Blickpunkt

Die Transaktionsaktivität stieg im dritten Quartal etwa so schnell wie in den Vorquartalen. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet dies jedoch etwa 30 % mehr Transaktionen. Wesentlicher Hintergrund dieser Entwicklung ist eine sich deutlich verbessernde wirtschaftliche Lage; außerdem stiegen die Profitabilitätsmargen innerhalb der chemischen Industrie. Der zunehmende Cash-Bestand veranlasst zahlreiche Unternehmen der chemischen Industrie, das jeweilige Kerngeschäft durch Ergänzungsakquisitionen zu stärken.


<h2>Große Transaktionen</h2>
Vor allem das Übernahmeangebot des australisch-britischen Rohstoffkonzerns BHP Billiton für den kanadischen Düngemittelhersteller Potash Corporation of Saskatchewan beherrschte das Transaktionsvolumen im dritten Quartal. Das Volumen dieser Transaktion beläuft sich auf etwa 40 Mrd. US-Dollar. Berücksichtigt man diese angekündigte Transaktion nicht, so beträgt das Transaktionsvolumen im dritten Quartal lediglich 11,3 Mrd. US-Dollar. Dies ist ein ähnlicher Wert wie in den ersten beiden Quartalen des Jahres.
Der Markt tendiert wieder zu größeren Volumina. Dies zeigt das durchschnittliche Transaktionsvolumen von 90 Mio. US-Dollar (ohne das Angebot von BHP Billiton) im Vergleich zu 82 Mio. US-Dollar im Jahr 2009. Mit dem allgemeinen Anstieg der Transaktionsaktivität in der chemischen Industrie wird sich dieser Trend wohl weiter fortsetzen.


<h2>Finanzinvestoren als Käufer und Verkäufer</h2>
Wie die Beobachtung der Vorquartale erwarten ließ, dominieren die strategisch orientierten Investoren weiterhin den Markt. Obwohl sich Finanzinvestoren zunehmend erholen, wird es vermutlich noch einige Zeit dauern, bis die Verfügbarkeit von Fremdkapital das Vorkrisenniveau erreicht hat (Abbildung).
Mit einer weiteren Verbesserung der wirtschaftlichen Lage ist allerdings ein Auftreten von Finanzinvestoren auf der Verkäuferseite zu erwarten. Denn während der Wirtschaftskrise war ein Verkauf von Beteiligungen häufig nicht zu ausreichend attraktiven Bedingungen möglich. Dies scheint sich aber nun zu ändern.
Für strategische Investoren ist es daher wichtig, sich einen Überblick über das (Chemie-)Portfolio der Finanzinvestoren zu verschaffen, da ein Großteil dieser Beteiligungen Akquisitionskandidaten in absehbarer Zukunft sein werden.


<h2>Düngemittel-Transaktionen</h2>
Das Übernahmeangebot von BHP Billiton für die Potash Corporation rückt die Herstellung von Mineraldüngern in den Fokus. Möglicherweise wird es um den Düngemittelhersteller eine Bieterschlacht geben: Chinesische Kaufinteressenten wie Sinochem wurden zeitweise als weitere Bieter gehandelt.
Dabei fällt dieses Subsegment bereits seit einiger Zeit durch eine relativ hohe Transaktionsaktivität und einen steigenden Konsolidierungsgrad auf.
Einige Unternehmen haben die entsprechenden Unternehmenssparten bereits veräußert: So richtet sich der holländische Konzern DSM zunehmend auf Life Science und industrielle Biotechnik aus. Dabei verkaufte er die Agrosparte an die ägyptische Orascom Construction Industries. Dagegen bauen die auf Düngemittel fokussierten Unternehmen wie die norwegische Yara ihre globalen Aktivitäten weiter aus. Dabei profitiert die Branche insgesamt von den globalen Megatrends wie dem Weltbevölkerungswachstum, der Veränderung der Lebens- (und insbesondere) Essgewohnheiten sowie der Klimaänderung.
Diese die Branche positiv beeinflussenden langfristigen Aussichten spiegeln sich in den Transaktionsmultiplikatoren für den Kaufpreis der Unternehmen. Im Durchschnitt der letzten Jahre (seit Januar 2007) wurde für ein Düngemittel-Unternehmen etwa das 10,3-fache des jeweiligen Unternehmensgewinns vor Zinsen, Abschreibungen und Steuern (Ebitda) gezahlt. Offenbar nimmt der Transaktionsmarkt das langfristige Wachstum in diesem Chemiesegment vorweg.
Bernd W. Schneider, promovierter Polymerchemiker und Kaufmann, koordiniert das Chemicals Center of Competence beim Transaktionsberatungshaus Pricewaterhouse Coopers. <a href="mailto:bernd.w.schneider@de.pwc.com">bernd.w.schneider@de.pwc.com</a> Matthias Kuschel, organischer Chemiker, ist Mitarbeiter im Chemicals Center of <a href="mailto:Competence.matthias.kuschel@de.pwc.com">Competence.matthias.kuschel@de.pwc.com</a> 


— — — Thomas Seuß beantwortet Fragen zum Patentrecht


<h2>Ansprüche verjährt?</h2>
Thomas Seuß Patentanwalt
Frage 46:
Ich war vor Jahren bei einem deutschen Unternehmen angestellt, bei dem ich mehrere Erfindungen gemacht habe, die zum Patent angemeldet wurden. Dann habe ich gekündigt, um eine Stelle im Ausland anzunehmen. Nun bin ich nach Deutschland zurückgekehrt. Ich vermute, dass meine damaligen Erfindungen inzwischen vermarktet werden. Könnten meine Vergütungsansprüche verjährt sein?
Antwort:
In der Tat können Ansprüche auf Erfindervergütung verjähren. Das Arbeitnehmererfindungsgesetz enthält hierzu keine speziellen Regelungen, es gelten daher die allgemeinen Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Die allgemeine Verjährungsfrist beträgt drei Jahre ab dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist (§195 in Verbindung mit §199 Abs. 1 BGB). Fraglich ist in Ihrem Fall daher zunächst, wann der Anspruch entstanden ist. Hier wird man normalerweise den Beginn der Verwertung ansetzen. Es wäre daher zunächst zu ermitteln, ab wann die Erfindung tatsächlich verwertet wurde und ob das Patent zu diesem Zeitpunkt noch in Kraft war. Die dreijährige Verjährungsfrist beginnt allerdings nur dann zu laufen, wenn Sie Kenntnis von den Anspruch begründenden Umständen hatten, es sei denn, dass Ihre Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruhte. Dem Wortlaut Ihrer Frage entnehme ich, dass Sie keine Kenntnis von der tatsächlichen Verwertung haben, so dass die dreijährige Verjährungsfrist möglicherweise noch gar nicht begonnen hat. Da der Gesetzgeber hohe Anforderungen an Unkenntnis aufgrund grober Fahrlässigkeit geknüpft hat, halte ich es für fraglich, ob ein Gericht Ansatzpunkte für eine grobe Fahrlässigkeit fände.
Es gibt allerdings darüber hinaus eine absolute Verjährungsfrist von zehn Jahren (§199 Abs. 3 BGB). Diese Frist ist unabhängig von der Kenntnis und beginnt am Tag, an dem der Anspruch entstanden ist, also nicht erst am Ende des Kalenderjahres, wie bei der dreijährigen Verjährungsfrist.
Die Verjährungsfristen ändern sich übrigens nicht dadurch, dass die Rechte von einem Unternehmen auf ein anderes übergehen: Zwischenzeitlich möglicherweise eingetretene Geschäftsübernahmen (Käufe, Verkäufe oder Fusionen) ändern an den Verjährungsfristen nichts (§198 BGB).
Im Fall von fortlaufender Verwertung wird die Vergütungsberechnung und -zahlung üblicherweise für die jeweiligen Kalenderjahre vorgenommen. Dieser Umstand ist meines Erachtens bei der Verjährung zu beachten. Für eine in Anspruch genommene und verwertete Erfindung verjährt am Jahresende 2010 ein im Jahr 2007 entstandener Vergütungsanspruch, von dem der Erfinder seit 2007 Kenntnis hatte. Die Vergütungsansprüche für 2008 verjähren somit erst am Ende 2011.
In jedem Fall wäre es sinnvoll, Ihren ehemaligen Arbeitgeber anzusprechen und um Auskunft hinsichtlich der Verwertung Ihrer Erfindungen zu bitten. Da das Jahresende schon wieder naht, sollten Sie dies so schnell wie möglich tun.

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Ein Geschäftsmodell beschreibt im Wesentlichen, womit und worüber ein Unternehmen Geld verdienen soll.1 So beantwortet es Fragen wie ”Wofür und auf welcher Basis zahlen Kunden für Leistungen?“ ”Wie positionieren wir uns in der Wertschöpfungskette?“. Diese Fragen sind auch von Unternehmen der chemischen Industrie sorgfältig zu prüfen, um möglichst nachhaltige Wettbewerbsvorteile herauszuarbeiten.


<h2>Die drei Säulen</h2>
Das Praxisbeispiel ”Erstlackierung von Automobilen“ soll die wichtigsten Punkte zum Geschäftsmodell erläutern (Abbildung).
<list list-type="order">
<list-item>
</list-item></list>1. Ertragsmodell: Automobilhersteller können bei der Erstlackierung von Automobilen mindestens zwei Modelle nutzen: Entweder bezahlt das Unternehmen den Lacklieferanten auf Basis der gelieferten Lackmenge (Preis pro Kilogramm) oder es zahlt für jedes korrekt lackierte Fahrzeugteil. Zunächst ist also das Ertragsmodell zu definieren.

<list-item>
2. Value Proposition: Mit der Definition des Nutzenversprechens des Lieferanten steht nicht nur die Produktqualität, sondern auch das auf den Lackierungsprozess bezogene Know-how im Zentrum. Denn die Umsetzung eines effizienten Prozesses und eines möglichst geringen Lackverbrauchs liegen jetzt im Interesse sowohl des Lacklieferanten als auch des Automobilherstellers. Diese veränderte Positionierung ist Gegenstand des zweiten Grundpfeilers eines Geschäftsmodells.
</list-item>
<list-item>
3. Wertschöpfungskette: Die Honorierung für korrekt lackierte Fahrzeugteile ist nur dann eine sinnvolle Option, wenn der Lieferant das Ergebnis des Lackierungsprozesses verantworten kann: Der Lieferant muss den Prozess also steuern. Er muss in die Wertschöpfung der Kunden tief integriert sein. Damit wäre der dritte Pfeiler des Geschäftsmodells geklärt.
</list-item>



<h2>Mit Service oder preisgünstig?</h2>
Eine wesentliche, aber weniger drastische Veränderung des Geschäftsmodells als es die tiefe Integration in die Wertschöpfungskette des Kunden fordert, besteht beispielsweise darin, für Dienstleistungen einen Preis festzulegen. Bisher nicht in Rechnung gestellte Services soll dann der Kunden bezahlen. Die chemische Industrie geht hierbei immer häufiger modular vor:
Für ein und dasselbe Produkt gibt es Kunden, welche die dazu angebotenen Services wertschätzen und dafür zu zahlen bereit sind. Es gibt andere, die das Produkt ohne Service bevorzugen. Diese Kunden sind eher den Price-Buyer-Segmenten zuzuordnen. Sie fordern ein schlankes Angebot zu einem günstigen Preis.
Ein vielzitiertes und erfolgreiches Beispiel hierfür ist das Angebot verschiedener Geschäftsmodelle für Silikone durch Dow Corning:2 Die Kunden hatten mit der Einführung des Online-Vertriebskanals Xiameter bei einem Teil des Portfolios die Wahl zwischen dem Produkt aus der traditionellen Dow-Corning-Quelle und der Online-Bestellung des Produkts über Xiameter: 20 % billiger, ohne technischen Service und mit gestrafften, wenig komplexen Lieferservices. Grundlage hierfür war eine Segmentierung der Kunden nach ihren Bedürfnissen und ihrer Zahlungsbereitschaft. Das Anfang des neuen Jahrtausends eingeführte und inzwischen in manchen Punkten modifizierte Modell erweist sich als äußerst erfolgreich.
BASF baut ebenso auf differenzierte Geschäftsmodelle und unterscheidet insgesamt sieben Customer Interaction Models (CIM): Die Geschäftsbereiche vermarkten ihre Produkte als Trader/transactional supplier, als Lean &amp; reliable supplier, als Standard package provider, als Product/process innovator, als Customized solutions provider oder als Value chain integrator.3 Dabei können in einem Produktbereich durchaus verschiedene CIMs angewendet werden, zum Beispiel bei entsprechender Trennung der Vertriebskanäle. Die Wahl des CIMs hat Konsequenzen für den Marketingmix und die eigene Organisation. Andere global agierende Chemiekonzerne arbeiten derzeit an ähnlichen Modellen.
Die Beispiele zeigen, dass eine Anpassung oder grundlegende Neudefinition des Geschäftsmodells zunächst gründliche Analysen erfordert, in deren Zentrum die Anforderungen und die Zahlungsbereitschaft der Kunden stehen.
Die Entwicklung und Umsetzung eines neuen oder angepassten Geschäftsmodells berühren die Kernpunkte der Strategie. Die Umstellung auf ein neues Geschäftsmodell erfordert nicht selten massive Veränderungen innerhalb der Organisation. Umgestaltungen der Aufbau- und Ablauforganisation werden erforderlich, da die internen Fähigkeiten und Voraussetzungen an die neue Positionierung und das neue Wertversprechen angepasst werden müssen. In jedem Fall sind die Geschäftsprozesse zu prüfen und zu korrigieren ebenso wie die Rollen und Verantwortlichkeiten, die technischen Ressourcen etc.
Da die Veränderungen teils drastisch sein können, ist in aller Regel mit erheblichen Widerständen in der Organisation zu rechnen: Ein umfassender Veränderungsprozess ist unverzichtbar. Besonders wichtig ist es, das Veränderungsmanagement als ein fest in die fachlichen Gestaltungsmaßnahmen integriertes, geschäftsnahes Projekt umzusetzen. Eine externe Moderation und Begleitung solcher Prozesse trägt zum Erfolg bei.
Ralf Schmidt, promovierter Betriebswirt, ist Geschäftsführer des Beratungsunternehmens Team Steffenhagen, das seit mehr als zehn Jahren Chemieunternehmen bei Strategie, Pricing und Organisationsentwicklung unterstützt. <a href="mailto:schmidt@steffenhagen.com">schmidt@steffenhagen.com</a>


<h2>— — — Kurz notiert</h2>


<h2>Zukunftswünsche der Deutschen</h2>
Fast ein Fünftel der Deutschen wünschen sich mehr soziale Gerechtigkeit. Das ergab eine Umfrage der Initiative Chemie im Dialog (CID) zu den Zukunftswünschen der Deutschen. 14 % der Befragten nannten Freunde und Familie als Hauptanliegen, 10 % der Wünsche betreffen das Berufsleben. Bildung und Umweltschutz spielen insbesondere für junge Menschen eine große Rolle. 1800 Bundesbürger nahmen an der Umfrage teil, die Michael Wagner von der Universität Köln betreute. Die Ergebnisse bilden die Grundlage für eine Imagekampagne von CID: Das erste Anzeigenmotiv greift die zehn meistgenannten Zukunftswünsche auf und erklärt, wie die Chemie zu deren Erfüllung beiträgt.
 <ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.ihre-chemie.de" target="_blank">www.ihre-chemie.de</a></ext-link>
Kathrin Wildemann


<h2>Benzin mit mehr Ethanol</h2>
 Herkömmlicher Kraftstoff enthält künftig bis zu 10 % aus Pflanzen gewonnenes Ethanol. Der Bundestag billigte im Oktober die Umsetzung der EU-Richtlinie für den Klimaschutz. Für alte Autos, deren Motoren den hohen Ethanolanteil nicht vertragen, gilt eine Sonderregelung, die bis zum Jahr 2013 auch Kraftstoffe mit einem Anteil von unter 5 % gestattet.


<h2>Dystar übergibt Reaktivfarbstoffe</h2>
Dystar Colours Deutschland übergibt das im Bayer Industriepark Brunsbüttel eingebundene Werk für Reaktivfarbstoffe an CBW Chemie Bitterfeld-Wolfen und die Weylchem-Gruppe. Die Herstellung von Reaktivfarbstoffen verlagert Dystar Anfang des Jahres 2012 weitgehend an asiatische Standorte. CBW plant, in Brunsbüttel ihre Auftragssynthese von Papier-, Textil-, und Lederfarbstoffen auszuweiten, während Weylchem mit Dystars Phosgenierungsanlagen das Portfolio erweitert.
Claudia Schierloh



<ul>
<li>
1 


P. Stähler: 
<source>Geschäftsmodelle in der digitalen Ökonomie: Merkmale, Strategien und Auswirkungen, <publisher-name>Josef Eul Verlag</publisher-name>, <publisher-loc>Lohmar</publisher-loc>, 2001.

</li>
<li>
2 


S. Lin,
E. Senger: 
<source>Fallstudie Xiameter — E-Commerce-Lösung für den Bestell- und Informationsprozess des Geschäftskunden, <publisher-name>Center for Digital Strategies at Tuck School of Business</publisher-name>, at <publisher-loc>Dartmouth</publisher-loc>, und <publisher-name>Institut für Wirtschafsinformatik, Universität St. Gallen</publisher-name>, <publisher-loc>Hanover, NH und St. Gallen</publisher-loc>, 2004.

</li>
<li>
3 

R. Mackenthun: Vortrag Strukturen und Märkte in der Spezialchemie aus Sicht der BASF Euroforum Jahrestagung Spezialchemie 2006.
</li>
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