Industrie + Technik

Kreislaufwirtschaft ist nicht nur Abfallbehandlung inklusive Recycling, sondern sie bedarf auch neuer Geschäftsmodelle.Während der ersten Handelsblattkonferenz „Circular Economy“ Anfang Februar sagte Henkel-Chef Carsten <link href="#nadc20244138929-fig-0001">Knobel: „Wir stehen unter Zeit- und Handelsdruck – aber wir werden das System nicht von heute auf morgen ändern können.“ Das Unternehmen wolle keine neuen grünen Marken in den Markt bringen, sondern die bekannten Marken ändern. Eine Schlüsseltechnik dazu sei Debonding, quasi das Entkleben von Verbindungen. Herwart Wilms vom Recyclingunternehmen Remondis schmunzelte: „Was der Mensch verbindet, soll er auch wieder trennen können.“<figure xml:id="nadc20244138929-fig-0001"><figure><img alt="image" src="https://media.graphassets.com/ZCeUnlbmS0OnKYI6dIeO"><figcaption><label>Abb.1: </label>V. l.: Carsten Knobel (Henkel) und Volker Backs (Speira) beim Vortrag. Fotos: Handelsblatt Veranstaltung Circular Economy 2024 / Foto Vogt</figcaption></figure></figure>Henkel will bis zum Jahr 2025 alle Verpackungen seiner Produkte zu 100 Prozent recyclingfähig machen und zudem 50 Prozent weniger fossile Kunststoffe einsetzen.Für Torsten Heinemann, Leiter Innovation und Nachhaltigkeit bei Covestro, muss man „die richtigen Unternehmen zusammenbringen“, um sinnvolles Recyceln zu ermöglichen, etwa bei Kühlschrankdämmstoffen. Matthias Steybe vom Technikunternehmen Voith aus Heidenheim hält es für künftig üblich, was der Liechtensteiner Werkzeughersteller Hilti anbietet: Er bleibt Eigentümer der Geräte und nimmt sie am Ende der Gebrauchszeit zurück. Damit kann er sich auf ein sinnvolles Recycling einrichten. Das Geschäftsmodell ist nicht mehr linear, sondern spiralförmig und auf immer bessere Produkte ausgerichtet.Beim Kunststoffrecycling sehen viele die Gefahr, dass sich die Produktqualität verringert. Aluminium lässt sich dagegen ohne Qualitätsverluste wieder und wieder verwerten. Dabei beträgt der ökologische Fußabdruck nur ein Zwanzigstel der primären Al-Erzeugung aus Bauxit. Volker Backs, Geschäftsführer des Al-Herstellers Speira, zufolge sind 75 Prozent des weltweit jemals produzierten Aluminiums immer noch in irgendeiner Anwendung in Benutzung, und mit mehr als 30 Millionen Tonnen, die pro Jahr recycelt werden, sei es eines der meistwiederverwerteten Metalle. In Deutschland gebe es nur noch rezykliertes Aluminium, nachdem die letzte Primärproduktion im Neusser Rheinwerk im Dezember 2023 nach 61 Jahren heruntergefahren wurde.Reinhold Rünker aus dem nordrhein-westfälischen Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie sagt: „Wir dürfen nicht vom Abfall her denken, sondern müssen von der zirkulären Wertschöpfung ausgehen.“Maren Bulmahn

Abfallwirtschaft

Linear, zirkulär, spiralig

Kreislaufwirtschaft ist nicht nur Abfallbehandlung inklusive Recycling, sondern sie bedarf auch neuer Geschäftsmodelle.Während der ersten Handelsblattkonferenz „Circular Economy“ Anfang Februar sagte Henkel-Chef Carsten Knobel: „Wir stehen unter Zeit- und Handelsdruck – aber wir werden das System...

Infolge einer Konferenz zu völkischer Politik gehen Zehntausende auf die Straße und demonstrieren gegen das AfD-Menschenbild. Mit Recht und Notwendigkeit.Am 21. Januar distanzierte sich der Hauptgeschäftsführer des Verbands der Chemischen Industrie (VCI) auf Linkedin klar von völkischen Ideen und schlug eine direkte Brücke von der Berliner Wirtschafts- und Finanzpolitik zum Aufstieg der AfD.Die GDCh ist mit VCI, Gewerkschaft (IGBCE), Dechema und anderen Teil unserer „chemischen“ Community. Ich greife den Debattenbeitrag des IGBCE-Vorsitzenden zu diesem Post auf: „Die Bewegung und das Engagement, das gerade in Deutschland gegen rechte, völkische, rassistische und demokratiefeindliche Politik entsteht, hat mit den unzweifelhaft berechtigten Details der industriepolitischen Debatte nur sehr abstrakt zu tun.“47 Mio. Deutsche haben im Jahr 2021 einen Bundestag gewählt und tragen mit denen, die auch hätten wählen dürfen, die Verantwortung für die Regierung. Eine Mehrheit hat wohl gehofft, dass sich Parteien – wie Öl und Wasser – zu einer Emulsion verbinden würden, mit steigenden Einnahmen des Bundes als Emulgator. Vielleicht wäre das metastabil geblieben, wenn man das Recht des Stärkeren und die russische Herrschaft über die Ukraine in der alten Ordnung von 1983 (mein 1. Semester) akzeptiert hätte. Der Westen hat mühsam zulasten der deutschen Schwerindustrie den teuren rechtsstaatlichen Weg genommen.Parteien sind alles andere als gleich: Sie unterscheiden sich wie Öl, Wasser und PTFE. Debatten werden hart und transparent ausgekämpft. Das wird hoffentlich so bleiben und nicht durch Führung mit Durchgriff ersetzt. Freiheit, Meinungsvielfalt und die damit verbundene Kreativität führen dazu, dass unser Chemiestandort trotz der Verschiebungen in der Weltwirtschaft zwar weniger Macht hat als im Jahr 1983 und doch stark ist.Die Auseinandersetzungen in Berlin und auf den Straßen sind Ausdruck von Freiheit, Diversität, offener Gesellschaft und damit von Stärke. Auch Käse ist eine Emulsion, und ich plädiere dafür, nicht an den Löchern zu leiden, sondern die Substanz zu genießen: Lassen wir uns nicht von Angst vor völkischem Denken mobilisieren, sondern durch Freude an kreativer Arbeit in einer chemischen Community, die weltweit so unglaublich viel größer, offener, vielfältiger und zugänglicher ist als 1983.Rolf Albach leitet F+E-Projekte für Kreislaufwirtschaft, Automobilinnenraum und Flammschutz. Zudem lehrt der promovierte Chemiker mit einem Master of Business Administration an der Fachhochschule Aachen. Der Vorstandsvorsitzende der GDCh-Vereinigung Chemie und Wirtschaft führt uns mit dieser Kolumne im Wechsel mit Hannes Utikal und Stephan von Delft durch die Welt der Wirtschaftschemie.

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