Bildung + Gesellschaft

Nicht nur gucken, mitmachen ist die Devise: Niedrigschwellige Angebote wie öffentliche Mitmachlabore oder ein Girls‘ Day an der örtlichen Hochschule vermitteln einen Eindruck, was ein Naturwissenschaftsstudium zu bieten hat.Zu ihren Lieblingsfächern gehören Englisch und Geschichte. <link href="#nadc20244143842-fig-0001">Heute, am 25. April 2024, steht für Vanja, Mariia und Annika allerdings etwas anderes auf dem Stundenplan: Clusterchemie. Für Uneingeweihte ein vielleicht eher abschreckendes Wort, nicht aber für Mariia: „Ich habe mich immer dafür interessiert, woraus wir und die Welt bestehen. Und um die kleinsten Teilchen, dachte ich, geht es in diesem Programm.“<figure xml:id="nadc20244143842-fig-0001"><figure><img alt="image" src="https://media.graphassets.com/XgfWgyyQKO5pmpdZgQAo"><figcaption><label>Abb.1: </label>Kristallines Kupfer(II)-chlorid. Foto: jonnysek / Adobe Stock</figcaption></figure></figure>Die Zehntklässlerinnen werden nach dem Sommer mit einem Chemie-Leistungskurs starten. In der Schule nehmen sie gerade Organik durch: Alkane, Alkene, Aldehyde. Selbst experimentieren dürfen sie nur selten; wenn es Versuche gibt, führt die Lehrerin sie durch. Da bietet der Girls‘ Day andere Möglichkeiten: Am Institut für Nanotechnologie in Karlsruhe heißt es heute Hands-on-Forschung für die Mädchen.Vorbereitet haben das Programm für den Tag die drei Doktorandinnen Katrin Beuthert, Gina Stuhrmann und Chloé Krampe, unterstützt vom akademischen Rat Bastian Weinert. Los geht es mit einer allgemeinen Einführung via Powerpoint: Wie setzt sich ein Arbeitskreis zusammen? Warum braucht ein Professor Mitarbeiter? Welche Kurse lassen sich neben dem Chemiestudium belegen, um sie als nichtchemische Wahlpflichtfächer einzubringen? Und was ist eigentlich der Grund zu forschen?Beuthert, die Hauptorganisatorin, bringt Grundlagenforschung vereinfacht auf den Punkt: „Wir machen das, weil wir wissen wollen, ob sowas geht. Und dann gucken wir, was das kann.“Nach etwa 45 Minuten heißt es für die Mädchen erstmal durchatmen. Denn zu einem realistischen Einblick in den Tagesablauf der Doktoranden gehört auch die Mittagspause. Die verbringen die Drei mit dem Arbeitskreis in der campuseigenen Kantine. Hier dürfen sie aus fünf Menüs, diversen Beilagen, Salat und Getränken wählen. Am Tisch angekommen guckt Mariia traurig: „Ich habe bei all dem Essen gar nicht gesehen, dass es Nachtisch gibt …“ Kein Problem: Vanja reicht mit einem Lächeln den ihren herüber.Beim Löffeln kommen die ersten Fragen auf: Wann zieht man von Zuhause aus, wenn man Studieren geht? Wer zahlt den Lebensunterhalt; gibt es Jobs, die sich neben dem Studium machen lassen? Wie anstrengend ist ein Chemiestudium? Die vier Doktorandinnen in nächster Nähe und der akademische Rat teilen ihre Erfahrungen.<h2 type="main">Ab an die Glovebox</h2>Nach dem Mittagessen heißt es Handanlegen: Vanja, Mariia und Annika sollen Schlenkkolben zusammenbauen. Dafür suchen sie zunächst die richtigen Verschlüsse – Hülse oder Stopfen? – und die richtigen Küken samt Gummiring, Unterlegscheibe und Verschluss. „Woher weiß ich, dass ich genug Fett drangemacht habe?“, fragt Annika. „Wenn das Küken durchsichtig wird“, antwortet Krampe.Dann dürfen die Mädchen die Kolben selbst in die <link href="#nadc20244143842-fig-0002">Glovebox einschleusen. Bis die Schleuse dreimal evakuiert und wieder geflutet ist, vergehen etwa zehn Minuten. In denen erläutern Beuthert, Krampe und Stuhrmann, was die Mädels gleich zu tun haben und wie sie korrekt mit den Händen in die Handschuhe und dann in die Glovebox kommen. Gar nicht so einfach, stellen sie fest.<figure xml:id="nadc20244143842-fig-0002"><figure><img alt="image" src="https://media.graphassets.com/V0xMte4kRvSkgg64Rrkc"><figcaption><label>Abb.2: </label>Von links: Gar nicht so einfach, in die Gloves der Glovebox zu kommen, muss Annika feststellen. Ist das geschafft, geht es ans genaue Abwiegen – Vanja zeigt, wie es geht. Und auch das Lösemittel gilt es, präzise abzumessen, was Mariia mit kritischem Blick tut. Fotos: Eliza Leusmann</figcaption></figure></figure>Nach etwa dreißig Minuten haben die Schülerinnen K10Ga3Bi6,65, K12Ge3,5Sb6 und Kryptand auf die dritte Nachkommastelle genau abgewogen. Anschließend haben sie mit einer Spritze zwei Milliliter Lösungsmittel zugefügt. Genau zu wiegen und ruhig zu stehen war kein Problem. Dennoch fand Mariia es anstrengend, an der Glovebox zu arbeiten, denn „meine Arme sind zu kurz“.Gegen Anstrengung helfen Pausen. Daher geht es nun ins Nanocafé, einen großen Raum mit vielen Sofas und einer kleinen Teeküche. Es gibt Kaffee, Tee und Wasser für die Mädchen; auf dem Tisch steht ein Riesenpack Knoppers. Nervennahrung. Kaffeepause bedeutet aber nicht, dass es keinen Input gibt: Doktorandin Stuhrmann erzählt von den letzten sechs Monaten, die sie in den USA verbracht hat. Und die Schülerinnen löchern den gesamten Arbeitskreis mit Fragen nach dem Gehalt eines Chemikers, ob sie für immer im Labor stehen müssen und was für Berufswege es noch gibt. Nebenbei blättern die Mädels in Science. „Wer schreibt die Texte?“, will Mariia wissen. Das sei unterschiedlich, erklärt Beuthert, mal ein Doktorand, mal eine Professorin. „Und sind die immer auf Englisch?“ „Meistens ja“, sagt Stuhrmann. „Weil nicht alle Forschenden auf der Welt Deutsch verstehen, aber fast alle Englisch.“<h2 type="main">Vorarbeit und Organisationsaufwand</h2>Der Verlauf eines Chemiestudiums, Lebensunterhalt bestreiten als Doktorandin, Forschung und Publikationswesen: So ein Rundumschlag braucht Vorbereitung. Das Programm für den Girls‘ Day basiert auf einer Mint-Summer-School für Mädchen, die Beuthert bereits in Marburg mitorganisiert hat. „Und da habe ich relativ schnell gemerkt, dass Mädchen sich häufig nicht trauen, als erstes etwas zu sagen“, sagt sie. „In der Summer School erzählten die Mädchen dann: Ja, Chemie mögen wir eigentlich ganz gerne – aber im Unterricht trauen sie sich nicht, etwas zu sagen, weil irgendein Kerl viel lauter ist als sie selbst. Oder weil sie sich unverstanden fühlen von den Lehrkräften.“So hat Beuthert über Jahre hinweg Ideen gesammelt und den Chemietag optimiert. „Mein Anspruch ist, an dem Tag alles einmal anzusprechen, was man mit Chemie oder Chemieberufen machen kann. Und klarzumachen, dass das Studium individuell gestaltbar ist und vor allem eines bringen sollte: Spaß.“Den ersten Mädchen-Projekttag in Marburg hat Beuthert in etwa 20 Stunden entwickelt. Inzwischen ist weniger Zeit nötig: Etwa drei Stunden als Treffen mit ihren Co-Organisator:innen; eine, die jede:r von ihnen zusätzlich einzeln investiert. Das Schöne sei, dass das Programm sich gut upscalen lasse: „Würden wir drei Gruppen machen, die nacheinander die Stationen durchlaufen, könnten wir hier 30 Mädchen in der gleichen Zeit durchschleusen.“Warum sich Beuthert so engagiert? „Ich wünsche mir, dass die Mädchen schon nach einem Tag einschätzen können, ob ein Chemiestudium oder zumindest der Leistungskurs etwas für sie sein könnte.“ Außerdem habe sie bei den Schülerinnen mitbekommen: „Je nach Herkunft sind die Voraussetzungen extrem unterschiedlich und dementsprechend, ob man sich überhaupt traut zu studieren und mit welchem Mindset man da rangeht.“ Ihr zum Beispiel sei bis zum Ende ihres Bachelorstudiums nicht klar gewesen, dass sie in ihrem Ausbildungsstadium schon eine Stelle für wissenschaftliche Hilfskräfte annehmen könne. Denn außer der – von Uni zu Uni unterschiedlich großen – Schwierigkeit, die Ausschreibungen für diese Stellen erst einmal online oder vor Ort zu finden, könne man „gefühlt ja noch nichts“.<h2 type="main">Kompetenzen bündeln</h2>Beuthert erzählt, in Marburg sei es schwierig gewesen, die Schulen zu erreichen. Dabei habe sie alle möglichen Wege genutzt: Briefe geschickt, angerufen, gemailt, Plakate in den Schulen abgegeben oder sogar selbst angeklebt. Das Karlsruher Institut für Technologie ist da anders organisiert: Für den Campus Nord, zu dem das Institut für Nanotechnologie gehört, kümmert sich Christine Scholl um alles. Sie ist die Kursleiterin für Mint am Fortbildungszentrum für Technik und Umwelt. Sie schreibt jährlich die Arbeitsgruppen der Institute am Campus Nord an, ob diese ein Projekt für den Girls‘ Day anbieten wollen. Da sie zudem Kursleiterin für Schülerlabore ist, ist sie auch mit den Schulen gut vernetzt.Die Projektbeschreibungen bündelt Scholl auf einer Plattform im Internet, der offiziellen <url href="https://www.girls-day.de/Radar">Website</url> Girls‘ Day Radar.1) Hier müssen alle Angebote deutschlandweit offiziell eingegeben werden. Und so können die Mädchen auf einen Blick sehen, welche Möglichkeiten sie haben. Entscheidend sei dabei häufig die Benennung, sagt Scholl: „Jedes Jahr bietet das Schülerlabor „Achtung, jetzt wird‘s bunt“ an, und wir sind nach zwei Tagen ausgebucht. Immer.“ Speziellere Benennungen wie „Clusterbasierte Materialien“ hätten es da schon schwerer – aber auch sie haben Zulauf, wie Annika, Vanja und Mariia zeigen. Insgesamt haben sich am Campus Nord des KIT dieses Jahr 200 Mädchen auf 24 Institute verteilt. Der Campus Süd des KIT agiert für den Girls‘ Day eigenständig; hier seien es etwa doppelt so viele Mädchen gewesen, da es keine Sicherheitsbereiche gebe, erläutert Scholl. Beispielsweise brauchten die Mädchen, die das Joint Research Centre am Campus Nord besuchen wollten, eine Genehmigung des Umweltministeriums. Aber auch darum kümmert sich Scholl – ebenso wie darum, kurz vor einem Girls‘ Day nochmal bei den Arbeitsgruppen nachzuhaken, ob alles klappt, Busse zu organisieren, die die Mädchen auf den Campus bringen, und Anfragen einer Redakteurin an die Eltern der Mädchen weiterzuleiten, ob deren minderjährige Töchter interviewt und fotografiert werden dürfen.Das alles dauert viele Stunden – ebenso wie die chemische Reaktion der Mädchen, die nun eigentlich mehrere Stunden rühren muss. Um zumindest den Start der Reaktion zu zeigen, reichen aber fünf Minuten im Ultraschallbad: Die Bismutlösung färbt sich tiefgrün, die Antimonlösung orange.<h2 type="main">Kristalle picken und analysieren</h2>Eine stundenlange Reaktionszeit bedeutet dennoch nicht das Ende der Arbeit für die Mädchen. Das INT-Team hat die gleiche Reaktion schon vor mehreren Tagen laufen lassen. Und das heißt: Annika, Vanja und Mariia dürfen jetzt <link href="#nadc20244143842-fig-0003">Kristalle picken.<figure xml:id="nadc20244143842-fig-0003"><figure><img alt="image" src="https://media.graphassets.com/5AUsoBMQhy3V73nh7w9s"><figcaption><label>Abb.3: </label>„Und hier wachsen dann langsam Kristalle!“ – Doktorandin Gina Stuhrmann zeigt den Mädchen, was in den Reaktionsansätzen passiert, wenn etwas Zeit vergeht.</figcaption></figure></figure>Während eine nach der anderen dazu erneut an die Glovebox geht, kommt Luisa dazu, eine Kooperationspartnerin Beutherts. Sie fertigt derzeit ihre Masterarbeit an. Ein für die Schülerinnen spannender Aspekt: Luisa hat bereits während des Masterstudiums ein Kind bekommen. „Oh wow“, staunt Mariia, „und das geht neben dem Studium?“ Nur mit guter Planung und den richtigen Menschen um sich herum, sagt Luisa, aber dank der Flexibilität im Masterstudium und während der Masterarbeit: Ja. Beuthert erklärt das den Mädchen noch genauer: „Wir haben geschaut, was Luisa noch selbst im Labor machen kann und für was besondere Sicherheitsvorkehrungen oder Unterstützung notwendig ist. Und das haben wir dann umgesetzt.“Die Kristalle sind gepickt, jetzt geht es nach nebenan in den Diffraktometerraum. Zuerst schaut Beuthert sich die Kristalle unter dem Mikroskop an. Dann malt sie auf ein Blatt Papier, was auf dem Objektträger zu sehen ist: ein Einkristall in Form eines Sechsecks, ein verzwillingter Kristall, der aus zwei zusammengewachsenen Teilen besteht, und „Schlonz“. Die Mädchen kichern und setzen sich dann ans Mikroskop. Nach einer Minute dreht Annika sich um: „Das ist richtig toll“, sagt sie und lächelt.Während Beuthert erklärt, wie das Diffraktometer funktioniert und was die Beugungsbilder bedeuten – „Es gibt da einen tollen Beitrag bei der Sendung mit der Maus, wenn ihr mal Zeit habt“ –, gibt es noch einen kleinen Schreckmoment: Die Tür des Messraums ist unabsichtlich geöffnet worden, und die Messung bricht ab, „damit keine gefährliche Strahlung nach außen dringt“.Abgeschreckt hat der Tag die Mädchen aber trotzdem nicht. Alle Drei wollen auf jeden Fall studieren; Annika und Vanja inklusive Auslandssemester. Ob es Chemie wird, steht aber noch nicht fest – Mariia findet Biochemie interessant, Annika begeistert sich für Astrophysik. Vanja mag an Chemie, dass Handwerk und Kreativität verknüpft sind.Aber auch, wenn sie ein anderes Studienfach wählen sollten – als Andenken nehmen die drei etwas typisch Chemisches mit: türkisfarbenes <link href="#nadc20244143842-fig-0004">Kupferchlorid in selbst abgeschmolzenen Glasampullen.<figure xml:id="nadc20244143842-fig-0004"><figure><img alt="image" src="https://media.graphassets.com/UIPuawG5T4qRUJN8KWmF"><figcaption><label>Abb.4: </label>Auch Glasbearbeitung kann zum Chemiestudium gehören. Hier testet Annika gerade, wo die heißeste Stelle der Flamme ist. In der Ampulle: Kupferchlorid.</figcaption></figure></figure><h2 type="main">Die Autorin</h2>Nachrichten-Redakteurin Eliza Leusmann ist dem Arbeitskreis ihrer Doktormutter Stefanie Dehnen – und dieser – freundschaftlich verbunden. Sie hat daher die Einladung, den dortigen Girls‘ Day zu begleiten, gern angenommen.<ul class="references" cited="no" style="numbered" xml:id="nadc20244143842-bibl-0001"><li xml:id="nadc20244143842-bib-0001">1 <url href="https://www.girls-day.de/Radar"><a href="https://www.girls-day.de/Radar" target="_blank">www.girls-day.de/Radar</a></url></li></ul>

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Mädels machen Mint

Nicht nur gucken, mitmachen ist die Devise: Niedrigschwellige Angebote wie öffentliche Mitmachlabore oder ein Girls‘ Day an der örtlichen Hochschule vermitteln einen Eindruck, was ein Naturwissenschaftsstudium zu bieten hat.Zu ihren Lieblingsfächern gehören Englisch und Geschichte. Heute, am 25....

Im Kontorhausviertel in Hamburg steht das „Chilehaus“, eine Ikone des Backstein-Expressionismus der 1920er Jahre. Erbaut wurde es vor 100 Jahren im Auftrag des „Salpeterkönigs“ Henry B. Sloman.Bis zum Ersten Weltkrieg war die Industrie auf natürlichen Salpeter (Natriumnitrat) angewiesen, mit dem vor allem Dünger und Sprengstoff produziert wurden. Salpeter galt als „weißes Gold“ und machte das südamerikanische Land Chile reich. Chile besaß seit dem Ende des Salpeterkriegs 1884 (gegen Peru und Bolivien) nahezu alle bekannten Vorkommen in der Atacama-Wüste und hatte somit ein Monopol auf den Rohstoff. Salpeter wurde per Zug von der Atacama-Wüste in die Hafenstädte Antofagasta, Iquique, Mejillones, Talcahuano, Tocopilla und Valparaíso transportiert. Vom damaligen Reichtum zeugen noch heute prächtige Gebäude, etwa in der Hafenstadt Valparaíso, von wo Segelschiffe den Salpeter an Kap Hoorn vorbei nach Europa transportierten – das Deutsche Reich importierte etwa im Jahr 1913, am Vorabend des Ersten Weltkriegs, 800 000 Tonnen im Wert von 120 Millionen Mark (heutige Kaufkraft: 770 Millionen Euro).Durch das Ostwald-Verfahren, in dem Ammoniak (aus dem Haber-Bosch-Prozess) zu Salpetersäure oxidiert wird, verlor der Salpeterexport als überragender Wirtschaftsfaktor an Bedeutung. Die Orte der Salpetergewinnung wurden zu Geisterstädten. Zwar steht Chile auch heute noch an der Spitze der Salpeter-Weltproduktion – nur kommen die Haupterlöse aus dem Export von Iod, das bei der Salpeteraufbereitung anfällt.<h2 type="main">Hamburg – Chile – Hamburg</h2>Der wichtigste Importeur von Chilesalpeter nach Deutschland war <link href="#nadc20244145068-fig-0001">Henry B. Sloman. Geboren wurde er 1848 als Sohn des Hamburger Kaufmanns John Miles Sloman in Kingston upon Hull in Großbritannien. Seine Kindheit und Jugend verbrachte Sloman nach dem wirtschaftlichen Zusammenbruch des väterlichen Unternehmens bei seinem Hamburger Onkel, dem Kaufmann und Reeder Robert Miles Sloman junior.<figure xml:id="nadc20244145068-fig-0001"><figure><img alt="image" src="https://media.graphassets.com/2SksHnJdQke7iJUps2XG"><figcaption><label>Abb.1: </label>Henry B. Sloman (1848–1931) Bild: <a href="https://chilehaus-saga.de" target="_blank">chilehaus-saga.de</a></figcaption></figure></figure>Nachdem er eine Schlosserlehre beendet hatte, wanderte Sloman im Jahr 1869 nach Chile aus. Seine Schwester Harriet hatte seinen Jugendfreund Hermann Fölsch geheiratet, dessen Vater ihm das nötige Reisegeld lieh. Durch Fölsch bekam er eine Anstellung in Iquique und arbeitete später als Geschäftsführer für das Unternehmen Fölsch &amp; Martin, das acht <link href="#nadc20244145068-fig-0002">Salpeterwerke betrieb. 1892 gründete Sloman seine erste Salpeterfabrik: Buena Esperanza („Gute Hoffnung“) in Tocopilla. Weitere Werke kamen hinzu: Rica Aventura, Prosperidad, Grutas und Empres.<figure xml:id="nadc20244145068-fig-0002"><figure><img alt="image" src="https://media.graphassets.com/svvkUFYrRzqtrDJFGI65"><figcaption><label>Abb.2: </label>Gebäude der ehemaligen Salpeterwerke Humberstone und Santa Laura in der chilenischen Atacama-Wüste. Auch sie sind heute Unesco-Weltkulturerbe. Foto: imago stock&amp;people</figcaption></figure></figure>Im Jahr 1898 kehrte Henry B. Sloman als reicher Mann nach Hamburg zurück und erhielt den Spitznamen „Salpeterkönig“. 14 Jahre später war Sloman mit einem Vermögen von etwa 60 Millionen Mark und einem jährlichen Einkommen von circa 3 Millionen Mark die mit Abstand vermögendste Person in Hamburg. 1924 gründete Sloman die Finanzbank AG, aus der später die Sloman Bank KG wurde. 1976 wurde sie mit dem Bankhaus Hardy &amp; Co. GmbH zur Hardy-Sloman Bank GmbH fusioniert, die 1981 von der Deutschen Länderbank AG übernommen wurde.<h2 type="main">Erbe</h2>Der Sohn des Salpeterkönigs, Ricardo Frederico Sloman, nahm als dessen Erbe Positionen in den Unternehmen und Banken der Familie Sloman ein. Er war ein früher Unterstützer der NSDAP, Antisemit und Verfasser obskurer Schriften zu Volksgesundheit, Ernährung und Rasse. Sloman wohnte am Harvesterhuderweg 50 in Hamburg-Harvesterhude und war Bauherr des 1924 fertiggestellten <link href="#nadc20244145068-fig-0003">Chilehauses in Hamburg; später lebte er im Jagdschloss Bellin in Mecklenburg. Er hatte das Gut Bellin als Altersruhesitz erworben; nach seinem Tod 1931 wurde er dort in einem Mausoleum beigesetzt, ebenso seine Ehefrau Renata und ihre gemeinsame Tochter Adelaida. Bei der Besetzung des Guts durch sowjetische Truppen am Ende des Zweiten Weltkriegs wurden das Mausoleum und die Gräber zerstört.<figure xml:id="nadc20244145068-fig-0003"><figure><img alt="image" src="https://media.graphassets.com/2Hn02nrYR4ZuOidDVFr5"><figcaption><label>Abb.3: </label>Das in den Jahren 1922 bis 1924 von Fritz Höger erbaute Chile-Haus in Hamburg: elf Stockwerke hoch, 2800 Fenster, eine Fläche von etwa 30 400 m². Seit 1983 steht das Chilehaus unter Denkmalschutz; seit dem Jahr 2015 steht die „Hamburger Speicherstadt und das Kontorhausviertel mit Chilehaus “ in der Liste des Unesco-Welterbes. Foto: SKopp – CC BY-SA 3.0, <a href="https://wikimedia.org" target="_blank">wikimedia.org</a></figcaption></figure></figure><h2 type="main">Der Autor</h2>GDCh-Ehrenmitglied Heribert Offermanns, Jahrgang 1937, war bis zum Jahr 2000 fast 25 Jahre lang Mitglied des Vorstands der Degussa. Für die Nachrichten aus der Chemie verfasst er regelmäßig unter anderem chemiehistorische Beiträge.<img alt="image" src="https://media.graphassets.com/bhOqr5b9T4pEoW8jC7Dl"><ul class="references" cited="no" style="numbered" xml:id="nadc20244145068-bibl-0001"><li xml:id="nadc20244145068-bib-0001">1 H. von Marchthaler, Die Slomans. Geschichte einer Hamburger Reeder- und Kaufmannsfamilie. 2. Auflage, Christians, Hamburg 1939</li><li xml:id="nadc20244145068-bib-0002">2 <a href="https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/chilehaus-reichster-hamburger-baute-ein-welterbe-19753912.html" target="_blank">www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/chilehaus-reichster-hamburger-baute-ein-welterbe-19753912.html</a></li><li xml:id="nadc20244145068-bib-0003">3 <a href="https://www.deutschlandfunk.de/krieg-um-salpeter-100.html" target="_blank">www.deutschlandfunk.de/krieg-um-salpeter-100.html</a></li><li xml:id="nadc20244145068-bib-0004">4 <a href="https://www.abendblatt.de/hamburg/kultur/article242439602/Wie-sich-Hamburger-Salpeterbarone-in-Chile-bereicherten.html" target="_blank">www.abendblatt.de/hamburg/kultur/article242439602/Wie-sich-Hamburger-Salpeterbarone-in-Chile-bereicherten.html</a></li><li xml:id="nadc20244145068-bib-0005">5 <a href="https://www.abendblatt.de/hamburg/hamburg-mitte/article242361896/Chilehaus-Was-Ueberraschendes-in-dem-Weltkulturerbe-steckt.html" target="_blank">www.abendblatt.de/hamburg/hamburg-mitte/article242361896/Chilehaus-Was-Ueberraschendes-in-dem-Weltkulturerbe-steckt.html</a></li></ul>

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