Beruf + Karriere

Stephan Turnovszky – Vom Personalgespräch ins Priesterseminar Stephan Turnovszky wurde 1964 in Luzern geboren, ist in Wien aufgewachsen, hat nach der Matura an der TU Wien Technische Chemie studiert und war nach seinem Studienabschluss über zwei Jahre in Forschung und Entwicklung von Rath Faserformteile, Krummnußbaum, tätig. 1992 trat er ins Wiener Priesterseminar ein. Heute ist Turnovszky Weihbischof in der Erzdiözese Wien und Jugendbischof der Österreichischen Bischofskonferenz.<div><img src="https://media.graphcms.com/8LmvWvHXRAqE30Ac5QlH">

</div>Nachrichten aus der Chemie: Herr Bischof, warum haben Sie Chemie studiert?Stephan Turnovszky: Ich hatte eine charismatische Chemielehrerin, einen Chemiebaukasten und Freude an der Sache. Diese Begabung wollte ich entfalten.Nachrichten: Was hat Sie im Chemiestudium besonders gefesselt?Turnovszky: Die innere Schönheit der chemischen Reaktionen, die Logik der Prozesse und die Eleganz, mit der die Natur aufgebaut ist.Nachrichten: Was hat Ihnen weniger behagt?Turnovszky: Die Giftigkeit von Stoffen, mit denen wir täglich umgingen, und der Gestank, der sich in der Kleidung festsetzte. Viel wichtiger jedoch: Wesentliche Elemente fehlten mir in der Ausbildung, vor allem die Auseinandersetzung mit wissenschaftstheoretischen und ethischen Fragen – heute die heißen Eisen an der Grenze von Natur- und Geisteswissenschaft, Technik und Politik.Nachrichten: Kümmert man sich um diesen Bereich denn jetzt besser?Turnovszky: Leider nicht, ganz im Gegenteil. Wenn die Naturwissenschaften sich selbst mehr über ihre eigenen Voraussetzungen Rechenschaft ablegten und die Geisteswissenschaften sich mehr mit den Naturwissenschaften auseinander setzten, wäre viel gewonnen. Die Tendenz geht aber heute sogar noch stärker in Richtung von Spezialisierung auf Kosten von fachübergreifendem Denken. Das sehe ich nach der intensiven Beschäftigung mit Geisteswissenschaften jetzt schärfer als damals. Dass man heute ein technisches Studium absolvieren kann, ohne sich mit ethischen Fragen auseinandersetzen zu müssen, halte ich für skandalös.Nachrichten: Apropos Detailwissen: Können Sie noch den Titel Ihrer Doktorarbeit aus dem Kopf zitieren?Turnovszky: „Elektronische Eigenschaften von Galliummolybdänsulfiden“. Es ging um Berechnungen von Elektrodichteverteilungen.Nachrichten: Eine Arbeit aus der theoretischen Chemie – wie helfen Ihnen solche Kenntnisse heute?Turnovszky: Das naturwissenschaftliche Denken hilft mir zum Beispiel beim Diskurs über Wunder: Wie kann man das leere Grab Jesu erklären oder seine jungfräuliche Empfängnis durch Maria? Handelt Gott gegen Naturgesetze? Ohne Gott vorgreifen zu wollen, meine ich, dass er nicht gegen Naturgesetze handelt, sondern sie virtuos beherrscht. Für uns Unverständliches muss nicht prinzipiell unmöglich sein. Es ist denkbar, dass sich die genannten Wunder nur dem heutigen Stand naturwissenschaftlicher Erkenntnis entziehen, so ähnlich wie die Einsteinsche Physik lange Zeit der Newtonschen Physik verborgen geblieben war.Nachrichten: Wie gestaltete sich Ihr Übergang von der F&amp;E-Abteilung der Firma Rath Faserformteile ins Priesterseminar?Turnovszky: Nach einem längeren Entscheidungsprozess, bei dem mich zwei erfahrene Priester begleiteten, gab es am Ende einen deutlichen Schnitt: Ich führte mit meinem Chef ein Gespräch über meine beruflichen Weiterentwicklungsmöglichkeiten und sagte ihm: „Unter all den Möglichkeiten wähle ich noch eine andere.“Nachrichten: Was bindet Sie heute noch an die Chemie?Turnovszky: Zunächst die Natur, denn als Mensch stecke ich ja selbst voller biochemischer Prozesse. Nach wie vor interessiere ich mich für Neues aus meinem früheren Arbeitsgebiet der thermischen Isolierstoffe und natürlich für alles aus dem Grenzgebiet zwischen Natur- und Geisteswissenschaft. Hinzu kommen persönliche Kontakte. Erst vor zwei Monaten habe ich einen meiner früheren Arbeitskollegen besucht. Freilich verbindet uns heute nicht mehr die gemeinsame Tätigkeit, sondern eine daraus gewachsene Freundschaft.

Artikel

„Unter all den Möglichkeiten wähle ich noch eine andere“

Stephan Turnovszky – Vom Personalgespräch ins Priesterseminar Stephan Turnovszky wurde 1964 in Luzern geboren, ist in Wien aufgewachsen, hat nach der Matura an der TU Wien Technische Chemie studiert und war nach seinem Studienabschluss über zwei Jahre in Forschung und Entwicklung von Rath Faserfo...

Artikel

„Unter all den Möglichkeiten wähle ich noch eine andere“

Überprüfung Ihres Anmeldestatus ...