Bildung + Gesellschaft

Der Chemiker Ulrich P&ouml;schl hat mit Kollegen am Max-Planck-Institut f&uuml;r Chemie in Mainz eine L&uuml;ftungsanlage aus Baumarktteilen entwickelt. Das Ziel: Klassenr&auml;ume in der Coronapandemie sicherer machen.
Herr P&ouml;schl, haben Sie als Grundlagenforscher ihr Arbeitsgebiet in Richtung L&uuml;ftungstechnik ge&auml;ndert?
Nein, wir machen hier weiterhin <xref rid="nadc20224125423-fig-0001" ref-type="fig">Atmosph&auml;ren-</xref> und Klimaforschung. Beispielsweise untersuchen wir den pH-Wert und die chemische Reaktivit&auml;t von Aerosolen sowie deren Auswirkungen auf den Wasserkreislauf. Das Thema L&uuml;ftung ist f&uuml;r uns ein Nebenprodukt.
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<figcaption><label>Abb. 1: </label>Ulrich P&ouml;schl Foto: Carsten Costard</figcaption>
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Wie kam es zu Ihrem Engagement f&uuml;r die Pandemiebek&auml;mpfung?
Die Initiative f&uuml;r eine einfache L&uuml;ftungsanlage ging von einem Physiker hier am Max-Planck-Institut aus: Frank Helleis, Leiter der Gruppe Instrumentenentwicklung. Seine Frau ist Lehrerin und fragte, wie man einen Klassenraum effizient bel&uuml;ftet. Ich bin &uuml;ber die Absch&auml;tzung von Infektionsrisiken dazugekommen. Wir besch&auml;ftigen uns ja schon lange mit Bioaerosolen und kennen uns mit Luftfl&uuml;ssen recht gut aus.
Verfolgen Sie detailliert, wo die L&uuml;ftungsanlagen eingebaut werden?
In Mainz selber haben wir das getan, denn unser Technikteam hat dabei geholfen, sie zu installieren. Wir wollten ja etwas lernen. Als wir unseren <xref rid="nadc20224125423-fig-0002" ref-type="fig">Bauplan</xref> publik machten, sind wir mit Anfragen &uuml;bersch&uuml;ttet worden. Aber als Max-Planck-Institut verkaufen wir ja nichts. Deshalb sind wir nicht genau im Bilde, wo solche Anlagen inzwischen installiert sind.
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<figcaption><label>Abb. 2: </label>Das am Max-Planck-Institut f&uuml;r Chemie entwickelte L&uuml;ftungssystem in einem Klassenraum der Mainzer Brunnenschule. Rechts: Die Untersuchung im Labor macht Luftstr&ouml;me sichtbar. Mehr &uuml;ber dieses System in einer gerade fertig gestellten Studie unter: <a href="https://t1p.de/lzlio" target="_blank" rel="noopener">t1p.de/lzlio</a>; Bauplan: <a href="https://www.ventilation-mainz.de" target="_blank" rel="noopener">www.ventilation-mainz.de</a> Foto links: Elena Klimach; rechts: Carsten Costard, MPI f&uuml;r Chemie</figcaption>
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Ich habe den Eindruck, dass nur wenige Klassenr&auml;ume &uuml;berhaupt L&uuml;ftungsanlagen oder Luftfilter bekommen haben. Frustriert Sie das?
Pers&ouml;nlich frustriert mich das nicht. Als Forscher ist meine Frustrationstoleranz sehr hoch. Ich finde es aber bedauerlich, dass so wenig passiert. Ich kann nachvollziehen, dass alles langsam ging, als noch nicht klar war, ob solche L&uuml;ftungssysteme funktionieren. Die Pandemie ist f&uuml;r alle schwierig. Ob am Ende L&uuml;ftungsanlagen eingebaut werden, h&auml;ngt weniger an der Technik als an f&ouml;deralen Strukturen und Schultr&auml;gern. Die Stadt Mainz bewirtschaftet auch die Geb&auml;ude, deshalb sind die L&uuml;ftungssysteme hier konsequent eingebaut worden.
Was denken Sie, wie lange werden Sie sich noch mit Pandemiebek&auml;mpfung befassen?
Ich hoffe, in wenigen Wochen zur gewohnten Arbeit zur&uuml;ckkehren zu k&ouml;nnen. Dass die Coronapandemie dann vorbei sein wird, glaube ich allerdings nicht. Bisher hatte ich das Gef&uuml;hl, Informationsdefizite ausgleichen zu m&uuml;ssen. Aber jetzt liegen Messdaten aus Klassenr&auml;umen vor, und wir haben noch eine Publikation in Arbeit. Dann ist hoffentlich wissenschaftlich alles gesagt. FZ
Mehr zur Technik auf der GDCh-Infoplattform &bdquo;Faszination Chemie&ldquo;: <ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://gdch.link/5f0x" target="_blank" rel="noopener">gdch.link/5f0x</a></ext-link>

Interview mit Ulrich Pöschl

„Wir wollten etwas lernen“

Der Chemiker Ulrich Pöschl hat mit Kollegen am Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz eine Lüftungsanlage aus Baumarktteilen entwickelt. Das Ziel: Klassenräume in der Coronapandemie sicherer machen. Herr Pöschl, haben Sie als Grundlagenforscher ihr Arbeitsgebiet in Richtung Lüftungstechnik geänd...

In einem Workshop besch&auml;ftigen wir uns mit Vorstellungsgespr&auml;chen. Isolde meldet sich zu Wort: &bdquo;Wie reagiere ich auf Fragen nach Kindern?&ldquo; &bdquo;Oder bei Fragen nach der Gesundheit?&ldquo;, fragt Pavel, der zuvor freim&uuml;tig von seiner Diabeteserkrankung erz&auml;hlt hatte.
Eine Faustregel: Fragen sind zul&auml;ssig, wenn der Arbeitgeber dadurch einsch&auml;tzen kann, ob Sie die Aufgaben der Arbeitsstelle in der Regel erf&uuml;llen k&ouml;nnen. In diesem Sinne darf eine k&uuml;nftige Busfahrerin zu ihrem Augenlicht befragt werden. Wissenschaftler:innen arbeiten h&auml;ufig in Laboren oder B&uuml;ros, weshalb die meisten gesundheitlichen Einschr&auml;nkungen kein Ausschlusskriterium sind. Wie steht es mit Leuten, die ihre Arbeit zwar ausf&uuml;llen k&ouml;nnen, jedoch ein erh&ouml;htes Ausfallrisiko haben &ndash; etwa durch eine chronische Krankheit wie der Diabetiker Pavel oder die Eltern kleiner Kinder? Das gilt als &bdquo;Allgemeines Lebensrisiko&ldquo;, ist also ein normaler Teil des Lebens. Diese Bewerbenden k&ouml;nnen ihre Stelle in der Regel ausf&uuml;llen, Fragen danach sind unzul&auml;ssig. &bdquo;Was mache ich, wenn solche Fragen dennoch gestellt werden?&ldquo;, erkundigt sich Elisa.
Im Vorstellungsgespr&auml;ch ist Ihr Privatleben vor neugierigen Fragen gesch&uuml;tzt. Meist werden diese Fragen allerdings nicht als solche gestellt. Es werden eher vieldeutige Aussagen in den Raum gestellt: &bdquo;Sie sind sich hoffentlich bewusst, dass so eine anspruchsvolle Stelle kaum mit umfangreichen privaten Verpflichtungen zu vereinbaren ist.&ldquo; In diesem Fall ist die einfachste Antwort, die Aussage zu best&auml;tigen, ohne etwas &uuml;ber sich selbst preiszugeben: &bdquo;Ja, ich bin mir dessen bewusst.&ldquo; Wenn solche Fragen als Fragen formuliert werden, begeht der Arbeitgeber einen Rechtsbruch. Sie d&uuml;rfen schweigen, l&uuml;gen oder vor Gericht klagen. Leider haben alle drei Optionen Schw&auml;chen. In ein Schweigen w&uuml;rden Arbeitgeber hineininterpretieren, was sie m&ouml;chten. L&uuml;gen ist ebenfalls schwierig: Bekommen Sie das in einer stressigen Situation hin, und w&auml;re eine positive Zusammenarbeit danach &uuml;berhaupt m&ouml;glich? Und wer m&ouml;chte gegen seinen zuk&uuml;nftigen Arbeitgeber vor Gericht ziehen?
Es gibt zumindest eine halbwegs praktikable L&ouml;sung. Sie k&ouml;nnen einen Warnschuss abgeben und das Gespr&auml;ch zur&uuml;ck aufs Wesentliche lenken: &bdquo;Wenn Sie mir erkl&auml;ren k&ouml;nnen, was meine Familienpl&auml;ne mit meiner Arbeit auf dieser Stelle zu tun haben, beantworte ich die Frage gerne.&ldquo; Sie lassen dadurch erkennen, dass Sie Bescheid wissen, stellen aber nicht gleich Drohungen in den Raum.
Der promovierte Chemiker Philipp Gramlich ist Mitgr&uuml;nder von Natural Science Careers, einem Unternehmen f&uuml;r Karriereberatung und Soft-Skill-Seminare f&uuml;r Naturwissenschaftler. F&uuml;r die Nachrichten aus der Chemie schreibt er &uuml;ber Beobachtungen aus seiner Beratungst&auml;tigkeit. <a href="mailto:p.gramlich@naturalscience.careers">p.gramlich@naturalscience.careers</a>

Interview mit Ulrich Pöschl

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