Gesellschaft Deutscher Chemiker

Meinungsbeitrag

Auf starken Schultern

Nachrichten aus der Chemie, Januar 2018, Seite 3, DOI, PDF. Login für Volltextzugriff.

Von Wiley-VCH zur Verfügung gestellt

„Die GDCh hat ein besonderes Jahr hinter sich, denn 2017 stand ganz im Zeichen des 150-Jahr-Jubiläums.“ Dies schrieb meine Amtsvorgängerin Thisbe Lindhorst im Leitartikel der letzten Nachrichten aus der Chemie. Dem kann ich mich nur anschließen. Ich beginne daher meine Amtszeit mit einem Dank an die ehemalige Präsidentin, an die GDCh-Geschäftsstelle und an die vielen Freiwilligen, die sich engagiert haben, 2017 zu einem besonderen Jahr für die GDCh zu machen.

Wir schauen auf 150 Jahre Tradition, wir werden aber nicht den Blick auf die Zukunft verlieren. Daher werde ich mich in diesem Leitartikel, der am Anfang meiner Präsidentschaft steht, mit Innovation beschäftigen.

Man hört oft, dass Deutschland ein rohstoffarmes Land sei, dass man daher Innovation fördern sollte, und dass man in „Köpfe investieren“ muss. Aber bräuchten wir uns nicht um Innovationen zu kümmern, wenn wir reich an Bodenschätzen wären, wenn wir Öl, seltene Erden, Gold und Diamanten im Überfluss hätten? Schaut man auf die Liste der Staaten, die mit Rohstoffquellen gesegnet sind, kommt man leider zur Erkenntnis, dass wenige Länder dabei sind, in denen wir wirklich leben wollten.

Innovation heißt wörtlich „Neuerung“ oder auch „Erneuerung“. Damit verbunden ist die menschliche Neugier, die Freude am Entdecken, die Freude am Unbekannten, die Freude am Experimentieren. Das führt in unentdeckte Gebiete, und wenn wir beharrlich sind und etwas Glück haben, finden wir dabei auch den ein oder anderen Schatz – und in der Chemie gibt es noch viele Schätze zu heben.

Innovativ zu sein, weil es Spaß macht und weil es Freude bereitet, sich mit Chemie zu beschäftigen, das möchte ich in meiner Amtszeit fördern und unterstützen. Dabei habe ich das Glück, in der GDCh auf den starken Schultern einer großen Wissenschaftsorganisation zu stehen. Viele gute Initiativen existieren in der GDCh bereits. Es fängt mit der Tutzinger Offensive der GDCh zur Stärkung des Chemieunterrichts in den Schulklassen 5 und 6 an und geht mit dem Fortbildungsangebot für Chemielehrer weiter. Was kann es Wichtigeres geben, als Schülerinnen und Schülern die Welt der Chemie zu erschließen und die Lehrenden zu unterstützen, den richtigen Schlüssel dafür bereit zu halten?

Möchte man die Chance haben, etwas fundamental Neues zu finden – also eine Sprunginnovation – ist das Erforschen grundlegender Mechanismen unabdingbar. Ich nehme Deutschland als Land wahr, das noch gute Möglichkeiten bietet, Grundlagenforschung zu betreiben. Doch der Rechtfertigungsdruck für Forschende nimmt zu, Anwendung ihrer Arbeit zu zeigen, um Fördermittel zu erhalten. Es ist mir daher wichtig, dass unsere Förderorganisationen den Mut haben, auch in Zukunft konsequent in die Erforschung von Grundlagen zu investieren.

Der Ökonom Joseph Schumpeter definierte Innovation als eine Entdeckung oder eine Erfindung, die ihre Nützlichkeit bewiesen hat und als ein Produkt oder ein Geschäftsmodell im Markt eingeführt ist. Innovativ zu sein, heißt also nicht nur die Grundlagen zu erforschen, sondern diese auch zur Anwendung zu bringen. Dies in einem neu gegründeten Unternehmen, einem Start-up, zu realisieren, ist dabei die interessanteste aber auch risikoreichste Möglichkeit. Start-ups brauchen aus diesem Grund unsere Hilfe und Unterstützung. Hilfe nicht nur finanzieller Art, sondern auch durch Zugang zu Wissen und Erfahrung. Die Förderung von Netzwerken, die sich dies zur Aufgabe gemacht haben, ist mir ein Anliegen.

Sich auf etwas Neues einzulassen, birgt auch Gefahren. Gefahren des Scheiterns, aber auch Gefahren, dass man Geister beschwört, die vielleicht nicht mehr beherrschbar sind. Wir sollten uns immer die Frage stellen: Was tue ich und was tue ich nicht, selbst wenn ich die Möglichkeit dazu hätte? Keine Gesetzesregelung kann hier so wirkungsvoll vor Missbrauch schützen wie ein fester Wertekanon. Gerne möchte ich weiterführen, was Thisbe Lindhorst in ihrer Präsidentschaft an Grundsteinen gelegt hat.

Ich freue mich auf meine Amtszeit und hoffe, dass ich dazu beitragen kann, dass die GDCh eine starke Stimme der Chemie bleibt. Eine Stimme, der man gerne zuhört. BB

Dr. Matthias Urmann Präsident der GDCh

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