Gesellschaft Deutscher Chemiker

Neue Heimat Campus

Mentoring für internationale Studierende

Nachrichten aus der Chemie, Mai 2025, S. 28-30, DOI, PDF. Login für Volltextzugriff.

Von Wiley-VCH zur Verfügung gestellt

Diesen Beitrag gibt es auch in einer bearbeiteten Hörfassung

Über das Buddy-Programm unterstützen Studierende an deutschen Hochschulen internationale Studierende beim Studienstart, indem sie ihnen die Stadt zeigen oder Kontakte knüpfen.

Erste Station: Visum beantragen, Wohnung suchen – das kann abschrecken, vor allem, wenn Ausländer:innen die Deutschkenntnisse fehlen. Nächste Station: Freund:innen und Anschluss im Studium finden – gar nicht so einfach, auch wenn man Deutsch spricht. Wenn Erfolgserlebnisse ausbleiben, lässt die Motivation schnell nach. Endstation: Internationale Studierende ziehen sich zurück oder erwägen sogar, das Studium abzubrechen.

Um internationalen Studierenden den Einstieg ins Studierendenleben zu erleichtern, bieten mehr als 50 Hochschulen in Deutschland über das International Office freiwillige Mentoring-Programme.

Buddy-Programm

Beim Buddy-Programm teilen die International Offices einem internationalen Studierenden, genannt Mentee, ein:e Student:in vor Ort als Buddy zu. Es müssen nicht unbedingt Paare gebildet werden, Kleingruppen sind nach Rücksprache auch möglich.

Hochschulen präsentieren internationalen Studierenden das Buddy-Programm entweder bei der Bewerbung für einen Studienplatz oder informieren über E-Mail-Verteiler. Das International Office wirbt auch über seine Social-Media-Kanäle. An der Hochschule Darmstadt zum Beispiel nehmen pro Semester im Schnitt insgesamt 60 bis 80 Studierende teil. An der LMU München sind es 450 bis 550 internationale Studierende auf 250 bis 300 Buddys, und an der Universität Frankfurt waren es 285 Mentees und 265 Buddys. Bisher haben sich nie gleich viele Buddys wie Mentees beworben, sodass meist Kleingruppen entstanden sind statt Duos.

Das Buddy-Programm gibt es an den meisten deutschen Hochschulen schon seit über zehn Jahren.

Wie es abläuft

Die Buddys und Mentees melden sich online meist zu Semesterstart über die deutsche Hochschule an. Die Angaben nutzt das International Office, wenn es zuordnet. Kleingruppen sollen sich über eine Sprache verständigen können oder ein ähnliches Fach studieren. Außerdem müssen die Buddys mindestens im zweiten Hochschulsemester eingeschrieben sein. Eine Altersgrenze gibt es nicht.

Bevor das International Office die Kontaktdaten weiterleitet, muss der Buddy eine Schulung machen. In der Regel dauert diese ein paar Stunden. An der Universität Frankfurt, an der LMU München oder an der Hochschule Darmstadt ist für neue Buddys eine Einführungsveranstaltung in Präsenz verpflichtend, während an der RWTH Aachen ein Video von zu Hause geschaut werden muss. Am Ende des Videos bekommen die Buddys eine Hausaufgabe: Sie sollen in Stichworten beschreiben, wie sie einen Tag mit dem Mentee gestalten würden und welche Aufgaben auf internationale Studierende in Deutschland zukommen. Dieser Entwurf ist an die Programm-Koordination zu schicken. Bei einer positiven Rückmeldung ist die Schulung abgeschlossen.

Die Schulung soll gewährleisten, dass die Buddys den Mentees bei Problemen mit deutschen Behörden helfen können, sie an Beratungsstellen oder direkt an das International Office weiterleiten. Außerdem können sie den Mentees bei Prüfungsanmeldungen helfen, den Campus und die Stadt zeigen, ins Café gehen oder Kontakt zu anderen Mentees aufbauen. So tauschen sich die Mentees mit anderen Studierenden aus und lernen gleichzeitig Deutsch. Einem Mentee der RWTH Aachen zufolge war es zu Studienbeginn nicht einfach, Freund:innen zu finden, da er sich unsicher gefühlt hat, Menschen auf Deutsch anzusprechen. Durch das Buddy-Programm hat er Freund:innen gefunden, mit denen er sich auf Englisch unterhalten hat. Dabei habe er mehr über die Stadt Aachen und die deutsche Kultur gelernt.

Auch Buddys profitieren von diesem Programm. Ein Buddy aus München hat seinen Mentee sogar bei sich in der Wohnung aufgenommen, „nachdem es wie gewohnt zu Problematiken aufgrund des Münchners Wohnungsmarktes kam“. Ein Gegenbesuch beim Mentee in Frankreich sei schon geplant, da sie gute Freunde geworden seien und „schon viel gemeinsam erlebt“ haben.

Welche Events es gibt

Die meisten International Offices bieten zusätzlich Veranstaltungen an, um Mentees und Buddys miteinander zu vernetzen oder die Fremdsprache zu trainieren: Die Hochschule Darmstadt organisiert wöchentlich Sprachcafés (auch für Interessierte außerhalb des Buddy-Programms) und die RWTH Aachen veranstaltet internationale Frühstücke. Die LMU München bereitet jedes Jahr ein Weihnachtscafé vor mit einem Quiz, Spielen, Glühwein und Lebkuchen sowie einmal im Semester einen Foto-Wettbewerb. Bei diesem schicken Buddy-Mentee-Paare Bilder von einem Ausflug, den sie unternommen haben, mit einem kurzen Text an das International Office. Dieses bewertet die Einsendungen, und die Gewinner:innen erhalten einen Gutschein fürs Hofbräuhaus.

Feedback geben

Manchmal melden sich Buddys oder Mentees nach der Zuordnung nicht mehr, oder sie stellen schnell fest, dass sie nicht zueinander passen. In solchen Fällen kann Rücksprache mit den Koordinierenden des Buddy-Programms gehalten werden, und diese teilen neu zu. Seit dem Wintersemester 2024/25 hat zum Beispiel die Hochschule Darmstadt ein Treffen nach der ersten Semesterhälfte eingeführt, bei dem Programmteilnehmende vor Ort Rückmeldungen an das International Office geben können. Sowohl dort als auch an den anderen Hochschulen füllen Teilnehmende zu Semesterende einen Feedback-Bogen aus. Dieser enthält Fragen dazu, wie sie auf das Buddy-Programm aufmerksam geworden sind, inwiefern es geholfen hat, ob sie an Events teilgenommen haben, und wie oft sie Kontakt mit ihrem Buddy oder Mentee hatten. Zusätzlich erhalten Buddys an der RWTH Aachen ein Zertifikat für das Ehrenamt, wenn sie mindestens drei Monate tätig gewesen sind. An der Universität Frankfurt muss neben der Buddy-Tätigkeit ein Networking-Event wie Bouldern im Kletterwald besucht werden, um das Zertifikat zu bekommen.

Wer noch unterstützt

Neben dem Buddy-Programm unterstützen International Offices oder die Allgemeinen Studierenden-Ausschüsse (AStA) internationale Studierende bei Fragen rund ums Studium in Deutschland. Sie bieten Informationsveranstaltungen, die zeigen, wie die internationalen Studierenden sich einschreiben können, und was sie dabei zu beachten haben.

Darüber hinaus organisieren die ASta der Hochschulen ebenfalls Programme: Der AStA der RWTH Aachen veranstaltet alle zwei Wochen das Café Lingua, dessen Konzept dem Sprachcafé der Hochschule Darmstadt ähnelt. Die Universität Mainz bietet internationalen Studierenden an, Abschlussarbeiten digital und kostenlos Korrektur zu lesen. Das Programm heißt Textcafé. An der Universität Frankfurt begleiten Studierende der Hochschule internationale Studierende zu Behörden oder Wohnungsbesichtigungen.

Auch wenn die deutschen Hochschulen Mentoring wie das Buddy-Programm anbieten, heißt es vor allem: Studierende helfen Studierenden.

Medea Edinger ist freie Mitarbeiterin der Nachrichten aus der Chemie.

Persönliche Erfahrungen: Die Autorin im Buddy-Programm

Im Jahr 2024 habe ich am Buddy-Programm der RWTH Aachen teilgenommen und habe Efe Altunel als meinen Mentee zugeordnet bekommen. Wie der Zufall es wollte, wohnen wir sogar in derselben Straße. Unsere Adresse hatten wir vorher nicht an die Programm-Koordination weitergegeben. So ergab es sich, spazieren zu gehen und ein paar schöne Cafés zu besuchen.

An einem Abend haben wir uns mit einer Freundin von mir und ihrem Mentee getroffen, und die Mentees haben uns Billard beigebracht. Da wir Buddys anfangs nicht besonders gut gespielt haben, war es sehr lustig – jetzt sind wir natürlich Profis, siehe Foto …https://eu-central-1.graphassets.com/Aype6X9u2QGewIgZKbFflz/cma249jgd4hy508ul15palf2eDie Autorin (oben links) beim Billardspielen mit ihrer Freundin und den beiden Mentees. Foto: Medea Edinger via BeReal

Vor den Treffen wusste ich nicht, was mein Mentee von mir erwarten würde oder ob kulturelle Unterschiede Probleme machen könnten. Meine Sorgen waren völlig unbegründet, weil mein Mentee Initiative gezeigt hat, mir seine Kultur näher zu bringen und meine kennenzulernen. Nach meiner Erfahrung sind internationale Studierende motiviert, neue Menschen kennenzulernen, da sie sich ja entschieden haben, ins Ausland zu gehen.

Trotzdem ist ein Auslandsstudium anfangs nicht einfach, hat Efe erzählt. Gerade am Anfang hatte er es schwer, Freund:innen zu finden, die nicht auch internationale Studierende sind. Das Buddy-Programm war für ihn eine Starthilfe, und er hat sich später mit dem anderen Mentee der Billard-Runde für das chinesische Neujahrsfest verabredet.

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