Gesellschaft Deutscher Chemiker

GDCh-Wissenschaftsforum Chemie

WiFo 2023: Der Mittwoch

Der dritte und letzte Konferenztag auf dem GDCh-Wissenschaftsforum Chemie bot noch einmal zahlreiche Highlights: Nach der kurzweiligen und genussvollen Science Party in Auerbachs Keller, fing der dritte Tag für einige Frühaufsteher schon um 7:30 Uhr mit dem Netzwerktreffen „Startups – eine Frühstücksession“ an. Organisiert von Holger Bengs (diesmal ohne orangene Krawatte!), BNP Consultants GmbH, gaben Jess Gledhill (Board Member Royal Australian Chemical Institute und Investment Managerin bei Brandon Capital), André Hofmann (Geschäftsführer von Biosaxony, einem Cluster für Biotechnologie, Medizintechnik und Gesundheitsforschung in Sachsen) sowie Dr. Marc Struhalla (Gründer der c-LEcta GmbH, die Enzyme für den Pharma- und Foodbereich entwickeln und herstellen) interessante Impulse für die Gründung in der Chemie und luden zum Informationsaustausch ein. Klarer Tenor: Mut zur Gründung!

Direkt im Anschluss startete das wissenschaftliche Programm mit dem zweiten Plenarsymposium. Unter dem Motto „Rethinking Chemistry - Sustainability Strategies“ stellten Dr. Melanie Maas-Brunner, BASF SE, Ludwigshafen, Professorin Dr. Evamarie Hey-Hawkins, Universität Leipzig, und Professor Dr. John C. Warner, Warner Babcock Institute for Green Chemistry, LLC/US, nachhaltige Strategien in den Fokus. Als Mitglied des Vorstands und Chief Technology Officer (CTO) der BASF SE gab Maas-Brunner einen spannenden Einblick, wie Nachhaltigkeitsaspekte bei dem weltweit größten Chemiekonzern umgesetzt werden. Die vielfach ausgezeichnete Phosphorchemikerin Hey-Hawkins theamtisierte, wie wichtig nachhaltige Strategien insbesondere vor dem Hintergrund begrenzter Rohstoffe sind. Warner, der vor über zwanzig Jahren gemeinsam mit Paul Anastas das Gebiet der Grünen Chemie begründete, steuerte seine unersetzliche Expertise bei.

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Dr. Melanie Maas-Brunner (Foto: Christian Augustin)
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Professorin Dr. Evamarie Hey-Hawkins (Foto: Christian Augustin)
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Professor Dr. John C. Warner  (Foto: Christian Augustin)

Am Vormittag stand außerdem die Preisverleihung des Wilhelm-Klemm-Preises der GDCh an Professor Dr. Michael Ruck von der Technischen Universität Dresden im Mittelpunkt. Mit dem Preis würdigt die GDCh Rucks herausragende Beiträge zur Festkörperchemie, insbesondere im Bereich von Verbindungen mit Bismut und Phosphor. Ein Resultat seiner Forschung war beispielsweise die Entdeckung der faserförmigen Modifikation des Elements Phosphor (Fibrous Red Phosphorus) – die heute auch als Ruck'scher Phosphor bekannt ist.

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(Foto: Christian Augustin)

Ob die Chemical Strategy for Sustainability der EU wirksam und machbar ist, diskutieren die Aktiven der Vereinigung von Chemie und Wirtschaft (VCW) der GDCh in ihrer Session mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Im Rahmen der Session erlangten die Teilnehmenden Einblicke in die Ziele und Ambitionen der EU-Chemiestrategie. Die Referentinnen und Referenten erläuterten das Potenzial der Strategie, nachhaltige Innovationen voranzutreiben und Umweltrisiken zu mindern und diskutierten die praktische Durchführbarkeit der Ziele der Strategie. Im Fokus standen dabei unter anderem, welche Auswirkungen hat die Strategie auch auf das akademische Leben, die Forschung und die Lehre hat. Anhand von Fallstudien und praktischen Beispielen wurden außerdem erfolgreiche nachhaltige Chemiepraktiken unter die Lupe genommen.

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(Foto: K. Schmitz)

In der anschließenden Session „Highlights of Inorganic Chemistry“ der Wöhler-Vereinigung stellte der Preisträger in seinem Vortrag „Ionometallurgy – a sustainable alternative for producing metals and more“ ein neues Forschungsfeld mit der Entwicklung ressourceneffizienter Niedertemperatursynthese von Materialien in ionischen Flüssigkeiten vor. Diese können einen Beitrag zur nachhaltigen Chemie leisten. Weitere Vorträge der Session beschäftigten sich u. a. mit der Reaktion von Eisen- und Cobalt-Komplexen mit Ozon, mit Übergangsmetallkomplexen und mit der Koordinationschemie von Metallpeptiden.

Die Fachgruppe Festkörperchemie und Materialforschung stellte am Vormittag neue Methoden und Konzepte in der Kristallchemie vor. Die Themen waren beispielsweise die 3D-Elektronenbeugung als ultimatives Werkzeug für die Strukturanalyse von Nanokristallen und „Partikelbasierte Information und Reversibilität in Materialien für nachhaltige Produkte“. Professor Bastian Etzold (vormals TU Darmstadt, seit Kurzem Professor for Power-To-X Technologies an der FAU Erlangen-Nürnberg) informierte über kritische Materialien in der heterogenen Katalyse und stellte Alternativen vor. So ist schon länger bekannt, dass Kohlenstoff selbst gute katalytische Eigenschaften aufweist (Aktivkohle, Kohlenstoffnanoröhren) und so auf die Verwendung von Metallen und deren Oxiden in der Katalyse verzichtet werden kann. Als Beispiel nannte er die oxidative Dehydrierung (ODH) von Ethanol zu Acetaldehyd. Diese Reaktion ist ebenfalls kohlenstoffkatalysiert möglich. Damit könnte eine nachhaltige Alternative gegenüber dem für die großtechnische Acetaldehyd-Herstellung eingesetztem Wacker-Höchst-Verfahren zur Verfügung stehen.

Die parallellaufende Session der Fachgruppe Magnetische Resonanz (FGMR) beschäftigte sich unter anderem mit der Magnetresonanztomographie in der forensischen Medizin und mit der NMR in der Medikamentenforschung. Die NMR-Spektroskopie spielt in der Arzneimittelforschung und -entwicklung eine wichtige Rolle bei der Strukturaufklärung kleiner Moleküle. Vorgestellt wurde die fragmentbasierte Entdeckung von Arzneimitteln (FBDD) als eine Methode zur Suche nach Leitstrukturen im Rahmen der Arzneimittelentdeckung.

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Professor Dr. Klaus Kümmerer (Foto: Christian Schneider-Broecker)
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Dr. Philipp Demling (Foto: Christian Schneider-Broecker)
Ein Höhepunkt bei der Nachmittagssession „Sustainable Synthesis“ der Liebig-Vereinigung und der Fachgruppe Nachhaltige Chemie war die Verleihung des Wöhler-Preis für Nachhaltige Chemie an Professor Dr. Klaus Kümmerer von der Leuphana Universität Lüneburg. Mit dem Preis würdigt die GDCh Kümmerers Forschungsleistungen auf dem Gebiet der nachhaltigen Chemie mit Forschungsschwerpunkten wie kreislauffähige Kunststoffe, Abwasserwiederverwendung und End-of-Life-Management von Solaranlagen. Als einer der Ersten etablierte er das Konzept „Benign by Design“, bei dem Umweltbelastungen durch gezieltes Design von Molekülen reduziert werden. In seinem Vortrag zeigte er hierfür als Beispiele die Entwicklung von für die Umwelt unschädlicheren ionischen Flüssigkeiten sowie biologisch abbaubare Antibiotika. Kümmerer verwies auch auf ein weiteres Problem der Chemie: „Wir müssen die Chemodiversität reduzieren, denn über 300.000 Chemikalien sind einfach zu viel.“ Im Rahmen der Session wurde außerdem der Preis für Biokonversion nachwachsender Rohstoffe an Dr. Philipp Demling für seine Dissertation an der RWTH Aachen vergeben.
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(Foto: Christian Augustin)

Bei den Karriere-Tagen konnten am Mittwoch die Teilnehmerinnen des Workshops „Selbstmarketing für Frauen“ gemeinsam mit Karriere-Coach Doris Brenner eine Strategie entwickeln, wie sie sich als weibliche Fachkraft besser positionieren können. Tipps, um den eigenen Marktwert zu ermitteln und steigern können, gab es noch on top. Im Vortrag "Der Arbeitsvertrag – was sollte (nicht) drin stehen?" des Verbands angestellter Akademiker und leitender Angestellter der chemischen Industrie (VAA) lernten die Teilnehmenden die typischen Inhalte eines Arbeitsvertrages kennen und verstehen.

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Professor Dr. Sebastian Hasenstab-Riedel (Foto: Christian Augustin)

Einen letzten Höhepunkt markierte die Closing Lecture, in deren Rahmen Professor Dr. Sebastian Hasenstab-Riedel, Freie Universität Berlin, mit dem Christel und Herbert W. Roesky-Preis ausgezeichnet wurde. Die Auszeichnung der bei der GDCh eingerichteten Christel und Herbert W. Roesky-Stiftung wurde in Leipzig erstmals verliehen. Hasenstab-Riedel erhielt den Preis für seine herausragenden Leistungen auf dem Gebiet der Übergangs- und Hauptgruppenchemie sowie der modernen Molekülspektroskopie bei kryogenen Bedingungen. In einem Preisträgervortrag präsentierte er seine Forschung, bevor GDCh-Präsident Professor Dr. Karsten Danielmeier das GDCh-Wissenschaftsforum Chemie 2023 schloss.

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