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<h2>Unklarer Trendbericht Chemiedidaktik</h2>
Ein achtseitiger Trendbericht über “Chemiedidaktik 2011” [Nachr. Chem. 2012, 60, 352] ist eine große Chance, Fachleuten wie Nichtfachleuten einen fundierten und aktuellen Überblick zu verschaffen. Leider wurde diese Chance im März-Heft vertan. Solch ein Bericht sollte Diskussionen nachzeichnen, Entwicklungen zusammen fassen, neue Ansätze erfassen — nichts von dem gelingt hier.
Formal fällt auf, dass die Literaturangaben nur online verfügbar sind — 666 Quellenangaben! Alle anderen Trendberichte kommen dagegen mit wenigen Literaturangaben aus, die direkt beim Artikel stehen. Da im Text auf keine Literatur referenziert wird, können die Leser nicht erkennen, wo es sich um Thesen der Autoren handelt, wo um aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse, was neu ist und was alt bekannt.
Ein Beispiel dazu, wie unklar der Status von Aussagen in diesem Bericht ist: “Experimentalunterricht gilt als emotional … wirksam, wird aber in seiner tatsächlichen langfristigen Wirkung wohl überschätzt” (S. 353, Sp. 3 unten). Was meinen die Autoren mit dem Wörtchen “wohl”? Ist die Aussage Konsens in der Literatur oder eine These der Autoren?
Die Autoren bemerken an anderer Stelle: “Die bildhafte Präsentation von Sachverhalten hat nach ersten Ergebnissen positive Auswirkungen” (S. 353, Sp. 2 unten). Tatsächlich hat bereits im 17. Jahrhundert Comenius auf die Bedeutung der Anschaulichkeit beim Wissenserwerb hingewiesen, und dass ein Bild mehr sagt als tausend Worte, ist hinlänglich bekannt.
Ausgerechnet in diesem Trendbericht schwanken die Abbildungen dann zwischen Trivialität (Abb. 2 und 3) und Unvollständigkeit (in der Balkengrafik Abb. 4 wird gar nicht angegeben, wofür die Höhe der Balken steht). Eine ganzseitige Tabelle (S. 354) wird den Lesern ohne weitere Erläuterung hingeworfen. Dabei entspräche es doch wissenschaftlichen Mindeststandards, die Datengrundlage und Methodik solch einer Zusammenstellung zu benennen, sowie die daraus gezogenen Schlüsse darzulegen.
Durchgängig bleibt in diesem Trendbericht unklar, auf welcher Grundlage die Autoren zu ihren Schlussfolgerungen gelangen, auf welche Forschungsergebnisse anderer Wissenschaftler sie sich berufen und welche Ideen von ihnen selbst stammen. Ich wünsche mir für das nächste Jahr einen verständlichen und wissenschaftlich solide gearbeiteten Trendbericht zu diesem doch so spannenden und wichtigen Teil der Chemie.
Marc-Denis Weitze, Waakirchen
<a href="mailto:weitze@gmx.net">weitze@gmx.net</a>


<h2>Wimmelbilder</h2>
 Meine Bemerkungen betreffen das Bildformat bei Teilnehmern von GDCh-Veranstaltungen, die oft nur als farbliche Untermalung der Text-Berichterstattung wahrnehmbar sind. Die Krönung ist sicherlich die Darstellung von Besuchern eines Kolloquiums, die man höchstens zum Abzählen der Teilnehmer (150 ?) benutzen kann [Nachr. Chem. 2012, 60, 164]; aber auch die Abbildungen auf den Seiten 161, 177 und 183 im März-Heft der Nachrichten aus der Chemie könnte man als grenzwertig bezeichnen. Oft ist eine lineare Aufstellung für die Wiedergabe hinderlich.
Wahrscheinlich gibt es in diesen Fällen nur die Möglichkeit, einen Vortragenden oder einen Ausschnitt der Teilnehmer abzubilden, aber dann hat man die Qual der Wahl.
Hans-W. Schnecko, Hanau
<a href="mailto:HWSchnecko@t-online.de">HWSchnecko@t-online.de</a>
Nachrichten-Leser Hans Schnecko hat Recht. Die NCh-Autorenrichtlinien geben klare Empfehlungen. Red.


<h2>Alles Nano oder was?</h2>
Die EU veröffentlichte im letzten Jahr eine Empfehlung für die Definition von “Nanomaterial”. Das wäre danach jedes partikuläre Material mit mehr als 50 Partikelprozent (!) Nanopartikeln (<a href="http://eur-lex.europa.eu/JOHtml.do?uri=OJ:L:2011:275:SOM:DE:HTML" target="_blank">http://eur-lex.europa.eu/JOHtml.do?uri=OJ:L:2011:275:SOM:DE:HTML</a>). Man kann sich leicht ausrechnen, dass bei einem Pulver mit einer durchschnittlichen Korngröße von z. B. 10 µm ein Anteil von ca. 1 ppb (!) an Nanopartikeln dafür ausreichte. Da bei jedem Zerkleinerungsvorgang unweigerlich auch Nanopartikel entstehen, wäre damit jedes feinst-, fein- oder grobkörnige Material betroffen, ohne dass man ihm Nanopartikel zugesetzt hätte.
Könnte man dies noch für einen Aprilscherz halten, zeigt uns der französische Gesetzgeber, dass dem nicht so ist. Hier “<a href="http://www.developpement-durable.gouv.fr/Projet-d-arrete-relatif-au-contenu.html”" target="_blank">http://www.developpement-durable.gouv.fr/Projet-d-arrete-relatif-au-contenu.html”</a> wird der EU-Vorschlag dafür verwendet, um die Einfuhr eines jeden solchen Materiales registrieren zu lassen.
Das wird noch interessant.
Hans-Peter Hollwege, Cuxhaven
<a href="mailto:hp.hollwege@web.de">hp.hollwege@web.de</a>

Korrespondenz

Unklarer Trendbericht Chemiedidaktik Ein achtseitiger Trendbericht über “Chemiedidaktik 2011” [Nachr. Chem. 2012, 60, 352] ist eine große Chance, Fachleuten wie Nichtfachleuten einen fundierten und aktuellen Überblick zu verschaffen. Leider wurde diese Chance im März-Heft vertan. Solch ein Berich...

<h2>Neue Ansätze, Nanochemie zu erklären</h2>
Concepts of Nanochemistry. Von Ludovico Cademartiri, Geoffrey A. Ozin. Wiley-VCH, Weinheim, 2011. 261 Seiten, brosch. 39,— Euro. ISBN 978—3—527—32597—9
Concepts of Nanochemistry wurde als geradlinige Einführung in die Konzepte und Rezepte der Welt der Kleinheit verfasst und konzipiert. Chemie und Nanotechnologie sind stark miteinander verzahnt, die ständige Horizonterweiterung in der Materialchemie macht es aber oft schwer, Konzepte in dem Bereich miteinander zu verbinden und in Beziehung zu setzen. Dieses Buch liefert aktuelle Informationen und schafft es, eine Brücke zu schlagen zwischen Faszination und Möglichkeiten von Nanotechnologie sowie den wissenschaftlichen Grundlagen, welche die Einzigartigkeit von Nanomaterialien erklären.
Das Buch konzentriert sich auf Fallbeispiele von Nanomaterialien, die in den zurückliegenden zwei Dekaden eine herausragende Rolle für die Entwicklung des Bereichs gespielt haben. Dabei unterstreichen die Autoren, welche Bedeutung chemische Prozesse haben, um nanoskalige Materialien zu verstehen und zu entwerfen, gerade in einem Forschungsfeld, in dem es noch keine Nomenklatursysteme und Standardisierung gibt. Concepts of Nanochemistry könnte gerade angehenden Nanowissenschaftlern dienen, denn sie benötigen neue didaktische Ansätze, um Nanochemie und ihre Interdisziplinarität zu begreifen.
Der klaren Einführung in die Terminologie und größen- und skalenabhängige Effekte folgen die Konzepte der Nanochemie, basierend auf sechs Materialien: Silika, Gold, Polydimethylsiloxan, Cadmiumselenid, Eisenoxid und Kohlenstoff, mit einer starken Konzentration auf Herstellung und Charakterisierung der Baueinheiten. Das Buch zeigt die grundlegenden chemischen Strategien für die Entwicklung von Nanomaterialien und beschreibt einige Grundlagen der Selbstanordnung von Materialien über mehrere Längenskalen hinweg. Es verdeutlicht hierbei, wie kleinste Baueinheiten oder chemische Funktionalitäten sich spontan organisieren und so Strukturen erzwingen, die dann als maßgeschneiderte funktionelle Materialien dienen.
Dieser neue und visionäre Ansatz macht das Buch zu einem interessanten Lernmittel, um die Nanochemie zu verstehen. Das Glossar mit wichtigen Begriffen, grafischen Darstellungen und Phänomenen in Verbindung mit kniffligen Fragen am Ende der Kapitel, ruft die analytischen Fertigkeiten der Studenten ab und bringt ihnen die Potenziale der Nanochemie als Forschungsmotor näher.
In erster Linie für die Lehre entworfen, wird das Buch bei Studenten im fortgeschrittenen Studium oder zu Beginn der Promotion Anklang finden. Aber auch erfahrenere Wissenschaftler werden beim Durchblättern interessante Aspekte entdecken, jedoch möglicherweise Details und Tiefgang vermissen. Ebenso lassen die Autoren die Schwierigkeiten der Nanochemie bei der hochskalierte Materialsynthese außer Acht.
Das Buch zeigt Nanochemie als neue Disziplin, obwohl die Meinungen dazu unterschiedlich sein mögen. Daher empfiehlt sich die Entwicklung weiterer Lehrmittel für dieses Feld.
Sanjay Mathur, Köln


<h2>Weg vom reinen Auswendiglernen</h2>
Chemisches Grundpraktikum im Nebenfach.
Von Richard Göttlich, Siegfried Schindler, Parham Rooshenas. Pearson, München, 2011. 343 Seiten, brosch. 39,95 Euro. ISBN 978—3—86894—030—5
Vor mir liegt ein neues Praktikumsbuch Chemie im Nebenfach, gerichtet also in erster Linie an Naturwissenschaftler und Lehramtsstudenten. Braucht man ein derartiges Buch überhaupt? An den meisten Universitäten gibt es für diese Praktika eigene Skripten, die — das liegt in der Natur der Sache — sehr eng an den zu behandelnden Stoff angelehnt sind. Nun haben sich drei Professoren aus Gießen zusammengesetzt und auf Basis des dort durchgeführten chemischen Grundpraktikum für Nichtchemiker ein Buch geschrieben. Der Leser dieser Rezension wird sich primär die Frage stellen, ob es sich lohnt dieses Buch zu kaufen, vor allem, wenn man nicht in Gießen studiert.
Nun ist es an der Zeit, nach den Vorteilen zu suchen, die für die Anschaffung dieses Werkes sprechen. Da wäre zunächst einmal der Inhalt. Es werden die üblichen Themen abgehandelt, von der Laborsicherheit über rechnerische Grundlagen, Säuren, Basen, Redoxreaktionen, Komplexchemie, Elektrochemie, Mechanismen, Kinetik, Polymere, Fette, Aminosäuren, Kohlehydrate und vieles mehr. Das ist Standard und sollte so sein. Also kommt es darauf an wie diese Themen präsentiert werden. Hier scheinen die Autoren mit Pearson ein glückliches Händchen gehabt zu haben, denn das Layout dieser Serie kommt der Hauptintention abwechslungsreiche Stoffvermittlung wirklich voll und ganz entgegen. Sehr übersichtlich gestaltet, mit verschiedenen farbig hinterlegten Boxen und Zusatzangaben am Rand, da macht schon das Durchblättern Spaß, und man findet sich schnell zurecht. Einzig und allein das Papier ist ein wenig durchscheinend, dies ist wohl den Produktionskosten geschuldet.
Jedes Kapitel ist gleich aufgebaut: Auf prägnant formulierte Lernziele folgen, wo sinnvoll, Grundlagen und Informationen zum Hintergrund, nun kommt der eigentliche Stoff im Wechsel mit Versuchen und Anwendungsbeispielen dazu, abgerundet von Übungsaufgaben und ergänzenden Materialen (Videos zur Durchführung vieler Versuche und Handhabung von Geräten sowie die Lösung der Aufgaben) frei verfügbar im Internet. Hier liegt meines Erachtens eine große Stärke dieses Buchs.
Es wird stets versucht den Stoff in den Alltag einzubetten, der Leser erfährt über Anwendungen der Chemie, an die er in dieser Form bestimmt noch nicht gedacht hat. So wird erklärt, warum Arsen als beliebtes Gift plötzlich aus der Mode gekommen ist oder warum es sinnvoll ist, beim Hyperventilieren in eine Tüte zu atmen. Natürlich kann und will ein Praktikumsbuch kein Lehrbuch ersetzen, aber es kann Wissen auf interessante und spannende Art und Weise vermitteln, wie es bei Lehrbüchern in der Regel nicht üblich ist. Und genau da liegt, denke ich, ein weiterer Vorteil dieses Buchs.
Wenn die Autoren dazu beitragen können, die Chemie ein wenig vom Image des Auswendiglernens weg in Richtung Verständnis, Sinn und Bedeutung zu rücken, wäre sehr viel gewonnen. Ich denke, sie sind auf dem richtigen Weg.
Harald Lanig, Erlangen


<h2>Zukünftiges Referenzwerk der Nachhaltigkeit</h2>
Handbuch für nachhaltige Laboratorien. Hrsg. von Egbert Dittrich. Erich-Schmidt-Verlag, Berlin, 2011. 600 Seiten, geb. 178,— Euro.
ISBN 978—3—503—13053 5
Im Jahr 2009 wurde die Europäische Gesellschaft für Nachhaltige Labortechnologien Egnaton gegründet. Sie hat zum Ziel, Entwurf, Planung und Betrieb nachhaltiger Laborbauten zu fördern. Neben den “Egnaton Notes”, die monatlich erscheinen, ist das vorliegende Handbuch die erste Zusammenfassung von Artikeln, 32 Autoren haben dazu beigetragen. Das Buch ist in die Kapitel Laborgebäude und Laborausstattung, Labortechnische Gewerke, Nachhaltigkeit und Laborbetrieb, Normen und Prüfverfahren, Sicherheit im Labor sowie Laborbetrieb untergliedert. Es folgt eine Vorstellung der Autoren (13 Seiten) und ein kurzes Stichwortverzeichnis (3 Seiten).
Das Buch beginnt mit Typisierung und Flächenermittlung von Laboratorien. Die Kommunikation zwischen Planern und Nutzern als Grundlage für nachhaltiges Bauen findet nur wenig Platz. Brandschutzmaßnahmen wird ebenfalls Rechnung getragen, auch wenn dieser Punkt und insbesondere Nachhaltigkeit nur knapp angesprochen sind.
Der Planung der technischen Gebäudeausrüstung kommt aufgrund der Komplexität wesentliche Bedeutung zu, zumal Betriebs- und Energiekosten nicht zuletzt wegen der Lebensdauer (15 bis 30 Jahre) bei nicht bedarfsgerechter Planung nachhaltige Mehrkosten verursachen. Der Beitrag “Elektrische Installationen” führt die Grundzüge an, jedoch bleiben Hinweise auf Installationen, die sich auf die Nachhaltigkeit auswirken, etwa energiesparende Beleuchtung, auf der Strecke. Der Beitrag “Laborlogistik” ist hilfreich bei der Planung neuer und bei der Umgestaltung alter Laboratorien. Der kurze, aber sinnvolle Exkurs in Technika, Reinräume und Sicherheitslaboratorien zeigt die Bandbreite, mit denen Bauherren, Architekten und Planer rechnen müssen, gerade wenn es um Umnutzung und sich verändernde Nutzeranforderungen geht.
Der zweite große Block in diesem Buch betrifft labortechnische Gewerke, also Laboreinrichtung, Sondereinrichtungen, Sicherheits- und Zytostatikawerkbänke, Sicherheitsschränke aller Art sowie Laborarmaturen, Gasversorgungssysteme und Notduschen. Auch hier wären Überlegungen zur Nachhaltigkeit sinnvoll. Materialtabellen für Labormöbel und Tischplatten sind hilfreich. Weitere Hinweise auf relative Herstellungskosten, Lebensdauervergleiche und Entsorgungskosten zur Beurteilung der Nachhaltigkeit fehlen, ebenso wie bei Laborarmaturen.
Ein Kernkapitel ist der Abschnitt “Nachhaltigkeit und Laborbetrieb”. Der Beitrag “Konsequenzen der ENEV 2009 für Laboratorien” zeigt: Ohne detaillierte Kenntnis des Bauwerks und der darin ablaufenden Arbeiten ist ein Energieausweis für Laborgebäude absurd. Das zweite Kapitel in diesem Abschnitt zeigt die wesentlichen Prinzipien und Bauarten für Laborabzüge sowie Fehlerquellen, die einen sinnvollen, energiesparenden Einsatz von Laborabzügen einschränken. Das Kapitel “Sicherheit im Labor” beschreibt die Anforderungen der Versicherungsträger.
Im Laborbetrieb erweist sich dann, ob alle Beteiligten sorgfältig gearbeitet haben. Die Beispiele im Kapitel Laboroptimierung und Qualitätsmanagement können helfen, den Laborbetrieb in Richtung Qualität, Quantität und Nachhaltigkeit zu bringen.
Einige Tabellen im Buch verweisen auf Regeln und Normen zur weiterführenden Information, andere Hinweise auf einschlägige Texte sucht man jedoch außer in Kapitel V vergeblich. Der Leser sollte eigentlich davon ausgehen können, dass die Überschriften in den einzelnen Kapiteln auch als Stichwort im Verzeichnis erscheinen, was leider nicht oft der Fall ist. Kleine Formatfehler im Inhaltsverzeichnis sind hinnehmbar, ansonsten wurde sorgfältig Korrektur gelesen.
Fazit: Die Autoren haben eine ausführliche Zusammenfassung vorgelegt, was alles zur Nachhaltigkeit bei Laboratorien gehört. Diese Zusammenfassung ist noch verbesserungsfähig, aber — auch als späteres Referenzwerk — notwendig und hilfreich.
Wolfgang Hönle, Ettlingen


<h2>Über eine Variante der Strukturanalyse mit IR-Spektroskopie</h2>
Linearly Polarized IR Spectroscopy. Theory and Applications for Structural Analysis. Von Bojidarka Ivanova, Tsonko Kolev. CRC Press, Boca Raton, 2011. 218 Seiten, geb. Zirka 104,99 Euro. ISBN 978—1—4398—2559—4
E-Book: <ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.crcnetbase.com/doi/book/10.1201/b11197" target="_blank">www.crcnetbase.com/doi/book/10.1201/b11197</a></ext-link>
Polarisationsabhängige Infrarot-(IR)-Spektroskopie nutzt die Abhängigkeit der IR-Absorption von der Polarisationsrichtung der elektromagnetischen Strahlung. Durch den Lineardichroismus (LD) lassen sich Informationen über Symmetrien und die Vorzugsrichtung der molekularen Ordnung ableiten, welche die Zuordnung von IR-Banden und Aussagen über die molekulare Struktur ermöglichen. Mit Linearly Polarized IR Spectroscopy liegt nun eine Monografie über eine experimentelle Variante der IR-LD-Spektroskopie vor, bei der die Orientierung (Anisotropie) der Probe durch kolloidale Suspension in nematischen Flüssigkristallphasen erzielt wird [B. Ivanova et al., Spectrochim. Acta, Part A, 2004, 60, 855].
Kapitel 1 erläutert theoretische Grundlagen der IR-LD-Spektroskopie wie Symmetrieanalyse, Probenorientierung und besondere Phänomene in IR-Spektren von Kristallen (z. B. Fermi-Resonanz und Davydov-Aufspaltung). Experimentelle Aspekte, beispielsweise Probenpräparation, Validierung und mathematische Hilfsmittel, etwa Kurvenanpassung und Dekonvolution beschreibt Kapitel 2.
Kapitel 3 ist am kürzesten und gibt einen Überblick über bisherige IR-LD-spektroskopische Untersuchungen anorganischer Festkörper. Im ersten Abschnitt geht es um kristalline Oxide und Borate, im zweiten um Tellurit- und Boratglas. Strukturanalyse kristalliner organischer Verbindungen (Heterocyclen, Aminosäuren und biogene Amine) und deren Salze ist Gegenstand von Kapitel 4. Darin werden IR-LD-Spektren auf der Basis von Kristallstrukturanalysen und computerchemischen Untersuchungen diskutiert. Für einige Verbindungen werden zusätzlich UV/Vis- und Raman-Spektren hinzugezogen. Kapitel 5 zeigt Anwendungen in der Analytik pharmazeutisch relevanter Stoffe und stellt Untersuchungen zur Polymorphie von Paracetamol und Aspirin vor. Die Möglichkeit, die Methode auch zur quantitativen Bestimmung einzusetzen, wird unter anderem am Beispiel von b-Lactam-Antibiotika demonstriert. Morphinderivaten ist ein eigener Abschnitt gewidmet. In Kapitel 6 geht es um strukturelle Charakterisierung dipolarer Chromophore, die besonders für Materialien mit nichtlinearen optischen Eigenschaften von Interesse sind.
Das Buch enthält über 140 Abbildungen, im Innenteil zwölf davon in Farbe. Die Darstellung der Kristall- und Molekülstrukturen ist in einigen Fällen sicher verbesserungsfähig. Eine Angabe des Kodexes der Cambridge Structural Database für jede Struktur wäre ebenso hilfreich gewesen wie eine durchgehende Nummerierung aller präsentierten Verbindungen.
 Dennoch bietet die vorliegende Monografie eine gute Übersicht über den aktuellen Forschungsstand der IR-LD-Spektroskopie mittels Probenorientierung durch kolloidale Suspensionen in nematischen Flüssigkristallphasen. Dieses Buch ist vor allem empfehlenswert für Experten der IR-Spektroskopie, die sich mit der Strukturanalyse anorganischer und organischer Festkörper beschäftigen.
Rüdiger W. Seidel, Bochum

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