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Opinion: The Future of Publishing

In thinking about how all the various options play into the future of scientific publications, a number of thought-provoking questions inevitably arise: Will there be a role for traditional publishing houses and associated journals publications in the future? How will quality be assured, and auth...

In der Corona-Pandemie wurde der Druck groß, neue wissenschaftliche Erkenntnisse so schnell wie möglich allen zugänglich zu machen – als Basis für weiterführende Arbeiten und auch für politische Entscheidungen. Forschungsergebnisse zu Sars-Cov-2 wurden daher besonders häufig vorab auf Preprintservern veröffentlicht. Diese Server verändern auch das Publikationsverhalten in der Chemie.
Der Begutachtungsprozess von Manuskripten kann sich bei biomedizinischen Zeitschriften über Monate hinziehen. Deshalb hatten zu Anfang der Covid-19-Pandemie im Frühjahr 2020 einige Herausgeber vorgeschlagen, dass Forschende ihre Erkenntnisse aufgrund der Dringlichkeit zuerst über Preprintserver verbreiten sollten,1) und sie teilweise sogar dazu verpflichtet.2) Diese für wissenschaftliche Journale ungewöhnliche Aufforderung ist auch die Folge eines vom Wellcome Trust im Januar 2020 veröffentlichten Handlungsaufrufs (Call for Action), Covid-19-bezogene Forschungsergebnisse schnell und frei zugänglich zu machen. Unterzeichnet haben viele Verlage und Gesellschaften, darunter die American Chemical Society (ACS), die Verlage Elsevier und Wiley, die europäische molekularbiologische Organisation EMBO und die National Institutes of Health in den USA (NIH).3) Bedingt durch Covid-19, ist der Begriff Preprint inzwischen sogar Nichtwissenschaftlern wie Politikern ein Begriff.Preprintserver sind Online-Plattformen, über die Manuskripte anderen Wissenschaftlern und der Öffentlichkeit schnell und frei zugänglich zur Verfügung gestellt werden. Eine wissenschaftliche Qualitätskontrolle hat dabei noch nicht stattgefunden. Diese erfolgt üblicherweise durch den Peer-Review-Prozess, und startet erst, wenn die Autoren ihre Arbeit bei einer wissenschaftlichen Zeitschrift eingereicht haben. In Preprints publizierte wissenschaftliche Erkenntnisse sind daher mit Vorsicht zu betrachten – darauf weisen immerhin manche Zeitungen, Podcasts und anderen Medien hin.<h2>Popularität der Preprintserver</h2>Preprints sind durch Covid-19 wichtiger und bekannter geworden.4) Hat dies dazu beigetragen, dass Forschende, insbesondere in der Chemie, vermehrt ihre Ergebnisse auf einem fachspezifischen Preprintserver publizieren und erst danach die Veröffentlichung in einer Zeitschrift anstreben? Ist Covid-19 also ein Treiber für Preprints in der Chemie?Die Zahl der auf Covid-19 bezogenen Manuskripte, die bis 17. Februar auf Preprintservern hochgeladen wurden (Abbildung 1), zeigt erwartungsgemäß, dass der Medizinserver medRxiv ganz vorne liegt, gefolgt vom Social Science Research Network (SSRN). Der Preprintserver für Chemie, ChemRxiv, enthält derzeit weniger als zwei Prozent der Coronavirus-bezogenen Preprints.5)<figure><img src="https://media.graphcms.com/M7Vz8lQTEScIYpPcqJeg"><figcaption><label>Abb. 1: </label>Zahl der Covid-19-Preprints, die bis 17. Februar 2021 auf ausgewählten Preprintservern veröffentlicht wurden.</figcaption></figure>
Falls Preprints durch Covid-19 populärer geworden sind, müsste auch eine steigende Anzahl von Manuskripten zu Themen feststellbar sein, die nichts mit Covid zu tun haben. Das soll im Folgenden für die drei fachspezifischen Preprintserver medRxiv, bioRxiv und ChemRxiv6) untersucht werden.<h2>Medizin und Lebenswissenschaften</h2>Den Preprintserver medRxiv gibt es seit Mitte 2019. Die Zahl der hochgeladenen Preprints sind ab Januar 2020 regelrecht explodiert (Abbildung 2), was ausschließlich auf die Pandemie zurückzuführen ist. Fast 69 Prozent aller medRxiv-Preprints des Jahres 2020 waren Covid-19 gewidmet. Die Zahl an Preprints zu anderen Themen nahm dagegen zwar stetig, aber nur leicht zu – von plötzlichem Wachstum keine Spur.<figure><img src="https://media.graphcms.com/UAJictCnTPyUb2kGMpP2"><figcaption><label>Abb. 2: </label>Zahl der auf Medizin-Preprintserver medRxiv hochgeladenen Manuskripte pro Monat. Gelb: Arbeiten zu Covid-19.</figcaption></figure>
Der Server bioRxiv für die Lebenswissenschaften ist seit Herbst 2013 in Betrieb und deshalb schon stärker im Forschungsalltag verankert. Die monatlichen Hochladezahlen sind wesentlich höher als bei medRxiv, und das Wachstum ist stärker. Auch haben Manuskripte zu Covid nur einen kleinen Anteil an allen Manuskripten – im Jahr 2020 nicht einmal 10 Prozent (Abbildung 3).<figure><img src="https://media.graphcms.com/jOEkvoOYSBW8yO45wfnC"><figcaption><label>Abb. 3: </label>Zahl der auf dem Life-Sciences-Preprint-Server bioRxiv hochgeladenen Manuskripte pro Monat. Gelb: Arbeiten zu Covid-19.</figcaption></figure>
<h2>In der Chemie</h2>Seit Sommer 2017 können Autoren Preprints auf ChemRxiv hochladen, der Chemieplattform, welche die American Chemical Society, die GDCh, die Royal Society of Chemistry, die Chinese Chemical Society und die Chemical Society of Japan gemeinsam betreiben.7)Die Zahl der hochgeladenen Artikel hat sich während der ersten zwölf Monate nach dem Launch leicht steigend um etwa 50 pro Monat eingependelt. Danach begann die Menge der Manuskripte zu steigen. Dies könnte mit zwei Entscheidungen zu tun haben: Im März 2018 gab die GDCh bekannt, dass nun auch solche Manuskripte zur Publikation in der Angewandten Chemie eingereicht werden dürfen, die zuvor als Preprint veröffentlicht worden waren. Im August 2018 zog das Journal of the American Chemical Society nach. Der Sinneswandel der beiden Flaggschiffe ist als Signal an die Forschungsgemeinschaft zu werten: Es ist nun akzeptiert, auch Arbeiten von höchster Qualität als Preprint zu publizieren. Damit war eine Grundlage für die allgemeine Akzeptanz von Preprints geschaffen, und ChemRxiv begann, Fahrt aufzunehmen.Anfang 2020 gab es einen ungewöhnlichen Sprung in den Zahlen (Abbildung 4, S. 27). Dieser lässt sich größtenteils auf eine Zunahme von Preprints zu Covid zurückführen. Der Trend für Nicht-Covid-Preprints zeigt weiterhin nach oben.<figure><img src="https://media.graphcms.com/rCcc2kW5RmSpJ7LEkDHR"><figcaption><label>Abb. 4: </label>Zahl der auf Chemie-Preprint-Server ChemRxiv hochgeladenen Manuskripte pro Monat. Gelb: Arbeiten zu Covid-19.</figcaption></figure>
<h2>Preprints als Informationsquelle</h2>Die Veröffentlichung von Preprints nimmt also zu, auch in der Chemie. Werden Preprints auch mehr gelesen? Das Lesen lässt sich nicht direkt messen, lediglich die Zahl der Downloads. Nimmt man an, dass Heruntergeladenes auch gelesen wird, zeigt sich Folgendes (Abbildung 5):<figure><img src="https://media.graphcms.com/M0Rirc0gQGq6fPto0E8w"><figcaption><label>Abb. 5: </label>Downloads von PDF-Dateien (Stand 23.2.2021) bei bioRxiv,6) medRxiv8) und ChemRxiv6) seit Januar 2019.</figcaption></figure>
Die PDF-Downloads von Preprints aus medRxiv haben zu Beginn der Pandemie einen riesigen Sprung nach oben gemacht und sich danach auf einem Niveau von etwa 1,5 bis 2 Millionen pro Monat eingependelt. Es ist gut möglich, dass diese Zahlen nach Ende der Pandemie zurückgehen werden. Es sind einige wenige Preprints, welche die Downloadzahlen stark beeinflussen. Allein die Top 10 auf medRxiv wurden insgesamt zwischen 200 000 und über 800 000 Mal heruntergeladen.Dies ist bei bioRxiv anders: Dort gab es zwar im Jahr 2019 bei den Downloadzahlen einen stetigen Anstieg und in der ersten Hälfte 2020 einen Ausreißer durch Covid. Danach scheinen die Zahlen aber auf den Prä-Covid-Verlauf mit leichtem Trend nach oben zurückzukehren. Das beliebteste Manuskript wurde über 1,5 Millionen Mal heruntergeladen – aber aufgrund großer Kritik haben die Autoren es mittlerweile zurückgezogen. Die übrigen Top 10 weisen über 100 000 bis knapp 300 000 Downloads auf.Ähnlich ist es bei ChemRxiv, hier gab es ebenfalls einen Anstieg im März 2020 und einen Peak im April, gefolgt von einem Rückgang. Danach stabilisieren sich die Zahlen auf höherem Niveau als vor Covid – Tendenz steigend.<h2>Effekte auf das Publikationsverhalten</h2>Seit der Corona-Pandemie ist insbesondere medRxiv zum Dreh- und Angelpunkt für die Verbreitung neuester Erkenntnisse zu Covid-19 geworden, aber auch andere Preprintserver erhalten teilweise Manuskripte zu dem Thema. Ob das in postpandemischen Zeiten so bleibt, wird die Zukunft zeigen. Corona hat sicher dafür gesorgt, dass das Konzept der Preprints bekannter wurde, und auch die Bedeutung von Open Science stärker in das Bewusstsein von Forschenden, der Öffentlichkeit und der Politik gerückt ist.Die Corona-Pandemie hat zudem gezeigt, dass mit vergleichsweise geringem finanziellen Aufwand eine schnelle Wissenschaftskommunikation möglich ist.Wie aber auch deutlich geworden ist, leistet die Diskussion über Arbeiten auf Preprintservern eine Qualitätskontrolle bereits vor dem Peer Review. Eine solche hat sich als unabdingbar erwiesen. Das gilt nicht nur bei so offensichtlich unernst gemeinten Publikationen wie jener mit dem Titel „SARS-CoV-2 was Unexpectedly Deadlier than Push-scooters: Could Hydroxychloroquine be the Unique Solution?“, die im letzten Jahr in einem medizinischen Journal erschienen ist.9) Urheber waren unter anderem am Institute for Quick and Dirty Science, Neuneuchâtel.9) Hier hätten Preprintserver einen zusätzlichen Schritt der Qualitätskontrolle geboten.Im Vergleich zu den Physikern, die eine langjährige, gut etablierte Preprint-Tradition pflegen, die sich auch auf die physikalische Chemie erstreckt, haben sich die Forschenden der Chemie in den letzten Jahren nur langsam an die Preprint-Kultur gewöhnt. Weitere Akzeptanzschübe könnten von Förderorganisationen kommen, die zunehmend Preprints akzeptieren, was besonders für Nachwuchswissenschaftler wichtig ist. Die Möglichkeit, früh die eigenen Ergebnisse zu verbreiten und sich so selbst in den sozialen Medien zu vermarkten, etwa auf Twitter, ist ebenfalls nicht zu unterschätzen.Nicht zuletzt unterstützen es immer mehr Zeitschriften, dass Forschende ein Manuskript direkt vom Preprintserver aus zur Begutachtung einreichen können. Zeitschriftenherausgeber und letztlich Leser können darauf hoffen, dass die bei Preprints frühzeitig stattfindende Diskussion über Inhalte und Qualität zu besseren Publikationen führt.<h2>Die Autoren</h2>Diesen Beitrag haben Oliver Renn, Leo Betschart und Jozica Dolenc verfasst. Der promovierte Chemiker Oliver Renn leitet seit dem Jahr 2012 das Informationszentrum Chemie | Biologie | Pharmazie (ICBP) an der ETH Zürich. Zudem ist er Dozent und leitet die Öffentlichkeitsarbeit und Wissenschaftskommunikation des Departements Chemie und Angewandte Biowissenschaften. Seit 2019 ist er im Beirat von ChemRxiv. Leo Betschart ist seit 2018 Information Consultant Chemistry am ICBP und Dozent. Er hat an der ETH Zürich und am Scripps-Institute, La Jolla, USA, studiert und über Naturstoffsynthese promoviert. Jozica Dolenc ist seit 2013 Dozentin und Information Consultant Chemistry am ICBP und forscht zu biomolekularen Simulationen.<h2>AUF EINEN BLICK</h2>In der Physik ist es seit Jahren üblich, Studien zunächst auf einen Preprintserver hochzuladen und sie erst danach bei einem wissenschaftlichen Primärjournal einzureichen.Seit dem Jahr 2018 können Autoren Manuskripte bei den wichtigsten Chemiezeitschriften einreichen, die sie vorab auf Preprintserver gestellt hatten.Im letzten Jahr haben die Preprintserver in Biologie und Chemie an Popularität gewonnen, und das nicht nur bei Forschenden, die über Sars-Cov-2 veröffentlichen oder dazu recherchieren.
<ul class="references"><li>
1 A. Widener „Pandemic puts preprints first“, 2020 DOI: 10.1021/cen-09822-feature4</li><li>
2 M. B. Eisen, A. Akhmanova, T. E. Behrens, D. Weigel, „Peer Review: Publishing in the time of COVID-19“, eLife 2020, 9, e57162, doi: <ext-link ext-link-type="doi">10.7554/eLife.57162</ext-link></li><li>
3 <a href="https://wellcome.org/coronavirus-covid-19/open-data" target="_blank">wellcome.org/coronavirus-covid-19/open-data</a></li><li>
4 N. Fraser, L. Brierley, G. Dey, J. K. Polka, M. Pálfy, F. Nanni, J. A. Coates, „Preprinting the COVID-19 pandemic“, bioRxiv 2020.05.22.111294, doi: <ext-link ext-link-type="doi">10.1101/2020.05.22.111294</ext-link></li><li>
5 <a href="https://icite.od.nih.gov/covid19/search/" target="_blank">icite.od.nih.gov/covid19/search/</a>, Stand 17. Februar 2021</li><li>
6 <a href="https://www.medrxiv.org" target="_blank">www.medrxiv.org</a>, <a href="https://chemrxiv.org" target="_blank">chemrxiv.org</a>, <a href="https://www.biorxiv.org" target="_blank">www.biorxiv.org</a></li><li>
7 U. Böhme, C. Rau, S. Tesch, „Preprints in der Chemie“, Nachr. Chem. 2018, 66, 427–433, doi: <ext-link ext-link-type="doi">10.1002/nadc.20184072721</ext-link></li><li>
8 <a href="https://rxivist.org" target="_blank">rxivist.org</a></li><li>
9 M. E. Rebeaud et al., „SARS-CoV-2 was Unexpectedly Deadlier than Push-scooters: Could Hydroxychloroquine be the Unique Solution?“ Asian J. Med. Health 2020, 18, 14–21, doi: <ext-link ext-link-type="doi">10.9734/AJMAH/2020/v18i930232</ext-link>. Zurückgezogen, von der Zeitschrift ganz entfernt und selbst auf SciHub nicht mehr verfügbar.</li></ul>

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