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Nachrichten aus der Chemie: Herr Brandkamp, der High-Tech Gründerfonds, HTGF, stellt Risikokapital für Gründer zur Verfügung. Woher kommt das Geld?
Michael Brandkamp: Hauptinvestor des HTGF ist der Staat mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie. Von den 301,5 Millonen Euro pro Jahr kommen 220 Millionen Euro direkt vom Steuerzahler. Außerdem gibt es die KfW und Investoren aus der Industrie.
Nachrichten: Sie haben mit BASF, Evonik, Altana und Lanxess Partner aus der Chemie. Aber die Summen, die diese Unternehmen in den HTGF geben, sind gering im Verhältnis zu deren Umsatz und Forschungsbudget. Lanxess beispielsweise engagiert sich mit einem niedrigen einstelligen Millionenbetrag.
Brandkamp: Eine solche Argumentation finde ich ungerecht. Wenn jemand etwas gibt, wäre Freude darüber angebracht. Die privaten Investoren liefern dem Fonds ja einen unglaublichen Mehrwert.
Nachrichten: Der da wäre?
Brandkamp: Da ist das Renommee, da ist die Tatsache, dass wir mit den privatwirtschaftlichen Unternehmen näher am Markt agieren können, und da ist die Erfahrung, die sie haben. Besonders wichtig sind die Kooperationsmöglichkeiten für Start-ups mit der Industrie.
Nachrichten: Warum machen die Konzerne mit?
Brandkamp: Die Industrie will Innovationen sehen, mit den Start-ups zusammenarbeiten.
Nachrichten: Die Großunternehmen verlagern die Forschung in Kleinunternehmen?
Brandkamp: In Forschung und Entwicklung großer Unternehmen kann etwas entstehen, das mit laufenden Verfahren konkurriert. Aber im Konzern kann ein Abteilungsleiter nicht einfach die Technologien wechseln, die Neuentwicklung wird dann eben eingestampft. Start-ups sind flexibler, schneller und natürlich auch risikobereiter.
Nachrichten: Aber den Start-ups fehlt die Marktmacht.
Brandkamp: Deshalb ist es gut, wenn sie mit den Großen zusammenarbeiten.
Nachrichten: Kaufen die ein Start-up anschließend auf?
Brandkamp: Das ist bei uns noch nicht vorgekommen, aber die Vorstellung ist nicht abwegig.
Nachrichten: Was passiert sonst mit den Start-ups?
Brandkamp: Wir haben 309 Unternehmensbeteiligungen seit Start des Fonds im September 2009 abgeschlossen; 25 davon haben wir verkauft. Etwa 40 Unternehmen haben Insolvenz angemeldet, einige andere haben sich einfach so aufgelöst oder sind für einen kleinen Betrag verkauft worden. Unter den 25 erfolgreich verkauften gab es gute betriebswirtschaftliche Ergebnisse auch für uns. Bei einem unserer Unternehmen liegt der Multiple zurzeit etwa bei 6. Wenn es aber alle Meilensteine erreicht, dann kann er bis auf 15 steigen.
Nachrichten: Bis zum 15fachen der investierten Summe können Sie also in dem Fall wieder heraus bekommen. Wie hoch sind Ihre Renditeerwartungen üblicherweise?
Brandkamp: Wir halten uns da etwas bedeckt. Unsere Investoren, also die öffentliche Hand und die Industrie, haben nicht so hohe Renditeerwartungen. Sie sind zufrieden, wenn sie ihr Geld zurück bekommen.
Nachrichten: Warum sind die Zinsen mit zehn Prozent auf HTGF-Geld so hoch?
Brandkamp: So ein Darlehen erscheint zunächst teuer, aber es ist auch risikotragendes Kapital, das nicht besichert werden muss. Das ist ja der Hauptgrund, weshalb es den HTGF gibt: Die privaten Banken können oder dürfen gar nicht finanzieren, weil es zu risikoreich wäre. Bei uns müssen die Gründer auch nur dann zahlen, wenn sie es können. Wir sind ja selber Gesellschafter in den Unternehmen, und wenn es schlecht läuft, darf ein Unternehmen keinesfalls an Gesellschafter Zahlungen leisten. Das ist gängiges Recht in Deutschland.
Nachrichten: Es ist also nicht Ihr Geschäftsmodell, Zinsen zu erhalten oder die Darlehen zurückzubekommen?
Brandkamp: Nein, unser Geschäftsmodell besteht darin, dass wir Unternehmensanteile erwerben und zu einer hohen Bewertung wieder veräußern. Typischerweise wandeln wir unser Darlehen mit Zinsen ins Eigenkapital, wenn weitere Finanzierungsrunden stattfinden. Anderenfalls bekommen wir das Darlehen nach sieben Jahren mit Zinsen zurück.
Nachrichten: 20 Prozent des Darlehens müssen die Gründer aufbringen. Dient das Ihrer finanziellen Sicherheit?
Brandkamp: Nein, überhaupt nicht. Der Anteil soll uns nur zeigen, dass die Gründer zu ihrem Unternehmen stehen. Wir wollen nicht nur Experimente finanzieren. Die Gründer sollen mit ins Risiko gehen. Diese 20 Prozent sind ja auch zu relativieren. Wenn weitere investieren, Business Angels etwa, dann müssen die Gründer bei 500 000 Euro Investment von unsere Seite nur noch 50 000 Euro beitragen und in den neuen Bundesländern sowie Berlin ohnehin nur die Hälfte.
Nachrichten: Und wenn jemand gar kein Geld hat?
Brandkamp: Wenn die Gründer meinetwegen zu dritt starten, können sie 50 000 Euro durch drei teilen. Die meisten Banken geben ihnen, wenn sie jung und fit sind, diese 17 000 Euro. Wenn das Unternehmen irgendwann teuer verkauft wird, werden die Gründer Millionäre. Wir haben schon sieben echte Millionäre produziert.


<h2>Gefunden und gefördert</h2>
Nachrichten: Wie finden Sie ein Unternehmen, das sich zu fördern lohnt?
Brandkamp: Wir sind mit Universitäten und Forschungseinrichtungen eng verzahnt. Wir haben Kontakt zu den Technologietransferagenturen und zu unternehmerisch orientierten Professoren. Und wir haben etwa 80 Coaches. Sie unterstützen die Gründer bei der Erstellung des Businessplans und dem Aufbau ihres Unternehmens. Viele Coaches treffen die Gründer in einer sehr frühen Phase und geben Ihnen Referenz, die bei HTGF hilfreich ist.
Nachrichten: Kommen die meisten Start-ups so zu Ihnen?
Brandkamp: Inzwischen kommen die meisten einfach so, ohne Referenz.
Nachrichten: Beeinflusst das die Zusagequoten?
Brandkamp: Ja, die sind in letzter Zeit stark gesunken. Wir hatten im letzten Jahr 1100 Anfragen und uns nur an 43 davon beteiligt. Aber wenn jemand mit einer Empfehlung und einem fundierten Businessplan kommt, dann beträgt die Wahrscheinlichkeit einer Zusage 30 Prozent.


<h2>Mehr Chemie, weniger IT</h2>
Nachrichten: Mit den maximal 500 000 Euro vom HTGF lässt sich ein Chemieunternehmen kaum gründen. Eine Produktionsanlage baut damit jedenfalls niemand.
Brandkamp: Richtig. Die Aufgabe des HTGF ist es auch nicht, ein Unternehmen durchzufinanzieren, sondern wir bieten eine Brückenfinanzierung.
Nachrichten: Was bedeutet das?
Brandkamp: Wir führen Unternehmen über das schwierige Tal der Seed-Phase. In dieser ersten Phase sind Prozesse und Struktur des Unternehmens zu organisieren. In der Regel muss das Unternehmen noch viel forschen und entwickeln.
Nachrichten: Anschließend ist es reif für weitere Investoren?
Brandkamp: Ja, unsere Unternehmen haben schon mehr als 500 Millionen Euro für solche Anschlussfinanzierungen eingeworben. Aber die meisten haben einen gar nicht so hohen Kapitalbedarf. Sie bieten eine Dienstleistung an, entwickeln beispielsweise eine bestimmte Art von Enzymen.
Nachrichten: Beraten sie auch die Unternehmen, wie sie zusätzliche Gelder erhalten?
Brandkamp: Ja, im Allgemeinen sind die meisten Gründer beim Einwerben von Zuschüssen gar nicht schlecht. Sie kennen das aus den Hochschulen, und die meisten sind darin besser als wir. Wir bemühen uns dann eher, die Unternehmen in Richtung Markt auszurichten und reif zu machen für Eigenkapitalfinanzierer.
 Nachrichten: Wie viele Unternehmen aus der Chemie fördern Sie?
Brandkamp: Viel zu wenige. Zurzeit machen sie drei Prozent der Finanzierungszusagen aus
Nachrichten: Was ist Ihr Ziel?
Brandkamp: Zehn Prozent wollen wir erreichen. Die meisten Gründungen sind IT-Gründungen. Aber darunter sind solche, die eng mit der Chemie verzahnt sind wie Simulations- und Optimierungssoftwarehersteller.
Nachrichten: Um mehr Chemiegründer zu bekommen, müssen Sie den Unternehmergeist unter Chemikern fördern. Wie erreichen Sie das?
Brandkamp: Das ist ein langwieriger Prozess. Wir brauchen gute Beispiele, die Chemikern zeigen, dass Gründungen eine Alternative sind zur klassischen Karriere in der Industrie.
Nachrichten: Das ist eine große Aufgabe.
Brandkamp: Ja, und wir sind in unseren Ressourcen begrenzt. Aber es gibt gute Initiativen, die genau dort ansetzen, mit Gründerhochschulen, Förderprogrammen und Forschungstransfer. Die Programme wenden sich an Unternehmer in der Vorgründungsphase, und sie sorgen dafür, dass das Klima in den Hochschulen sich unternehmerfreundlicher entwickelt. Außerdem gibt es inzwischen Gründerparks, die auf Chemie ausgerichtet sind. Sie stellen Infrastruktur zur Verfügung, so dass die Anfangsinvestitionen gar nicht mehr so hoch sein müssen.


<h2>Erfolg und Misserfolg</h2>
Nachrichten: Was macht ein junges Unternehmen erfolgreich?
Brandkamp: Wir glauben, dass der Erfolg auf drei Säulen ruht. Die erste Säule ist die Gründungsidee, das Geschäftsmodell. Die zweite Säule ist das Managementteam.
Nachrichten: Alleine gründen funktioniert nicht?
Brandkamp: Meistens sind die Anforderungen zu hoch. Ein Gründer braucht Partner. Wir helfen auch bei der Suche.
Nachrichten: Die dritte Säule …
Brandkamp: … ist das Unternehmenskonzept, der Weg, den das Team gehen möchte, um die Gründungsidee umzusetzen. Teil dieses Konzepts ist die Finanzierung.
Nachrichten: Das Konzept muss gut durchdacht sein …
Brandkamp: … und dafür gibt es hervorragende Hilfen wie Gründungsberater und Businessplanwettbewerbe. Dort lernen die künftigen Unternehmer andere Gründer kennen. Dort bekommen sie Coaches an die Seite, zum Teil auch solche aus dem HTGF-Netzwerk. Dort finden sie Partner, die mit ihnen die Idee umsetzen. Dann kommt ein Gutachter. Wenn der bestätigt, dass es funktioniert, ist das für uns ein wichtiges Signal. Dann dürfen wir investieren.
Nachrichten: Woran scheitern Unternehmen?
Brandkamp: Die Ursache liegt in den Menschen. Das Team startet mit hohen Erwartungen, aber typischerweise verzögert sich der Erfolg. Und dann knirscht es im Team.
Nachrichten: Und wenn das Geld ausgeht?
Brandkamp: Ein Konflikt auf der Finanzierungsebene sieht eher so aus: Die Gesellschafter, die investiert haben, werden ungeduldig und setzen das Management unter Druck.
Nachrichten: Was die Stimmung im Team nicht verbessert.
Brandkamp: Genau, und dann leidet die Stimmung im Gesellschafterkreis und irgendwann kracht es.


<h2>Keine Waffen, keine Ego-Shooter</h2>
Nachrichten: Wenn Ihre Arbeit erfolgreich ist, Sie also den Seed-Markt beleben, wird der HTGF irgendwann überflüssig?
Brandkamp: Das wäre wünschenswert. Ich bin nur nicht davon überzeugt, dass es funktioniert, weil der Markt hier grundsätzlich versagt. In allen Ländern — in den USA seit 1954 — unterstützt der Staat den Seed-Markt. Und der ist immer noch nicht richtig angeschoben. Nur ganz wenige Ideen aus der Wissenschaft werden in Start-ups umgesetzt. Das liegt am ungünstigen Verhältnis von den Transaktionskosten zur Transaktionsgröße.
Nachrichten: Was heißt das?
Brandkamp: Der Gründer weiß viel mehr als der Investor, aber der muss prüfen. Es reicht nicht, Geld zu geben; weitere Hilfen sind notwendig, ein Netzwerk, Coaches.
Nachrichten: Gibt es eine thematische Kontrolle durch den Staat?
Brandkamp: Wir schauen vorwiegend betriebswirtschaftlich auf die Themen. Aber es gibt Ausschlusskriterien. Zum Beispiel Computerspiele: Egoshooter fördern wir nicht. Dass wir keine Waffen finanzieren, versteht sich von selbst.
Nachrichten: Rechnen sie mit einer dritten Auflage des HTGF?
Brandkamp: Wir haben ja gerade die zweite Runde abgeschlossen, aber wenn der Markt den Fonds weiter braucht, dann würde ich eine dritte Auflage begrüßen.
Nachrichten: Rechnen sie damit?
Brandkamp: Ja.
Nachrichten: Unabhängig vom Ausgang der Bundestagswahl?
Brandkamp: Ja, denn parteiübergreifend besteht Konsens, dass wir Innovationen in Deutschland unterstützen müssen.
Mit Michael Brandkamp sprachen die Nachrichten-Redakteurinnen Frauke Zbikowski und Maren Bulmahn.


<h2>Der High-Tech Gründerfonds</h2>
Der High-Tech Gründerfonds (HTGF) investiert in Start-ups und unterstützt Gründer bei der Weichenstellung ihres Unternehmensaufbaus.
Der HTGF entstand auf Initiative des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie im Jahr 2005. Erste Unterstützer waren die Förderbank KfW sowie die Industrieunternehmen BASF, Deutsche Telekom, Siemens, Daimler, Robert Bosch und Carl Zeiss. Etwa 250 Unternehmen erhielten innerhalb von sechs Jahren Mittel aus dem Fonds. Seit November 2011 gibt es den Gründerfonds II mit einem jährlichen Volumen von 301,5 Mio. Euro und zusätzlichen Investoren: Altana, B. Braun, Cewe Color, Deutsche Post DHL, Evonik, Lanxess, media + more venture, Metro, Qiagen, RWE Innogy, SAP und Tengelmann.
Im Regelfall erhält ein Gründungsunternehmen 500 000 Euro, maximal 2 Mio. Euro sind möglich.


<h2>Führungskräfteumfragen: Lanxess steigt auf, Merck ab</h2>
Die Führungskräfte von Lanxess bewerten ihren Arbeitgeber im Durchschnitt mit der Schulnote 2,6. Damit hat Lanxess in der Befindlichkeitsumfrage des Verbandes der Angestellten und Akademiker der chemischen Industrie, VAA, zum ersten Mal den ersten Platz erreicht und den Letztjahresersten BASF überholt. Deutlich schlechtere Noten erhielt Merck: Das Darmstädter Unternehmen sank auf Platz 20. Der VAA befragte die Führungskräfte von 22 Chemieunternehmen. Sie sollten Unternehmensstrategie und Unternehmenskultur ihres Arbeitgebers benoten sowie die Arbeitsbedingungen, ihre persönliche Befindlichkeit und ihre Motivation am Arbeitsplatz. Besonders gute Noten erhielten die Unternehmen für ihr Ansehen in der Öffentlichkeit. Eher schlechte Noten gab es wie in den Vorjahren für die Personalentwicklung. Zum ersten Mal fragte der VAA nach der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Die Flexibilität bei der Arbeitszeit und die Möglichkeiten für den Wiedereinstieg nach einer Familienpause bewerteten die Führungskräfte zwar mit 2,9, für Karrierechancen für Mitarbeiter, die dem Unternehmen zeitlich nicht unbeschränkt zu Verfügung stehen, vergaben die Führungskräfte aber eine 4,0.


<h2>Wettbewerb Social Media in der chemischen Industrie</h2>
Ideen, Social Media in der Chemieindustrie effizient zu nutzen, sucht die GDCh-Vereinigung für Chemie und Wirtschaft (VCW). Bis zum 30. September können Teilnehmer ihre Einfälle hochladen. Die Ideen können jede Stelle der Prozesskette betreffen — vom Einkauf über Forschung, Entwicklung und Produktion bis zum Personalmanagement. Web 2.0 zu nutzen, ist erwünscht. Die Gewinner präsentieren ihre Einfälle am 7. November.
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“Start‐ups sind flexibler, schneller und risikobereiter”

Nachrichten aus der Chemie: Herr Brandkamp, der High-Tech Gründerfonds, HTGF, stellt Risikokapital für Gründer zur Verfügung. Woher kommt das Geld? Michael Brandkamp: Hauptinvestor des HTGF ist der Staat mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie. Von den 301,5 Millonen Euro pro Jah...

An der Universität Gießen organisieren Masterstudenten im Bioanorganik-Modul ein Symposium für Oberstufenschüler mit Experimentalvorträgen. Christian Würtele, der dieses Modul entwickelt hat, erhielt dafür den Hessischen Hochschulpreis für Exzellenz in der Lehre. Inzwischen hat sich die neuartige Lehrform in Gießen etabliert und findet jährlich im Sommersemester statt.


Als Christian Würtele an der Universität Gießen zum ersten Mal als Dozent das Modul Bioanorganik im Masterstudium organisierte, stellte er fest, dass es nicht funktionierte. Denn nicht nur zu diesem Modul, sondern auch zu allen anderen, die auf den Studienplan standen, gehörte ein Seminar, für das die Studierenden einen Vortrag ausarbeiten mussten. Sie haben in ihrem zweiten Semester bis zu vier Referate pro Woche gehalten und nur noch Vorträge ihrer Kommilitonen gehört. Das war langweilig. Zudem hatte Würtele das Gefühl, nicht genügend gute Seminarthemen im Repertoire zu haben. “Ich habe gemerkt, dass das nicht so weitergehen kann,” sagt er und beschloss, den Ablauf verändern.
Praktikum und Vorlesung gibt es in Bioanorganik weiterhin, das Seminar so nicht mehr. Christian Würteles erste Idee war, die Studenten Poster statt Vorträge ausarbeiten zu lassen. “Das müssen sie für die Promotion sowieso lernen”, meinte er. Aber Poster brauchen Publikum. Als ideales Publikum identifizierte er Oberstufenschüler: “Die freuen sich, wenn sie einen Tag an die Uni gehen können.” Aber Poster in einem Hörsaalfoyer locken keine Schulklasse an. Und so kam er darauf, das Ganze mit Experimentalvorträgen zu unterfüttern und die Studenten die Veranstaltung organisieren zu lassen. Ein befreundeter Chemielehrer beriet Würtele und sagte im Vorfeld zu, mit seiner Schulklasse zu kommen.
Im Sommersemester 2010 gab es in Gießen das erste Bioanorganik-Symposium mit 180 Schülern aus Chemie- und Biologie-Leistungskursen. Die Studenten legten nicht nur die Vortragsthemen fest, entwarfen begleitende Poster, konzipierten Experimente und führten sie vor. Sie bestimmten auch den Termin, buchten den Hörsaal, suchten Sponsoren und verschickten Einladungen an die Schulen. Schließlich buken die Studenten Kuchen und organisierten Getränke für die Pausen, denn das Symposium lief einen ganzen Vormittag. “Und da die Veranstaltung funktionierte, wurde sie hier etabliert,” berichtet Würtele.


<h2>Vom Lernen zum Lehren</h2>
Für die Studenten ist es anspruchsvoll, ihre Vorträge dem Wissenstand von Schülern anzupassen. Sabine Löw, Doktorandin von Siegfried Schindler, der in Gießen Bioanorganik lehrt, betreut in diesem Jahr die Lehrveranstaltung. Häufig musste sie lenkend eingreifen. Nach Probevorträgen sagte sie oft: “Das war sehr gut für ein Fachpublikum. Aber Ihr müsst bedenken, dass Eure Zuhörer andere Voraussetzungen mitbringen.” Komplexe Themen vereinfachen, sei eines der Lernziele des Moduls, erläutert sie: “Von Wissenschaftlern wird immer mehr gefordert, dass sie einem Laienpublikum erklären können, was sie eigentlich machen.” Und dennoch dürfen die Studierenden die Schüler nicht unterschätzen — sie stellen auch mal Fragen, bei denen die Studenten ins Schwimmen geraten. “Solche Situationen üben wir in der Generalprobe,” sagt Christian Würtele, “da übernehmen die Kommilitonen die Rolle der Schüler.” Entsprechend tief haben sich die Studierenden in Themen wie Photosynthese, Biomineralisation oder Atmung eingearbeitet. “Auf einigen Gebieten,” versichert Würtele, “gibt es jetzt richtige Experten.”


<h2>Organisieren und improvisieren</h2>
In diesem Jahr hat eine Generalprobe für die Bionanorganik-Experimentalvorträge nicht ausgereicht. “Wir haben das komplette Symposium zwei Mal geprobt, sagt Sabine Löw, “und spezielle Teile ein drittes Mal.” Das waren Vorträge, die hakten, oder solche mit Experimenten, für die erst kurzfristig Chemikalien verfügbar waren. Das Experiment mit dem Ochsenblut konnten die Studenten gar nicht proben. “Wir haben erst heute frisches Blut vom Schlachthof bekommen”, berichtet Löw. Und auch, ob es unter den Schülern Freiwillige gibt, die beispielsweise für einen Versuch ins Becherglas spucken, können die Studenten nicht absehen.
Vor ihrem Vortrag müssen sie sich mit der Hörsaaltechnik vertraut machen sowie Experiment und Kameraführung abstimmen — das Geschehen auf der Laborbank vorne im Hörsaal wird auf eine Leinwand übertragen, damit auch die Zuhörer in den hinteren Reihen die Effekte erkennen können. Die Vortragenden lernen, Missgeschicke im Experiment zu überspielen und finden heraus, wie sie einen Versuch präsentieren können, der zwar zwei Minuten dauert, für den sie aber nur eine Minute Zeit haben.
Jedes Jahr absolvieren 20 bis 30 Chemiestudenten das Bioanorganikmodul, das im Masterstudium in Gießen Pflicht ist. Ob das Symposium gut funktioniert, hängt stark von der Gruppe der Studierenden ab. Dieses Jahr waren viele selbstbewusste Persönlichkeiten in der Gruppe, erinnert sich Sabine Löw und ergänzt: “Wenn jeder dabei den Ton angeben, das Gleiche vortragen oder die Experimente machen will, kommt es zu Reibereien.” Aber da es viele Aufgaben gibt, die nur in der Gruppe zu bewältigen sind, müssen sich die Studenten zusammenraufen und sich irgendwie einigen.


<h2>Arbeit für Studenten und Dozenten</h2>
Die intensive Vorbereitung, die Probevorträge und Generalproben machen die letzten drei Wochen vor dem Symposium für Studenten wie Dozenten arbeitsreich. “Ich habe kaum noch etwas anderes gemacht,” räumt Löw ein. Eine der schwierigsten Aufgaben für die Dozenten ist, drauf zu achten, dass sich keine fachlichen Fehler in die Vorträge einschleichen. In der Regel haben die Studenten noch nicht den kompletten Vorlesungsstoff gehört, wenn das Symposium stattfindet. “Wir müssen die Präsentationen prüfen und die Poster korrigieren”, berichtet Würtele. Meistens fallen gerade den Lehrern noch Fehler auf.
“Für die Studenten ist es ähnlich wie vor einer Klausur”, sagt Würtele. Die Studenten machen sich dabei viel Arbeit: Sie treffen sich oft noch Abends in den Gruppen, hören den Probevorträgen der anderen zu und helfen sich gegenseitig.
Siegfried Schindler gibt zu: “Wenn Sie die Studierenden eine Woche vor dem Symposium nach dem Aufwand fragen, schimpfen sie furchtbar darüber.” Aber alle diejenigen, die es hinter sich haben, wollen es nicht missen. “Es ist eine Abwechslung vom Unialltag”, sagen sie. Sie schätzen es, in der Vorbereitungszeit selbstständig und selbstbestimmt zu arbeiten, dass ihnen Verantwortung übertragen wurde. Zudem empfanden sie die positive Resonanz des Publikums als Belohnung für ihre Mühe. Es waren die Studierenden, die Christian Würtele für den Hessischen Hochschulpreis für Exzellenz in der Lehre vorschlugen, den er vor zwei Jahren erhielt.
Im letzten Wintersemester war Würtele Gastprofessor an der Universität Wien und hat auch dort seine Studenten ein Symposium für Schüler zusammenstellen lassen. Es meldeten sich so viele Schulklassen an, dass Würtele einen zweiten Termin anbot.


<h2>Und die Schüler?</h2>
“Die Schüler lernen hier Zusammenhänge zwischen den Naturwissenschaften kennen,” betont Christian Würtele. Sie erfahren, dass Chemie nicht in Organik und Anorganik eingeteilt werden muss, dass Biologie und Chemie nicht scharf getrennt sind. Und sie sehen, so sagt Würtele, “Anknüpfungspunkte in die Lebenswirklichkeit, denn Zahnpasta, Knochen, Muschelschalen haben einen bioanorganischen Hintergrund.” 
Frauke Zbikowski ist Redakteurin der Nachrichten aus der Chemie.


<h2>Hochschulen und Forschungsinstitute</h2>
Stellenangebote von Hochschulen und anderen Einrichtungen des öffentlichen Dienstes für Doktoranden-, Postdoktoranden- und Professorenstellen werden für eine Pauschale von 150,— Euro plus MwSt. auf diesen Seiten veröffentlicht. Stellenanbieter senden ihre Angebote bitte an karriere @<a href="https://gdch.de" target="_blank">gdch.de</a> Die Stellenanzeige sollte im Fließtext formuliert sein und max. 1100 Zeichen umfassen, bei mehreren Angeboten in einer Anzeige 1500 Zeichen. Im Internet-Stellenmarkt (<ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.gdch.de/stellen" target="_blank">www.gdch.de/stellen</a></ext-link>) werden Stellenausschreibungen von Hochschulen und anderen Einrichtungen des öffentlichen Dienstes für Doktoranden-, Postdoktoranden- und Professorenstellen kostenlos aufgenommen, wenn sie per E-Mail eingehen. Details unter <ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.gdch.de/kundeninfo" target="_blank">www.gdch.de/kundeninfo</a></ext-link> und Tel. 069 7917— 665 oder — 668.
Redaktionsschluss für die Veröffentlichung in den Nachrichten ist für Heft 10 der 11. September.
The Institute of Organic Chemistry II and Advanced Materials at Ulm University invites applications for Ph.D. and Postdoc Positions:
We are looking for committed and highly qualified candidates with extensive experience in preparative organic/macromolecular chemistry. PhD applicants should hold a Diploma or Master of Science in Chemistry preferentially in the field of synthetic organic or macromolecular chemistry. The candidates will research within the scope of a BMBF-funded project in the field of advanced lithium-ion batteries. The project focuses on the synthesis of organic/polymeric systems to be used as electrode materials, binders, and current collector for lithium-ion batteries. The positions are scheduled for three years and payment will be according to the German TVöD (TV-E13). The University intends to increase the number of women amongst its academic personnel and expressly encourages qualified women to apply.
The deadline for the submission of the application is September 30, 2013 and should be sent electronically to Prof. Dr. Peter Bäuerle, Institute of Organic Chemistry II and Advanced Materials, University of Ulm, Albert-Einstein-Allee 11, 89081 Ulm; <a href="mailto:peter.baeuerle@uni-ulm.de">peter.baeuerle@uni-ulm.de</a>; <ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.uni-ulm.de/nawi/nawi-oc2.html" target="_blank">www.uni-ulm.de/nawi/nawi-oc2.html</a></ext-link>
Full Professor in Inorganic Materials Chemistry, University of Bern, Science Faculty. The Department of Chemistry and Biochemistry of the University of Bern:
Switzerland, seeks excellent candidates with an outstanding publication record and an international recognized research program in lnorganic and/or Materials. ln view of upcoming national research programs focusing on renewable energy sources, preferences will be given to candidates performing synthesis of materials for energy conversion, including catalysis, nanoparticles and functional coordination compounds. The candidates should demonstrate an exceptional potential to develop innovative research programs and be willing to cooperate within and outside the University of Bern. The candidate is expected to contribute to the undergraduate and graduate teaching curriculum in lnorganic Chemistry and General Chemistry for students of chemistry, biochemistry and other disciplines within the faculty of natural sciences. The University of Bern is an equal opportunity employer and strives to increase the number of women in the faculty. Qualified female researchers are especially encouraged to apply. The position is to be filled by 1 February 2015 the deadline for applications is 30 September 2013. lnterested candidates should submit their curriculum vitae, a synopsis of their past, current and proposed research, a list of publications, indicating the five most relevant papers, an outline of their teaching experiences, and the filled-in questionnaire (to download at: <ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.dcb.unibe.ch/content/departement/offene_stellen/index_eng.html" target="_blank">www.dcb.unibe.ch/content/departement/offene_stellen/index_eng.html</a></ext-link> as a single PDF file or as a hard copy to The Dean's Office, Faculty of Science, University of Bern. <a href="mailto:info@natdek.unibe.ch">info@natdek.unibe.ch</a>. Informal inquiries can be addressed to: Prof. Thomas Wandlowski, phone +41 (0)31 631 5384, <a href="mailto:thomas.wandlowski@dcb.unibe.ch">thomas.wandlowski@dcb.unibe.ch</a>



<ul>
<li>
1 

J. Blank, 
T. Waiz, 
C. Würtele, 
<source>Zeitschrift für Hochschulentwicklung, 
2012, 
7, 
51.

</li>
</ul>

“Start‐ups sind flexibler, schneller und risikobereiter”

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