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Pro & Contra Lebensmittelverpackungen
Im Unverpacktladen: 84 Prozent Verpackung eingespart
Von Wiley-VCH zur Verfügung gestellt
Chrissi Holzmann findet: Die beste Verpackung ist die, die gar nicht erst entsteht.
Deutschland ist nicht nur Recycling-Weltmeister, sondern auch Spitzenreiter in Sachen Abfallproduktion. Der Großteil unseres Hausmülls besteht aus Verpackungen. Dazu kann man diverse Statistiken von Greenpeace, der Deutschen Umwelthilfe oder dem Umweltbundesamt betrachten – oder man blickt in den eigenen Mülleimer.
Fest steht: Wir leben im Europa des 21. Jahrhunderts. Wir sind keine Selbstversorger und müssen die Lebensmittel, die wir konsumieren, nach Hause bringen. Dafür sind Verpackungen an sich wichtig und richtig. Jedoch ist das Ausmaß, das sich Hersteller und Produzentinnen einfallen lassen, nicht nur irrwitzig, sondern oft auch unverantwortlich.
So wird Verbraucherinnen und Verbrauchern häufig mehr Inhalt vorgetäuscht, als sie tatsächlich bekommen. Sei es durch viel verpackte Luft (Stichwort Mogelpackung) oder auch durch ein extra schweres Glas. Dies schadet unserer Umwelt gleich zweifach: Der Transport setzt unnötige CO2-Emissionen frei, und das Mehr an Verpackung kostet Rohstoffe, Energie und landet nach seinem Weg nach Hause sofort in der Tonne. Mit etwas Glück wird recycelt, allerdings sind die Zahlen, vor allem was Kunststoff betrifft, eher ernüchternd: Derzeit werden lediglich elf Prozent der in Deutschland produzierten Kunststoffe im Verpackungsbereich aus Rezyklaten hergestellt. Sehr weltmeisterlich klingt das nicht.
Jede Verpackung – egal ob neu hergestellt oder recycelt – erfordert mehr oder weniger Rohstoffe, Energie, Wasser und Chemie. Sie wird verklebt, bedruckt, verpackt, transportiert. Eine Plastikverpackung bei uns im Supermarkt kann aus amerikanischem Erdöl gewonnen und in China hergestellt worden sein. Kunststoff hinterlässt außerdem Mikroplastik, welches im menschlichen Körper, in unserem Blut und in Plazentas nachgewiesen wurde. Wir wollen die Lebensmittel essen, nicht die Verpackung. Dass wir im Durchschnitt 5 Gramm Mikroplastik wöchentlich konsumieren, ist auf keiner Verpackung zu lesen.
Wie sinnvoll ist es, 15 Gramm Oregano in 16 Gramm Verpackung zu liefern? Muss es der probiotische Drink in winzigen 100-Milliliter-Fläschchen sein? Braucht es die Überverpackung von einzelnen Schokoladenwürfeln, nur, weil Ostern ist? Nicht alles, was Konsumentinnen und Konsumenten unbedarft kaufen, muss man zwangsläufig herstellen. Es sei denn, man setzt Profit als oberstes Ziel und vernachlässigt die Verantwortung gegenüber Umwelt und künftigen Generationen.
Denn genau diese sind die Leidtragenden: das Klima, unsere Böden und Gewässer, die nicht selten als letzte Umweltsenke für unsere Abfälle dienen. Und wir selbst: Die Kosten, die durch all diese Prozesse entstehen, tragen wir gesamtgesellschaftlich.
Nachhaltige Lebensmittelverpackungen haben weniger Material und weniger Ausstattung. Wie das idealerweise aussieht, zeigen in Deutschland rund 250 Unverpacktläden. Hier füllen die Betreiber und Betreiberinnen Produkte wie Nudeln, Nüsse und Kaffee aus Großgebinden in Spendergefäße ab. Die Kunden und Kundinnen bringen eigene Behälter mit, füllen die Lebensmittel in gewünschter Menge ab und vermeiden so Klein- und Kleinstverpackungen. Gleichzeitig fällt die Sekundärverpackung, die zwar für die Verbraucher nicht sichtbar ist, jedoch im konventionellen (Bio-)Lebensmitteleinzelhandel standardmäßig anfällt, komplett weg. Die durchschnittliche Verpackungseinsparung im Unverpacktladen liegt so bei 84 Prozent.
Liegt die Verantwortung über zukunftsfähiges Verpacken nur im Unverpacktladen? Oder ist es nicht generell Zeit für ein Umdenken im Handel(n)? Unstreitbar bleibt: Die beste Verpackung ist die, die gar nicht erst entsteht.
Die Autorin
Chrissi Holzmann ist Gründerin und Inhaberin des Unverpacktladens „Servus Resi“ in München. Seit dem Jahr 2023 engagiert sie sich im Vorstand des Vereins „Unverpackt – Verband der Unverpackt-Läden“ und vertritt die Interessen von fast 500 Mitgliedern. www.unverpackt-verband.de
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