Blickpunkt

Nachrichten aus der Chemie: Was haben Sie gedacht, als Sie zum ersten Mal von der europäischen Reach-Verordnung zur Chemikaliensicherheit hörten?
Hans Bender: Dass es sich dabei um einen enormen Aufwand handelt, der letzten Endes auf den Schultern der Industrie lastet.
Nachrichten: Was tut nun der europäische Chemieverband Cefic, um der Industrie, besonders kleinen und mittleren Unternehmen, den KMU, beim Umgang mit Reach zu helfen?
Bender: Cefic macht zum Beispiel Vorschläge, wie die Dossiers für Reach zu verfassen sind, oder beantwortet die Frage, wie Zwischenprodukte zu definieren sind. Müssen KMU dafür Dossiers anlegen oder greift die Intermediates-Regelung für nichtisolierte Zwischenprodukte? Da gibt es demnächst viel zu tun, wenn es an die Registrierung der kleineren Volumina von Jahresproduktionsmengen unter 100 Tonnen geht, denn in dieser Größenordnung beginnen die meisten KMU ja jetzt erst mit der Registrierung.


<h2>Hazards und Risks</h2>
Nachrichten: Sie haben sich in das Unvermeidliche gefügt …
Bender: … und nun müssen wir sicherstellen, dass wir Reach handhabbar machen, vor allem auch für die KMU. Deshalb empfiehlt Cefic, wie sich eine Firma verhalten soll, und gibt Richtlinien heraus, zum Beispiel zur Umweltverträglichkeit der Stoffe, zur Nachhaltigkeit oder beim Ersatz von Chemikalien, der Substitution schädlicher durch weniger schädliche Stoffe.
Nachrichten: Die Internetadresse <a href="https://subsport.eu" target="_blank">subsport.eu</a> will bei der Substitution helfen.
Bender: Ja, aber ich glaube, sie stellt alles ein bisschen zu einfach dar. Die Initiatoren scheinen zu glauben, dass sich eine gefährliche Chemikalie durch eine weniger gefährliche ersetzen lässt und fertig. Chemiker wissen: So einfach geht das nicht. Da gibt es viele Dinge zu berücksichtigen. Der Industrie geht es nicht um die Gefährlichkeit einer Substanz allein, sondern um das Risiko, das von ihr im konkreten Fall ausgeht. Auch gefährliche Substanzen können sicher eingesetzt werden.
Nachrichten: Was kann man tun, um die Öffentlichkeit besser zu informieren und einzubinden?
Bender: Der Konsument will in erster Linie wissen, wie er das Produkt sicher handhabt und dann vielleicht noch, wie er es nachhaltig verwendet. Denken wir zum Beispiel an Waschmittel. Der Konsument will wissen, ob er damit bei niedrigen Temperaturen waschen kann, um Energie zu sparen, und wie er Wasser sparen kann.
Nachrichten: Er will also nichts über die Inhaltsstoffe wissen?
Bender: In Einzelfällen schon, bei Kosmetika beispielsweise, wenn ein Konsument allergisch auf eine bestimmte Substanz reagiert. Dann möchte er auf der Deklarierung lesen, ob sie im Produkt enthalten ist.
Nachrichten: Auch Chemiker als Konsumenten wollen manchmal etwas mehr wissen …
Bender: Da ist es dann gut, Internetseiten zu haben, die tiefer gehen. Einige Hersteller und Industrieverbände gehen auf ihren Seiten ins Detail, damit sich die chemische Struktur verstehen lässt, das Umwelt- und Sicherheitsverhalten. Ich glaube, das ist der Weg, den man gehen sollte: Informationen dort präsentieren, wo der Verbraucher wirklich interessiert ist.
Nachrichten: Demnächst sollen sowohl Handspülmittel als auch Abflussreiniger, das Symbol “Ätzend” tragen. Ist das sinnvoll?
Bender: Die Behörden sehen inzwischen ein, dass das ein unerwünschter Extremfall ist. Wir als Industrieverband halten die Markierung am Spülmittel für unnötig und irreführend, und sie ist möglicherweise dadurch gefährlich. Denn der Konsument kann dann gefährliche von weniger gefährlichen Produkten nicht mehr unterscheiden.
Nachrichten: Viele Regulierungen stufen nach gefährlichen Inhaltsstoffen ein, nach Hazards.
Bender: Das ist verständlich. Es lässt sich einfach umsetzen. In die Risikobewertung dagegen muss man viel mehr Arbeit reinstecken. Aber für die Industrie ist die Risikobewertung die einzige Möglichkeit, auch wirkliche Innovationen zu erreichen.
Nachrichten: : Unterstützt Reach also Innovationen?
Bender: Innovation wird in unserer Industrie mehrfach betrieben: erstens durch das, was der Konsument hauptsächlich will, also ein Shampoo, das die Haare besser wäscht, ein Waschmittel, das die Wäsche sauberer macht und so weiter.
Nachrichten: Und zweitens?
Bender: Der zweite Aspekt ist zunehmend die Nachhaltigkeit. Die Industrie spart Verpackungen und arbeitet energiesparend in der Produktion. Auch beim Verwenden des Produkts rät sie, umweltschonend zu sein, bei Waschmitteln zum Beispiel, bei niedrigen Temperaturen zu waschen. So wird Innovation vorangetrieben.
Nachrichten: Der Sicherheitsaspekt führt nicht zur Innovation?
Bender: Ich glaube, der Sicherheitsaspekt ist eigentlich einer, den man mit dem Konsumenten nicht diskutiert. Der Konsument erwartet ein sicheres Produkt, und der Hersteller muss dieses sichere Produkt liefern. In dem Moment, in dem es auch nur andeutungsweise nicht sicher sein könnte, wird der Hersteller die entsprechenden Maßnahmen treffen, zum Beispiel die Produktzusammensetzung ändern. 
Hans Bender ist Vorstandsmitglied des europäischen Chemieindustrieverbands Cefic.


<h2>BASF investiert</h2>
BASF Venture Capital fördert mit 7,5 Mio. US-Dollar das US-Technikunternehmen Nano H2O. Die Investition ist Teil einer Finanzierungsrunde über 40 Mio. US-Dollar. Nano H2O entwickelt, produziert und vertreibt Membranen, die mit Umkehrosmose Meerwasser entsalzen.


<h2>Wasser effizienter nutzen</h2>
Das EU-Projekt E4Water soll zu einem effizienteren und nachhaltigeren Wasserverbrauch in der europäischen Chemieindustrie führen. Sechs Fallstudien untersuchen, wie die Industrie 20 bis 40 % Wasser sparen, 30 bis 70 % weniger Abwasser erzeugen, 15 bis 40 % weniger Energie verbrauchen kann. Gleichzeitig soll die Wirtschaftlichkeit um bis zu 60 % steigen. Projektteilnehmer sind Chemiekonzerne, Wasserversorger, Forschungs- und Technikentwicklungszentren sowie Universitäten.


<h2>Lanxess setzt auf Polyamid</h2>
Lanxess baut in Antwerpen ein Werk für Polyamid-Kunststoffe mit einer Jahreskapazität von 90 000 Tonnen. Die Anlage soll im ersten Quartal 2014 in Betrieb gehen. Dem Konzern zufolge nimmt die globale Nachfrage nach derartigen Kunststoffen bis zum Jahr 2020 jährlich um 5 bis 6 % zu. Vor allem die Automobilindustrie treibt das Wachstum der Kunststoffe voran.

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“Viel Arbeit steckt in der Risikobewertung”

Nachrichten aus der Chemie: Was haben Sie gedacht, als Sie zum ersten Mal von der europäischen Reach-Verordnung zur Chemikaliensicherheit hörten? Hans Bender: Dass es sich dabei um einen enormen Aufwand handelt, der letzten Endes auf den Schultern der Industrie lastet. Nachrichten: Was tut nun de...

Die Gesamtzahl der angekündigten Übernahmen in der Chemie steigt seit Jahresbeginn ebenso wie die Zahl der Transaktionen mit veröffentlichten Werten des Kaufpreises (Abbildung 1). Obwohl die Werte der ersten Quartale 2012 hinter Quartalsrekordwerten wie im vierten Quartal 2010 zurückbleiben, scheint die chemische Industrie wieder verstärkt übernehmen zu wollen.
Viele Marktteilnehmer halten den 8. Dezember 2011 für einen Wendepunkt. An diesem Tag setzte die Europäische Zentralbank ein Zeichen gegen die Kreditklemme als Symptom der Finanzkrise und offerierte den Geschäftsbanken Anleihen mit günstigen Kreditkonditionen und dreijähriger Laufzeit. Die Banken hatten bis Ende Dezember 2011 ein Volumen von mehr als 500 Mrd. Euro abgerufen.
Insbesondere eine Megatransaktion hat in den vergangenen beiden Quartalen für Aufsehen gesorgt: Solutia aus St. Louis, MO/USA, wurde vom US-Chemiekonzern Eastman Chemical für 4,7 Mrd. US-Dollar gekauft. Das einst aus einer Abspaltung vom Fotokonzern Eastman Kodak hervorgegangene Unternehmen will damit vor allem seine Geschäfte in Asien stärken. Mit der Übernahme von Solutia hat Eastman Chemicals die Rückflüsse aus dem Verkauf der Polyethylenterephthalat(PET)-Geschäftsaktivitäten in die Erweiterung vor allem seiner Spezialchemiegeschäfte investiert.
Die Transaktionswerte aller Übernahmen, summiert in den jeweiligen Quartalen, zeigen ebenfalls eine Erholung, wenn auch nicht so signifikant wie bei der Anzahl (Abbildung 2). Dies dürfte vor allem am Finanzierungsumfeld liegen, das zurzeit höhervolumige Übernahmen und Fusionen erschwert.
Bei der regionalen Verteilung der Transaktionen lässt sich feststellen, dass asiatische, insbesondere chinesische Unternehmen vermehrt Spezialchemiegeschäfte aus dem Westen kaufen. Während sich Käufer aus den entwickelten Volkswirtschaften bei der Analyse eines Zielunternehmens vornehmlich an dessen finanzieller Performance ausrichten, vergewissern sich chinesische Kaufinteressenten zunächst, dass das Intellectual Property des Zielunternehmens, also Patente, Marken und Knowhow, tatsächlich einzigartig ist. Dabei geht es den Asiaten meistens nicht in erster Linie um die Eroberung neuer Märkte, sondern darum, die Belieferung der schnell wachsenden Heimatmärkte sicherzustellen.
Gleichzeitig gibt es weiterhin Kaufinteressenten aus den reiferen westlichen Ländern für Unternehmen in Ländern in (Süd-)Ostasien, Südamerika oder dem Nahen Osten. Motivation ist dabei meist die Partizipation am dortigen überdurchschnittlichen Wachstum sowie der Zugang zu Rohstoffquellen.


<h2>Blick ins zweite Halbjahr</h2>
Unter der Voraussetzung, dass die Eurokrise kontrollierbar bleibt, dürfte sich die Transaktionsaktivität weiter dynamisch entwickeln. Dafür spricht das fundamentale Umfeld: Die chemische Industrie kennzeichnet im Vergleich mit anderen Industrien nach wie vor ein insgesamt hoher Fragmentierungsgrad. Weiterhin sind zahlreiche Chemieunternehmen noch immer in den Händen von Finanzinvestoren, die üblicherweise ein Unternehmen nur für einen begrenzten Zeitraum (etwa drei bis sieben Jahre) halten und dann wieder verkaufen wollen oder müssen. Schließlich bringen stark wachsende Großunternehmen aus den Wachstumsregionen wie den Bric-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China) genügend Kapital mit, um sich Zugang zu Kunden und Technologie in den reiferen Ländern zu erwerben. Jedenfalls deuten angekündigte Verkäufe an, dass — mindestens bezogen auf den durchschnittlichen Transaktionswert — das Jahr 2012 Potenzial hat, sich zu einem Rekordjahr zu entwickeln.
Beispiele an größeren Chemieunternehmen, die sich nach Marktberichten im Verkaufsprozess befinden, sind der Titandioxid-Pigmentspezialist Sachtleben Chemie — er gehört der amerikanischen Rockwood-Gruppe —, die Performance-Coatings-Einheit von Dupont, der Teerchemikalien-Hersteller Ruetgers — gehört dem Finanzinvestor Triton — und Borregaard vom norwegischen Industriekonzern Orkla, der sich auf Produkte auf Basis einer Bioraffinerie mit Holz als Rohstoff spezialisiert.
Bernd Schneider ist promovierter Chemiker und Kaufmann und verantwortet den Bereich Chemie bei der Investmentbank Lincoln International in Frankfurt. Das Unternehmen ist fokussiert auf die Beratung des Verkäufers bei grenzüberschreitenden Transaktionen. <a href="mailto:b.schneider@lincolninternational.de">b.schneider@lincolninternational.de</a>


<h2>Messer übertrifft Milliarde</h2>
Das Industriegaseunternehmen Messer erhöhte im vergangenen Jahr den Umsatz um 13 % auf knapp 1 Mrd. Euro und übertraf damit erstmals die Milliardenmarke. Der Ebitda lag bei 241 Mio. Euro. Als Wachstumstreiber erwiesen sich insbesondere Asien und Peru. “Aber auch der Wiedereintritt in den deutschen Gasemarkt war ein wichtiger und richtiger Schritt”, sagte Stefan Messer, Eigentümer und Vorsitzender der Geschäftsleitung der Messer Gruppe.


<h2>Air Liquide und BMS</h2>
Die französische Air Liquide investiert 100 Mio. Euro in eine Anlage für Wasserstoff und Kohlenmonoxid auf dem Gelände von Bayer Materialscience (BMS) im Chempark Dormagen. Die Gase gehen an BMS, die sie zur Herstellung von Polyurethanen benötigt, aus denen Polster, Reifen und Klebstoffe entstehen.

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