-Halbleitermaterial, die Metalle Silber, Zinn und Blei der Leiterbahnen und ihrer Kontakte sowie das Polymermaterial der Modul-Rückseite werden bisher nur deponiert oder verbrannt – dabei sind sie wertvoll. Der geringe Silberanteil – bezogen auf das Gesamtgewicht im Promillebereich – macht allein fast den halben Materialwert eines Standard-PV-Moduls aus. Ebenfalls hochwertig sind die 25 bis 50 Kilogramm kristallines Silicium pro Tonne Solarschrott. Dem Dow-Jones-Unternehmen Opis zufolge liegt der Preis für ein Kilogramm Silicium für Solarzellen bei rund 20 US-Dollar.<h2 type="main">Verbundwerkstoffe zerlegen</h2>Solarmodule sollen über Jahrzehnte stabil unter starken Temperaturschwankungen und bei jedem Wetter funktionieren. Ihre Komponenten sind als fest verkapselte Verbundwerkstoffe gefertigt.8) Diese nach der Nutzungsphase wieder in einzelne Rohstoffe zu trennen erfordert Energie und ätzende Chemikalien.Das Fraunhofer CSP, das Fraunhofer Institut für Mikrostruktur von Wertstoffen und Systemen IMW, das Fraunhofer ISE und das größte deutsche Recyclingunternehmen Reiling haben Fortschritte beim Zerlegen der Solarzellen gemacht: Sie schredderten die Module mechanisch auf eine Größe von 0,1 bis 1 Millimeter (Foto links). Aus diesem feinkörnigen Materialmix ließen sich Glas und Silicium elektrostatisch und Kunststoff durch Dichtesortierung abtrennen. Nasschemisches Ätzen separierte anschließend schrittweise die übrigen Bestandteile wie Silberkontakte und Nanobeschichtungen aus beispielsweise Titan- oder Siliciumdioxid, die etwa antireflektierend wirken. Das gereinigte Silicium lässt sich zu monokristallinen und quasi-monokristallinen Blöcken weiterverarbeiten und danach zu Wafern (Foto S. 27, Mitte) – beispielsweise für <link href="#nadc20254140292-fig-0001">PERC-Solarzellen (Foto S. 27, rechts). Die Kristallisation erfolgt dabei ausschließlich mit Recycling-Silicium, ohne Reinst-Silicium zuzusetzen.<figure xml:id="nadc20254140292-fig-0001"><figure><img alt="image" src="https://eu-central-1.graphassets.com/Aype6X9u2QGewIgZKbFflz/cmbamldks5lc107tet8cme08i"><figcaption><label>Abb.1: </label>Neue Solarzellen aus Altmodulen herstellen: Materialmix geschredderter Solarzellmodule (links), gereinigtes Silicium und Wafer aus zu 100 % recyceltem Silicium (Mitte), Solarzellen aus recyceltem Silicium mit einem Wirkungsgrad von 19,7 Prozent (rechts). Fotos: Fraunhofer ISE</figcaption></figure></figure>Ein anderes Aufbereitungsverfahren hat die Firma Flaxres aus Dresden entwickelt: Energiereiche Lichtblitze erhitzen ausgediente Solarmodule innerhalb von Sekunden auf mehrere hundert Grad Celsius. Dadurch löst sich der Kunststoff aus dem Verbund und verschmort. Die Zellen zerbrechen anschließend in kleinere Segmente, wodurch etwa Glas und Silicium sortenrein getrennt vorliegen. Mobile Anlagen zum Solarmodul-Recycling will Flaxres nun auf den Markt bringen. Auch Investoren haben daran Interesse bekundet: Beispielsweise plant das südkoreanische Unternehmen Hyundai, sich an Flaxres über dessen Hauptinvestor Econnext zu beteiligen, hinter dem Kapitalgeber wie Siemens oder Bertelsmann stehen.In Japan wird ebenfalls an thermischen Trennverfahren für PV-Verbundwerkstoffe gearbeitet, um etwa das Glas mit erhitzten Messerklingen von den anderen Schichten zu entfernen. Ob sich weitere Rohstoffe außer Glas mit dieser Methode rückgewinnen lassen, bleibt noch zu testen.<h2 type="main">Toxische und teure Bestandteile</h2>Die bisher vorgestellten Verfahren recyceln die marktbeherrschenden Standard-Silicium-PV-Module mit etwa 180 Mikrometer dicken Schichten des kristallinen Halbleitermaterials. Um an diesem teuren Material zu sparen, produziert der deutsche Hersteller First Solar aus Frankfurt an der Oder seit über zehn Jahren Dünnschicht-Solarzellen, deren Siliciumschichten 1 bis 5 Mikrometer dick sind.Diese Dünnschicht-Solarmodule haben aufgrund ihres nach heutigem Maßstab niedrigen Wirkungsgrads von 5 bis 13 Prozent in Deutschland und weltweit nur noch einen Marktanteil von unter fünf Prozent. Allerdings ist es noch schwieriger, sie zu recyceln, denn außer Glas, Silicium und weiteren Rohstoffen enthalten diese PV-Zellen Schichten aus Cadmium-Tellurid (CdTe) oder Kupfer-Indium-Gallium-Diselenid (CIGS). Cadmium ist ein toxisches, umweltgefährdendes Schwermetall und bedarf einer speziellen Entsorgung. Tellur, Indium, Selen, Kupfer und Gallium sind selten und teuer – ihr Recycling ist wichtig. Bisher hat First Solar etwa 200 000 Tonnen Dünnschichtmodule zurückgenommen, recycelt und die Rohstoffe in neuen PV-Dünnschichtmodulen verarbeitet.Wegen der mit Dünnschicht-Solarzellen verbundenen Umweltrisiken ist für ihren Vertrieb in Deutschland ihr vollständiges Recycling gesetzlich vorgeschrieben. Derzeit recycelt First Solar etwa 10 000 Tonnen Dünnschichtmodule pro Jahr. In Zukunft wird ihr weltweiter Marktanteil wegen geringerer Effizienz weiter abnehmen, ebenso ihr Anteil am PV-Müllberg.Ähnlich sorgfältig wie Deutschland verfährt mit Dünnschicht-Solarzell-Müll die Schweiz, wo der Marktanteil der Dünnschicht-Module bei etwa 10 Prozent liegt. Für Standard-Silicium-PV-Module gibt es in der Schweiz allerdings noch keine Recycling-Methoden, die über ein Trennen und Deponieren hinausgehen – und das, obwohl voraussichtlich auch dort ein Entsorgungsproblem droht: Im Jahr 2023 wurden dem Fachverband für Sonnenenergie Swissolar zufolge PV-Anlagen mit 1500 Megawatt Leistung verbaut; sie lieferten im Jahr 2024 etwa 6 Terawattstunden elektrischen Strom – rund 10 Prozent des Gesamtstroms von rund 57 Terawattstunden.9)<h2 type="main">Kreislaufwirtschaft nötig</h2>Entgegen der Behauptung, elektrischer Strom aus Sonnenlicht sei quasi kostenlos und immer ausreichend verfügbar, entstehen gewaltige Kosten sowohl bei der Produktion entsprechend leistungsfähiger Solarmodule als auch durch ihre Entsorgung nach der Nutzungsphase. Aus ökologischen wie wirtschaftlichen Gründen kommen daher dauerhaft nur Recycling-Verfahren in Frage, die eine Kreislaufwirtschaft ermöglichen.Bisher lassen sich PV-Altmodule nur teilweise und in Pilotanlagen recyceln, die dem zeitnah anstehenden weltweiten PV-Entsorgungsproblem nicht gerecht werden können. Noch komplizierter wird die Lage angesichts der über 500 verschieden konstruierten Solarmodule, die weltweit existieren und spezifische Recyclingtechniken erfordern. Vorschläge dafür umfassen etwa QR-Codes, um die Modulbauarten zu kennzeichnen und so einer spezialisierten PV-Entsorgungstechnik zuzuführen.<h2 type="main">AUF EINEN BLICK</h2>Seit dem Jahr 2015 sind in Deutschland Solarmodule am Ende ihres Lebenszyklus von durchschnittlich 20 Jahren zu recyceln.Sie sind als Verbundwerkstoffe gefertigt; Rohstoffe wie Silicium, Aluminium und Edelmetalle sowie Kunststoffe wieder abzutrennen, ist schwierig.Durch mechanisches Zerkleinern, Sortieren nach Dichte oder Ladung oder mit energiereichem Licht lassen sich Solarzellen teilweise zerlegen und in Pilotanlagen recyceln.<h2 type="main">Der Autor</h2>Der promovierte Chemiker Christian Ehrensberger ist freier Mitarbeiter der Nachrichten aus der Chemie.<ul class="references" cited="no" style="numbered" xml:id="nadc20254140292-bibl-0001"><li xml:id="nadc20254140292-bib-0001">1 Destatis-Pressemeldung zu Photovoltaik, 2024: <a href="https://t1p.de/8phgf" target="_blank">t1p.de/8phgf</a>, abgerufen am 21.3.2025</li><li xml:id="nadc20254140292-bib-0002">2 H. Ritchie, P. Rosado, Electricity Mix, 2024: <a href="https://ourworldindata.org/electricity-mix" target="_blank">ourworldindata.org/electricity-mix</a>, abgerufen am 21.3.2025</li><li xml:id="nadc20254140292-bib-0003">3 J. Wille, Vor 70 Jahren ging die Sonne auf, 2024: <a href="https://t1p.de/8celj" target="_blank">t1p.de/8celj</a>, abgerufen am 21.3.2025</li><li xml:id="nadc20254140292-bib-0004">4 Pressemeldung des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE, 2022: <a href="https://t1p.de/e2lvl" target="_blank">t1p.de/e2lvl</a>, abgerufen am 21.3.2025</li><li xml:id="nadc20254140292-bib-0005">5 Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft, PV-Anlagen: Im Angesicht der Entsorgungswelle, 2022: <a href="https://t1p.de/7memc" target="_blank">t1p.de/7memc</a>, abgerufen am 2.1.2025</li><li xml:id="nadc20254140292-bib-0006">6 Projekt „EoL – Entwicklung eines industrietauglichen Recycling-Prozesses für PV-Module“ des Fraunhofer-Instituts für Solarer Energiesysteme ISE: <a href="https://t1p.de/6k46z" target="_blank">t1p.de/6k46z</a>, abgerufen am 2.1.2025</li><li xml:id="nadc20254140292-bib-0007">7 K. M. Engel, Wie recycelt man eine Million Tonnen Solarzellen?, 2024: <a href="https://t1p.de/lgcai" target="_blank">t1p.de/lgcai</a>, abgerufen am 1.1.2025</li><li xml:id="nadc20254140292-bib-0008">8 K. Mertens, Photovoltaik – Lehrbuch zu Grundlagen, Technologie und Praxis, 5. Auflage, Carl Hanser Verlag, München, 2021</li><li xml:id="nadc20254140292-bib-0009">9 Energeiaplus-Meldung: <a href="https://t1p.de/j63w1" target="_blank">t1p.de/j63w1</a>, abgerufen am 21.3.2025</li></ul>

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