GDCh-Wissenschaftsforum Chemie 2023
WiFo 2023: Der Montag
Bei strahlendem Sonnenschein begann das GDCh-Wissenschaftsforum Chemie 2023 in der KONGRESSHALLE am Zoo in Leipzig. Die GDCh freute sich knapp 1200 Besucherinnen und Besucher unter dem Motto „Rethinking Chemistry“ zum wichtigsten Chemiekongress im deutschsprachigen Raum begrüßen zu dürfen.
Zeitgleich zeigte der 5. ChemSlam, wie unterhaltsam und spannend Chemie ist, wenn man sie nur entsprechend „verpackt“. Den Slam für sich entscheiden konnte Anna Leah Scholl von der Justus-Liebig-Universität Gießen, die erklärte, warum Sauerstoff unsere Alltagsdroge ist.
Ebenfalls bereits am Vormittag begann das Programm der Karriere-Tage, bei denen am Montag die Karrierewege in der Wissenschaft im Fokus standen.
Der Nachmittag des ersten Tages beim Wissenschaftsforum Chemie bot eine Vielfalt an Themen der Chemie rund um das Motto „Rethinking Chemistry“, von denen wir im nachfolgenden einige exemplarisch aufgreifen.
Neues Denken gilt auch für Experimente im Chemieunterricht. Dies zeigten Professor Dr. Marco Oetken und Dr. Dominik Quarthal von der Pädagogischen Hochschule Freiburg in ihrem Plenarvortrag „Die Sprache der Chemie ist das Experiment. Eine Chemie ohne Experimente ist sprachlos“ im Rahmen der Jahrestagung der Fachgruppe Chemieunterricht. Im bis auf den letzten Platz gefüllten Händel-Saal präsentierten sie neu entwickelte Experimente zur Funktionsweise von Lithium-Ionen Akkumulatoren und Redox-Flow-Batterien, zur bipolaren Elektrochemie, für Graphen, zum Gesetz von der Erhaltung der Masse sowie zur Katalyse. Speziell die früher im Unterricht beliebte katalytische Zersetzung von Wasserstoffperoxid durch Chromat war nach dem Tätigkeitsverbot für gesundheitsschädliches Chromat für Schülerinnen und Schüler erstmal auf Eis gelegt. Guter Rat war teuer und eine Substitutionsprüfung erforderlich. Oetken und sein Team entwickelten eine Alternative mit Molybdat anstelle von Chromat und zeigten den erfolgreichen katalytischen Prozess anschaulich und überzeugend in einem Experiment.
In weitere Nachmittags-Vorträgen in der Fachgruppe Chemieunterricht ging es unter anderem um „Elektroden, Potentiale und Spannungen in der Elektrochemie“ und „Druckänderungen sichtbar machen“. Zwei Experimentalvorträge beschäftigten sich mit der Synthese von biopolymeren Carriern im Chemieunterricht („Aus der Nanomedizin in die Schule“) sowie mit der Chemie des Atemkalks („Der Anästhesist als Chemiker“). Die FG Chemieunterricht ist auch am Dienstag und Mittwoch mit zahlreichen interessanten Workshops und Experimentalvorträgen auf dem WIWO2023 aktiv.
Bei den beiden Fachgruppen „Medizinische Chemie“ und „Computer in der Chemie“ drehte sich am Nachmittag alles um den Schwerpunkt „Robotics in Chemistry“. So berichtete unter anderem Dr. Carl-Helmut Coulon von Invite, eine Public-Private-Partnership der TU Dortmund, HHU Düsseldorf und der Bayer AG, über „Robotik in der Chemischen & Life Science Industrie“. Dabei fragte er nach den unbeliebtesten Tätigkeiten im Labor, die immer noch manuell durchgeführt werden. Sortieren, Dosieren, Dokumentation, Reinigen und Probenpräparation wurden aus dem Publikum als Favoriten genannt. Für all diese Tätigkeiten gibt es bereits flexible, automatisierte Lösungen, die den Arbeitsalltag im Labor erleichtern und eine überlegenswerte Investition in die Zukunft sein können. Ein Rethinking im Laborbetrieb kann neue Potentiale öffnen.
Die Fachgruppe Geschichte der Chemie erzählte im Schwerpunkt „Rethinking History of Chemistry“ faszinierende Geschichten für die Zukunft. So ging es beispielsweise um die Suche nach dem Stein der Weisen und wie die Thüringer Alchemistin Dorothea Juliana Wallich dabei die Thermochromie von Cobaltverbindungen entdeckte. Einen interessanten Ansatz zum „Geschichten erzählen“ für den Schulunterricht in Form von Science Storys stellten Peter Heering und Martin Ellrodt von der Europa-Universität Flensburg vor („Geschichte(n) der Chemie in Bildungsprozessen“). Aus ihrer Sicht kann die Geschichte der Naturwissenschaften das Lernen fachlicher Inhalte und Konzepte befördern und Personen in den Naturwissenschaften als reale, emotionale Figuren erscheinen lassen. Der Flensburger Ansatz von Storytelling soll dabei mündliches Erzählen einer Geschichte unterstützen und nachhaltig Bilder im Kopf der Zuhörenden erzeugen. Wesentlich ist dabei das eigenständige Erarbeiten und Entwickeln einer Story durch die erzählende Person. Ein Ansatz, der nicht nur für die Schule, sondern auch für Chemieunternehmen und Startups sehr interessant sein könnte.
In der Nachmittagssession der Fachgruppe Analytische Chemie und der Fachgruppe Wasserchemische Gesellschaft ging es um „Unseren chemischen Footprints auf der Spur: Umweltanalytik von Elementen, Spurenstoffen und Isotopen als anthropogene Tracer“. Hauptthemen waren hier Chancen und Risiken der Circular Economy, neue Methoden, Herausforderungen und Limitationen in der Mikroplastikanalytik sowie die Non-Target-Analytik zur Überwachung organischer Spurenstoffe im Roh- und Trinkwasser. Die Session „Wenn Chemikalien alle Barrieren passieren“ behandelte die herausfordernde Analytik von polaren und persistenten Substanzen, die im Trinkwasser landen. Dabei wurde auch über die Rolle von Zebrafischen (Zebrabärlingen) bei Untersuchungen zur Toxizität von PFAS gesprochen. Der Zebrafisch ist ein geeigneter Modellorganismus zur Untersuchung von Erkrankungen des Menschen, da über 80 Prozent der bislang bekannten Gene, die beim Menschen Krankheiten auslösen können, auch bei diesem Fisch vorhanden sind.
Schon Tradition beim WiFo hat das spannende Format „Dialog in Anorganischer Chemie“, das gemeinsam von der Wöhler-Vereinigung und der Fachgruppe Festkörperchemie und Materialforschung veranstaltet wird und in dem ein Thema von zwei verschiedenen Seiten wissenschaftlich beleuchtet wird. Und die Liebig-Vereinigung diskutierte in ihrem mehrtätigen Programm viele aktuelle Themen aus der Organischen Chemie.
Bei der gemeinsamen Session der Nationalen Forschungsdateninfrastruktur und Computer in der Chemie ging es um Digitalisierung und Tools zur Speicherung von Forschungsdaten. Und im Rahmen der „Highlights“-Session der Wöhler-Vereinigung erhielt Prof. Dr. Thomas Fässler den Arfvedson-Schlenk-Preis, der an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für herausragende Arbeiten auf dem Gebiet der Lithiumchemie vergeben wird.
In verschiedenen Sessions vergaben die Fachgruppen außerdem weitere Preise:
- Dr. Stephan Müssig erhielt den H.C. Starck-Tungsten-Promotionspreis 2023 der GDCh-Fachgruppe Festkörperchemie & Materialforschung
- Dr. Felicitas Lips, Westfälische Wilhelms-Universität Münster, erhielt den EurJIC-Wöhler-Young Investigator Preis 2023 von der Wöhler-Vereinigung für Anorganische Chemie und dem European Journal of Inorganic Chemistry (EurJIC)
- Dr. Philip M. Stanley, München, und Dr. Lilian S. Szych, University of Oxford/GB, erhielten den Wöhler-Promotionspreis 2023 der Wöhler-Vereinigung für Anorganische Chemie
Den erfolgreichen Abschluss eines gelungenen ersten Konferenztags markierten der Begrüßungsabend in der Ausstellung und die Poster Party. Bei leckerem Essen und Kaltgetränken klang der Abend gesellig aus.
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