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Ende Oktober 2022 fand an der RWTH Aachen das Regionaltreffen der Stipendiaten des Fonds der Chemischen Industrie (FCI) im Rheinland statt. Organisiert hatten die Veranstaltung René M. Koenigs, Professor für organische Chemie an der RWTH Aachen, und sein Arbeitskreis. Während des eintägigen Programms stellten zwölf Nachwuchswissenschaftler, die der FCI mit einem Liebig- oder Kekulé-Stipendium fördert, ihre Forschungsarbeiten vor.Nachdem René Koenigs die Teilnehmer begrüßt hatte, eröffnete Christopher Teskey (RWTH Aachen) die Vortragsreihe mit einer Präsentation über die selektive photokatalytische Aktivität von Cobalt-Hydridkomplexen. Wie er zeigte, lassen sich mit diesen Komplexen die Produktverteilungen vieler Reaktionen mit Licht steuern, etwa die Regioselektivität der Hydroborierung α,β-ungesättigter Ketone. Anschließend berichtete Renè Hommelsheim (RWTH Aachen) über Fortschritte in der Synthese von Sulfoximinen, einer Klasse bioaktiver Verbindungen. Dabei ging er besonders auf die Darstellung sulfoximidoylhaltiger Heterocyclen und 2-Azidoderivaten ein. Stefan Flesch (Universität Bonn) präsentierte seine Forschung zur elektronischen Struktur von Nitrido(porphinato)eisen(V)-Komplexen, welche er mit Ultrakurzzeitspektroskopie untersucht. Ihr zufolge liegt in dieser Verbindung der Pophyrinligand in radikalischer statt in geschlossenschaliger Form vor. Julius Kleine Büning (Universität Bonn) erläuterte, wie er mit maschinellem Lernen und Referenzdaten auf Coupled-Cluster-Niveau die Vorhersage von NMR-chemischen Verschiebungen effizienter DFT-Methoden verbessert. Dadurch reduzierte er die mittlere absolute Abweichung verschiedener Methoden um den Faktor 3 bis 4.Nach der Mittagspause setzte Jacob Schneidewind (RWTH Aachen) das Programm fort; er stellte seine Arbeit zur photolytischen Wasserspaltung vor. Hierzu zeigte er den katalytischen Zyklus eines dinuklearen Rutheniumkatalysators, der nur zwei statt der bisher üblichen vier Photonen benötigt, um ein Wassermolekül zu spalten. Anschließend präsentierte Marcel Müller (Universität Bonn) die Vorhersage von IR- und Raman-Spektren, wozu er die Kraftfeldmethode GFN-FF und das semiempirische PTB nutzt. PTB liefert Spektren mit einer Qualität ähnlich der von DFT-Methoden bei bis zu 1000-fach geringerer Rechenzeit. Claire Empel (RWTH Aachen) trug vor über die photolytische ortho-Alkylierung von 2-Phenylpyridinen mit einem Rhodiumkomplex sowie deren Mechanismus. Ihren Ergebnissen zufolge ist der intermediäre Ligandenaustausch lichtgetrieben, während die vorangehende Cyclometallierung davon unabhängig ist. Es folgte ein Vortrag von Matthias Jantz (Universität Düsseldorf) über die Optimierung von Oled-Emittern. Durch eine kovalent an die Emitter angebrachte Harnstoffeinheit könnte er intramolekulare Wasserstoffbrückenbindungen einbringen, welche die höheren Triplettzustände des Emitters auf ein Niveau heben, das den Übergang in den S1-Zustand erleichtert und so die Lichtausbeute erhöht.Die Nachmittagssession eröffnete Florian Mulks (RWTH Aachen) mit einer Präsentation zur Darstellung dikationischer Diiminiumnukleophile. Diese sind einfach zugänglich sowie hoch affin gegenüber Hydrid- und Fluoridionen und sind daher gleichzeitig weiche und harte Lewissupersäuren. Im Anschluss teilte Luca Svolacchia (Universität Bonn) seine Ergebnisse zur Entwicklung neuer, dem Ambroxol ähnlichen Antagonisten für P2X2-Rezeptoren, die entzündungshemmend wirken. Dabei lag sein Fokus besonders auf Derivaten, die zwei oder mehr Rezeptortypen blockieren. Christina Wartmann (Universität Köln) steigert die katalytische Aktivität von Titan-Salalen-Komplexen für enantioselektive Epoxidierung von Olefinen. Hierzu substituiert sie die Phenylgruppen des Liganden, um die katalytisch relevante Dimer-Spezies zu stabilisieren.Zum Abschluss stellte Florian Matz (KU Leuven) seine Arbeit zur theoretischen Beschreibung der Emission von Auger-Elektronen vor. Diese benötigt genaue Wellenfunktionsansätze und komplexe Basissätze, womit sich experimentelle Spektren in quantitativer Form reproduzieren lassen.Stefan Flesch, Marcel Müller,Julius Kleine BüningUniversität Bonn<img alt="image" src="https://media.graphassets.com/9agpKsJMT1KkS7sVA7Jm">Die Teilnehmer:innen des regionalen Fonds-Stipendiatentreffens. <source>Foto: privat

Tagungsbericht

Regionales Fonds‐Stipendiatentreffen in Aachen

Ende Oktober 2022 fand an der RWTH Aachen das Regionaltreffen der Stipendiaten des Fonds der Chemischen Industrie (FCI) im Rheinland statt. Organisiert hatten die Veranstaltung René M. Koenigs, Professor für organische Chemie an der RWTH Aachen, und sein Arbeitskreis. Während des eintägigen Progr...

Ein sehr ungewöhnliches Arbeitswochenende vom 30. September bis 2. Oktober über den Dächern von Freiburg zeigte eindrücklich, dass „Kreativität ein Leben lang“ in der Chemie möglich ist. Fünf Autobiografien von außerordentlich kreativen Chemikern sind seit September 2021 in der Reihe „Lives in Chemistry / Lebenswerke in der Chemie“ erschienen (herausgegeben von der GDCh-Fachgruppe Geschichte der Chemie). Es ist also ein guter Zeitpunkt für einen Gedankenaustausch zwischen den Mitgliedern des Beirats und Autoren sowie mit Lesern. Auf Einladung des Initiators und Förderers der Reihe, Karl Reuter von der Firma RCA Freiburg, lernten sich über 30 Chemiker im Alter von 17 bis 92 Jahren kennen und diskutierten über „den kreativen Prozess“.Alle Teilnehmer aus Industrie, Schule und Universität sowie dem Bereich Wissenschaftskommunikation erlebten das Treffen als sehr inspirierend; die Chemiker und Wissenschaftshistoriker kamen aus Deutschland, der Schweiz, Polen, Tschechien und den USA. Die Skepsis, mit der mancher angereist war, wich rasch einem Optimismus.Nicht alle eingeladenen Autoren und Autorinnen aus Europa, Nordamerika und Asien konnten anreisen. Doch auch sie lieferten wichtige, schriftliche Diskussionsanstöße. So fragt Ryoji Noyori (Nobelpreis 2001): „Am I understood by Western Youths?“ Ihn beschäftigt das Problem, wie er sein Chemikerleben der 1960er und 70er Jahre in Japan jungen Lesern „des Westens“ nahebringen kann. Günther Maier, Gießen, in dessen Arbeitskreis es 1978 gelang, das hochgespannte Molekül Tetrahedran zu synthetisieren, schreibt „Wenn man genügend Erfahrung hat, besitzt man eine Art Gespür dafür, was Moleküle und Atome in dem Wust von herumschwirrenden Elektronen miteinander treiben – wie das Gedankenexperiment einer experimentellen Überprüfung zugeführt werden kann“.Die lebhafte, vom Beiratsmitglied Katharina Fromm, Fribourg, moderierte Diskussion, brachte einiges ans Licht: Ein mitdiskutierender Schüler fasste für sich selbst zusammen: „Don‘t focus to win a prize. Your goal should be to interest yourself in science; your future could change a lot by chance; you should never give up, even when you loose your hope; trying to change a working procedure in the industry is one of the hardest things to do – but very important especially today; you shouldn‘t concentrate yourself on only one thing; support from your loved ones helps you to succeed; AI helps but creative chemistry is done by humans.” Kritische Literaturarbeit und der Austausch mit anderen sind Dauerbegleiter bei den immer neuen Zyklen von Hypothese, Experiment, Interpretation – Hypothese, Experiment …Es war sehr interessant zu hören, wie die Autoren, als Zeitzeugen von ihrem Prozess des Erinnerns und Reflektierens – Jahrzehnte nach den Experimenten und den Publikationen – erzählten. Mieczysław Makosza, Warschau, Pionier der Phasentransferkatalyse, sprach davon, wie er jetzt beim genauen Wiederlesen seiner alten Publikationen auf Fehler stößt, wie er jetzt neue Ideen hat, die er gerne auch im Lichte neuer Erkenntnisse und Techniken ausprobieren würde. Franz Effenberger, Stuttgart, sprach davon wie wichtig und anregend es ist, den Kontakt zu Chemikern in der Industrie zu kultivieren, dass er auch jetzt beim Schreiben Ideen hat, wie man Verfahren ressourcenschonender machen könnte und dass es für ihn äußerst befriedigend war, dazu beizutragen, die Friedel-Crafts-Reaktion ressourcenschonender zu gestalten (durch weniger AlCl3).Dies gab Impulse für die Weiterentwicklung der Reihe, beispielsweise dass die Autor:innen auch ihre Sicht auf zukünftige Herausforderungen in der Chemie schildern sollten. Der Austausch weckte bei manchen Autoren prompt Erinnerungen und katalysierte ihren Prozess des Schreibens; weitere Bücher sind nahe.<img alt="image" src="https://media.graphassets.com/t779DsuhS52ptuuG3YcS">Oben links: Gekommen, um kreativ zu sein – Karl Reuter, Franz Effenberger, Peter Menzel, Ralf Hahn, Peter Gölitz, Elke Kessler, Mathias Grote, Mieczyslaw Makosza; rechts: Karl Reuter, Initiator und Förderer. Mitte links: Carsten Reinhardt, Vorsitzender des Beirats; rechts: Franz Effenberger und Mieczyslaw Makosza tauschen ihre Erfahrungen des Schreibprozesses aus. Unten links: Katharina Fromm verbildlicht die Diskussion zum kreativen Prozess; rechts: Oskar Streif, stellt die Fragen der kommenden Generation: Was ist wichtig? Wie mache ich kreative Chemie? <source>Fotos: Eva E. Wille, Ralf HahnIn diesem Frühjahr erscheinen die Autobiografien von Franz Effenberger sowie die erweiterte englische Ausgabe von Gerhard Ertl. Chemiker und Chemikerinnen aus Deutschland, Japan, UK, USA und Indien haben sich für 2023 vorgenommen, Dokumente und Manuskripte zu liefern. Viel neue Arbeit für die ehrenamtlich wirkenden Beiräte Katharina Fromm, Peter Gölitz, Ralf Hahn, Henning Hopf, Martin Oestreich, Carsten Reinhardt und Eva E. Wille – aber beflügelnder Erfolg: die unkonventionelle Konzeption des Buchgestalters Andreas Töpfer animiert nicht nur Autoren und Leser aller Generationen, sie hat auch die Stiftung Buchkunst bewogen, kurz vor dem Treffen in Freiburg die Reihe Lives in Chemistry mit einer Goldmedaille auszuzeichnen.Carsten Reinhardt, Bielefeld, Vorsitzender der FG Geschichte der Chemie und des Beirats, meinte, dass er nach diesem Wochenende die Autobiografien nun als Historiker mit anderem Augen lesen und wahrnehmen werde. Beiratsmitglied Martin Oestreich, TU Berlin, fasste es in seiner Dankesmail zusammen: „Es war ein wunderbares Treffen“.Eva Wille

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Regionales Fonds‐Stipendiatentreffen in Aachen

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