Der Physikochemiker Matthias Krüger hat sich den Berufseinstieg in die Verfahrenstechnik zugetraut. Heute trägt er dazu bei, den CO2-Fußabdruck von Stahlwerken zu verringern.
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Von Wiley-VCH zur Verfügung gestellt
Der Reichtum an Erzen und Mineralien im Erzgebirge machte das sächsische Montanwesen zur Wiege des modernen Bergbaus.
Seit dem 6. Juli 2019 zählt die deutsch-tschechische Montanregion Erzgebirge/Krušnohoří zum Welterbe der Unesco. In der Begründung für die Ernennung der sächsisch-böhmischen Bergbauregion zum Welterbe hebt die Unesco diese Stätte „als herausragendes Zentrum wissenschaftlich-technologischer Bergbauinnovation und als einzigartige montane Kulturlandschaft“ hervor.1) Die in dieser Erzgebirgsregion seit über 850 Jahren entwickelten bergbaulichen Techniken sowie rechtliche, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Organisationsstrukturen des Bergbau- und Hüttenwesens bildeten maßgeblich die moderne Montanindustrie und -wissenschaft heraus. Sie prägen bis heute die Forschungs- und Wirtschaftsstruktur des europäischen Bergbaus.2)
Bereits im Mittelalter begann sich der Bergbau auf dem europäischen Kontinent zu entwickeln, etwa in Böhmen und Mähren, im Harz oder in den Alpen. Als aber um 1168 die reichen Silbererzadern im Erzgebirge in der Umgebung von Christiansdorf, dem heutigen Freiberg, gefunden wurden, löste es das erste „Berggeschrey“ aus. Schnell verbreitete sich die Kunde von den Silbererzfunden, aus denen das begehrte Edelmetall allein durch Einschlagen mit Schlägel und Eisen zu entlocken sei. Tausende Bergleute, Händler und Glücksritter, vor allem aus dem Harz und Süddeutschland, strömten ins Erzgebirge, und rasch entwickelte sich ein Bergbaurevier in der sächsisch-böhmischen Region.3–5)
Der Zustrom erfahrener Bergleute wurde begünstigt, weil Kaiser Friedrich I. Barbarossa (1122 – 1190) den Markgraf von Meißen Otto (1125 – 1190) mit dem Verfügungsrecht über ungehobene Bodenschätze belehnte. Dieses Bergregal (regalia: Berghoheit eines Herrschers) führte dazu, dass Otto später den Beinamen „der Reiche“ erhielt. Erst um 1300 billigte der Landesvater der Markgrafschaft Meißen in schriftlicher Form im Freiberger Bergrecht den schürfenden Bergleuten im Freiberger Revier die „Bergfreiheit“ zu: „Wo eyn man ercz suchen will, das mag her thun mit rechte“6), sicherte sich aber zugleich die Abgabe einer direkten Steuer in Form des Bergzehnten zum Ertrag. Das gewonnene Silber durfte allerdings ausschließlich an die markgräflichen Münzstätten verkauft werden, die daraus in Leipzig und Freiberg Brakteaten fertigten (bractea: dünnes Metallblech).
Über die Jahrhunderte dehnte sich die Suche nach weiteren wertvollen Erzen von der Erdoberfläche bis in die Tiefe von mehr als zehn Metern aus und verlagerte sich bis in die Kammlagen des Erzgebirges.7) Dort wurden Anfang des 16. Jahrhunderts neue ergiebige Silbererzfunde erschlossen, zusätzlich zum Silbererz wurde in gemeinsamen Lagerstätten Zinn-, Kupfer- und Eisenerz abgebaut. Der zunehmende Bergbau auf sächsischer und böhmischer Seite ging einher mit einer durch die „Bergfreiheit“ gedeckten Ansiedlung von Bergleuten mit ihren Familien, und es entstanden einige freie Bergstädte wie Schneeberg (1481), Annaberg (1496), Sankt Joachimsthal (heute Jáchymov, 1517), Marienberg (1521) oder Oberwiesenthal (1527).8)
Um auch tiefere und ärmere Erzvorkommen zu erschließen, wurden neue Montantechniken entwickelt, etwa Förder-, Wasserhebe- und Verhüttungstechniken. Die Erzgewinnung vor Ort ging aber noch lange in Handarbeit voran – mit Schlägel und Eisen, die gekreuzt zum international gebräuchlichen Symbol für den Bergbau wurden.7)
Der erneute Aufschwung der Schürftätigkeit und die technische Weiterentwicklung des Bergbaus animierten den Humanisten, Bergverständigen und Städtebauplaner Ulrich Rülein von Calw (1465 – 1523) dazu, das erste „Bergbüchlein“ der montanistischen Fachliteratur in deutscher Sprache herauszugeben, Titel: „Ein nützlich Bergbüchlin von allen Metallen als Golt, Silber, Zcyn, Kupferertz, Eisenstein, Bleyertz und vom Quecksilber“.9,10) Nach dem Medizin- und Mathematikstudium an der Universität Leipzig war Rülein von Calw ab 1497 Stadtarzt und von 1514 bis 1517 Bürgermeister in Freiberg; im Jahr 1519 erhielt er an der Leipziger Universität eine Professur für Medizin. In Freiberg gründete er 1515 das erste humanistische Gymnasium in Sachsen, an dem unter anderem die Kunst des Bergbaus gelehrt wurde.
In seinem „Bergbüchlein“ erläuterte Rülein von Calw im Namen eines Bergexperten einem jungen Knappen in Dialogform die Metallentstehung auf der Basis antiker Anschauungen, wobei die Metalle den fünf Planeten plus Sonne und Mond zugeordnet wurden. Außerdem erklärte er das Vorkommen der Erze in Gängen, stellte erstmals einen Grubenkompass vor und fasste die wichtigsten bergbaulichen Begriffe in Form eines Bergbauwörterbuchs zusammen. Das Buch wurde bis zum Jahr 1550 neun Mal aufgelegt und zur Quelle für spätere Autoren der Montanliteratur.
Mitte des 16. Jahrhunderts erreichte der erzgebirgische Bergbau in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht seinen Höhepunkt und erlangte in der metallurgischen Montanwissenschaft weltweit eine Spitzenposition. Über den Stand der Bergbautechnik, Metallurgie und mineralogischen Kenntnisse zu dieser Zeit im sächsisch-böhmischen Raum berichtete der aus Glauchau stammende Arzt, Humanist und Begründer der wissenschaftlichen Bergbaukunde Georg Agricola (1494–1555, latinisiert aus Georg Bauer). Sein mit Holzschnitten illustriertes Hauptwerk „De re metallica libri XII“ (1556; Zwölf Bücher vom Berg- und Hüttenwesen) erschien ein Jahr nach seinem Tod in lateinischer Sprache in Basel.11)
Agricola studierte von 1514 bis 1518 die alten Sprachen (vor allem Latein und Griechisch) an der Universität Leipzig. Danach arbeitete er von 1518 bis 1522 als Lehrer und Konrektor der Stadtschulen in Zwickau und studierte ab 1522 Medizin, Physik und Chemie an den Universitäten in Leipzig, Bologna, Padua und Venedig. Im Jahr 1526 kehrte er als Doktor der Medizin wieder nach Deutschland zurück. Ab 1527 war er als Arzt und Apotheker zunächst in St. Joachimsthal und ab 1531 als Stadtarzt und Privatgelehrter in Chemnitz tätig. Er verband seine humanistische Gelehrsamkeit mit technischen Kenntnissen: In mehreren Schriften legte er seine Gedanken über die Entstehung der Erzvorkommen und deren Abbau sowie über Mineralien jeder Art nieder.
Basierend auf Beobachtungen und Analysen, die er während seiner Reisen im Bergbaurevier des sächsisch-böhmischen Erzgebirges machte, fasste er in zehn Büchern von „De natura fossilium libri X“ das damalige geologische und mineralogische Wissen zusammen.12) Dieses im Jahr 1546 erschienene Werk avancierte zum ersten umfassenden Handbuch der Mineralogie. Darin hatte Agricola die Mineralien erstmals nach dem Augenschein charakterisiert und mindestens bei den Erzen ihre Zusammensetzung nach dem Probierbefund erörtert.3) Dabei beschrieb er nicht nur Vorkommen, Gewinnung und mögliche Verwendung von Mineralien, sondern klassifizierte diese anhand ihrer physikalischen Eigenschaften wie Form, Farbe, Transparenz, Glanz und Dichte.
Agricolas Gesamtwerk prägte das Montanwesen über zwei Jahrhunderte und hob es aus dem Zustand des Empirismus auf die Stufe einer auf systematische Forschung gegründeten Natur- und Geowissenschaft.
Die goldenen Zeiten des erzgebirgischen Bergbaus im 15. und 16. Jahrhundert endeten im 17. Jahrhundert nicht zuletzt durch den Dreißigjährigen Krieg (1618–1648). Auch der Ertrag der Gruben ging zurück, vor allem im oberen Erzgebirge mit seinen immer tiefer gelegenen und ärmeren Erzlagerstätten. Doch das Wissen und Können der Bergleute im heimischen Erzbergbau überdauerte die Generationen und führte in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts nach dem Siebenjährigen Krieg (1756–1763) zu einem erneuten Aufschwung, in erster Linie durch die technische Modernisierung des Montanwesens. Just in dieser Zeit wurde auch die erste montanwissenschaftliche Lehranstalt der Welt gegründet: Im sächsischen Freiberg entstand am 13. November 1765 die Kurfürstlich-Sächsische Bergakademie zu Freiberg nach Plänen des Freiberger Oberberghauptmanns Friedrich Wilhelm von Oppel (1720–1769) sowie des Generalbergkommisars Friedrich Anton von Heynitz (1725 – 1802).13,14) Die Bergakademie Freiberg sollte Abbau, Aufbereitung und Verhüttung der Erze auf eine wissenschaftliche Basis stellen. Sie erlangte einen internationalen Ruf vor allem durch ihre Lehrkräfte und Absolventen und wurde weltweit zum Vorbild.
Zu den einflussreichsten Persönlichkeiten der Freiberger Bergakademie gehörte Abraham Gottlob Werner (1749–1817). Er gilt als einer der bedeutendsten Geowissenschaftler der Wissenschaftsgeschichte und wird oft als „Vater der wissenschaftlichen Mineralogie“ bezeichnet.15) Werner selbst erklärte allerdings Georg Agricola „für den Vater aller Bergwerksgelehrten und für den Schöpfer aller mineralogischen Kritik, dem er selbst sein mineralogisches Streben und Wissen verdanke“.
Werner entstammte einer Familie, deren väterliche Seite nahezu drei Jahrhunderte eng mit dem Bergbau und Hüttenwesen verbunden war. Bereits 1764 wurde er zur Unterstützung seines Vaters als Hüttenschreiber im Eisenhüttenwerk in Wehrau angestellt. 1769 begann er das Studium der Bergbau-, Hütten- und Probierkunde sowie der Mineralogie an der jungen Bergakademie, wechselte 1771 an die Universität Leipzig, um „Rechts-Gelehrsamkeit“ zu studieren, die als Voraussetzung zur Übernahme in das Beamtenverhältnis im sächsischen Montanwesen galt. Aber schon nach zweijähriger Rechtsausbildung studierte er, wie er in seiner Autobiografie schreibt „für mich Mineralogie, meine Lieblings-Wissenschaft“15). Dieser Hingabe blieb Werner sein Leben lang treu.
Schon während seiner Leipziger Zeit, im Jahr 1773, begann er, Minerale (damals nannte man sie noch Fossilien) entsprechend ihren äußeren Kennzeichen zu beschreiben und einzuordnen. Mit dem 1774 in Leipzig erschienen Buch „Von den äusserlichen Kennzeichen der Foßilien“16) machte er sich schlagartig als Mineraloge bekannt. Er wurde daraufhin im Februar 1775 auf die Inspektor- und Lehrerstelle an die Bergakademie berufen. Dort widmete er sich der Erforschung der sächsischen Bergbauwerke und der erzgebirgischen Gesteinsverhältnisse.
Ihm war es wichtig, neben den äußeren Kennzeichen auch die chemische Zusammensetzung der Minerale zu bestimmen und zu kennen, die letztlich eine natürliche Systematik gestattet. In dieser Frage knüpfte er vor allem an die Arbeiten des schwedischen Mineralogen und Chemikers Axel Fredrik Cronstedt (1722–1765) an, der sich mit der chemischen Analytik der Erze sowie der Charakterisierung der daraus gewonnenen Metalle befasste und als Entdecker von Nickel und der damals noch unbekannten Mineraliengattung namens „Zeolith“ gilt.17) Das von Cronstedt 1758 herausgegebene und von Werner 1760 ins Deutsche übersetzte Buch „Versuch einer neuen Mineralogie“ schuf die Grundlagen für die Werner‘sche systematische Mineralien-Klassifikation.18) Diese neue Lehre von der Struktur und dem Bau der festen Erdkruste, nannte er Geognosie (entspricht dem heutigen Begriff der Geologie).19)
Die Minerale, die Werner gesammelt hatte, sind heute – soweit erhalten – samt Begleitschriften an seiner früheren Wirkungsstätte ausgestellt: in den geowissenschaftlichen Sammlungen der TU Bergakademie Freiberg im Abraham-Gottlog-Werner-Bau. Sie geben Einblick in sein System zur Bestimmung und Klassifizierung der Minerale sowie in seine Mineralsystematik, die bis ins 20. Jahrhundert als klassisch galten. Von seinen ursprünglich neun geowissenschaftlichen Sammlungen, die er für Lehre und Forschung angelegt hatte, sind die Systematische Oryktognostische Sammlung, die Edelsteinsammlung und die Äußere-Kennzeichen-Sammlung weitgehend unverändert erhalten.20,21)
In seinem mehr als 40-jährigen Wirken an der Freiberger Bergakademie zog Abraham Gottlob Werner zahlreiche später bekannt gewordene Gelehrte aus dem In- und Ausland als Studenten nach Freiberg, darunter Alexander von Humboldt (1769 – 1859). Weitere prominente Schüler waren: der deutsche Geologe und erster Vorsitzender der 1848 gegründeten Deutschen Geologischen Gesellschaft Leopold von Buch (1774 – 1853), der spanische Mitentdecker des Elements Wolfram sowie Gründer und erster Direktor der Bergakademie in Mexiko nach dem sächsischen Vorbild Fausto de Elhuyar (1755 – 1833), der schottische Mineraloge, Naturhistoriker und Begründer der „Wernerian Society“ in Edinburgh Robert Jameson (1774 – 1854) oder der sächsische Berghauptmann Johann Carl Freiesleben (1774 – 1846).
Über die Studienmöglichkeiten in Freiberg, die der Bergakademie weltweit hohes Ansehen einbrachten, berichtete Humboldt: „Was andere Menschen bei einem Aufenthalte von 3 Jahren auf der Bergakademie vollenden, ist bei mir in eine Zeit von 7 bis 8 Monaten zusammengedrängt. Meine Beschäftigungen sind übrigens überaus abwechselnd und dem innersten Wunsche meines Herzens angemessen. Ich stehe alle Tage um 5 Uhr auf und gehe, da die Gruben alle ½, auch ¾ Stunden von Freiberg entfernt sind, sogleich auf die Grube, um anzufahren. An die 5 Stunden beschäftige ich mich unter der Erde, bald um natürliche Beschaffenheit der Gänge, bald die Art des Abbaus zu studieren. Ich habe die gemeinen Arbeiten auf dem Gestein alle selbst gelernt, wie wir es nennen: meine Lehrhäuerschicht aufgefahren, und noch heute Morgen war ich mit Bohren und Schießen beschäftigt. Um 11 oder 12 komme ich aus der Grube, und nun sind fast alle Stunden des Nachmittags mit Kollegien besetzt – Oryktognosie und Geognosie bei Werner, Markscheiden, Probieren auf Silber, Risse- und Maschine-Zeichnen. So vergeht ein Tag wie der andere. Mein einziger Umgang ist der Sohn des hiesigen Markscheiders Freiesleben, mit dem ich fast stündlich über und unter Tage zusammen bin.“22)
Da Humboldt am eigenen Leibe extreme körperliche Anstrengungen der unter Tage arbeitenden Bergleute erfuhr, war es ihm nach seiner bergmännischen Ausbildung ein besonderes Anliegen, die Arbeits- und Lebensbedingungen der „ärmsten Volksklasse“ zu verbessern. So erfand er eine Atemmaske mit Luftreservoir, die er „Respirationsmaschine“ nannte, und er konstruierte eine Berglampe, die auch ohne Luftzufuhr von außen nicht erlosch. Die Erfindungen sollten der Rettung verunglückter Bergleute in sauerstoffarmen Schächten dienen. Nach der Beförderung Humboldts zum Oberbergrat erhielt er vom preußischen König die Erlaubnis, „ihm in seinen Provinzen zu dienen oder durch wissenschaftliche Reisen nützlich zu werden“. Dies brachte Humboldt auf die Idee, seinen Jugendtraum von Forschungsreisen in die Welt auch außerhalb des preußischen Staatsdienstes zu verwirklichen. Er schreibt später: „Ich wollte die Länder, die ich besuchte, einer allgemeinen Kenntnis zuführen; und ich wollte Tatsachen zur Erweiterung einer Wissenschaft sammeln, die noch kaum skizziert ist und ziemlich unbestimmt bald Physik der Welt, bald Theorie der Erde, bald Physikalische Geographie genannt wird.“
Im 20. Jahrhundert hat der Bergbau im Erzgebirge wiederholt Aufschwünge und Niedergänge erfahren und auch das eine oder andere hoffnungsvolle „Berggeschrey“. Am Übergang vom 19. zum 20. Jahrhundert war der erzgebirgische Bergbau trotz weiterer Modernisierung von Abbau- und Verhüttungsverfahren sowie des Einsatzes verbesserter Förder- und Wasserhaltungstechnik in der Verlustzone. Daher wurde im Jahr 1903 die Entscheidung getroffen, bis 1913 die Mehrzahl der Gruben der Freiberger Erzbergwerke zu schließen. Eine Wiederbelebung des sächsischen Bergbaus gab es erst wieder in den 1930er Jahren durch die Wiederaufrüstung Deutschlands nach dem Ersten Weltkrieg. Dazu wurde im Jahr 1937 die „Sachsenerz Bergwerke AG“ gegründet, die im Freiberger Revier den Buntmetallbergbau aufnahm, um strategisch wichtige Bodenschätze zu fördern, etwa Stahlveredler wie Wolfram, Nickel oder Mangan.
Ein weiteres „Berggeschrey“ im Erzgebirge hob nach dem Zweiten Weltkrieg an: Die sächsischen Uranerzvorkommen erlangten für die militärische und zivile Nutzung der Kerntechnik strategische und wirtschaftliche Bedeutung. Mit dem Uranerzbergbau im sächsischen Erzgebirge begann 1946 eine außergewöhnliche Bergbauperiode, die bis Anfang der 90er Jahre die Uranbergbaulandschaften prägte. Mit der Stilllegung der sächsischen Uranbergwerke und der letzten Zinnbergwerke um 1990/91 wurde der Bergbau weitgehend eingestellt. Die weltweit einzigartige Rekultivierung der Landschaften begann.
Doch durch steigende Weltmarktpreise für Rohstoffe und Metalle wächst wieder das Interesse an den aufgegebenen Erzlagerstätten im Erzgebirge.23) Das Sächsische Oberbergamt erteilte bereits mehrere Bergbauberechtigungen für Erkundungspläne überwiegend für Lithium- und Zinnlagerstätten im Erzgebirge sowie für weitere Metalle als Beifang, für die mit der Energiewende, der Elektromobilität und neuen digitalen Techniken die Nachfrage steigt.
Laut dem Sächsischen Wirtschaftsministerium befindet sich auf sächsischem und böhmischem Gebiet die größte zusammenhängende Lithiumlagerstätte Europas. Die Deutsche Lithium GmbH mit Sitz in Freiberg geht von etwa 10 000 Tonnen Lithiumhydroxid aus, die nahe der osterzgebirgischen Bergbaugemeinde Zinnwald-Georgenfeld ab Ende 2026 jährlich produziert werden sollen.24) In der südwestlichen Erzgebirgsregion um Rittersgrün/Tellerhäuser rechnet die Saxore Bergbau GmbH mit etwa 3 000 Tonnen Zinn pro Jahr.25) Eine Machbarkeitsstudie soll Details zum künftigen Abbau erarbeiten; Einblicke, wie ein Bergwerk am Standort Rittersgrün aussehen könnte, zeigt ein virtuelles Modell.26) Dabei verspürt man ein Echo des über 850 Jahre alten „Berggeschreys“ von den umgebenden Bergen.
Wladimir Reschetilowski, Jahrgang 1950, ist emeritierter Professor für technische Chemie der TU Dresden und Chemiehistoriker. Für das Januarheft der Nachrichten aus der Chemie schreibt er regelmäßig über historische Meilensteine der Chemie.
wladimir.reschetilowski@tu-dresden.de
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