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Prof.Dr.Dr.h.c.

„Tue, was richtig ist“Am 31. Oktober 2020 verstarb in Prag Rudolf Zahradník – er war ein Pionier der Quantenchemie und diente als Gründungspräsident sowohl der Akademie der Wissenschaften (1993) wie auch der Gelehrtengesellschaft (1994) der Tschechischen Republik. Seit dem Jahr 2000 war er Ehrenmitglied der GDCh.In seiner Autobiografie (erschienen 2008) beschreibt Rudolf, welche Eigenschaften er an den ungezählten Kollegen und Freunden aus aller Welt besonders schätzte: freundlich, bescheiden, entschlossen, ehrlich und mit Noblesse handelnd – und wenn die Kollegen auch noch unterhaltsam waren und Geschichten zu erzählen vermochten, war dies für sie kein Nachteil. Eine nahezu perfekte Kombination dieser rar gewordenen Tugenden dürfte auch für Rudolfs Persönlichkeit gegolten haben. Kein Wunder, dass man von ihm erwartete, höchst anspruchsvolle öffentliche Ämter zu übernehmen. Und als dann 1989 die „Samtene Revolution“ sein Land von der kommunistischen Herrschaft befreite, war für Rudolf die Zeit gekommen, im akademischen und politischen Leben eine zentrale Rolle zu spielen. Während dies in der Akademie auch der Fall war, hat er – zum Nachteil seines Volkes – die von vielen Tschechen erhoffte Präsidentschaft auf dem Hradschin nicht angestrebt.Die wissenschaftliche Karriere des Weltbürgers Zahradník begann mit einer Explosion in der Küche seiner Eltern: Der knapp Dreizehnjährige mischte zu heftig Kaliumchlorat und Schwefel; alle weiteren Chemieexperimente wurden folglich in einem hierfür etwas geeigneteren Raum (Badezimmer!) des Apartments durchgeführt. Was ihn als Schüler wirklich interessierte, waren die Suche nach einem „universalen Katalysator“ und die Abenteuer als Pfadfinder. Nach Kriegsende und der Befreiung von Nazi-Deutschland studierte Zahradník zunächst an einer Berufsfachschule und von 1948 – 1952 an der Prager Technischen Universität. Zu seinen herausragenden Lehrern zählte er Otto Wichterle und Jaroslav Koutecký. In seinem letzten Semester brachte Rudolf sich die Grundlagen der Quantenchemie selbst bei, indem er sich „The Theory of Rate Processes“ (S. Glasstone, K. Laidler, H. Eyring) Seite für Seite autodidaktisch aneignete. Ein vom Institut angebotener Kursus in Höherer Mathematik – damals eine Rarität in der Ausbildung von Chemikern – lieferte zwar eine wichtige Hilfe, aber die abfällige Bemerkung, dass „die Quantenchemie wohl ganz gut für das Studium des Wasserstoffatomes sei, für den Rest der Chemie jedoch nicht tauge“, war nicht zu überhören. Aber Zahradník konnte auch stur sein.Es war am Institut für Arbeitsmedizin, geleitet von dem Universalgelehrten Jaroslav Teisinger, wo Rudolf dann seine ersten Beiträge zur Quantenchemie lieferte. Hückels MO-Theorie erlaubte es ihm, einige allgemeinere Prinzipien zur Toxizität und Stabilität organischer Moleküle zu formulieren; danach beschrieb er erfolgreich die elektronischen Spektren konjugierter Systeme. Neben Papier und Bleistift diente ihm als Werkzeug ein ausgeliehener Olivetti-Rechner. Coulsons Ratschlag an Theoretiker „Give us insight, not numbers!“ hätte auch von Rudolf stammen können.1961 wurde Zahradník zum Leiter der Arbeitsgruppe „Angewandte Quantenchemie“ am Rudolf Brdička-Institut für Physikalische Chemie der Akademie der Wissenschaften ernannt. Zu seinen Aufgaben gehörte nicht nur, Korrelationen zwischen der Struktur und den verschiedensten Eigenschaften bekannter Moleküle zu finden, sondern diese Zusammenhänge auch für noch gar nicht existierende Verbindungen vorherzusagen, und in Zusammenarbeit mit Jaroslav Koutecký gelang sowohl dies wie auch die Gründung der legendären „Prager Schule für Quantenchemie“. Obwohl Koutecký und seine wichtigsten Mitarbeiter, Joe Paldus und Jiří Čížek, bei der sowjetischen Invasion 1968 emigrierten, die „Prager Schule“ lebte fort – und dies trotz enormer, politisch motivierter Behinderungen und einer materiell desolaten Ausstattung.1972 wurde das Brdička-Institut in das „Jaroslav Heyrovský Institute of Physical Chemistry and Electrochemistry“ integriert, und 1990 wurde Rudolf Zahradník zu dessen Direktor gewählt. Die Liste der von ihm und seinen Mitarbeitern behandelten Themen ist beeindruckend: Elektronenstruktur und Eigenschaften offenschaliger Systeme, schwache Molekül-Molekül-Wechselwirkungen, Katalyse, biomolekulare Wechselwirkungen, Ion-Molekül-Reaktionen usw.Zahradník hat zirka 60 Studenten und Mitarbeiter betreut, und mit Stolz sprach er immer über seine „akademischen Söhne“: Josef Michl, Petr Čársky, Pavel Hobza, Zdeněk Havlas und Pavel Jungwirth. Mehr als 350 Veröffentlichungen und 15 Bücher tragen Zahradníks Namen, und das große Werk wird diesen Wissenschaftler unvergessen machen.Charakteristisch für ihn ist jedoch seine Bemerkung, dass jenseits von Wissenschaft die größte Errungenschaft im „Tal der Tränen“ – wie er unsere irdische Existenz zu beschreiben beliebte – der Sieg über Nazi-Deutschland und die Überwindung der kommunistischen Herrschaft waren. Keines dieser Systeme hat es vermocht, Zahradník zu brechen, ihn daran zu hindern, „richtig und falsch“ zu unterscheiden. Rudolf Zahradník „a world-leading scientist and a true aristocrat in spirit“ (Joshua Jortner) – war über Jahrzehnte für viele Kollegen ein verlässlicher Ratgeber, ein selbstloser Freund; in düsterer Zeit gab er Halt und spendete Hoffnung in aussichtslosen Situationen. Zahradníks Motto war: Nach vorne schauen, Vertrauen schenken und Menschen miteinander verbinden.Rudolfs Haltung fand eine wunderbare Entsprechung in seiner symbiotischen Ehe mit Milena Zahradníková, geb. Bílková. Beide hatten sich während des Prager Aufstandes im Mai 1945 in einem Keller kennengelernt. Milena verstarb sechs Tage vor Rudolfs Tod. Die Trauer um den Verlust dieser wunderbaren Menschen will nicht weichen.Helmut Schwarz, Bretislav Friedrich<figure><img src="https://media.graphcms.com/E7kzH63TP6CRyQsl9dwA"><figcaption><label>Abb. 1: </label></figcaption></figure>

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Nachruf: Rudolf Zahradník (1928 – 2020)

„Tue, was richtig ist“Am 31. Oktober 2020 verstarb in Prag Rudolf Zahradník – er war ein Pionier der Quantenchemie und diente als Gründungspräsident sowohl der Akademie der Wissenschaften (1993) wie auch der Gelehrtengesellschaft (1994) der Tschechischen Republik. Seit dem Jahr 2000 war er Ehrenm...

<h2>Doch nicht im Vordergrund</h2>In der November Ausgabe der Nachrichten fiel mir die Notiz „Klimawandelleugner im Vordergrund“ auf [Nachr. Chem. 2020, 68(11), 26]. Diese Aussage überraschte mich und so folgte ich dem angegebenen Link. Die zitierte Studie aus Nature Communications wurde im August 2019 publiziert und wertete die englischsprachige Literatur des Zeitraums 2000 bis Okt 2016 aus. Im November 2020 stellt sich da die Frage nach der aktuellen Relevanz. Ausgewertet wurden unter anderem die Zahl der Artikel, von Autoren der Konsensus-Perspektive (IPCC Sicht) und Vertretern der Sichtweise der „climate change contrarians (CCC)“, eine Zuordnung nach Inhalt erfolgte nicht. Resultat: Unter Berücksichtigung von Webformaten kamen die CCC dort zwar um 41 % häufiger zu Wort als die Konsensus-Autoren, dieser Unterschied egalisierte sich aber in den „mainstream media“ praktisch völlig. Verglich man nun gar nur die Veröffentlichungen von Individuen beider Läger, die einen akademischen Hintergrund besaßen, verkehrte sich der Befund sogar ins Gegenteil: 38 % mehr Artikel aus dem Konsensus-Lager als der CCC. Und: Während die Kohorte der CCC neben Autoren, die auch in wissenschaftlichen Medien publizieren auch nicht dort publizierende Verfasser umfasste, fehlte diese Gruppe völlig in der Konsens-Kohorte. Damit entgingen viele populärwissenschaftliche Beiträge der Konsens-Sicht einer Zählung, während solche Beiträge für die CCC-Sicht mitgezählt wurden. Vor diesem Hintergrund halte ich die Schlussfolgerung „Klimawandelleugner im Vordergrund“ für methodisch und inhaltlich äußerst fragwürdig.Sven Meyer-Ahrens, Leverkusen<h2>Vanillin zum Ersten: chemogen statt biogen</h2>Unter der Überschrift „Biogene Produkte, Guter Geschmack aus Holz“ wird durch die Autoren Waldvogel und Breiner ein elektrochemisches Verfahren beschrieben, das durch Oxidation von Lignin den Aromastoff Vanillin erzeugt [Nachr. Chem. 2020, 68(11), 42]. Im Sinne der Wortbedeutung ist dieses Produkt nicht „biogen“ (biologisch erzeugt) sondern „chemogen“. Denn eine anodische Oxidation bei 160 °C unter Druck und Nickelkatalyse mit Zusatz von Alkali ist in der Biologie unbekannt.Weiter ist die Behauptung, dieser so erzeugte Aromastoff ließe die Bezeichnung „natürliches Vanillin“ zu, in dieser Allgemeinheit nicht zutreffend. Denn die im Lebensmittelrecht verankerte Aromenverordnung (VO EG Nr. 1334/2008) definiert in Artikel 3 den „natürlichen Aromastoff“ als einen Stoff, der „aus Stoffen pflanzlichen, tierischen oder mikrobiologischen Ursprungs, die keine Lebensmittel sind, und zwar durch geeignete physikalische, enzymatische oder mikrobiologische Verfahren …“ gewonnen wird.Davon abzugrenzen sind die Vorschriften des US-Amerikanischen Code of Federal Regulations (CFR), in denen die Regel „natural in – natural out“ gilt. Hiernach kann aus einem natürlichen Ausgangsstoff durch die Methoden der klassischen Chemie eine „natural flavoring substance“ erzeugt werden – sofern die FDA nicht widerspricht.In der Praxis sind zwei Verfahren bekannt, die „natürliches Vanillin“ im Sinne der EU-Rechtsetzung zu erzeugen. Eines bedient sich der mikrobiellen Oxidation von Ferulasäure gewonnen aus Reis- oder Maisspelz, ein anderes verwendet genetisch modifizierte Hefe, die biosynthetisch Vanillin produziert. Letztgenanntes wird angeblich nur für die Kosmetik eingesetzt.Klaus Haase-Aschoff, Bad Kreuznach<h2>Vanillin zum Zweiten: nicht natürlich im Sinne der Verordnung</h2>Die Arbeitsgruppe Aromastoffe der Lebensmittelchemischen Gesellschaft möchte klarstellen, dass das mit dem im Artikel „Guter Geschmack aus Holz“ [Nachr. Chem. 2020, 68(11), 42] vorgestellten, elektrochemischen Verfahren aus Lignin erzeugte Vanillin nicht als natürliches Vanillin im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1334/2008 (Aromenverordnung) bezeichnet werden darf. Im vorgenannten Artikel wird behauptet, dass „dessen Qualität aufgrund reagenzfreier Umsetzung die Bezeichnung ‚natürliches Vanillin‘ zulässt“. Diese Aussage ist irreführend. Zum Schutz des Verbrauchers vor Täuschung regelt die Aromenverordnung sehr streng, welche Aromen und Aromastoffe als natürlich bezeichnet werden dürfen. Eine Substanz, die wie im vorliegenden Fall, unter Anwendung einer anodischen Oxidation bei 160 °C unter Druck und Nickelkatalyse hergestellt wird, erfüllt diese Anforderungen nicht. Ein derart hergestelltes Vanillin darf somit in der EU nicht als natürlicher Aromastoff verwendet oder als „natürlich“ bezeichnet und deklariert werden.AG Aromastoffe der LChG Martin Steinhaus (Obmann) et al.<h2>Nicht immer nur auf den Nobelpreis schauen</h2>Glückwunsch an die Redaktion und die Autorin für den gelungenen Bericht über die Zuerkennung des Chemienobelpreises 2020 an Emanuelle Charpentier und Jennifer Doudna [Nachr. Chem. 2020, 68(11), 8].Es wird in diesem Bericht erwähnt, dass die beiden Frauen viele Auszeichnungen erhielten, darunter 2016 auch den Paul-Ehrlich-und-Ludwig-Darmstädter-Preis. Dieser Preis gehört nach dem Nobelpreis sicherlich zu den renommiertesten Wissenschaftspreisen. Die Auszeichnung ist mit 120 000 Euro dotiert und wird jährlich am 14. März, dem Geburtstag von Paul Ehrlich, in der Frankfurter Paulskirche verliehen. Die Finanzierung des Preises erfolgt zur einen Hälfte durch das Bundesgesundheitsministerium und zur anderen Hälfte aus Firmenspenden. Geehrt werden in- und ausländische Wissenschaftlicher, die wegweisende Beiträge auf dem Gebiet der Immunologie, Krebsforschung, Mikrobiologie und Chemotherapie geliefert haben.Während in den ersten Nachkriegsjahren Nobelpreisträger (unter anderem Adolf Butenandt, Erst Boris Chain, Gerhard Domagk, Richard Kuhn, Otto Heinrich Warburg, Manfred Eigen) nachträglich mit dem Paul-Ehrlich-und-Ludwig-Darmstaedter-Preis ausgezeichnet wurden, gelingt es dem Auswahlgremium immer häufiger, Wissenschaftler zu benennen und zu ehren, die danach noch den Nobelpreis in Chemie oder in Medizin und Physiologie erhalten haben.So wurden etwa Francis Peyton Rous, Renato Dulbecco, Ernst Ruska, Albert Claude, John Gurdon, Niels Kaj Jerne, Michael Potter, Rolf Zinkernagel, Harald zur Hausen, Stanley Prusiner, Barry Marshall, John Robin Warren, Robert Horvitz oder James P. Allison zuerst mit dem Paul-Ehrlich-und-Ludwig-Darmstaedter-Preis und danach erst mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. In zwei Fällen wurden im März Forscherinnen und Forscher mit dem Paul-Ehrlich-und-Ludwig-Darmstaedter-Preis und im Oktober des gleichen Jahres mit dem Nobelpreis gewürdigt, nämlich 2006 Craig Mello und Andrew Fire sowie 2009 Elizabeth Blackburn und Carol Creider. Ada Yonath erhielt 2007 den Paul-Ehrlich-und-Ludwig-Darmstadter-Preis und zwei Jahre den Chemienobelpreis. Bei Emanuelle Charpentier und Jennifer Doudna lagen vier Jahre zwischen beiden Preisen. Diese Beispiele zeigen, welch immense Bedeutung der Preis in der Wissenschaftswelt besitzt, was bei uns überregional kaum Beachtung findet.Ebenfalls in der Paulskirche verleihen die GDCh, die Deutsche Physikalische Gesellschaft und die Stadt Frankfurt mit dem Otto-Hahn-Preis alle zwei Jahre einen weiteren hochrangigen Wissenschaftspreis. Auch die Berichterstattung über diesen Preis ist überregional häufig nur eine Randnotiz. Da werden an einem der charismatischen Orte der deutschen Demokratiebewegung zwei wichtige Naturwissenschaftspreise vergeben und kaum einer berichtet darüber. Verkehrte Welt?Eberhard Ehlers, Hofheim<h2>Die relevanten Probleme angehen</h2>Im Dezemberheft der Nachrichten [Nachr. Chem. 2020, 68(12), 39], schildern Abel Salazar und Esteban Mejia die Herstellung von Polyestern aus Furandicarbonsäure als einen Beitrag zur Lösung ökologischer Probleme. Das eigentliche Problem bei den Polyestern ist nicht deren Herstellung, sondern ihre erstaunliche Beständigkeit. Das lehrt uns die Natur. Die Polyester der natürlichen Bernsteinsäure, die wir als Schmucksteine schätzen, haben bis zu 300 Millionen Jahre im Erdreich oder unter Wasser überstanden. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass die synthetischen Polyester eine geringere Lebensdauer haben werden. Es kommt also darauf an, entweder eine nahezu lückenlose Rückführung und Entsorgung sicherzustellen oder aber neue Materialien für den kurzfristigen Konsumeinsatz zu entwickeln. Das ist die eigentliche Herausforderung für eine nachhaltige Chemie. Gewiss, das ist äußerst schwierig, sollte aber kein Grund sein, auf Fragestellungen auszuweichen, die leichter zu lösen sind, jedoch eine geringere Bedeutung haben.Hans-Jürgen Quadbeck-SeegerDie „Korrespondenz“ veröffentlicht Briefe an die Redaktion. Gedruckt und online steht sie allen Lesern der Nachrichten aus der Chemie offen. Bitte senden Sie Ihre Zuschrift mit einem Umfang von maximal 1500 Zeichen als E-Mail an: <a href="mailto:nachrichten@gdch.de">nachrichten@gdch.de</a>. Die Redaktion behält sich Kürzungen vor.

Meldung

Nachruf: Rudolf Zahradník (1928 – 2020)

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