Ausgeblättert

<h2>Man spürt die Absicht, auch wenn was nicht stimmt</h2>Binsenweisheit„Berichte der Binsengesellschaft 70/1966“. [Aus der Rechnung einer Buchbinderei]Chemie, theo-retischeZu Aussagen über Konfirmationen werden NMR-Spektren herangezogen. [Fortschrittsberichte, Referat 6498/66]KunststoffeCaprolactum ist ein Ausgangsstoff für die Erzeugung von Perlen und anderen Kunststoffen. [Westfalenpost v. 18.3.1966]Schnelle BrüderIch habe mit Befriedigung gelesen, daß der Herr Bundesforschungsminister die Atomkommission ermuntert hat, ein neues Fünfjahresprogramm für die Weiterentwicklung der Kernenergie in der Bundesrepublik zu entwerfen. Dafür sollten wir dankbar sein. Der Schwerpunkt sollte, wie ich meine, bei der Förderung der sogenannten schnellen Brüder liegen, die eine besonders rationelle Verwertung des Uranerzes gewährleisten. [Aus dem Protokoll des Bundestages v. 16.12.1966]<figure><img src="https://media.graphcms.com/XfgT1hdwSZacGWLBZfA9"><figcaption><label>Abb. 1: </label></figcaption></figure>

Meldung

Vor fünfzig Jahren: 1. und 7. April 1967

Man spürt die Absicht, auch wenn was nicht stimmtBinsenweisheit„Berichte der Binsengesellschaft 70/1966“. [Aus der Rechnung einer Buchbinderei]Chemie, theo-retischeZu Aussagen über Konfirmationen werden NMR-Spektren herangezogen. [Fortschrittsberichte, Referat 6498/66]KunststoffeCaprolactum ist e...

Ein gut gereifter Käse hat seine ganz eigene Geruchsnote, und die fällt auch gerne mal etwas strenger aus. Steigt der kräftig käsige Duft allerdings aus den Socken eines Sitznachbarn im Zug auf, wird den meisten das weniger gefallen. Was lässt sich dagegen tun?Viele Sportlerinnen und Sportler schwören seit Jahren auf eine Errungenschaft der neueren Zeit: die in ihre Kleidung eingewobenen Silbernanopartikel. Die wirken antimikrobiell, und Mikroben sind – ebenso wie beim Käse – für die Geruchsstoffe verantwortlich. Je nach Größe und Dosis sind Silbernanopartikel toxisch und umweltschädlich, aber eine im vorigen Jahr erschienene Studie findet sie gar nicht so schlimm.1) Also werden sie wohl auch weiterhin Schweißbakterien bremsen dürfen.Das ist natürlich eine sehr unspezifische und für uns als Chemiker unbefriedigende Methode. Schließlich entsteht der Geruch ja nicht durch Magie, sondern durch Moleküle, und mit denen könnten wir ja vielleicht etwas anfangen.Den ersten Beitrag zur konstruktiven Käsefußbekämpfung leistete die Arbeitsgruppe von John Dean an der Northumbria University in Newcastle, England, mit einer analytischen Technik. Die ist so fortgeschritten, dass sie nicht nur einen, sondern gleich drei lange und einen kurzen Bindestrich benötigt: „Static headspace – multi-capillary column – gas chromatography – ion mobility spectrometry (SHS-MCC-GC-IMS)“. Insbesondere der statische Kopfraum zu Beginn dieses Wortungetüms mag bei Analytiklaien den Eindruck wecken, als hätte jemand noch etwas anderes inhaliert als nur den Duft getragener Kleidung.Aber zur Sache. Dean und seine Mitarbeiter analysierten verschwitzte Socken und T-Shirts parallel mit der Bindestrichtechnik sowie mit menschlichen Nasen und identifizierten sechs für den Gestank verantwortliche Moleküle.2) Da haben wir einmal die Buttersäure, na klar, die darf bei üblen Gerüchen nicht fehlen. Dazu zwei organische Sulfide, einmal Dimethyldisulfid (CH3-S-S-CH3), bekannt als Geruchsstoff der Stinkmorcheln, und Dimethyltrisulfid, das auch sonst eine gefragte Geruchskomponente ist, etwa beim Limburger Käse. Es tritt auch bei der Zersetzung menschlicher Kadaver in Erscheinung.3) Die übrigen drei Angeklagten sind Methylketone mit sieben bis neun Kohlenstoffatomen, also 2-Heptanon (bananiger Geruch), 2-Octanon („blumig-grün“, meint Wikipedia in einem Anfall von Synästhesie) und 2-Nonanon (apfelähnlich).Dass die Forschung diese sechs molekularen Stinkstiefel jetzt mit Namen und Strukturen kennt, hat natürlich unmittelbare Anwendungsperspektive. Mit dieser Information können Forscher messen, wie wirksam Waschmittel und Waschgänge verschiedener Temperaturen und Dauern bei der Geruchsbekämpfung sind, was Dean und Kollegen auch gleich in Angriff genommen haben. Da drastischere Waschgänge bei höheren Temperaturen und Detergenzkonzentrationen aus Umweltgründen möglichst zu vermeiden sind, können die Analytiker nun den minimal schädlichen Waschgang herausfinden, der den Socken zuverlässig den Gestank austreibt.Eine weitere Möglichkeit springt mir ins Auge, da die sechs Geruchsstoffe ja insgesamt recht harmlos aussehen und die Ketone allein gar nicht so schlecht riechen. Selbst die schlimmsten Stinker sind auch im Zusammenhang mit der Lebensmittelbearbeitung oder -verrottung zu finden und somit nur wenige Reaktionsschritte von besser riechenden Substanzen entfernt. Wie wäre es denn, wenn die Socken statt der antimikrobiellen Silberpartikel Katalysatoren enthielten, die den Gestank in Wohlgeruch verwandeln? Je mehr der Jogger schwitzt, desto stärker strömt der Rosenduft. Hier wäre wirklich kreative chemische Forschung gefragt, welche die Welt verändern könnte. Oder zumindest ihren Geruch.<figure><img src="https://media.graphcms.com/bT0rFyPvRRuTmFb22NrR"><figcaption><label>Abb. 1: </label>„Unser neu entwickeltes Stinksockenextrakt-Spray ist viel wirksamer als Waterboarding!“ <named-content>Illustration: Roland Wengenmayr, Frankfurt</named-content></figcaption></figure>
Michael Groß<a href="https://www.michaelgross.co.uk" target="_blank">www.michaelgross.co.uk</a>1) Robert B. Reed et al., Environmental Science &amp; Technology 2016, doi: 10.1021/acs.est.5b060432) Chamila J. Denawaka, Ian A. Fowlis, John R. Dean, Journal of Chromatography A 2016, doi: 10.1016/j.chroma.2016.02.0373) M. Groß, Nachr. Chem. 2016, 64, 487

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Vor fünfzig Jahren: 1. und 7. April 1967

Man spürt die Absicht, auch wenn was nicht stimmt

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