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Am 9. Dezember 2016 starb im Alter von 91 Jahren Günther Wilke. Die Wissenschaft verliert einen Pionier der metallorganischen Chemie und homogenen Katalyse, dessen Beiträge nicht nur Eingang in die Lehrbücher, sondern auch technische Anwendung gefunden haben.<div><img src="https://media.graphcms.com/4R7gcnjmTZWrV7h7vNOL">

</div>1925 in Heidelberg geboren, war Wilke die Chemie in die Wiege gelegt. Sein Vater Ernst Wilke, den er allerdings früh verlor, war Professor für physikalische Chemie, sein Onkel leitender Chemiker bei Boehringer-Ingelheim; Wilke selbst hat ein Ferienpraktikum im Labor seines Onkels als prägend bezeichnet. Seinem Abitur im Frühjahr 1943 folgte bald der Wehrdienst, sodass er erst nach Kriegsende im Wintersemester 1945/46 mit dem Chemiestudium an der Technischen Hochschule in Karlsruhe beginnen konnte. Nach einem Jahr wechselte er nach Heidelberg, wo er 1951 bei Karl Freudenberg über ein Thema der Ligninchemie promovierte.Entscheidend für seinen weiteren Werdegang erwies sich das Angebot Karl Zieglers, als wissenschaftlicher Assistent an das Max-Planck-Institut für Kohlenforschung in Mülheim an der Ruhr zu kommen. Kurz nach Wilkes Ankunft in Mülheim machten Ziegler und Mitarbeiter die Jahrhundertentdeckung der „Mischkatalysatoren“ zur Herstellung von Niederdruck-Polyethylen und -propylen. Damit begann eine neue Ära der metallorganischen Chemie.In diesem fruchtbaren Umfeld konnte Günther Wilke rasch eigenständige Erfolge erzielen und zunehmend aus Zieglers Schatten treten. Früh machte er mit der gezielten Cyclodimerisierung und Cyclotrimerisierung von Butadien seine wohl wichtigste Entdeckung: Er zeigte, dass das Ergebnis der Reaktion nicht nur von der Wahl des Katalysatormetalls, sondern auch von der Wahl der Steuerliganden abhängt. Diese Umsetzung ist das erste gut dokumentierte Beispiel für die Ligandsteuerung katalytischer Prozesse. Außerdem eröffnete die Cyclooligomerisation einen ergiebigen Zugang zu den sonst problematischen mittleren und großen Ringsystemen.Die Aufklärung der metallorganischen Elementarschritte hat die Forschung Wilkes bestimmt. Sie führte zu einer Reihe fundamentaler Untersuchungen der Chemie von Metall-Olefin-Komplexen sowie zur Entdeckung und Charakterisierung zahlreicher Allylmetallverbindungen. In Wilkes Arbeit stand die Chemie des Nickels im Vordergrund. Eine weitere Manifestation des Konzepts der Ligandsteuerung lieferten Wilke und Bogdanovic im Jahr 1973 mit der enantioselektiven Hydrovinylierung von Norbornen, dem ersten Beispiel einer brauchbaren katalytisch-asymmetrischen C-C-Verknüpfung. Später folgte die noch selektiver verlaufende Hydrovinylierung von Styrol.Wilkes frühe wissenschaftliche Erfolge führten dazu, dass Ziegler ihn als seinen Nachfolger durchsetzen konnte, obwohl die Max-Planck-Gesellschaft damals keine Hausberufungen vorsah. Von 1969 bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1993 lenkte Wilke als Direktor die Geschicke des Max-Planck-Instituts für Kohlenforschung. Daneben übernahm er zahlreiche weitere wissenschaftspolitische, administrative und bürgerschaftliche Verpflichtungen; zudem wirkte er im Aufsichtsrat mehrerer großer Unternehmen mit. In den Jahren 1980 und 1981 war er Präsident der GDCh. Die GDCh würdigte sein außergewöhnliches Engagement für die Chemie im Jahr 2013 mit der Ehrenmitgliedschaft.Wer ihn kannte, weiß, dass Günther Wilke neben allen Ämtern und Pflichten zu leben verstand – bisweilen einem Renaissancefürsten nicht unähnlich, sei es beim Skifahren in Zermatt, beim Urlaub auf Sylt, beim Golfspiel oder Kegeln, bei regelmäßigen Reisen zu seinen Kindern in die unterschiedlichen Gegenden Deutschlands oder abends in Gesellschaft bei einer Flasche guten Weins. Als begabter Zeichner war er vor allem der bildenden Kunst zugetan. Ihm wurde die Gnade zuteil, sich diese (Lebens-) Qualitäten bis ins hohe Alter zu bewahren; erst im letzten Jahr wurde das Nachlassen der körperlichen Kräfte deutlich, wenngleich sein Geist bis zuletzt wach, jung, humorvoll und so unverbrüchlich optimistisch blieb wie ehedem.Alois Fürstner, Mülheim/Ruhr

Meldung

Günther Wilke (1925–2016)

Am 9. Dezember 2016 starb im Alter von 91 Jahren Günther Wilke. Die Wissenschaft verliert einen Pionier der metallorganischen Chemie und homogenen Katalyse, dessen Beiträge nicht nur Eingang in die Lehrbücher, sondern auch technische Anwendung gefunden haben. 1925 in Heidelberg geboren, war Wilk...

<h2>Sind wir zu atheistisch?</h2>In ihrem Beitrag „Die lebendige Chemie“ [Nachr. Chem. 2016, 64, 1213] hat die GDCh-Präsidentin Thisbe Lindhorst mit wenigen Worten ein wunderbares Bild in meinen Kopf gezaubert: „Welche Chemie führt Gutes im Schilde, die nicht auch auf unsere Fähigkeit zu fühlen baut und auf die Ehrfurcht vor der Schöpfung?“ Wer solche Worte versteht, dem braucht man nicht mehr mit Dingen wie „Wissenschaftsethik“ oder Initiativen wie „Chemie und Gesellschaft“ mühsam erklären, warum ein Dialog über die Grenzen unserer Disziplin hinaus lohnt.Umso verwunderlicher für mich, dass der Ausdruck „lebendige Chemie“ von der Redaktion im Januar aus dem Leitartikel der Blauen Blätter als „zu pastoral und zu religiös konnotiert“ gestrichen wurde. Haben wir etwa in den vergangenen 100 Jahren als wissenschaftliche Gemeinde diesen Blickwinkel verlernt? Was hat Heisenberg einmal gesagt: „Der erste Trunk aus dem Becher der Naturwissenschaft macht atheistisch; aber auf dem Grund des Bechers wartet Gott.“ Sind wir etwa (noch) zu atheistisch, dass wir das nicht sehen (wollen)?Aber halt! Was steht denn in der Präambel unserer GDCh-Satzung? Wir wollen uns doch ganz bewusst nicht an Konfessionen binden, oder? Stimmt. Das begrüße ich auch und finde es gut, da ich unseren Verein als eine offene Gemeinschaft verstehe. Aber unsere Verantwortung und die von der GDCh-Präsidentin angesprochene Ehrfurcht vor der Schöpfung liegen jenseits aller konfessionellen Schranken und Gedanken – und sind mir als Mensch und GDCh-Mitglied ein Anliegen.Thorsten Daubenfeld in der GDCh-Xing-Gruppe „Information. Netzwerk. Chemie.“<h2>Meilensteine: der falsche Porter</h2>In jedem Jahr ist es eine Freude, die „Meilensteine“ durchzublättern; auch in diesem Jahr wieder eine gute Mischung aus Bekanntem und weniger Bekanntem: eine gute Auswahl [Nachr. Chem. 2016, 65, 49]. Das Foto auf Seite 60 zeigt allerdings nicht Rodney Robert Porter, sondern Sir George Porter. Auf Seite 52 (Nobelpreise 1967) hätte es gepasst. Obwohl nicht verwandt, sehen sich die Porters durchaus ähnlich, und die damalige Brillenmode trägt wenig zur besseren Unterscheidbarkeit bei.<figure><img src="https://media.graphcms.com/jFsCFmDDQGt0zEhg9nxQ"><figcaption><label>Abb. 1: </label>Zweimal Porter: Rodney Robert (oben), George (unten).</figcaption></figure>
Zu Wilhelm Heintz ist noch zu erwähnen, dass er im Januar 1845 zu den sechs Gründern der Physikalischen Gesellschaft in Berlin gehörte.Ralf Hahn, <a href="mailto:RHahn@gmx.org">RHahn@gmx.org</a><h2>Chemiker als Opfer des Stalinschen Terrors</h2>In seinem Buch „Chemiker im ‚Dritten Reich‘ “ hat Helmut Maier eine Vielzahl von bedrückenden Vorgängen bei den beiden Vorläufergesellschaften der GDCh geschildert. Diese sind typisch für einen totalitären Staat. Die UdSSR galt um das Jahr 1930 als Ziel für Arbeitsemigranten und wenig später als Zufluchtsort von NS-Gegnern aus Deutschland. Darunter waren auch Chemiker. Für einige von ihnen stellte sich das Exil als tödliche Falle heraus. Von 15 Chemikern, die mir namentlich bekannt sind, waren einige Mitglieder des VDCh. Drei von ihnen, Dipl.-Ing. Sergius Katz (Maier erwähnt ihn), Dr. Konrad Weisselberg und Dr. Armin Migge, wurden 1938 während des Großen Terrors hingerichtet. Katz (parteilos) war als Oberassistent in einem Forschungsinstitut für Düngemittel in Moskau tätig und Migge gehörte als Leiter einer Kontaktgruppe dem Forschungsinstitut Niopik an. Weisselberg war unter anderem am Institut für Kohlechemie in Charkow tätig, bevor er durch eine Denunziation arbeitslos wurde. Der gegen ihn konstruierte Anklagepunkt war: Mitgliedschaft in einer trotzkistischen, konterrevolutionären Spionage- und Sabotageorganisation. Bei Migge wird deutlich, wie sich eine prekäre Beschäftigungssituation ausgewirkt hat. Nach der Promotion in Königsberg folgte er Hans Meerwein nach Marburg, wo er bis zirka 1932 am chemischen Institut tätig war. Ein Arbeitsverhältnis ist nicht bekannt. Es bleibt zu vermuten, dass er aus der Not heraus ein Angebot in Moskau angenommen hat.Günter Wermuth, <a href="mailto:guenter.wermuth@web.de">guenter.wermuth@web.de</a><h2>Begriffsverwirrung</h2>Der Begriff „Dekarbonisierung“ für den Ersatz fossiler Energieträger durch nichtfossile im Leitartikel „Starkes Signal für die Energiewende“ [Nachr. Chem. 2016, 64, 1139] verwundert, denn Biogas, Bioalkohol und auch Holz enthalten Kohlenstoff. Auch für die Zukunft kann ich mir nicht vorstellen, dass alle Energieumwandlungssysteme ohne Kohlenstoffverbindungen auskommen werden. Dieser populistische Begriff ist genauso zweifelhaft wie der Begriff „erneuerbare Energien“, den manchmal auch Naturwissenschaftler gebrauchen, als ob es den 1. Hauptsatz der Thermodynamik nicht gäbe. Klarheit bei den Begriffen könnte vielleicht auch ein Beitrag zu mehr Klarheit und Realismus bei den Entscheidungen zum Ersatz fossiler Energieträger (Energiewende) sein.Wolfgang Baronius, Bitterfeld-WolfenDie „Korrespondenz“ veröffentlicht Briefe an die Redaktion. Bitte senden Sie Ihre Zuschrift mit einem Umfang von maximal 1500 Zeichen als E-Mail an: <a href="mailto:nachrichten@gdch.de">nachrichten@gdch.de</a>. Die Redaktion behält sich Kürzungen vor.<figure><img src="https://media.graphcms.com/IqrwpHV5Qa6lt1pP0Q0q"><figcaption><label>Abb. 2: </label></figcaption></figure>

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Günther Wilke (1925–2016)

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