Gesellschaft Deutscher Chemiker

Trendbericht Anorganische Chemie 2023

Hauptgruppen

Nachrichten aus der Chemie, Februar 2023, S. 46-57, DOI, PDF. Login für Volltextzugriff.

Von Wiley-VCH zur Verfügung gestellt

Hauptgruppen: Erdalkalimetalle werden in der Kugelmühle in die Mangel genommen; eine etablierte Aluminium(I)-Verbindung bekommt ein facettenreiches Add-On; ein Bismut-Radikalgenerator schmeißt den Turbo an, und SO2+-Ionen spalten C-F-Bindungen. Nebengruppen, Bioanorganik und Koordinationschemie: Der erste in Lösung beobachtbare σ-Methankomplex; Rekorde für die Magnetisches-Blocking-Temperatur; Titan hilft, Ethylen in terminale Olefine einzubauen, und Erkenntnisse, was ein Austausch von Schwefel gegen Selen in Enzymen bewirkt.

Anorganische Molekülchemie

Gruppe 1 – Alkalimetalle

Käufliche Lithiumquellen wie hochreaktives Lithiumpulver sind aufgrund der hohen Nachfrage – speziell im Batteriesektor – immer schwieriger erhältlich und zunehmend teuer. Daher ist eine Alternative für Organolithiumchemiker erstrebenswert. In diesem Zusammenhang berichtete eine Gruppe um Thomas über einen Durchbruch: Sie synthetisiert hochreaktive kristalline Lithiumdendriten aus Lithiumstäben in flüssigem Ammoniak. Die Dendriten eignen sich, um Organolithiumverbindungen herzustellen, und ebnen den Weg zu weiteren Anwendungen.1)

Auch für bekannte Alkalimetallverbindungen gibt es vielversprechende neue Anwendungen, wie die Arbeitsgruppen Plajer und Hevia zeigen. Erstgenannte berichtet von Lithiumbenzolat und Lithiumhexamethyldisilazid als hocheffektive Katalysatoren für Ringöffnungspolymerisationen, mit denen sich Poly(ester-alt-ester-alt-trithiocarbonate) herstellen lassen.2) Die Gruppe Hevia nutzt Natrium-2,2‘,6,6‘-tetramethylpiperidin zur regioselektiven Borylierung nicht aktivierter Arene.3)

Gruppe 2 – Erdalkalimetalle

„Unter die Räder kommen“ muss nichts Schlechtes sein – zumindest in einer Kugelmühle, wie für Erdalkalimetallchemie gezeigt wurde. Einer Arbeit von Harder und Mitarbeitenden zufolge lässt sich in einer Kugelmühle aus einem halogenierten Amidinatomagnesium-Komplex mit einem zusätzlichen cyclischen Alkyl-Amino-Carben-Liganden und K/KI als Reduktionsmittel die korrespondierende hochreaktive Radikalverbindung in Form schwarzer Kristalle isolieren (Abbildung 1).4) Erwartungsgemäß ist die Spindichte hauptsächlich auf dem Carbenliganden lokalisiert, wobei die Reaktivität aber die eines niedervalenten Magnesiumkomplexes widerspiegelt.

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Reaktion des carbenstabilisierten Amidinatomagnesiumiodidokomplexes mit K/KI in einer Kugelmühle und Molekülstruktur des hochreaktiven Reaktionsprodukts.

Ebenfalls mit der Kugelmühle und mit elementarem Calcium stellten Ito, Kubota und Mitarbeitende auf direktem Weg Calcium-Grignard-Reagenzien her, ohne präaktiviertes Calciummetall mit Aryliodiden umzusetzen. Diese Synthesen funktionieren an Luft und ermöglichen elektrophile Kreuzkupplungen, die mit bisherigen Grignard-Reagenzien nur schwer realisierbar waren.5) Es wird sich zeigen, ob sich solch mechanochemische Ansätze auch zur Synthese anderer niedervalenter und schwer zu handhabender Verbindungen eignen.

Zu niedervalenter Magnesiumkomplexchemie berichten Stasch und Mitarbeitende vom Einfangen eines Ketons durch ein Magnesium(I)-Dimer. Dieses enthält einen neuartigen b-Diketiminliganden, sodass das Keton zwischen den Magnesiumzentren zum reaktiven vicinalen C,O-Dianion aktiviert wird (Abbildung 2). Dies veranschaulicht die direkte Umpolung des Ketons und erklärt dessen Reaktivität, unter anderem in C–H-Aktivierungsreaktionen.6)

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Molekülstruktur des Dimagnesium-Keton-1,2-diid-Komplexes (für bessere Übersichtlichkeit sind nur die ipso-Kohlenstoffatome der flankierenden 2,6-iPr-C6H3-Gruppen gezeigt).

Im Jahr 2021 wurde erstmals über Distickstoff-Aktivierung mit einer Calciumverbindung berichtet. Im Jahr 2022 legte eine Gruppe um Maron und Jones noch einen drauf: Sie berichtet von einem aktivierten Distickstoffkomplex des selben Elements. Diese Spezies lässt sich durch einen spezifisch substituierten dreizähnigen N,O,N-Liganden am Calcium isolieren. Die anschließende Reduktion des neutralen Vorläufers mit K/KI liefert die Zielverbindung. Spektroskopische und quantenchemische Methoden bestätigen die Aktivierung der zentralen Distickstoffeinheit (Abbildung 3).7)

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Molekülstruktur des Calciumkomplexes mit aktivierter Distickstoffeinheit (für bessere Übersichtlichkeit sind die flankierenden Cyclohexylgruppen reduziert dargestellt).

Die Funktionalisierung des attraktiven C1-Bausteins Kohlenstoffmonoxid bleibt für viele Forschungsgruppen ein wichtiges Ziel. Wie Hadlington und Szilvási in ihrer Arbeit zeigen, sind dimere Berylliumhydridkomplexe – eine bisher wenig untersuchte Verbindungsklasse – reaktiv gegenüber CO. Dies macht etwa ungewöhnliche dimere Formylkomplexe des Berylliums zugänglich (Abbildung 4).8)

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Exemplarische Synthese eines dimeren Berylliumhydridkomplexes und dessen Reaktivität gegenüber CO.

Gruppe 13 – Triele

Die Aluminium(I)-Verbindung [AlCp*4] liefert in einer Salzmetathese mit Li[Al(OC(CF3))4] den kationischen niedervalenten Aluminiumcluster [Al(AlCp*3)3]+, wie Krossing und Team berichten. Der Cluster lässt sich als nacktes Al+-Ion mit drei AlCp*-Liganden beschreiben und liegt in gering konzentrierten Lösungen monomer vor (Abbildung 5).9)

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Molekülstruktur der [Al(AlCp*3)]+-Einheit.

Ein unter Standardbedingungen stabiles aromatisches Zwei-Elektronen-Ringsystem, aufgespannt von fünf Atomen? Dieses Kunststück gelang Kretschmer und Team, indem sie eine niedervalente Galliumspezies mit Bis(trimethylsilyl)methanid umsetzten. Dabei entsteht ein aromatisches Cyclopentagallen (Abbildung 6).10)

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Synthese und Molekülstruktur des aromatischen Cyclopentagallens.

Eine Forschungsgruppe um Gillard stellte Boreniumionen her, die nicht nur luftstabil sind, sondern auch erstmals Thermolumineszenz zeigen. Dies wird durch die Carbodicarben-Stabilisierung der Borzentren in den synthetisierten Borafluoreniumionen möglich (Abbildung 7).11)

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Synthese thermolumineszierender Borafluoreniumionen.

Die etablierten Borole und die ungewöhnlichen Borapyramidane stehen in enger chemischer Beziehung und lassen sich sogar ineinander überführen. Dies hat ein Team um Erker demonstriert. Das dargestellte neutrale Borapyramidan ist isolobal zum organischen kationischen Pyramidan C5H5+ und entsteht durch Photolyse eines spezifisch substituierten Borols, das dabei Dimethylsulfid abspaltet. In Anwesenheit des Abspaltungsprodukts lässt sich das Borapyramidan wieder in das entsprechende Borol umwandeln (Abbildung 8).12)

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Umwandlung der konstitutionellen Isomere Borol und Borapyramidan.

Das Zusammenspiel moderner Synthesestrategien der molekularen Hauptgruppenchemie manifestiert sich in einer Arbeit der Gruppe um Greb. Sie synthetisiert mit einem makrocyclischen Calix[4]pyrrolato-Liganden anionische quadratisch planare Galliumkomplexe. Diese Abweichung von der klassisch tetraedrischen Koordinationsumgebung vierfach koordinierter Triele stärkt die Lewis-Acidität am Zentralelement. Solche Systeme erlauben unter reversibler Dearomatisierung und Aromatisierung des Liganden, Kohlenstoffdioxid zu aktivieren. Der Ligand lässt sich durch Protonierung in der zweiten Koordinationssphäre modifizieren, was die Reaktivität gegenüber Substraten erhöht, welche von der Ausgangsverbindung nicht aktiviert werden (Abbildung 9).13)

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Molekülstruktur eines Calix[4]pyrrolatogallats und die reversible Aktivierung von Kohlenstoffdioxid.

Die Chemie anionischer Aluminiumkomplexe in der Oxidationsstufe +I entwickelt sich auch in diesem Jahr weiter. So berichten Kinjo und Mitarbeitende von einem cyclischen Alkylaminoaluminyl-Anion und dessen Reaktion mit einem sterisch anspruchsvollen Diaryldiazomethan-Derivat. Dieses ermöglicht, eine außergewöhnliche Verbindung mit ausgeprägtem Aluminium-Kohlenstoff-p-Bindungscharakter herzustellen (Abbildung 10, S. 50).14)

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Molekülstruktur der anionischen Aluminiumverbindung mit exocyclischer Al=C-π-Bindung (für bessere Übersichtlichkeit sind nur die ipso-Kohlenstoffatome der flankierenden 3,5-tBu-C6H3- Gruppen des zweizähnigen N,C-Liganden gezeigt).

Wie Liu und Mitarbeitende gezeigt haben, reduziert die zusätzliche Koordination eines Carbens an ein neutrales Aluminylen dessen Homo-Lumo-Lücke. Folglich lassen sich mit dieser zu Carbenen isoelektronischen Spezies Arene aktivieren, die gegenüber der Ausgangsverbindung inert sind.15)

Braunschweig hat mit seiner Gruppe eine Eintopfsynthese für ein unsymmetrisches cyclisches Diboren vorgestellt, das von zwei cyclischen Alkyl-Amino-Carbenen stabilisiert wird. Dieses Arrangement führt zu einem System mit kleiner Homo-Lumo-Lücke (2,18 eV) und ermöglicht unter anderem, selektiv weißen Phosphor zu aktivieren. Dabei entsteht ein Komplex mit einer B2P2-Butterfly-Untereinheit (Abbildung 11).16)

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Darstellung des Diboren-Komplexes und dessen Reaktivität gegenüber weißem Phosphor.

Im Kontrast zu den beschriebenen homogenen Beispielen bereichern Andrada und Mitarbeitende in diesem Jahr die Gruppe der heterogenen Mehrfachbindungssysteme mit einem Phosphaboren. Dieses entsteht durch eine 1,2-Eliminierung aus einem in situ hergestellten Präkursor in Anwesenheit eines N-heterocyclischen Carbens. Die am Phosphor lokalisierte Trimethylsilylfunktionalität ermöglicht viele Folgereaktionen, welche formal den Transfer der Phosphaboreneinheit auf molekulare Fragmente der Gruppen 13 bis 15 beinhaltet (Abbildung 12).17)

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Darstellung des Phosphaborens und sequenzielle Reaktion mit Galliumtrichlorid und einem N-heterocyclischen Carben.

Gruppe 14 – Tetrele

Bei den Tetrelen gab es einen Rekord: Das Team um Lips synthetisiert einen anionischen Siliconoidcluster. Dieser enthält sieben Siliciumzentren, von denen drei Amidosubstituenten tragen. Das apikale Siliciumatom liefert eine Rekord-29Si-NMR-Resonanz im niedrigen Frequenzbereich von –414 ppm.18)

Die wenigen bekannten Beispiele isolierter Verbindungen mit Silicium-Silicium-Dreifachbindung wurden im Jahr 2022 um ein Bis-N-heterocyclisches-Boryl-Derivat erweitert. Die Synthese umfasst die ungewöhnliche Reaktion eines N-heterocyclischen Silylens zu einem N-heterocyclischem-Boryl-Silan. Anschließend reduziert Lithium diese Verbindung zum Disilin (Abbildung 13).19) Bemerkenswerterweise reagiert das Disilin selektiv mit Diwasserstoff zum enstprechenden Dihydrodisilen.

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Synthese des Disilins und dessen Molekülstruktur.

Hicks und Mitarbeitende isolierten die erste komplette Serie von Radikalanionen der Elemente Germanium, Zinn und Blei in der Oxidationsstufe +I. Spektroskopie und quantenchemische Rechnungen stützen die Annahme, dass das Radikal jeweils an den Trielelementen zentriert ist. So haben die bisher wenigen Beispiele auf diesem Gebiet großen Zuwachs erhalten (Abbildung 14).20)

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Darstellung einer Serie von Radikalanionen durch Ein-Elektronen-Reduktion der Tetrylen- Vorläuferverbindungen.

Um erstmals ein zweifach koordiniertes Stannylon – eine Zinnverbindung in der Oxidationsstufe Null mit zwei Elektronenpaaren am Zinn-Zentrum – herzustellen, mussten Driess und Mitarbeitende kreativ werden. Denn klassische reduktive Routen, die von Dihalogenid-Vorläuferverbindungen ausgehen, waren nicht erfolgreich. Erst durch Reduktion eines Stannylon-Eisencarbonyl-Präkursorkomplexes gelang es, dieses Stannylon zu isolieren (Abbildung 15).21)

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Synthese und Molekülstruktur des zweifach koordinierten Stannylons.

In eine ähnliche Richtung geht eine Arbeit von Inoue und Mitarbeitenden. Sie gingen von Chlorotetrylenen des Germaniums und Zinns aus, die mit N-heterocyclischen Iminen substituiert sind. Deren Reaktionsprodukte mit Na2Fe(CO)4 haben eine interessante Eigenschaft: Die Bindungssituation der erhaltenen Komplexe in Lösung unterscheidet sich von der im Festkörper. Es zeigt sich entweder die Monokoordination eines Gruppe-14-Zentrums an das Eisencarbonyl, was der Beschreibung als Tetrylen-Tetrylon-Eisenkomplex entspricht, oder die Eisencarbonyleinheit liegt verbrückend vor.22)

Die allgemeine Tendenz von Distannenen, in Lösung und in der Gasphase zu den monomeren Stannylenen zu dissoziieren, lässt sich durch ausgeprägte attraktive London-Dispersions-Wechselwirkungen in [Sn(C6H2–2,4,6-Cy)2]2 (Cy = Cyclohexyl) umgehen (Abbildung 16).23) Die Trans-bent-Struktur dieses Distannens deutet eine schwache, nichtklassische Doppelbindung zwischen den Zinnatomen an. Diese Beschreibung wird durch Natural-Bond-Orbital-Analysen gestützt.

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Molekülstruktur des in Lösung durch attraktive London-Dispersionen stabilisierten Distannens [Sn(C6H2–2,4,6-Cy)2]2.

Zu den Mehrfachbindungssystemen zwischen schwereren Gruppe-14- und -15-Elementen trägt eine Gruppe um Zhu und Tan bei: Sie berichtete von phosphinstabilisierten Germylidenpnictinidenen. Diese formalen schwereren Analoga der Nitrile beziehungsweise Isonitrile reagieren mit Alkinen.24)

Gruppe 15 – Pnictogene

Das Interesse an binären Stickstoff-Kohlenstoff-Hochenergiematerialien ist ungebrochen hoch, und die Jagd nach neuen Substanzen mit größtmöglichem Stickstoffanteil geht weiter. Die Gruppe um Klapötke stellte in einer Dreistufensynthese 2,2‘-Azobis(5-azidotetrazol) her, eine hochexplosive NC-Verbindung mit einem N:C-Verhältnis von 8:1 (Abbildung 17). C2N16 ist das erste Beispiel einer heterocyclischen Verbindung mit acht aneinandergereihten Stickstoffatomen und einem Stickstoffanteil von 90 Prozent.25)

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Umsetzung von Natriumazid und Bromcyan zum 5-Azidotetrazol. Aminierung mit ortho-Tosylhydroxymamin (THA) zum 2-Amino-5-azidotetrazol und finale Oxidation zum 2,2‘-Azobis(5-azidotetrazol).

Das einfachste Dioxophosphoran, PHO2, haben die Gruppen um Petković, Frenkling und Vidović als CDT-Addukt hergestellt (CDT = Hexaphenylcarbodiphosphoran). Diese Verbindung ist ein ausgezeichnetes Phosphonylierungsreagenz und erlaubt, PHO2 auf Alkohole, Amine, Carbonsäuren und Wasser zu übertragen.26)

Auffrant und Gandon haben mit ihren Gruppen gemeinsam über die Darstellung eines seltenen Diphosphazeniumkations berichtet (Abbildung 18). Dies ist eine cyclische, divalente Stickstoff(I)-Verbindung, die isoelektronisch zu Carbodiphosphoranen ist. Die Synthese verläuft über die oxidative Dealkylierung eines Iminophosphoran-Phosphols durch ein Silber(I)-Salz. Dichtefunktionaltheorierechnungen belegen den niedervalenten Charakter des Stickstoff(I)-Zentrums.27)

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Darstellung eines Diphosphazeniumkations durch oxidative Dealkylierung eines Iminophosphoran-Phosphols.

Fluor-Stickstoff-Kationen sind vielseitig anwendbar: Sie eignen sich als starke Oxidationsmittel, als Bausteine für Materialien mit hoher Energiedichte oder als NF3/F2-Generatoren für chemische Laser. Eine Gruppe um Christe hat nun die Kristallstrukturen der Kationen [NH3F]+, [NH2F2]+ und [N2F3]+ bestimmt. Auf Basis ihrer Ergebnisse lässt sich eine klare Tendenz der N–F-Bindungslänge in der Reihe N2F+, N2F3+, NF2O+ NH3F+, NH2F2+ und NH4+ erkennen: Mit steigender Zahl an Fluorsubstituenten und wachsendem s-Charakter des Stickstoffzentrums sinkt der N–F-Abstand von 1,40 Å (N2F+) auf 1,26 Å (NH4+).28)

Die Zersetzung von Wasser zu elementarem Wasserstoff H2 (Wasserreduktion) ist der wichtigste Schritt der Wasserstoffproduktion. Als besondere Herausforderung hierbei gilt, ein Proton selektiv zum reaktiven Hydrid H- zu reduzieren. Im Gegensatz zu Übergangsmetallkatalysatoren schienen Hauptgruppenelemente hierfür bislang ungeeignet. Shang hat Synthese und Reaktivität eines Frustrated-Lewis-Pair(FLP)-Systems dafür beschrieben: Unter Normalbedingungen reagiert das ortho-phenylenverbrückte, bisboranfunktionalisierte Phosphin stöchiometrisch mit Wasser zu H2 und dem entsprechenden Phosphinoxid. Einzigartig ist der Mehrzentren-Elektron-Übertragungsmechanismus, der ein Elektronenpaar von OH- auf H+ überträgt. Dies geschieht durch eine FLP-initiierte H+/H--Umpolungsreaktion (Abbildung 19).29)

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Wasserstoffproduktion durch eine H+/H--Umpolungsreaktion in einem FLP-System.

Phosphorylnitrid (NPO) ist das Monophosphoranalogon zu Lachgas N2O. NPO ist eine hochreaktive Verbindung, die bisher nur unter Matrixisolationsbedingungen hergestellt wurde. Ein Team um Cummins hat nun ein molekulares Synthon [N3P(O)A] (A = Anthracen) hergestellt, das NPO gezielt in Lösung freisetzt (Abbildung 20). Die Verbindung reagiert mit Tricyclohexylphosphin und Tris(pentafluorophenyl)boran zu Cy3P−NP(A)O−B(C6F5)3. Die photochemisch initiierte Abspaltung von Anthracen führt schließlich zu Cy3P+−N=P−O−B(C6F5)3, einem FLP-stabilisierten NPO-Komplex.30)

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Molekülstrukturen von [N3P(O)A] (A = Anthracen) (links) und dem FLP-stabilisierten NPO-Komplex (rechts).

Die Aktivierung von Ammoniak und dessen energieökonomische Umwandlung in stickstoffhaltige molekulare Bausteine ist eine große Aufgabe. Besonders attraktiv scheinen Synthesemethoden ohne Metallkatalysatoren. Zwei Gruppen haben wichtige Beiträge zu dieser Herausforderung geliefert: Weigend, Hering-Junghans et al. aktivieren Ammoniak (sowie primäre und sekundäre Amine) mit Phospha-Wittig-Reagenzien der Art ArPPMe3.31) Abbenseth, Townrow und Goicoechea stellen ein NSS-Pincer-stabilisiertes Phosphin mit ähnlicher Reaktivität vor. Diese Verbindung reagiert sogar thermoneutral und reversibel mit Ammoniak (Abbildung 21).32)

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N-H-Bindungsaktivierung mit a) Phospha-Wittig-Reagenzien und b) einem geometrisch gespannten Phosphin.

Die Umsetzung von Trinatriumphosphid Na3P (das aus rotem Phosphor und Natrium dargestellt werden kann) mit Chlorosilanen wie SiCl4 oder Ph3SiCl liefert Salze der Form Na[P(SiCl3)2] beziehungsweise Na[P(SiPh3)2]. Während [P(SiCl3)2] ein schwaches Nucleophil ist, ist [P(SiPh3)2] ein vielseitiges Reagenz, etwa um Phosphaalkene oder Cyano(triphenylsilyl)phosphanid herzustellen. Letztgenanntes hat eine ungewöhnliche Reaktivität und ermöglichte es Le Corre und Grützmacher, die erste terminale AgI-Phosphidverbindung herzustellen (Abbildung 22).33)

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Darstellung von Cyano(triphenylsilyl)phosphanid und dessen Reaktivität gegenüber einigen Münzmetallkomplexen.

Schneider und Hänisch beschreiben die erstmalige Synthese von tBuSbH2 und MeBiH2. tBuSbH2 wird als Gallastiban durch Reaktion mit (Dipp2NacNac)Ga stabilisiert und isoliert (Dipp2NacNac = HC{C(Me)N(Dipp)}2; Dipp = 2,6-iPr2C6H3). Dieses ist im Gegensatz zu tBuSbH2 (Zersetzung zwischen - 8 °C und +1 °C) mehrere Tage bei Raumtemperatur und Tageslicht stabil. Die In-situ-Stabilisierung von MeBiH2 mit (Dipp2NacNac)Ga liefert {(Dipp2NacNac)GaH(BiMe)}2, das sich sogar bei - 32 °C zu elementarem Bismut zersetzt.34)

Cornella hat mit seiner Gruppe schon in einigen Arbeiten die katalytische Redoxaktivität von Bismutverbindungen gezeigt. Eine neue Veröffentlichung berichtet nun über die radikalische Aktivierung von N-H- und O-H-Bindungen an Bismut(II)-Zentren. Abbildung 23 zeigt die Molekülstruktur eines Radikalgenerators. Dieser Komplex enthält eine äußerst labile Bi-O-Bindung und ermöglicht die In-situ-Darstellung einer BiII-Verbindung, die selektiv sowohl Wasser als auch einige Alkohole und Amine aktiviert.35)

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Molekülstruktur eines Bismutradikalgenerators.

Shimada, Yin und Choe haben durch Reaktion von BiCl3 mit N(CH2{2-LiC6H4})3 die ersten trivalenten Tricarbabismatrane synthetisiert. Diese Verbindungen sind nicht luftstabil, lassen sich aber durch Oxidation mit XeF2 in stabilere, pentavalente Tricarbabismatrane überführen (Abbildung 24).36)

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Molekülstruktur eines pentavalenten Tricarbabismatrans.

Seit der Entdeckung des Tritylradikals Ph3C· vor mehr als 120 Jahren versuchen Chemiker, stabile Radikale zu isolieren. Die Gruppe um Benkő hat nun die Stabilität cyclischer Phosphinylradikale untersucht und synthetische Zielverbindungen vorgeschlagen. Wichtig für die praktikable Verwendung solcher Radikalverbindungen ist ein Gleichgewicht zwischen Reaktivität und Stabilität. Dies lässt sich über die Substituenten nahe des Phosphoratoms und eine angepassten Eletronendelokalisierung einstellen, überraschenderweise aber auch über die Ringgröße der cyclischen Radikale. Diese Ergebnisse sind wegweisend für die Entwicklung neuer Phosphorradikale, welche als Photoinitiatoren in Polymerisationen oder als molekulare Bausteine für Materialien dienen.37) Schließlich unterstreicht diese Arbeit den Wert theoretischer Voruntersuchungen, um stabile Zielverbindungen zu identifizieren – ein Vorgehen, das Zeit und Geld sparen kann.

Kelemen und Pietschnig haben mit ihren Gruppen [2]Ferrocenophane zu eindimensionalen Phosphorketten polymerisiert. Eine Salzmetathese zwischen 2,6-di(isopropyl)Phenyllithium und 1,1‘-bis-(dichlorophosphino)Ferrocen lieferte das erste isolierte arylsubstituierte Diphospha[2]Ferrocenophan. Erwärmen eines tertbutyl-substituierten Derivats führt durch P-C-Bindungsspaltung und intramolekulare Umlagerung zu einem einzigartigen P-P-bis-[3]Ferrocenophan. Das Tetraphosphan enthält eine kolineare all-trans-Kette von vier Phosphoratomen und liegt trotz der aneinandergereihten Chilaritätszentren nur als ein Diastereomer vor. Es eignet sich durch σ-Konjugation als Baustein für anorganische Polymere.38)

Gruppe 16 – Chalkogene

Chalcogenfluoride des Typs EFx (E = S, Se, Te; x = 2, 4) sind sehr reaktiv, schwierig zu handhaben und dazu recht giftig. Beckmann hat mit seiner Gruppe erforscht, wie sich kristalline Donor-Akzeptor-Komplexe der Chalcogendifluoride EF2 (E = S, Se) und -tetrafluoride EF4 (E = Se, Te) herstellen lassen (Abbildung 25). Kernpunkt der Synthese ist XeF2 zur Oxidation von Imidazol-2-thion, -selenon oder -telluron. Letztgenanntes reagiert mit XeF2 zu einer metastabilen ionischen Verbindung, die sich langsam in ein abnormales N-heterocyclisches Carben umwandelt.39)

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Darstellung und Reaktivität von NHC-Komplexen der Chalcogendifluoride EF2 (E = S, Se) und -tetrafluoride EF4 (E = Se, Te).

Anorganische (ionische) Ozonoide [M][O3] enthalten das hochreaktive O3-Ion. Einfache Salze lassen sich durch Reaktion von Alkalimetall-Superoxiden mit O2/O3-Gasmischungen darstellen. Gruppen um Jansen und Riedel stellen zwei Synthesemethoden vor, die vielfältige ionische Ozonoide ermöglichen. So lässt sich [NMe4][O3] durch Reaktion von [NMe4][O2] mit [Cs][O3] in flüssigem Ammoniak herstellen. Bedeutend ist die Löslichkeit der Produkte in Ammoniak, die eine saubere Trennung vom Reaktionsgemisch ermöglicht. Eine alternative Route verläuft über den Ionenaustausch des Alkalimetallkations durch ein Alkylammoniumion. [NEt3Me][O3] ist ein interessantes Edukt für die anorganische Ozonidchemie: Es ist sehr gut löslich in Ammoniak oder Acetonitril und lässt sich kurze Zeit bei Raumtemperatur handhaben.40)

Patrov präsentierte mit seiner Gruppe die Synthese des sterisch gehinderten Tellur(IV)catecholats Te(Cat)2 (Cat = 3,6-di-tert-butyl-catecholat). Die Verbindung lässt sich auf zwei Wegen herstellen: Entweder durch Reaktion von 3,6-Di-tert-butyl-o-benzochinon mit amorphem Tellur oder durch Salzmetathese zwischen TeCl4 und K2Cat (Abbildung 26). Das Tellurzentrum ist leicht Lewis-sauer und bildet mit Lösungsmittelmolekülen oder anderen Lewisbasen dimerisierende Addukte. Solch heterocyclische Verbindungen mit Tellur gelten als interessante Bausteine für funktionelle Materialien wie organische Leds oder Polymere mit „kleiner“ Bandlücke.41)

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Darstellungsmethoden eines Tellur(IV)catecholats.

Seit der Synthese des Benzophenonketylradikals durch Paul, Schlenk et al. Anfang des 20. Jahrhunderts wissen wir: Aromatische Ketone lassen sich mit Alkalimetallen zu Ketylradikalen reduzieren. Thioketylradikale dagegen sind weitaus reaktiver und weniger erforscht. Schulz et al. haben nun stabile Phosphanylthioketylradikale isoliert und deren Reaktivität erforscht. Die Thioketylradikalanionen des Typs M+[Ter(iPr)P-C(=S)-P(iPr)2S]·- (M = Na, K; Ter = 2,6-bis-(2,4,6-trimethylphenyl)phenyl) sind bei Raumtemperatur stabil und lassen sich durch Reduktion von Ter(iPr)P-C(=S)-P(iPr)2S mit Natrium oder Kalium darstellen.42)

Andrews, De Backere und Stephan haben aus SOCl2 und MeSiO3SCF3 hochreaktive SO2+-Ionen synthetisiert. Diese Dikationen lassen sich durch pyridinartige Liganden stabilisieren und als Salze isolieren. Sie verfügen über eine Lewis-Acidität, die der von BF3 und PF5 ähnelt. Sie eigen sich zum Beispiel, um C-F-Bindungen in Fluoroalkanen zu aktivieren (Abbildung 27).43)

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Darstellung und Lewis-katalytische Aktivität basenstabilisierter SO2+-Ionen.

Gruppe 17 – Halogene

Leito, Roemelt, Suna und Francke berichten mit ihren Gruppen gemeinsam über die weitgehend unerforschte Reaktivität hypervalenter Brom(III)-Verbindungen. Diese sind im Allgemeinen nicht nur schwierig (aus giftigem und reaktivem BrF3) darzustellen, sondern auch schwierig zu handhaben. Eine Alternative sind chelatstabilisierte λ3-Brom(III)-Verbindungen. Diese lassen sich durch Elektrooxidation der entsprechenden Bromarene synthetisieren. Während der Chelatligand das hochreaktive Brom(III)-Zentrum stabilisiert, bleibt dessen Reaktivität gleichzeitig erhalten und lässt sich durch eine Säure wie Trifluormethansulfonsäure reaktivieren.44)

Fluorierte organische Verbindungen sind wichtige Bausteine für diverse Materialien sowie pharmazeutische und landwirtschaftliche Produkte. Die gezielte Fluorierung einer Verbindung ist eine synthetische Herausforderung und die Entwicklung neuer Methoden daher wichtig. Sander und Braun haben neue Katalysatoren zur selektiven Hydrofluorierung von Alkinen zur Darstellung von (Z)-Fluoroalkenen entwickelt. Es handelt sich hierbei um Platin(II)polyfluoridokomplexe (Beispiel siehe Abbildung 28). Diese Katalysatoren generieren in Gegenwart von Et3N·HF als HF-Quelle selektiv (Z)-Fluoroalkene.45)

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Molekülstruktur des Platin(II)polyfluoridokomplexes mit koordiniertem HF.

Tlili aktivierte mit seinem Team katalysatorfrei das Treibhausgas SF6 mit sichtbarem Licht. Die Zwei-Elektronen-Aktivierung von SF6 durch Reaktion mit käuflich erhältlichem Tetrakis(dimethylamino)ethylen (TDAE) liefert ein neuartiges Fluorierungsmittel. Dieses SF5-Reagenz eignet sich zur Deoxyfluorierung von CO2 und zur fluorinativen Entschwefelung von CS2. Beide Prozesse liefern die schwer herzustellenden fluorinierten Amine (Abbildung 29). Zudem eignet sich die SF5-Quelle zur In-situ-Darstellung von Cl-SF5. Dieses wiederum ermöglicht Chlor-pentafluoro-sulfanylierung von Alkenen und Alkinen.46)

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Aktivierung von SF6 mit blauem Licht und Reaktivität der in situ generierten molekularen SF5-Quelle.

Gruppe 18 – Edelgase

Unter den binären Edelgasfluoriden ist Xenontetrafluorid zwar der schwächste Fluoriddonor (XeF6 > XeF2 > KrF2 >> XeF4), aber dennoch ein starkes oxidatives Fluorierungsmittel. Bortolus, Mercier und Schrobilgen haben die erste XeIV-Übergangsmetall-Koordinationsverbindung hergestellt: XeF4 reagiert mit WOF4 in CFCl3 bei Raumtemperatur zu F3XeF---WOF4. Die Verbindung ist in Lösung wie auch als Feststoff (zwischen –78 °C und –20 °C) stabil.47)

Dieselbe Gruppe synthetisierte Edelgas-Difluoridkomplexe des Typs NgF2·MO4 und NgF2·2MO4 (Ng = Kr, Xe; M = Mo, W). Die M---F-Bindungen in diesen Komplexen sind hauptsächlich elektrostatischer Natur, da es sich um σ-hole-Wechselwirkungen handelt.48)

Ein Team um Bandeira und Marçalo hat eine neue Kryptonverbindung per Massenspektrometrie (FTICR/MS) beobachtet und diese über quantenchemische Rechnungen charakterisiert. Es handelt sich hierbei um den labilen kationischen Komplex [KrSF5]+, der sich in der Gasphase aus Kr+ und SF6 bildet. Die hierbei vermutlich zunächst entstehende Vorstufe [KrSF6]+ enthält DFT-Rechnungen zufolge eine Kr–F-Bindung mit teils kovalentem Charakter, ist jedoch zu kurzlebig, um experimentell nachgewiesen werden zu können.49)

Abschließend verweisen wir auf Gadinettis Übersichtsartikel zur 60-jährigen Geschichte der Edelgaschemie.50) Im Jahr 1962 hat Neil Bartlett in seinem wohl bedeutendsten Experiment durch Reaktion von PtF6 mit elementarem Xenon die Verbindung XePtF6 hergestellt. Mit experimentellem Geschick und chemischer Intuition legte er den Grundstein für Edelgaschemie.

Drei Fragen an den Autor: Malte Fischer

Ihre Forschung in 140 Zeichen?

Chemie der Hauptgruppenelemente in niedrigen Oxidationsstufen, frühe Übergangsmetalle, Ligandendesign, Bindungsaktivierungen, homogene Katalyse.

Welche Erkenntnis des vergangenen Jahrs war für Ihre Forschung besonders wichtig?

Die Tatsache, dass oft – zumindest auf dem Papier – kleine Änderungen in den Molekülen große Unterschiede etwa bei Reaktivitäten machen. Das zeigt, wie wichtig die systematische Arbeit, Kreativität, Fleiß und die genaue Analyse der Daten sind, um ans Ziel zu kommen.

Welche Anregung hat Ihnen das Sichten der Trendbericht-Literatur für Ihre eigene Forschung geliefert?

Es passiert so viel Fantastisches in der Hauptgruppenchemie – Anregungen finde ich dabei ständig, ob bei der Suche nach Ideen für neue Liganden und Vorläuferverbindungen oder bei Substraten für weitere Umsetzungen.

Malte Fischer arbeitet seit Januar 2023 als Nachwuchsgruppenleiter an der Universität Bremen unterstützt durch ein Liebig-Stipendium des Verbands der Chemischen Industrie.https://media.graphassets.com/LioYLuSfTMqhJWW4AUZY

Drei Fragen an den Autor: Dominikus Heift

Welcher Trend ist in den letzten zwölf Monaten aufgekommen, den Sie so nicht erwartet haben?

Zurzeit entdecken einige Gruppen das Potenzial von Festkörperreaktionen in der Hauptgruppenchemie (wieder), zum Beispiel in einer Kugelmühle.

Welche Anregung hat Ihnen das Sichten der Trendbericht-Literatur für Ihre eigene Forschung geliefert?

Verflüssigte Gase wie Ammoniak oder Schwefeldioxid eignen sich gut als Lösungsmittel für anorganische Reaktionen. Zwar sind sie zunächst aufwendiger zu handhaben, schaffen jedoch einzigartige Reaktionsbedingungen und lassen sich leicht verdampfen.

Was sind derzeit Ihre Hauptforschungsprojekte?

Wir forschen unter anderem an der Funktionalisierung schwarzen Phosphors. Dieses schichtartige Material eignet sich hervorragend für neue Katalysatoren in elektro- oder photokatalytischen Prozessen.

Dominikus Heift arbeitet als Senior Lecturer für Anorganische Chemie an der Kingston University London (UK) und forscht an Hauptgruppen- und Materialchemie.https://media.graphassets.com/8AxfzG90RkyZLrXrDbEb

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