Bildung + Gesellschaft

Zwischen Juli 2024 und Juni 2025 gab es in 49 Ländern und Gebieten 395 Angriffe auf die Wissenschaftsfreiheit.Seit 2015 veröffentlicht Scholars at Risk (SAR) Free to Think, eine Reihe von Jahresberichten, in denen Angriffe auf Hochschulgemeinschaften weltweit analysiert werden. Free to Think 2025 dokumentiert 395 Angriffe auf Wissenschaftler, Studenten und Institutionen in 49 Ländern und Gebieten zwischen dem 1. Juli 2024 und dem 30. Juni 2025.Die in Free to Think beschriebenen Angriffe auf die Hochschulbildung sind ein Zeichen für die weltweit verschlechterten Bedingungen für die akademische Freiheit. Der Rückgang der akademischen Freiheit zeigt sich auch in den jüngsten Jahresdaten des Academic Freedom Index (AFi), der darauf hindeutet, dass der Raum für akademische Freiheit in Ländern weltweit schrumpft. In seiner Aktualisierung für 2025 stellte der AFi fest: Seit 2024 ist die akademische Freiheit in 36 der 179 analysierten Länder zurückgegangen, darunter Afghanistan, Belarus, Deutschland, Hongkong, Indien, Russland, Ukraine, Vereinigte Staaten und Westjordanland. Nur in acht Ländern hat sich die akademische Freiheit zwischen 2014 und 2024 ausgeweitet: Bahrain, Syrien, Usbekistan, Thailand, Fiji, Gambia, Montenegro und Seychellen. Zudem stufte die AFi zehn Länder oder Gebiete als vollständig eingeschränkt in Bezug auf die akademische Freiheit ein: Afghanistan, Aserbaidschan, Belarus, China, Gaza, Indien, Iran, Myanmar, Nicaragua und die Türkei. Weitere acht Länder gelten als stark eingeschränkt: Bangladesch, Hongkong, Pakistan, Sudan, Westjordanland, Russland, Ukraine und Simbabwe.SAR besteht seit dem Jahr 2000 und erfasst Angriffe auf die akademische Freiheit, die institutionelle Autonomie und die Hochschulbildung im Academic Freedom Monitoring Project (AFMP). SAR ist ein internationales Netzwerk von über 650 Hochschuleinrichtungen, Verbänden und Fürsprechern in mehr als 40 Ländern. Sie wollen bedrohte Wissenschaftler schützen, Angriffe auf die Hochschulbildung verhindern und die akademische Freiheit und damit verbundene Werte fördern.Das Monitoring-Projekt berichtet über Vorfälle von Tötungen, Gewalt und Verschwindenlassen, unrechtmäßige Inhaftierung, unrechtmäßige Strafverfolgung, Reisebeschränkungen, Verlust der Position sowie sonstige Vorfälle. Zu letztgenannten gehören beispielsweise Besetzung oder Schließung von Hochschulgeländen, systematische oder anhaltende Belästigungen sowie Drohungen gegen Mitglieder von Hochschulgemeinschaften oder die Absage akademischer Veranstaltungen aufgrund von Druck seitens Mitgliedern der Gemeinschaft oder gewählten Amtsträgern oder in der offensichtlichen Absicht, Diskussionen über unliebsame Themen zu <link href="#nadc20254154739-fig-0001">verhindern.<figure xml:id="nadc20254154739-fig-0001"><figure><img alt="image" src="https://eu-central-1.graphassets.com/Aype6X9u2QGewIgZKbFflz/cmhcyyeq46llo07umccm3zpd7"><figcaption><label>Abb.1: </label>Bild: Tonton54 / Adobe Stock</figcaption></figure></figure>EL<ul class="references" cited="no" style="numbered" xml:id="nadc20254154739-bibl-0001"><li xml:id="nadc20254154739-bib-0001">1 Zu Free to Think: <url href="https://t1p.de/0qkoc"><a href="https://t1p.de/0qkoc" target="_blank">t1p.de/0qkoc</a></url></li><li xml:id="nadc20254154739-bib-0002">2 Zum AFi (pdf): <url href="https://t1p.de/hioet"><a href="https://t1p.de/hioet" target="_blank">t1p.de/hioet</a></url></li></ul>

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Wissenschaftsfreiheit bedroht

Zwischen Juli 2024 und Juni 2025 gab es in 49 Ländern und Gebieten 395 Angriffe auf die Wissenschaftsfreiheit.Seit 2015 veröffentlicht Scholars at Risk (SAR) Free to Think, eine Reihe von Jahresberichten, in denen Angriffe auf Hochschulgemeinschaften weltweit analysiert werden. Free to Think 2025...

Naturstoffe in Reinform eignen sich hervorragend, um Strukturaufklärung zu lernen. Das gilt besonders für Studierende im Praktikum. Anlässlich des 200. Geburtstags von Ernst Felix Immanuel Hoppe-Seyler: Wie sich Chitin aus Krebsen oder Maikäfern extrahieren lässt.Felix Hoppe-Seyler ist einer der Altvorderen der Biochemie, sein Handbuch der physiologisch und pathologisch chemischen Analyse1) ist ein Standardwerk. Er interessierte sich besonders für Blutfarbstoffe und kristallisierte den Eisenkomplex Hämin aus Blut, ein Praktikumsklassiker.Die frühen Erkenntnisse von Wissenschaftlern wie Hoppe-Seyler zu Extraktion und Analyse von Naturstoffen haben viel zum Verständnis der Naturstoffzusammensetzung beigetragen. Darauf basieren moderne Analytikmethoden. Die Inhaltsstoffe rein darzustellen war und ist Voraussetzung, um ihre Struktur zu ermitteln. Wir stießen nun auf Hoppe-Seylers Beschreibung, wie sich Chitin (1) aus Krebsen oder Maikäfern isolieren lässt. Uns diente Shrimpschalenmehl als kostengünstiger Ausgangsstoff – somit eignet sich diese Isolierung auch als Naturstoffpräparat im Praktikum (<link href="#nadc20254152158-fig-0001">Abbildung rechts).<figure xml:id="nadc20254152158-fig-0001"><figure><img alt="image" src="https://eu-central-1.graphassets.com/Aype6X9u2QGewIgZKbFflz/cmhcyuafk674107tide3qb4pt"><figcaption><label>Abb.1: </label>Käufliches Shrimpschalenmehl „Microbe Gladiators“ mit Maskottchen.</figcaption></figure></figure><h2 type="main">Aus Pilzen und Shrimpschalen</h2>Chitin (1) wurde schon im 4. Jahrhundert v. Chr. von Aristoteles erwähnt.2) Im Jahr 1811 extrahierte Henri Braconnot die heute als Chitin bekannte Verbindung aus Pilzen und nannte sie Fungin.3) Im Jahr 1894 identifizierte Hoppe-Seyler die deacetylierte Form als Chitosan (2). Die Struktur von Chitin hat 32 Jahre später H. W. Gonell vorgeschlagen; K. H. Meyer und G. W. Pankow haben sie bestätigt.2)Chitin (1) ist nach Cellulose das häufigste Biopolymer; es kommt in den Exoskeletten von Gliederfüßern (Arthropoden) und in Pilzen als stützendes Strukturmaterial vor. Es besteht aus β-1,4-glykosidisch verknüpften N-Acetylglucosamineinheiten.Biologisches Material wie Shrimpschalenmehl enthält in der Regel Proteine und Mineralien. Soll eine Substanz aus dem Mehl isoliert werden, ist also eine Vorbehandlung erforderlich. Chemisch wird (1) mit Säuren und Laugen extrahiert. Weil (1) unlöslich ist, ist es zwar leicht zu isolieren, allerdings schwierig umsetzbar. Eine gängige Methode, es zu verarbeiten, ist die Umwandlung zu Chitosan (2). Dieses ist im Sauren wasserlöslich. (2) selbst ist auch derzeit Forschungsgegenstand; es kommt womöglich als antibiotisches Nanomaterial infrage.4)<h2 type="main">Hoppe-Seylers Fußspuren</h2>Wir haben verschiedene, teils historische Chitinextraktionen erprobt und für den Labor- und Praktikumsmaßstab angepasst. Lassen Sie uns in Hoppe-Seylers Fußspuren wandeln.(1) lässt sich in drei Schritten isolieren: Entmineralisieren, Deproteinieren und Entfärben. Um vor allem Calciumcarbonat zu entfernen, wird mehrfach mit verdünnter Salzsäure (c = 1 mol · L–1) extrahiert. Dann wird das Pulver mehrfach mit verdünnter Natronlauge (c = 1 mol · L–1) behandelt und bei 75 °C von Proteinen befreit. Als oxidativer Entfärber eignet sich Natriumhypochlorit besser5) als die in älterer Literatur zu findende Soxhlet-Methode mit Lösungsmittelauslaugung: Letztgenannte dauert mehrere Stunden, während die oxidative Behandlung in Minuten abgeschlossen ist. Sie liefert ein helleres Produkt (1). So ließ sich eine Ausbeute von zirka 20 Prozent erreichen, also ähnlich viel wie bei der Soxhlet-Methode (22 %). Nun ist das erhaltene Chitin allerdings praktisch unlöslich; die einzig mögliche Analysemethode ist, ein IR-Spektrum aufzunehmen.Erneut mit starker Lauge und hoher Temperatur (c = 10 mol · L–1 bei zirka 110 °C) behandelt, lässt sich (1) deacetylieren, wie von Hoppe-Seyler beschrieben. Es resultiert Chitosan (2) (<link href="#nadc20254152158-fig-0002">Reaktionsschema rechts).<figure xml:id="nadc20254152158-fig-0002"><figure><img alt="image" src="https://eu-central-1.graphassets.com/Aype6X9u2QGewIgZKbFflz/cmhcyuc12675v07ti8sosonlu"><figcaption><label>Abb.2: </label>Umwandlung des Chitins (1) in Chitosan (2).</figcaption></figure></figure>In einem Handversuch kann eine nasschemische Prüfung mit Iodlösung erfolgen (<link href="#nadc20254152158-fig-0003">Abbildung oben links): (1) färbt sich gelb-braun (A1), (2) intensiv violett (B1). Chitosan ist nun säurelöslich. Wird es in Essigsäure gelöst und diese langsam abgedampft, entsteht eine Folie (<link href="#nadc20254152158-fig-0004">Abbildung oben rechts). Wird Chitosan durch Umfällen aus Essigsäure gereinigt, lässt es sich in D2O/DCl lösen und dann NMR-spektroskopisch untersuchen. Die spektroskopischen Daten (1H, 13C und IR) stimmen nach dieser Behandlung mit der Literatur überein.6) Die ausführlichen Vorschriften sind im Zusatzmaterial hinterlegt (<url href="https://gdch.link/rtxr"><a href="https://gdch.link/rtxr" target="_blank">gdch.link/rtxr</a></url>).<figure xml:id="nadc20254152158-fig-0003"><figure><img alt="image" src="https://eu-central-1.graphassets.com/Aype6X9u2QGewIgZKbFflz/cmhcyude06rzg06um5n0xihog"><figcaption><label>Abb.3: </label>Chitin (A) und Chitosan (B) während der Reaktion mit Iod (oben) und nach dem Waschen (unten). Was vorliegt, zeigt die Färbung: Chitin behält seine Farbe, Chitosan verfärbt sich.</figcaption></figure></figure><figure xml:id="nadc20254152158-fig-0004"><figure><img alt="image" src="https://eu-central-1.graphassets.com/Aype6X9u2QGewIgZKbFflz/cmhcyuf3g6i0q07umisd6jmi5"><figcaption><label>Abb.4: </label>Nicht gereinigtes Chitosan (links) und daraus hergestellte Chitosanfolie (rechts).</figcaption></figure></figure>Chitin und Chitosan lassen sich somit problemlos isolieren und aufreinigen. Die Feinreinigung dauert etwas: das Lösen bereits einige Stunden, Quellen und Abfiltrieren mindestens einen Tag. Der Versuch ist kostengünstig durchführbar – das macht ihn auch für Schulen interessant.<h2 type="main">Die Autor:innen</h2>Diesen Beitrag haben Eric Täuscher und Maeva Theressa Moudjoko Guekam verfasst. Täuscher arbeitet an der TU Ilmenau, forscht zu Farbstoffen und Hochschuldidaktik und leitet die Praktika OC1 bis 4. Guekam hat im Jahr 2025 ihr Bachelorstudium in Biotechnischer Chemie an der TU Ilmenau abgeschlossen und setzt dort derzeit ihr Masterstudium fort.<img alt="image" src="https://eu-central-1.graphassets.com/Aype6X9u2QGewIgZKbFflz/cmhcyuhbx679w07tiekbf0jfw"><img alt="image" src="https://eu-central-1.graphassets.com/Aype6X9u2QGewIgZKbFflz/cmhcyuill6s3v06umfvldywwa"><ul class="references" cited="no" style="numbered" xml:id="nadc20254152158-bibl-0001"><li xml:id="nadc20254152158-bib-0001">1 H. Thierfelder F. Hoppe-Seyler, Handbuch der physiologisch- und pathologisch-chemischen Analyse für Ärzte, Biologen und Chemiker. Band 3, Springer Berlin, 1953</li><li xml:id="nadc20254152158-bib-0002">2 K. H. Meyer, G. W. Pankow, Helv. chim. acta 1935, 18, 589–598</li><li xml:id="nadc20254152158-bib-0003">3 P. Labrude, C. Becq, Rev. Hist. Pharm. (Paris) 2003, 51(337), 61–78</li><li xml:id="nadc20254152158-bib-0004">4 a) L. Qi, Z. Xu, X. Jiang, C. Hu, X. Zou, Res. 2004, 339(16), 2693–2700; b) M. Yanat, K. Schroën, React. Funct. Polym. 2021, 161, 104849</li><li xml:id="nadc20254152158-bib-0005">5 J. Pohling, K. Hawboldt, D. Dave, Sustain. Chem. Environ., Bd. 19, 2025</li><li xml:id="nadc20254152158-bib-0006">6 a) E. S. de Alvarenga , C. P. de Oliveira, C. R. Bellato, Carbohydr. Polym. 2010, 80, 1155–1160, b) J. Dutta, Polysaccharides 2015, 1029–1063</li></ul>

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