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Ein Forschungsnetzwerk bringt Lehrende und Wissenschaftler:innen aus Organik und Fachdidaktik zusammen. Es konzentriert sich auf die Hochschullehre und will basierend auf Best-PracticeErfahrungen und empirischen Erkenntnissen der Lehr-Lernforschung Empfehlungen erarbeiten, wie Lehre gestaltet werden sollte.Research in Organic Chemistry Education and Teaching, <link href="#nadc20244145389-fig-0001">kurz ROChET, will Forschungs- und Entwicklungsansätze bündeln und vernetzen, die bisher in der Hochschulfachdidaktik der organischen Chemie (OC) isoliert waren. Dies soll national, international und standortübergreifend geschehen. Hieraus sollen neue Forschungsansätze und Lehrprojekte entstehen, um das Lehren und Lernen in der OC zu verbessern. Mit derzeit 20 Mitgliedern an neun Universitätsstandorten bietet das Netzwerk eine Plattform, um sich interdisziplinär auszutauschen und gemeinsam zu forschen.1)<figure xml:id="nadc20244145389-fig-0001"><figure><img alt="image" src="https://media.graphassets.com/ldLplTa6S7ajUjPkzuPr"><figcaption><label>Abb.1: </label>Am Netzwerktreffen im September 2024 in Essen nahmen fast alle Mitglieder teil sowie einige Interessierte. Foto: Hermann Vielhauer</figcaption></figure></figure>Seit Januar 2024 wird ROChET für drei Jahre von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert. Die Mitglieder sind Promovierende, Postdocs und Professor:innen aus Chemiedidaktik und OC. ROChET ist das erste wissenschaftliche Netzwerk mit Fokus darauf, Fach und Fachdidaktik zu verknüpfen. Es gibt regelmäßige Treffen mit international renommierten Expert:innen, gemeinsame Projekte und Antragsvorhaben. Lehrende und Forschende sollen nach bestimmten Vorbildern2) Materialien für die Lehre in der organischen Chemie austauschen, um evidenzbasiert Lehr-/Lernkonzepte zu entwickeln.ROChET basiert auf der Idee, fachliche und fachdidaktische Erkenntnisse über sowie Kenntnisse zu Best-Practice in der Lehre zu vernetzen. ROChET beschäftigt sich daher mit fachspezifischen Kompetenzen und Problemen beim Lehren und Lernen. Es will diese bei Lehrinnovationen einbeziehen und zudem empirisch untersuchen, ob die entwickelten Maßnahmen wirksam sind.<h2 type="main">Die Herausforderungen</h2>Schlecht vorbereitete Studierende schaffen es oft nicht, ihre Wissenslücken im Studium zu schließen, was letztlich die Abbruchquote erhöht.3) Neben persönlichen Umständen beeinflusst Strukturelles den Studienerfolg,4) etwa die Diskrepanz zwischen den Inhalten, die gelehrt werden, und denjenigen, die in Klausuren geprüft werden.5,6) Zudem sollten in der Lehre aktuelle und die Zukunft betreffende gesellschaftliche, ökonomische und ökologische Perspektiven stärker berücksichtigt werden. Dies erfordert Anpassungen, damit künftige Chemiker:innen lernen, die Probleme von morgen zu lösen.<h2 type="main">Struktur und Organisation des Netzwerks</h2>Inhaltlich verfolgt ROChET vier Schwerpunkte:<list><listitem>fachspezifische Herausforderungen kategorisieren; darauf aufbauend</listitem><listitem>klären, welche fachspezifischen Merkmale ein gelungener Lehr-Lernprozess umfasst und welche evidenzbasierten Ansätze es gibt, um fachspezifische Kompetenzen zu fördern.</listitem><listitem>Lehrverbesserung: Welchen Beitrag muss die Lehre leisten, um den naturwissenschaftlichen Nachwuchs zukunftsfähig zu machen? Welche Innovationen und Entwicklungen muss Lehre stärker aufgreifen?</listitem><listitem>professionelle Kompetenzen der Lehrenden ermitteln und fördern.</listitem></list>Die erarbeiteten Inhalte und Ergebnisse gemeinsamer Projekte sollen zugänglich werden durch Veröffentlichungen in Fachzeitschriften, auf digitalen Tagungen sowie über Kanäle der Wissenschaftskommunikation in sozialen Medien wie Instagram oder X.<h2 type="main">Aktuelle Projekte im Netzwerk</h2>Derzeit laufen mehrere Projekte im Netzwerk. Drei Beispiele:OC-spezifische Kompetenzen: Die GDCh-Studienkommission hat zwar Empfehlungen zum Bachelorstudium veröffentlicht.7) Allerdings umfassen diese überwiegend die erwünschten Inhalte, nicht jedoch Fähigkeiten und Kompetenzen, die Studierende erwerben sollten. Dies erschwert es, Lehrveranstaltungen zwischen Universitäten zu vergleichen, da Lehrinhalte in unterschiedlicher Tiefe umgesetzt werden. Ziel des Projekts ist es, den erwarteten Umgang von Studierenden mit diesen Lehrinhalten zu spezifizieren und damit konkret überprüfbare Lernziele zu formulieren. Diese ermöglichen zudem, Kompetenzen über Veranstaltungen hinweg zu erwerben.Digitale Lernsysteme: Um individuelle Lernfortschritte zu berücksichtigen, werden derzeit digitale Lernsysteme entwickelt, die adaptives Lernen ermöglichen. Sie sollen Studierende dabei unterstützen, Inhalte aus Lehrveranstaltungen zu vertiefen und unmittelbares Feedback zum eigenen Lernstand zu erhalten. Hierbei werden Schwierigkeiten der Studierenden einbezogen, um zielgerichtet beim aktuellen Lernstand zu unterstützen. Prinzipiell eignen sich solche Systeme auch, um Prüfungen digital zu gestalten.Nationale Umfrage zur universitären Lehre der Chemiestudiengänge in Deutschland: In einer deutschlandweiten Umfrage bitten wir Dozierende um Informationen über (institutionelle) Rahmenbedingungen, konkrete Lehr-/Lernaktivitäten sowie Prüf- und Aufgabenformate. Die Ziele: die aktuelle Lehrpraxis beschreiben und Best-Practice-Beispiele ableiten, wie Lehre gelingt. Die Umfrage richtet sich an alle Chemie-Dozierenden unabhängig der Fachdisziplin und ist erreichbar unter dem QR-Codeoder unter <url href="https://udue.de/uqoiW"><a href="https://udue.de/uqoiW" target="_blank">udue.de/uqoiW</a></url>.<h2 type="main">Jetzt Sie: Teilnehmen und mitarbeiten</h2>Wir laden Interessierte aus Fach und Fachdidaktik ein, sich am Netzwerk zu beteiligen und an Treffen teilzunehmen, um Projektinitiativen einzubringen, neue Lehr-/Lernansätze auszuprobieren oder beides. Voraussetzungen für eine Teilnahme gibt es nicht, jedoch wünschen wir uns Erfahrungen in der OC-Lehre oder in chemiedidaktischen Forschungsprojekten.Melden Sie sich zum E-Mail-Verteiler bei Nicole Graulich an: <a href="mailto:nicole.graulich@dc.jlug.de">nicole.graulich@dc.jlug.de</a>. Hier gibt es auch Informationen zum nächsten Treffen vom 10. bis 12. März 2025.<h2 type="main">Die Autor:innen</h2>Dieser Beitrag ist ein Gemeinschaftswerk von Marc Rodemer und Michael Giese (beide Universität Duisburg-Essen), Sascha Bernholt (Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik), Richard Göttlich und Nicole Graulich (beide Universität Gießen) sowie Arne Lützen (Universität Bonn).<ul class="references" cited="no" style="numbered" xml:id="nadc20244145389-bibl-0001"><li xml:id="nadc20244145389-bib-0001">1 N. Graulich, S. Bernholt, M. Rodemer et al., J. Chem. Educ. 2024, 101(9), 4011–4017; doi: <accessionid ref="info:doi/10.1021/acs.jchemed.4c00587">10.1021/acs.jchemed.4c00587</accessionid></li><li xml:id="nadc20244145389-bib-0002">2 J. B. Houseknecht, G. J.Bachinski, M. Miller, S. A. White, D. M. Andrews, Chem. Educ. Res. Pract. 2020, 21(1), 387–398; doi: <accessionid ref="info:doi/10.1039/C9RP00137A">10.1039/C9RP00137A</accessionid></li><li xml:id="nadc20244145389-bib-0003">3 U. Heublein, C. Hutzsch, R. Schmelzer, Die Entwicklung der Studienabbruchquoten in Deutschland (DZHW Brief 05|2022). Hannover: DZHW. doi: <accessionid ref="info:doi/10.34878/2022.05.DZHW_BRIEF">10.34878/2022.05.DZHW_BRIEF</accessionid></li><li xml:id="nadc20244145389-bib-0004">4 M. Walpuski, V. Fischer, M. Lang et al., Chemie, Sozialwissenschaften und Ingenieurwissenschaften: Studienerfolg und Studienabbruch (2021). In: Neugebauer M., Daniel HD., Wolter A. (eds.) Studienerfolg und Studienabbruch. Springer VS, Wiesbaden. doi: <accessionid ref="info:doi/10.1007/978–3–658–32892–4_7">10.1007/978–3–658–32892–4_7</accessionid></li><li xml:id="nadc20244145389-bib-0005">5 M. Popova, T. Jones, Chem. Educ. Res. Pract. 2021, 22, 733–748; doi: <accessionid ref="info:doi/10.1039/D0RP00329H">10.1039/D0RP00329H</accessionid></li><li xml:id="nadc20244145389-bib-0006">6 R. L. Stowe, L. J. Scharlott, V. R. Ralph, N. M. Becker, M. M. Cooper, J. Chem. Educ. 2021, 98(8), 2490–2495; doi: <accessionid ref="info:doi/10.1021/acs.jchemed.1c00532">10.1021/acs.jchemed.1c00532</accessionid></li><li xml:id="nadc20244145389-bib-0007">7 Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V.: Empfehlungen der GDCh-Studienkommission zum Bachelorstudium Chemie an Universitäten. Frankfurt/Main 2021</li></ul>

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Lehren und Lernen in der organischen Chemie

Ein Forschungsnetzwerk bringt Lehrende und Wissenschaftler:innen aus Organik und Fachdidaktik zusammen. Es konzentriert sich auf die Hochschullehre und will basierend auf Best-PracticeErfahrungen und empirischen Erkenntnissen der Lehr-Lernforschung Empfehlungen erarbeiten, wie Lehre gestaltet wer...

Bromthymolblau und Bromphenolblau sind Triphenylmethanfarbstoffe und dienen als Indikatoren. Sie lassen sich elektrochemisch aus Thymol- und Phenolblau herstellen. Wie genau läuft das ab?Indikatoren sind unerlässlich, um bestimmte Reaktionszustände sichtbar zu machen. Bromthymolblau etwa dient als Indikator bei Säure-Base-Titrationen. Eosin B wird etwa in der Gewebelehre genutzt, um Cytoplasma, das Strukturprotein Kollagen und das Faserprotein Elastin oder rote Blutzellen einzufärben. Auch Fluorescein dient als Indikator, zudem aber auch als fluoreszierender Farbstoff.Alle diese Substanzen lassen sich nasschemisch herstellen. Dies ist mit relativ großem präparativen Aufwand verbunden, zumal die Substanzen im Nachgang zu reinigen sind. Einfacher und sauberer geht die Synthese mit Elektrochemie. Was genau dabei passiert, sollen zwei Beispiele zeigen.Mit Absorptions- und Fluoreszenzspektroskopie sowie Dünnschichtchromatographie haben Lanfermann et al. untersucht, wie Eosin durch Elektrobromierung aus Bromid und Fluorescein entsteht.1) Ducci stellt auf gleiche Weise Bromthymolblau und Bromphenolrot aus Thymolblau beziehungsweise Phenolrot her sowie ebenfalls Eosin aus Fluorescein.2,3)Neben einer Zweifachbromierung von Thymolblau und Phenolrot vermutet Ducci, dass die Moleküle ab etwa fünf Minuten Elektrolysezeit mehrfach bromiert werden, wodurch sich die jeweiligen Lösungen entfärben.<h2 type="main">Was bei der Synthese passiert</h2>Wie die in diesem Artikel dargestellte Absorpto- und Ramanvoltammetrie beweist, läuft die elektroorganische Synthese von Bromthymol- und Bromphenolblau nach einem nicht-katalytischen Mechanismus ab – und zwar bei zirka 0,9 V aus in situ hergestelltem molekularem Brom. Das Potenzial bezieht sich auf die verwendete Silber-Referenzelektrode. Ab 0,9 V oxidiert Bromid zu Brom. Bei längerer Elektrolysezeit bilden sich Verbindungen, die vermutlich durch die Reaktion mit weiterem Brom, mit elektrolytisch hergestelltem Sauerstoff oder mit beidem entstehen. Untersuchungen hierzu stehen aus.Die hier beschriebenen Experimente sind nicht für die Schule gedacht, sondern für ein Hochschulpraktikum. Welche Geräte und Chemikalien für die Absorptovoltammetrie benutzt wurden, verrät der Kasten.Die Experimente eröffnen Studierenden das Gebiet der Spektroelektrochemie: Elektrochemisch induzierte Reaktionen – hierzu wird üblicherweise ein Potentiostat verwendet – werden potenzialabhängig mit der Absorptions-, der Fluoreszenz- oder der Ramanspektroskopie verfolgt: Absorpto-, Fluoro- und Ramanvoltammetrie.<h2 type="main">Thymol- und Bromthymolblau</h2>Die Farben von Thymolblau und Bromthymolblau changieren je nach pH-Wert zwischen gelb-orange bis blau-grün. Die in diesem Artikel dargestellten Messungen liefen bei pH = 6 ab.Thymolblau und Bromthymolblau sind in Absorptionsspektren nur zirka 20 nm spektral verschoben (<link href="#nadc20244145057-fig-0001">Abbildung 1). Das Absorptovoltammogramm beschreibt die Absorption als Funktion des angelegten Potenzials. Die Bromthymolabsorption wächst ab zirka 0,85 V (<link href="#nadc20244145057-fig-0002">Abbildung 2). Das Standardpotenzial für die Reaktion Br2 + 2e– → 2 Br– beträgt 0,84 V bezogen auf das Standardpotenzial für Ag/AgCl (0,22 V).<figure xml:id="nadc20244145057-fig-0001"><figure><img alt="image" src="https://media.graphassets.com/Ftq3f9GCTDurYw27rhT7"><figcaption><label>Abb.1: </label>Absorptionsspektren bei pH = 6. Durchgezogene Linie: Thymolblau, gestrichelte Linie: Bromthymolblau.</figcaption></figure></figure><figure xml:id="nadc20244145057-fig-0002"><figure><img alt="image" src="https://media.graphassets.com/8kPpC4MeT6Sk0busw1j4"><figcaption><label>Abb.2: </label>Änderung des Absorptionsspektrum von Thymolblau/Bromid als Funktion des angelegten Potenzials von 0,95 V bis 1,3 V.</figcaption></figure></figure>Beim Blick auf das Absorptovoltammogramm zwischen 610 und 630 nm für den Potenzialscan von 0 V bis 1,3 V (<link href="#nadc20244145057-fig-0003">Abbildung 3) fällt auf: Bei ungefähr 0,85 V steigt der Stromfluss, und die Lichtintensität zwischen 610 und 630 nm sinkt. Denn das entstehende Bromthymolblau absorbiert das entsprechende Licht.<figure xml:id="nadc20244145057-fig-0003"><figure><img alt="image" src="https://media.graphassets.com/EU7W9BYrSJelbjdCdKLU"><figcaption><label>Abb.3: </label>Absorptovoltammogramm von Thymolblau/Bromid. Durchgezogene Linie: Linear-Sweep-Voltammogramm (LSV), gestrichelt: Lichtintensität bei 610 nm bis 630 nm. Einschub: LSV und abgeleitete Lichintensität.</figcaption></figure></figure>Wie sich im Einschub von Abbildung 3 zeigt, korrelieren der Stromfluss durch die Oxidation von Bromid und die (negative) Änderung der Absorption (abgeleitetes Absorptovoltammogramm).Phenolrot verhält sich ähnlich: Auch hier bildet sich Bromphenolblau (λmax = 600 nm) ab einem Potenzial von 0,85 V.Somit ist es wahrscheinlich, dass die Bildung von Bromthymolblau (und Bromphenolblau) direkt mit der Oxidation von Bromid zu Brom zusammenhängt.<h2 type="main">Ramanvoltammetrie</h2>Anders als die IR-Spektroskopie ist die Ramanspektroskopie eher unempfindlich. Daher erfordert sie häufig Integrationszeiten bis zu einigen Minuten; bei (konventioneller) FTIR-Spektroskopie beansprucht die meiste Zeit die Probenvorbereitung (Pressling herstellen, Verreibung, …). Der große Vorteil: Die Ramanspektroskopie ist wasserunempfindlich, weil im sichtbaren optischen Bereich (üblicherweise bei 530 oder 785 nm) oder im IR-Bereich bei 1,06 μm gearbeitet wird, in dem Wasser nicht absorbiert.4) Anregungslichtquelle sind Laserdioden oder ein Nd-YAG-Laser.Durch die oberflächenverstärkte Ramanspektroskopie (SERS) lässt sich die Messempfindlichkeit erheblich steigern.4,5) Dafür sind zwei Effekte verantwortlich: der chemische Effekt und Oberflächenplasmonen. Zum chemischen Effekt: Da mit nanostrukturierten Oberflächen (meistens Silber-, Gold- oder Kupfernanoteilchen) gearbeitet wird, erhöht die Adsorption des Adsorbats das Signal bis zu 105-fach. Der zweite, dominierende Effekt: Oberflächenplasmonen, also kollektive Oszillationen der Metallelektronen an der Oberfläche, sind in Resonanz mit dem einfallenden Laserlicht. Dadurch wird auch hier der Ramaneffekt verstärkt.Für SERS verwendet man üblicherweise Au- oder Ag-Nanoteilchen, die sich durch literaturbekannte Verfahren herstellen lassen. Ein Standardverfahren ist das Verfahren von Lee und Meisel:6) Eine wässrige Lösung von AgNO3 (AuCl3) wird zum Sieden gebracht und Citrat hinzugetropft. Das Citrat reduziert Ag+ (Au3+) zu kolloidalem Silber (Gold) und stabilisiert es gleichzeitig, sodass es nicht zur Agglomeration (Ostwald-Reifung) kommt.Experimentell einfacher ist es, die Nanoteilchen direkt auf der Au- oder Ag-Elektrode herzustellen, indem elektrochemisch cyclisiert wird.7,8) Dazu tropften wir eine KCl-Lösung (zirka 60 μL) auf die Ag-SPE, bis alle drei Elektroden benetzt waren. Anschließend wurde dreimal ein Cyclovoltammogramm zwischen –0,6 V und +0,6 V und zurück gefahren. Bei etwa 0,3 V bildet sich auf der Ag-Oberfläche Ag-Oxid, erkennbar am Dunkelwerden der Elektrode. Im Rücklauf wird bei – 0,3 V die Ag-O-Oberfläche wieder reduziert, wobei die nanostrukturierte Oberfläche entsteht.9)Wie im SERS-Spektrum von Thymolblau auf der präparierten Ag-Elektrode zwischen 0 und –0,6 V erkennbar (<link href="#nadc20244145057-fig-0004">Abbildung 4), steigen die Ramanintensitäten ab zirka –0,3 V, da sich ab hier die nanostrukturierten Ag-Oberflächen bilden. Analoges gilt für Bromthymolblau.<figure xml:id="nadc20244145057-fig-0004"><figure><img alt="image" src="https://media.graphassets.com/BN0aYxCHQmeUkiLRLJK8"><figcaption><label>Abb.4: </label>Oberflächenverstärkte Ramanspektroskopie (SERS) von Thymolblau zwischen 0 und –0,6 V. Einschub: Potenzialabhängige Intensität des Übergangs bei 1321 cm–1.</figcaption></figure></figure><link href="#nadc20244145057-fig-0005">Abbildung5 zeigt je ein Ramanspektrum von Thymolblau und Bromthymolblau. Hier unterscheiden sich die Intensitäten einzelner Ramanübergänge, zudem gibt es die Ramanübergänge bei ca. 600 und bei 900 cm–1 nur bei Bromthymolblau.<figure xml:id="nadc20244145057-fig-0005"><figure><img alt="image" src="https://media.graphassets.com/mv5dDtzSreYsus39SoAQ"><figcaption><label>Abb.5: </label>Ramanspektren von Thymolblau und Bromthymolblau (durchgehende respektive gestrichelte Linie). Die Ramanübergänge bei ca. 600 und bei 900 cm–1 (Pfeile) liefert nur Bromthymolblau.</figcaption></figure></figure><link href="#nadc20244145057-fig-0006">Abbildung6 zeigt einen Ausschnitt der Ramanspektren von Thymolblau, Bromthymolblau sowie vom Produkt der Elektrosynthese von Thymolblau/Bromid bei 0,9 V. Die Ramanspektren von Bromthymolblau stimmen gut überein mit dem des Reaktionsprodukts von Bromid und Thymolblau bei der Elektrolyse bei 0,9 V.<figure xml:id="nadc20244145057-fig-0006"><figure><img alt="image" src="https://media.graphassets.com/N4SbTZOSXW3gM1BJAuNk"><figcaption><label>Abb.6: </label>Auszug aus den Ramanspektren von Thymolblau (durchgehende Linie), Bromthymolblau (gestrichelte Linie) und des elektrochemisch bromierten Thymolblaus (gepunktet).</figcaption></figure></figure>Schrader,9) Lambert et al.10) sowie Gullikson und Neilsen11) führen charakteristische C-Br-Ramanbanden genau in diesem Wellenlängenbereich an. Damit ist belegt, dass Bromthymolblau durch die elektroorganische Reaktion von Thymolblau mit Brom entsteht – durch Oxidation aus Bromid. Phenolrot verhält sich ebenso.<h2 type="main">Katalysiert Platin die Reaktion?</h2>Man könnte vermuten, dass Platin die Bromierung katalysiert und andere Elektrodenmaterialien erst bei einer entsprechend hohen Überspannung das Br2 oxidieren. Um dies zu prüfen, wurden statt Platin eine Gold- und eine Kohlenstoff-Nanoröhren(C-CNT)-SPE für die elektroorganische Synthese verwendet. Der Reaktionsfortschritt wurde über optische Absorption gemessen.Wie die Linear-sweep-Voltammogramme zeigen, beginnt der Stromfluss unabhängig vom verwendeten Elektrodenmaterial bei zirka 0,75 V (Zersetzungsspannung) und steigt mit derselben Steigung. Die jeweilige Absorption des entstehenden Bromphenolblau gleicht sich bei allen drei Elektroden (λmax = 600 nm, maximale Absorption ≈ 2000 Einheiten). Daher gehen wir davon aus, dass die Bromierung von Phenolrot keine (durch Platin) katalysierte Reaktion ist.<h2 type="main">Entfärbung nach längerer Elektrolysezeit</h2>Wie die Absorption von Thymolblau/Bromid bei 2 V zeigt, nimmt nach zirka 60 Sekunden der Bromthymolpeak bei zirka 600 nm ab. Gleichzeitig wachsen der Peak um 500 nm und die IR-Peaks um 900 und 1100 nm.Die Ramanspektren verändern sich ebenfalls bei längeren Elektrolysezeiten. Das gelblich-farblose Produkt generiert nach 60 Sekunden Elektrolyse noch die C-Br-Schwingungen. Die Raman-Verschiebungen um 1600, 1050 und 800 cm–1 deuten auf leicht veränderte Aromatenschwingungen hin.Um welche Schwingungen es sich bei den neu entstandenen um 670 und 1350 cm–1 handelt, lässt sich nur vermuten: Lin-Vien et al.12) geben Ring-Deformationsbanden zwischen 600 und 700 cm–1 an und Substituenten-empfindliche Banden um 1300 cm–1. Welche Produkte genau vorliegen, lässt sich nur mit Spektroskopie oder Chromatografie ermitteln.<h2 type="main">Für die Absorptovoltammetrie: Geräte und Chemikalien</h2>Es wurden genutzt:Potentiostat μSTAT 400 (Metrohm/Dropsens),Faserspektrometer AVA AvaSpec-ULS2048XL-EVO-RS-UA (Avantes),Lichtquelle AVA AvaLight-DH-S-BAL (Avantes),bifurkale Faser BFY 200HS02, 200–1200 nm (Thorlabs).Software: DropView (DropSens/Metrohm), AvaSoft (Avantes) und Spectragryph (Dr. Menges).Screen-printed Elektroden: DRP 550 (Pt als Arbeits- und Gegenelektrode, Ag als Referenzelektrode), DRP 010 (Ag als Arbeitselektrode, C als Gegenelektrode, Ag als Referenzelektrode), DRP 250 Au-Bt (Au als Arbeitselektrode, Au als Gegenelektrode, Ag als Referenzelektrode), DRP 110 CNT (Kohlenstoff-Nanoröhren als Arbeitselektrode, C als Gegenelektrode, Ag als Referenzelektrode), DRP MH 110 (C mit Mikrolöchern als Arbeitselektrode, C als Gegenelektrode, Ag als Referenzelektrode).Thymolblau-Na-Salz (EG-Nr. 263–650–6, Carl Roth, keine H- und P-Sätze),Bromthymolblau (17778.0801, analytichem berndkraft, HP-Sätze P 280.1–3+5), Bromphenolblau (20091.0801, analytichem berndkraft, keine H- und P-Sätze),Phenolrot (EG-Nr. 205–609–7, Carl Roth, H: 315–335, P: 261–264–271–280–302+352–304+340+312),KCl (EG-Nr. 231–211–8, Carl Roth, keine H- und P-Sätze),KBr (EG-Nr. 231–830–3, Carl Roth, H: 319, P: 305+351+338).Lösungen: 0,1 mmol der untersuchten Substanz in 1 mmol KCl als Leitsalz. Zugabe von 0,1 mmol KBr-Lösung. Verwendet wurden jeweils 60 μL Lösung.<h2 type="main">Der Autor</h2>Achim Habekost war ab dem Jahr 2004 Professor für Chemie und ihre Didaktik an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg und ist mittlerweile im Ruhestand. Er studierte Chemie, Physik und Politik für das Lehramt an Gymnasien, promovierte und habilitierte sich an der Universität Hannover.<img alt="image" src="https://media.graphassets.com/SFku8dKbQkKu8kIZmyGd"><h2 type="main">AUF EINEN BLICK</h2>Die elektroorganische Synthese von Bromthymol- und Bromphenolblau läuft nach einem nicht-katalytischen Mechanismus.Bromthymolblau ist hier das Produkt aus Thymolblau und Brom, welches durch elektrochemische Oxidation aus Bromid entsteht.Ab einigen Minuten entstehen farblos-gelbliche Produkte. Welcher Art diese Substanzen sind, ist mit anderen Messverfahren zu klären.<ul class="references" cited="no" style="numbered" xml:id="nadc20244145057-bibl-0001"><li xml:id="nadc20244145057-bib-0001">1 P. Lanfermann, C. Weidmann, T. Schüler, T. Waitz, Int. Conference. New Perspectives in Science Education. 10th Conference Edition 2021, Filodiritto Publisher.</li><li xml:id="nadc20244145057-bib-0002">2 M. Ducci, Chemkon 2024, 31/1, 15</li><li xml:id="nadc20244145057-bib-0003">3 M. Ducci, Chemkon 2023, 30/4, 167</li><li xml:id="nadc20244145057-bib-0004">4 S. Schlücker (Ed.): Surface Enhanced Raman Spectroscopy, Analytical, Biophysical and Life Science Applications. Wiley-VCH, Weinheim 2011</li><li xml:id="nadc20244145057-bib-0005">5 E. Smith, G. Dent, Modern Raman Spectroscopy. A Practical Approach. Wiley, Hoboken 2019</li><li xml:id="nadc20244145057-bib-0006">6 P.C. Lee, D. Meisel, J. Phys. Chem. 1982, 86, 3391</li><li xml:id="nadc20244145057-bib-0007">7 M. T. F. Abedul, Laboratory Methods in Dynamic Electroanalysis. Elsevier, Amsterdam 2020.</li><li xml:id="nadc20244145057-bib-0008">8 D. Martin-Yerga, A. Perez-Junquera, M.B. Gonzalez-Garcia et al., Electrochim. Acta 2018, 264, 183</li><li xml:id="nadc20244145057-bib-0009">9 B. Schrader, Raman/Infrared Atlas of Organic Compound, VCH (2. Ed.). Weinheim 1989</li><li xml:id="nadc20244145057-bib-0010">10 J.B. Lambert, S. Gronert, H.F. Shurvell, D.A. Lightner, Spektroskopie. Strukturaufklärung in der Organischen Chemie. Pearson, München 2012</li><li xml:id="nadc20244145057-bib-0011">11 C.W. Gullikson, J.R. Nielsen, J. Molec. Spectr. 1957, 1, 158</li><li xml:id="nadc20244145057-bib-0012">12 D. Lin-Vien, N.B. Colthup, W.G. Fateley, J.G. Grasselli, The Handbook of Infrared and Raman Characteristic Frequencies of Organic Molecules. Academic Press, Boston 1991</li></ul>

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