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Kinder und akademische Karriere

Wenn es normal wird

Nachrichten aus der Chemie, Juli 2023, S. 27-28, DOI, PDF. Login für Volltextzugriff.

Von Wiley-VCH zur Verfügung gestellt

Lena Daumann will als Professorin dazu beitragen, dass Forschung an der Universität und Mutterschaft einander nicht ausschließen.

Chemikerin will Lena Daumann schon als kleines Mädchen werden. Der Wunsch, Mutter zu sein, kommt erst viel später dazu. Lange Tage im Labor, Chemikalien, mit denen Schwangere nicht arbeiten dürfen, Konferenzen oder Vorträge am Abend – Mutterschaft und Chemie lassen sich auf den ersten Blick nicht leicht vereinbaren. So soll es nicht bleiben, und dazu möchte Daumann ihren Beitrag leisten.

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Lena Daumann und ihr zweijähriger Sohn. Sie empfindet es als Privileg, dass sie forschen und gleichzeitig Mutter sein kann. (Foto: Privat)

Freiheit

Daumanns Forschungsfeld, die bioanorganische Chemie, ist selbst wie eine Familie für sie geworden. Daumann berichtet von Bekannten, die ihre Kinder mit zu Tagungen nehmen: „Es ist wunderbar, wenn es normaler wird, dass die Leute ihre Kinder mit zu Konferenzen bringen.” Kinder von Kolleg:innen sieht sie so groß werden. „Es ist ein tolles Signal, Familienmenschen zu sehen, die Wissenschaftler:innen sind.” Damit Chemie und Familie zusammen funktionieren, braucht es Angebote zur Kinderbetreuung auf Konferenzen oder familienfreundliche Vortragszeiten.

Daumann forscht an Bakterien, die seltene Erden zum Leben brauchen. Sie liebt die Detektivarbeit, die das noch junge Forschungsfeld mit sich bringt. Die Forschung bringt sie um die Welt: Gemeinsam mit ihrem Mann zieht sie nach dem Studium in Heidelberg nach Australien, um an der University of Queensland in der bioanorganischen Chemie zu promovieren. Später ziehen beide in die USA, allerdings an Ost- und Westküste. Daumann forscht für ihren Post-Doc an der University of California in Berkeley. Eine Familie plant sie in dieser Zeit nicht. „Ich habe die Freiheit sehr genossen, mich der Forschung widmen zu können.”

Zuwachs fürs Team

Als Professorin für anorganische Chemie an der Ludwig-Maximilians-Universität München baut sie ab 2016 ihre eigene Arbeitsgruppe auf. Während ihre Forschung langsam auf eigenen Beinen zu stehen kommt, wünscht sich Daumann ein Kind. „Mein Mann und ich fanden es schön, wenn nach 18 Jahren noch jemand ins Team käme.“ Schon bevor sie es verkündet, weiß ihre Arbeitsgruppe, dass sie schwanger ist. „Ich habe immer irgendwelche Ausreden erfunden, um nicht ins Labor zu gehen”, erinnert sich Daumann. Sie empfindet es als Privileg, dass sie ihr Dasein als Mutter und ihre chemische Forschung vereinbaren kann. „Es ist in meiner Position vorteilhaft, dass ich viele Dinge delegieren kann.”

Aber Daumann muss auch lernen, nein zu sagen. „Irgendwann muss ich schlafen” stellt sie fest, und dafür strukturiert sie ihren Tag sehr genau. Sie spricht von ihrem Budget, wenn sie sich überlegen muss, wofür sie Zeit hat. Sie vermisst es, nicht mehr auf jede Konferenz fahren zu können, „das Netzwerken fehlt wahnsinning”.

Strukturen ändern

Mit Unterstützung von Kolleg:innen und Familie hat Lena Daumann bisher alle Hürden überwunden. Sie versucht, noch besser zu planen und sich gleichzeitig auf Unvorhergesehenes einzulassen. „Ein krankes Kind, eine geschlossene Kita oder nur einen halber oder gar kein Betreuungsplatz sind für mich die größten Herausforderungen“, sagt sie. Manchmal wird es doch eng: Am Tag, an dem dieses Gespräch stattfindet, haben sowohl ihr zweijähriger Sohn als auch Daumann das Haus mit zwei unterschiedlichen Socken verlassen. „Es gibt Schlimmeres”, sagt Daumann und lacht.

Im Herbst wird sie mit ihrer Familie nach Düsseldorf ziehen und eine Stelle an der dortigen Universität antreten. Daumann möchte in ihrer Position das Mutterdasein in der Chemie erleichtern, altbekannte Strukturen können sich ändern: Mit familienfreundlichen Vortragszeiten, hybriden Veranstaltungen, Betreuungsangeboten auf Konferenzen oder den richtigen Voraussetzungen im Labor: Sie erzählt von Baby-safe-Labs, die sie in ihrem neuen Lehrstuhl umsetzen will.1) Schwangere sollen so ohne gefährliche Chemikalien und gegebenenfalls mit Hilfskräften weiter im Labor arbeiten können, sofern sie das möchten. „Chemie studieren, promovieren oder Post-Doc sein sollte Kinderkriegen nicht ausschließen. Dann ist es auch an mir als Professorin, die Voraussetzungen dafür zu schaffen.”

Mit Lena Daumann sprach Alexandra Tietze.

INFO: Chemie und Elternschaft

In dieser Porträtserie spricht spricht das Team Chancengleichheit des Jungchemikerforums mit Chemiker:innen, die Elternschaft und Karriere in Studium, Forschung oder Industrie verbinden. Um Elternschaft in der Chemie und damit zusammenhängende Problematiken sichtbar zu machen, berichten Eltern über ihre Erfahrungen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Anregungen an chancengleichheit@jcf.io

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