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Kurioses, Erstaunliches, &Uuml;berraschendes &mdash; was vor 50 Jahren in den &bdquo;Nachrichten aus der Chemie&ldquo; stand, die damals noch &bdquo;Nachrichten aus Chemie und Technik&ldquo; hie&szlig;en.

Vor 50 Jahren

Ein Gro&szlig;teil des ersten Aprilhefts der Blauen Bl&auml;tter 1974 diente dem Am&uuml;sement der Lesenden. So gibt es einen Vorl&auml;ufer der heutigen &bdquo;April, April&ldquo;-Beitr&auml;ge: Chemie aus zweiter Hand. Da wird etwa die Hannoversche Allgemeine zitiert, die da schrieb: &bdquo;Die L&ouml;sung besteht aus einem Halogen (Fluor, Chrom, Brom oder Jod), &hellip;&ldquo; Sch&ouml;n sind auch das &bdquo;Marx-Planck-Institut&ldquo; (Hanauer Anzeiger) oder Calium-Chlorid, &bdquo;zwar auch eine Kochsalzl&ouml;sung, doch unter Umst&auml;nden mit verheerender Wirkung&ldquo; (K&ouml;lner Stadt-Anzeiger). Oder dieses Schmankerl:<img alt="image" src="https://media.graphassets.com/ChahOJvdSTWAuJ99AB9m">
Ein Hoch auf die Bild-Zeitung. Anderes hingegen gibt es heute nicht mehr; das Rezept zur Herstellung eines Aprikosenparfaits auf Schwyzerd&uuml;tsch &ndash; &bdquo;Im Beschtr&auml;be, &auml;ndlich au i d&auml;re Ziitschrift &auml; n&uuml;tzlichi Publikazion erschiine z&lsquo;la, &hellip;&ldquo; &ndash; wird daher wohl einzigartig bleiben. Noch mehr Erstaunliches aus den Blauen Bl&auml;ttern von anno dazumal lesen Sie in der GDCh-App: <a href="https://gdch.app/category/vor-50-jahren" target="_blank" rel="noopener">gdch.app/category/vor-50-jahren</a>

Vor 50 Jahren in den Blauen Blättern

Gehobener Nonsens

Ein Großteil des ersten Aprilhefts der Blauen Blätter 1974 diente dem Amüsement der Lesenden. So gibt es einen Vorläufer der heutigen „April, April“-Beiträge: Chemie aus zweiter Hand. Da wird etwa die Hannoversche Allgemeine zitiert, die da schrieb: „Die Lösung besteht aus einem Halogen (Fluor, C...

Manchmal ist es traurig, dass in der Welt da drau&szlig;en so viele Menschen herumlaufen, die Chemie nach der 9. Klasse abgew&auml;hlt haben. Aber oft entsteht dadurch auch irrsinnig Komisches.
Die Sportbetr&uuml;ger werden immer dreister (und lebensm&uuml;der?), das wei&szlig; zum Beispiel Der Spiegel:<img alt="image" src="https://media.graphassets.com/QC2X4tRyTOhYgSwEVnGA">
Doch gemach, es geht nicht um Fluordoping des Skij&auml;ger-Organismus, sondern um das seit letzter Saison verbotene Fluorwachs f&uuml;r die Skier. Und tats&auml;chlich: Bei der &bdquo;Dopingprobe&ldquo; wird per FT-IR der Fluorgehalt des Wachses bestimmt.
Ein Krankenhausaufenthalt kann auch f&uuml;r Chemiker lehrreich sein, schreibt uns Leser W. Denn die Asklepios-Klinik will das chemische Wissen verbessern. Auf jeder Wasserflasche fand sich der Spruch:
&bdquo;Wussten Sie, dass Wasser durchsichtig ist, weil es aus seltenen Molek&uuml;len besteht? Die reflektieren das Licht, weil sie in exakt derselben Art wie Lichtwellen schwingen. Faszinierend.&ldquo;
In der Tat. Leser W. fragt sich nun: Wenn Wasser durchsichtig ist, weil die Molek&uuml;le so selten sind, sollten dann nicht auch die Seltenen Erden durchsichtig sein?
So selten ist Wasser &uuml;brigens nicht. Schon gar nicht in diesem &bdquo;April, April&ldquo;-Trendbericht. Beim durchst&ouml;bern des europ&auml;ischen Patentblatts stie&szlig; Stefan Fokken etwa auf folgende sensationelle Methode:
&bdquo;Verfahren zum Entw&auml;ssern von Wasser&ldquo;
Sowas passiert, wenn eine KI &uuml;bersetzt. Der englische Titel ergibt mehr Sinn: &bdquo;Method of draining water&ldquo;.
In &ndash; im Wortsinn &ndash; unbekannte Dimensionen st&ouml;&szlig;t Publik vor:<img alt="image" src="https://media.graphassets.com/CZ1DI0sxT8iqmSGfHhhX">
So richtig verstanden, worum es auf einer Pressekonferenz eines bekannten Chemieunternehmens aus Ludwigshafen ging, hat die Heilbronner Stimme wohl nicht. Unter dem (noch korrekten) Titel &bdquo;Treibhausgase werden versenkt&ldquo; skizziert sie folgenden abenteuerlichen Weg. Zuerst mal CCS, also:
&bdquo;Mit innovativen Technologien wird das CO2 abgeschnitten.&ldquo;
Sp&auml;ter fahren dann die CO2-Abschneider
&bdquo;die mit fl&uuml;ssigem Kohlenstoff beladenen Schiffe&ldquo;
hinaus aufs Meer, um dort (dies zur Abwechslung korrekt) CO2 in leere Gasfelder einzupressen. Na dann, Schiff ahoi.
&Uuml;berhaupt, das CO2. Warum wollen wir es eigentlich loswerden? Laut K&ouml;lner Stadt Anzeiger ist es doch so:<img alt="image" src="https://media.graphassets.com/zbgZnnmuQ76FAVKdY8qO">
Ein weiteres Kapitel der unendlichen Reihe &bdquo;Gute Chemie &ndash; b&ouml;se Chemie&ldquo; schreibt die &ouml;sterreichische Wochenzeitschrift Profil. Dort erl&auml;utert der &Ouml;kologe Johann Zaller, dass im &ouml;kologischen Landbau grunds&auml;tzlich keine chemisch-synthetischen Mittel ausgebracht werden. Im Notfall erlaubt sind allerdings
&bdquo;nat&uuml;rliche chemische Elemente wie Schwefel oder Kupfer.&ldquo;
Nat&uuml;rlich.
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<figure><img alt="image" src="https://media.graphassets.com/JIW4IQ5qT4OZ8OSe5flF">
<figcaption><label>Abb.1: </label>Greenwashing? Aber nicht doch, hier handelt es sich um Greenbrushing. B&uuml;rste von Maier Haushaltspflege, fotografiert im Bauhaus und angeschafft von unserem Redakteur Luca Blicker, um das studentische Lotterleben endg&uuml;ltig hinter sich zu lassen.</figcaption>
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<figure><img alt="image" src="https://media.graphassets.com/Rx1zR0z0RDWU5QjJkZXq">
<figcaption><label>Abb.2: </label>Gefunden auf der Seite eines Online-Versands. Mit fl&uuml;ssigem Magnesium (650 &deg;C hei&szlig;) werden die H&auml;nde garantiert trocken. Gibt&lsquo;s auch im Zehnerpack.</figcaption>
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Die b&ouml;se Chemie &ndash; sie lauert einfach &uuml;berall. Im US-Bundesstaat New Jersey hat jemand 200 Kilo Teigwaren illegal entsorgt. So weit, so unappetitlich. Doch wie gro&szlig; die Gefahr tats&auml;chlich war, berichtete die Website <a href="https://20min.ch" target="_blank" rel="noopener">20min.ch</a> (und dort las es Dario Rothauer). Schuld ist n&auml;mlich die Chemie,
&bdquo;da Nudeln einen pH-Wert haben, der das Wasser verunreinigen k&ouml;nnte&ldquo;.
Ein wenig Ahnung vom pH-Wert schadet nicht. Auch nicht den Kollegen von der NZZ, die schreiben (Max Ebert hat&lsquo;s gelesen):<img alt="image" src="https://media.graphassets.com/uuo6jXsDQg24XXfpRDLd">
Oder liegt es vielleicht an lokalen Besonderheiten? Denn nicht nur die Neue Z&uuml;rcher h&auml;tte eine pH-Wert-Fortbildung n&ouml;tig, auch die Z&uuml;richsee Zeitung &uuml;berraschte ihre Leser (darunter Werner H&auml;lg) mit der Erkl&auml;rung, woher der Saurenbach seinen Namen hat: Das Wasser sei sauer,
&bdquo;weil der Bach kalkhaltiges Wasser f&uuml;hrt&ldquo;.
Leser Werner H&auml;lg geht auch sonst mit offenen Augen durch die Welt der chemischen Ignoranz. Und so entdeckte er, dass die Saline Luisenhall ihr Badesalz f&uuml;r etwas ganz Besonderes h&auml;lt:<img alt="image" src="https://media.graphassets.com/quzdPU0VT8eh0rXmwCJ6">
Vielleicht freuen sie sich dort aber einfach auch nur, dass ihr Salz genauso oktaedrisch kristallisiert wie alle anderen auch.
Wenn Nicht-Chemiker &uuml;ber chemische Reaktionen schreiben, gilt: Heiliger St&ouml;chiometrus, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun. Zum Beispiel Ammoniak aus CH4 herstellen (gefunden von Kurt Wendel im Stern):
&bdquo;Bislang wird D&uuml;nger mithilfe von Ammoniak produziert, das durch die klimasch&auml;dliche Verbrennung von Kohle und Methangas entsteht.&ldquo;
Hannah Goerlach wunderte sich &uuml;ber die Zutatenliste eines Handw&auml;rmers.<img alt="image" src="https://media.graphassets.com/jIXpXXJwRbmkqMM9KRhK">
Falls wie angegeben Natrium und Wasser enthalten w&auml;ren, g&auml;be das in der Tat warme H&auml;nde, wenn auch nur einmal. Wahrscheinlich ist dies aber nur eine Mahnung, Kommas korrekt zu setzen.
Ein Fall f&uuml;r unsere kleine Esoterik-Ecke (rechts, aber der Kasten war leider schon voll) ist auch die Werbung aus dem Therapiezentrum f&uuml;r Chinesische Medizin, in der, wie uns Annette Lechtenb&ouml;hmer schreibt, holde Ahnungslosigkeit gepaart mit gesundem Halbwissen und einem kaputten Taschenrechner zu neuen Erkenntnissen in der Biochemie f&uuml;hren:<img alt="image" src="https://media.graphassets.com/js2j1oYOTTCdtkEwFWVX">
<figure xml:id="nadc20244142264-fig-0003">
<figure><img alt="image" src="https://media.graphassets.com/IjscNvEaSBaCgCMWuJKT">
<figcaption><label>Abb.3: </label>Aus der Stuttgarter Zeitung: &bdquo;Lithium ist ein wei&szlig;es Pulver &ndash; es wird oft als wei&szlig;es Gold bezeichnet&ldquo;: Die anorganische Chemie muss wohl umgeschrieben werden.</figcaption>
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Zum Abschluss noch ein paar Klassiker. Zuerst eine dpa-Meldung, gefunden von Adolf Suchy in der Rhein-Neckar-Zeitung:
&bdquo;Sauerstoffflaschen fangen Feuer&ldquo;
Alle, die nicht innerhalb von 0,1 Sekunden &bdquo;Falsch!&ldquo; geschrien haben, schreiben nun bitte hundertmal den Satz: &bdquo;Sauerstoff selbst ist nicht entz&uuml;ndlich, f&ouml;rdert aber die Verbrennung.&ldquo;
F&uuml;r diejenigen, denen man ein N f&uuml;r ein NO vormachen kann, ein Beispiel aus dem Trierischen Volksfreund (der hei&szlig;t wirklich so, schreibt uns Artur Sailler). Es geht um den Zustand der W&auml;lder in Rheinland-Pfalz:<img alt="image" src="https://media.graphassets.com/74csXFVsRnyytYGuvfpl">
Auch der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung ist ein Oxid abhanden gekommen:
&bdquo;Polizei r&auml;umt Shisha-Bar &ndash; Kohlenstoffwert zu hoch&ldquo;
Aber vielleicht handelte es sich ja wirklich um Kohlenstoff in Form von Ru&szlig; (statt Kohlenmonoxid), meint Einsenderin Claudia Arnold. Bei einem so garstigen Ger&auml;t wie der Shisha sei nichts unm&ouml;glich.
Einen hab&lsquo; ich noch (aus der FAZ):
&bdquo;Silikon-Anoden f&uuml;r Fahrzeugbatterien entwickelt das Start-up GDI, indem es den kritischen Rohstoff Graphit durch Silikon ersetzt.&ldquo;
Dann mal ab ins Silikon-Tal mit diesem Start-up.
Zum ersten Mal durfte dieses Jahr Nachrichten-Chefredakteur Christian Remenyi den Trendbericht April, April zusammenstellen &ndash; und er dankt allen Leserinnen und Lesern, die engagiert und flei&szlig;ig Stilbl&uuml;ten und Kurioses an die Redaktion sandten. So kann es weitergehen. Also immer her mit dem Bl&ouml;dsinn &ndash; direkt an <a href="mailto:nachrichten@gdch.de">nachrichten@gdch.de</a>; Stichwort: April!
<h2 type="main">Die kleine Esoterik-Ecke: Lasst die Energien flie&szlig;en</h2>
100 % &Ouml;kostrom und 100 % positive Energie verspricht ein mit einem rosa Oktopus werbender Stromanbieter (fotografiert von Ulrich Scharfenort). Doch wie kann das sein? Der Energietransport erfolgt doch mit negativ geladenen Elektronen?<img alt="image" src="https://media.graphassets.com/8t0tA5l7TgmMIJtgHbqD">
Vielleicht wei&szlig; die Geomantin Barbara Jurk die Antwort. Auf die Frage der FAZ (Foto rechts unten aus dem Interview), was sie gegen &bdquo;unruhige Energien&ldquo; tue, wusste sie n&auml;mlich: &bdquo;Unruhige Energien kann man wie einen Wasserfluss verstehen. &hellip; Diesen Fluss kann man so lenken, wie es auf dem Grundst&uuml;ck gebraucht wird. Wir setzen zum Beispiel Findlinge aus dem Bayerischen Wald auf das Grundst&uuml;ck, klopfen und polarisieren sie auf bestimmte Weise und verankern sie damit im Boden. Die Steine stabilisieren und lenken den Energiefluss auf dem Grundst&uuml;ck.&ldquo; Aber lassen die Steine dann zum Beispiel den Oktopus-Strom durch? Wir wissen es nicht.<img alt="image" src="https://media.graphassets.com/H6CUvatRxuW92YhHedzg">

Vor 50 Jahren in den Blauen Blättern

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