Notizen


<h2>Wissenschaftspreis für Elektrochemie</h2>
<p>Noch bis zum 4. Juli können sich Ingenieure und Naturwissenschaftler aus der akademischen Forschung für den Wissenschaftspreis für Elektrochemie bewerben. Der Preis, den BASF und Volkswagen vergeben, soll Impulse für die Entwicklung von Energiespeichern geben. Der erste Preis ist mit 25 000 Euro dotiert, insgesamt gibt es 50 000 Euro, die an keinen Zweck gebunden sind.</p>
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<h2>Internationaleres Studium in den Naturwissenschaften</h2>
<p>Einen Wettbewerb, der die Internationalisierung der Mint-Fächer, Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik, fördern soll, haben die Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt und die Universität Bremen gewonnen. Die FH Würzburg-Schweinfurt möchte Bachelorstudiengänge zweisprachig anbieten, und die Universität Bremen will unter anderem Studierende aus dem Ausland besser auf das Studium in Bremen vorbereiten sowie Doppelabschlussprogramme ausbauen. Die beiden Hochschulen erhalten vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft, der Daimler-und-Benz-Stiftung sowie dem Daimler-Fonds insgesamt 500 000 Euro.</p>
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<h2>Weniger Ausschreibungen, mehr Professuren</h2>
<p>Im Jahr 2011 gab es in der Chemie 5,6 % mehr Professuren als zwei Jahre zuvor. Die Zahl der ausgeschriebenen Stellen lag allerdings um 30 % niedriger als 2009. Nach dem Verhältnis von ausgeschriebenen zu besetzten Stellen lag die Chemie 2009 im Fächervergleich im Mittelfeld. Der Deutsche Hochschulverband verzeichnete 2011 in der Chemie 49 ausgeschriebene und 967 besetzte Professuren. Sie lag damit im Fächervergleich auf dem fünftletzten Platz.</p>
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<h2>Mehr Industrie beim Heidelberger Innvovation Lab</h2>
<p>Die Universitäten Heidelberg und Mannheim sowie das Karlsruher Institut für Technologie reduzieren ihre Beteiligung am Heidelberger Innovation Lab auf 20 %. Bisher beteiligten sich diese Institutionen zur Hälfte an der im Jahr 2008 gegründeten Forschungsplattform. Ihre Anteile übernehmen BASF und Merck, die jetzt 70 % halten. Das Innovation Lab befasst sich organischer Elektronik und erhielt aus dem Spitzencluster-Wettbewerb des Bundesministeriums für Forschung und Bildung bis Ende 2013 insgesamt 40 Mio. Euro. Weitere Partner sind Heidelberger Druckmaschinen und SAP.</p>
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<h2>USA: keine Steigerungen beim Forschungsetat</h2>
<p>Die US-Regierung schlägt für das Jahr 2015 ein Forschungsbudget von 135 Mrd. US-Dollar vor. Das sind 1,2 % mehr als für das laufende Jahr, die Steigerung liegt aber unterhalb der Inflationsrate von 1,7 %. Den größten Anteil von fast 48 % des Etats soll das Verteidigungsministerium erhalten. Mit 11,5 Mrd. US-Dollar sind dies 5,7 % weniger als 2014. Kürzungen in ihren Forschungsbudgets sind auch für das Heimatschutzministerium und die Nasa vorgesehen. Den zweitgrößten Teil aus dem Forschungsetat erhält das Gesundheitsministerium, allerdings mit deutlichem Abstand zum Verteidigungsministerium: für Health &amp; Human Services sind 23 % des US-Forschungsetats eingeplant.</p>
<p>Steigerungen kann das Energieministerium erwarten; es soll 2,6 % mehr Geld für Forschung erhalten als im laufenden Jahr. Dabei gibt es für Bio- und Umweltforschung 3 % mehr, und für Energieeffizienz und erneuerbare Energien sollen es 22 % mehr sein.</p>
<p>Den Plänen des Weißen Hauses muss der Kongress noch zustimmen, die Abgeordneten verhandeln bis zum 30. September.</p>
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<h2>Weniger Professuren in Leipzig</h2>
<p>Von Stellenstreichungen an sächsischen Universitäten ist auch der Fachbereich Chemie in Leipzig betroffen: Die Professur für theoretische Chemie wird nicht wieder neu besetzt. Die Universität muss nach Vorgaben des Freistaats bis zum Jahr 2020 insgesamt 172 Stellen abbauen. [<i>Nachr. Chem.</i> 2012, <i>60</i>, 215].</p>
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<h2>Chemie im Lehramt</h2>
<p>Die Chemieanteile in den Bachelorstudiengängen Lehramt bundesweit hat die Ludwig-Maximilians-Universität München zusammengestellt:</p>
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Forschung und Bildung

Wissenschaftspreis für Elektrochemie Noch bis zum 4. Juli können sich Ingenieure und Naturwissenschaftler aus der akademischen Forschung für den Wissenschaftspreis für Elektrochemie bewerben. Der Preis, den BASF und Volkswagen vergeben, soll Impulse für die Entwicklung von Energiespeichern geben....

Magazin

Prof.Dr.


<p>Fracking ist eine Verkürzung des Begriffs “hydraulic fracturing”. Er beschreibt das Einpumpen eines mit Polymeren verdickten und mit Sand versetzten wässrigen Gels unter hohem Druck in das Schiefergestein. Dabei bilden sich um das meist horizontale Bohrloch Risse von 30 bis 100 Meter Länge und zirka 2 cm Breite (Abbildung 1). Von einem Bohrstrang aus werden stets mehrere dieser Behandlungen durchgeführt. Dadurch entstehen entlang des Bohrlochs genügend viele Risse, um eine wirtschaftliche Menge an Öl oder Gas zu fördern.<sup>1</sup></p>
<p>Die beim Fracking verpumpte Flüssigkeit enthält neben Polymeren vor allem Sand (ungefähr 30 Gew.-%). Er dient dazu, nach Wegnahme des Drucks den soeben gebildeten Riss zu stützen und offenzuhalten. Schließlich soll über diese Risse und Kanäle später das Öl oder Gas zum Bohrloch fließen. Als Stützmittel (proppant) dienen scharfkantiger Ottawasand, einfache Flusssande, synthetische keramische Materialien (insbesondere Al2O3) und mit Harzen beschichtete Sande (resin coated proppants).</p>


<h2>Polymergele</h2>
<p>Um das Absetzen des Sands bereits während des Verpumpens zu verhindern, müssen Polymere die Frac-Flüssigkeit verdicken. Als Grundlage für das Gel dient das Biopolymer Guar (Guar gum), das in den Samenkörnern der indischen Guar-Pflanze <i>Cyamopsis tetragonolobus</i> enthalten ist. Gewonnen wird es durch Mahlen der Körner. Chemisch gesehen ist es ein Galaktomannan, das aus einer Hauptkette von β-1,4-glykosidisch verknüpften Mannose-Einheiten besteht, wobei an jedem zweiten Mannose-Ring eine α-1,6-verknüpfte Galaktose-Einheit hängt (Abbildung 2, S. 608). Guar ist ähnlich wie Stärke biologisch gut abbaubar und als Lebensmittelzusatzstoff zugelassen.</p>
<p>Für die Ölbohrer besitzt Guar Vorteile gegenüber anderen Polysacchariden: Es verdickt beim Einrühren in Wasser sehr rasch und ergibt Gele mit gleichzeitig hoher Fließgrenze und hoher scheinbarer Viskosität (also einer hohen Zähigkeit der Lösung bei starker Scherung). Mit diesen Eigenschaften verleiht es beispielsweise dem Softeis seine sahnige Konsistenz; in Mauerputzen dient es als Ersatz für Methylcellulose. Zudem lässt sich dieses Polysaccharid mit Borsäure oder Tetraborat vernetzen, wobei ein viskoelastisches Gel entsteht (Abbildung 3, S. 608). In konventionellen Frac-Flüssigkeiten sind zirka 0,5 Gew.-% Guar und zirka 0,01 Gew.-% Borverbindungen enthalten.</p>
<p>Der enorme Guarbedarf der Ölindustrie sowie das Bestreben, die Polymerbeladung der Frac-Flüssigkeit zu verringern, führten zu neuen borbasierten Vernetzern, etwa zu Boronsäuren wie Thiophen-2,5-diboronsäure oder Diphenyldiboronsäure.<sup>2</sup> Sie vernetzen bei um bis zu 30 % niedrigeren Guarkonzentrationen. Noch wirkungsvoller sind Polyaminoboronate (Abbildung 4), die relativ einfach aus Borsäure, Ethylenglykol und Tetraethylenpentamin zugänglich sind. Sie besitzen zudem den Vorteil, dass sich der zeitliche Verlauf des Viskositätsaufbaus und damit der notwendige Druck beim Einpressen des Gels mit Polyolen wie Sorbitol oder Pentaerythritol verzögern lässt (delayed crosslinking).</p>
<p>Ein Problem der Borverbindungen ist ihre seit kurzem — zumindest für Borsäure und Borax nachgewiesene — fruchtschädigende Wirkung. Diese Verbindungen sind deshalb in Deutschland seit dem Jahr 2008 als fortpflanzungsgefährdend eingestuft (Richtlinie 2008/58/EG). Seit dem Jahr 2010 führt die Europäische Chemikalienagentur Echa sie zudem auf der Liste der besonders besorgniserregenden Stoffe. Ungeachtet dessen sind Borsäure und Borax weiterhin in Lebensmitteln und Waschmitteln sowie für Kosmetika zugelassen. Die Ölindustrie ersetzt sie zunehmend durch Komplexverbindungen von Metallen der 4. Nebengruppe, für die bisher keine toxischen oder umweltschädlichen Wirkungen bekannt sind.</p>


<h2>Titan- und Zirkoniumkomplexe</h2>
<p>Mit Borverbindungen vernetzte Guargele sind nur bis 110 °C temperaturstabil, also bis zu einer geologischen Tiefe von etwa 3000 Metern. Liegt das Schiefergestein in größeren Tiefen, kommen mit Titan(IV)- oder Zirkonium(IV)-Komplexen vernetzte Guargele zum Einsatz. Diese tolerieren Temperaturen bis 160 °C, insbesondere wenn Hydroxypropylguar als Guarbasis dient.</p>
<p>In den 1980er Jahren arbeitete die Industrie mit Lactaten und Acetylacetonaten von Titan(IV) und Zirconium(IV) gelöst in Isopropanol. Heute verfügt sie über wesentlich wirksamere Chelatverbindungen, beispielsweise einen Alkoxy-bis-triethanolamin-Titan(IV)-Komplex (Abbildung 5).<sup>3</sup></p>
<p>Die Vernetzerwirkung wurde anfangs auf einfache Ligandenaustauschreaktionen zurückgeführt, später auf H-Brückenbindungen zwischen den OH-Gruppen der hydrolysierten Alkoxygruppen und denen des Galaktomannans. Eingehendere Studien deuten jedoch darauf hin, dass sich bei der Hydrolyse der Ti- und Zr-Alkoxy-Verbindungen im wässrigen Gel zunächst TiO2- bzw. ZrO2-Nanopartikel bilden, deren Oberflächen-Hydroxylgruppen anschließend mit den OH-Gruppen des Guar kondensieren.<sup>4</sup>,<sup>5</sup> Die Bildung einer chemischen Bindung würde die beachtliche Temperaturstabilität dieser Gele erklären.</p>
<p>Liegen die Lagerstättentemperaturen über 160 °C, muss ein synthetisches Polymer das Guar ersetzen. Die Industrie nutzt dafür AMPS-Acrylamid-Copolymere, die wiederum mit Organotitanaten oder -zirconaten vernetzt sind.</p>
<p>Nach dem Ende des Einpressens sollte das hochviskose Gel möglichst rasch und rückstandsfrei seine Viskosität wieder abbauen und dann flüssig wie Wasser werden. So lässt es sich aus den Rissen leicht herauspumpen und macht dem Öl oder Gas den Weg zum Bohrloch frei. Deshalb werden dem Guargel bereits beim Anmischen viskositätsabbauende Breaker zugesetzt. Diese bestehen je nach Temperatur entweder aus Enzymen (insbesondere Galactomannanase) oder aus starken Oxidationsmitteln wie Na2S2O8. Um nicht schon während des Fracking-Prozesses aktiv zu werden, setzt man sie als mikroverkapselte Pulver ein, deren Beschichtung sich erst nach etwa fünf Stunden löst.</p>


<h2>Fracking und Umwelt</h2>
<p>Seit Einführung des Verfahrens im Jahr 1947 wurden rund eine Million Fracks durchgeführt, darunter auch zirka 360 in den norddeutschen Gasfeldern südlich von Cloppenburg — ohne besondere Vorkommnisse [s. <i>Nachr. Chem.</i> 2012, <i>60</i>, 31]. Erst seit der relativ neuen Anwendung im Schiefergestein steht das Verfahren in der Kritik.</p>
<p>Große Teile der Bevölkerung in Europa befürchten eine dauerhafte Kontaminierung von Grundwasser mit Chemikalien der Frac-Flüssigkeit oder gar mit Methangas<sup>6</sup> und lehnen Fracking ab. Nach heutigem Stand sind weniger die eingesetzten Chemikalien ein Umweltproblem — mit Ausnahme der Borverbindungen, die jedoch zunehmend durch Titan- und Zirkoniumkomplexe ersetzt werden. Problematisch sind vielmehr der enorme Wasserverbrauch und die Entsorgung des nach dem Fracking herausgepumpten abgebauten Guargels.</p>
<p>Eine Fracking-Operation benötigt für das Gel zwischen 100 und 1500 m3 Anmachwasser. Dieses Wasser wurde früher einfach der öffentlichen Wasserversorgung entnommen. Da ein einziges Bohrloch stets vielfach gefrackt wird, sind zum Teil bis zu 30 000 m3 Wasser pro Bohrung nötig. Dies führte in besonders wasserarmen Gegenden wie Südtexas oder Dakota zu Engpässen. Deswegen entwickelte die Industrie Gelsysteme auf Basis von Brackwasser. Seit zwei Jahren setzt sich jedoch die Wiederverwendung des ausgepumpten und abgebauten Gels mehr und mehr durch: Spezialfirmen bereiten die zurückgeführte Polymerlösung so auf, dass sie erneut mit Guar verdickt und vernetzt werden kann.</p>
<p>Eine Herausforderung bei der Aufbereitung des Frackingwassers ist zudem die Abtrennung von Kontaminanten, insbesondere von Salzen und Ölresten, die im ölhaltigen Schiefergestein aufgenommen werden. Das ausgeförderte Guargel enthält häufig winzige Öltröpfchen, die abgeschieden werden müssen.</p>
<p>Die unerwünschte Beladung der Frac-Flüssigkeit mit Chemikalien veranlasste die Industrie nach Stützmitteln zu suchen, die sich in einfachem Wasser problemlos suspendieren lassen und kein Gel benötigen. So stellte ein Unternehmen suspendieren Stützmittel (self-suspending proppants) vor, bei denen die Sandpartikel eine anquellende Polymerhülle umgibt.<sup>12</sup> Guar und Vernetzer sind damit nicht mehr nötig.</p>
<p>In der Erprobung befinden sich auch keramische Hohlkugeln, die aufgrund ihrer Dichte von zirka 1 kg·L—1 selbstsuspendierend sind. Experten gehen davon aus, dass diese Stützmittel in Zukunft der Standard sein werden.</p>
<p>Ein weiterer Weg sieht vor, anstelle von Wasser eine andere Trägerflüssigkeit zu verwenden. Aufgrund positiver Ergebnisse in Feldversuchen fokussiert sich die derzeitige Entwicklung auf liquefied petroleum gas (LPG, im Wesentlichen Propan und Butan), das anschließend wiederverwendet oder vom produzierten Öl- und Gasstrom aufgenommen und von dort aus sinnvoll verwertet wird.<sup>13</sup></p>


<h2>QUERGELESEN</h2>
<p>Frac-Flüssigkeiten enthalten vor allem Sand, der als Stützmittel dient. Um das vorzeitige Absetzen des Sands zu verhindern, verdicken Polymere wie Guar mit zugesetzten Vernetzern die Flüssigkeit zu einem Gel.</p>
<p>Mit Borverbindungen vernetzte Guargele sind bis zu einer Tiefe von etwa 3000 Metern stabil. Tiefer kommen mit Titan(IV)- oder Zirkonium(IV)-Komplexen vernetzte Guargele zum Einsatz.</p>
<p>Ein Umweltproblem ist der große Wasserbedarf zur Herstellung der Gele. Recyclinglösungen setzen sich mehr und mehr durch. Selbstsuspendierende Stützmittel, die kein Guar und Vernetzer benötigen, sind ebenfalls eine Alternative.</p>


<h2>Wirtschaftliche Bedeutung</h2>
<p>Seit dem Jahr 2008 herrscht in der US-Ölindustrie eine Aufbruchstimmung wie zuletzt vor 100 Jahren, als mit der Bohrung “Spindletop” die großen Ölvorkommen in Texas entdeckt wurden. Hintergrund des aktuellen Booms ist die Erschließung von Öl- und Gasvorkommen im Schiefergestein. Obwohl dessen Kohlenwasserstoffreichtum seit fast 100 Jahren bekannt ist, galt der Schatz bisher als nicht förderbar: zu dicht und zu wenig permeabel seien diese Gesteine, um Öl und Gas daraus zu extrahieren.</p>
<p>Der Texaner George P. Mitchell experimentierte jedoch ab dem Jahr 1981 mit einer Methode, die an konventionellen Lagerstätten hunderttausendfach erprobt und damit bestens bekannt war: Fracking. 1998 gelang ihm der Durchbruch mit einer Bohrung nördlich von Dallas, die Erdgas aus dem Schiefergestein “Barnett shale” lieferte.<sup>7</sup></p>
<p>Dies war der Grundstein für einen Boom, der sich auch stark auf die chemische Industrie auswirkte. Aufgrund des reichlich geförderten Schiefergases beträgt der Erdgaspreis in den USA derzeit etwa ein Drittel des Preises in Deutschland.<sup>8</sup>,<sup>9</sup> Dank dieser billigen Energie hat eine Reindustrialisierung der USA begonnen, allen voran in der Chemie, die das Schiefergas zudem als billigen Rohstoff schätzt.</p>
<p>Auch andere energieintensive Branchen wie die Zementindustrie richten ihren Blick zunehmend nach Amerika. Darüber hinaus haben die USA in den letzten Jahren zahlreiche Kohlekraftwerke auf Erdgas umgestellt und dort ihren CO2-Ausstoß verringert.</p>
<p>Experten schätzen, dass das derzeitige Wirtschaftswachstum der USA mindestens zur Hälfte dem Schieferöl und -gas zu verdanken ist.</p>
<p>Wer derzeit in Südtexas, Dakota oder Wyoming — sonst eher verschlafenen Gegenden — unterwegs ist, spürt eine Aufbruchsstimmung. Der Shale Boom hat Hunderttausende gut bezahlter Jobs geschaffen und macht die USA von Ölimporten zunehmend unabhängig. Es wird erwartet, dass Amerika in Zukunft sogar Rohöl oder Erdgas exportieren kann. Als Folge wird der Ölpreis tendenziell sinken. Erste Anzeichen sind — trotz des derzeitigen Ausfalls der drei großen Ölproduzenten Iran, Libyen und Irak — bereits erkennbar, und große Produzenten wie Saudi-Arabien oder Russland müssen sich neue Abnehmer suchen oder mit geringeren Einnahmen zufrieden sein.<sup>10</sup></p>
<p>Geopolitisch bedeutsam ist, dass die USA ihr Interesse am Nahen Osten, in der Vergangenheit einem ihrer wichtigsten Öllieferanten, verlieren werden — auch hier sind erste Anzeichen bereits erkennbar.</p>
<p>Die Schieferöl- und -gasvorkommen beschränken sich jedoch nicht auf die USA. Weitere Lagerstätten befinden sich in Südamerika, Europa, Nord- und Südafrika sowie in China. Die größten Vorkommen an Schiefergas außerhalb der USA werden in China, Argentinien, Mexiko und Australien vermutet; in Europa gilt Polen als das Land mit den reichsten Schiefergasvorkommen (zirka 4 Billionen Kubikmeter).</p>
<p>Deutschland besitzt — mit geschätzten 0,5 Billionen Kubikmetern allerdings vergleichsweise geringe — Vorkommen im Gebiet zwischen Lingen (Ems) und Minden (Niedersachsen).<sup>11</sup> Dort wird Ölschiefer bereits im Tagebau gewonnen und beispielsweise von der Zementindustrie als mineralischer Roh- und Brennstoff eingesetzt. Dazu kommen erhebliche Vorkommen an Kohleflöz-Methan im Ruhrgebiet. Die Bundes- und Länderregierungen haben dort jedoch vorerst jegliche Prospektion und Fracking-Aktivität untersagt.</p>


<p>Johann Plank, Jahrgang 1952, ist seit dem Jahr 2001 Inhaber des Lehrstuhls für Bauchemie am Chemie-Department der TU München. Er promovierte 1980 mit einem Thema zur metallorganischen Chemie und war bis 2001 in der Industrie im Bereich Bau- und Ölfeldpolymere tätig. Seine aktuellen Forschungsgebiete sind Zementchemie, polymere Zusatzmittel, Nanopartikel, nanoporöse Materialien, Wirt-Gast-Chemie und Photokatalyse. Er betreibt das einzige Forschungslabor für Bohrlochzementierung an einer europäischen Hochschule und befasst sich außerdem mit Bohr- und Frac-Flüssigkeiten. Timon Echt, Jahrgang 1986, ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Arbeitskreis von Johann Plank. Echt studierte Chemie an der TU München; seine Masterarbeit trug den Titel “Einfluss von Salz auf die Wirksamkeit von Dispergiermitteln in Tiefbohrzement”. Aktuell forscht er an Flüssigkeiten für Fracking sowie an CO2-stabilen Zementen für die geologische Endlagerung von CO2. Timon Echt ist Sekretär der Sektion Süd der German Section der Society of Petroleum Engineers.</p>



<ul>
<li>
<sup>1 </sup>


E. Donaldson, 
W. Alam, 
N. Begum, 
“<source>Hydraulic Fracturing Explained: Evaluation, Implementation and Challenges”, <publisher-name>Gulf Publishing Company</publisher-name>, <publisher-loc>Houston, Texas</publisher-loc>, 2013.

</li>
<li>
<sup>2 </sup>

M. U. Legemah, M. Guerin, H. Sun, Q. Qu, “Novel High-Efficiency Boron Crosslinkers for Low-Polymer-Loading Fracturing Fluids”, SPE paper 164118, SPE International Symposium on Oilfield Chemistry, The Woodlands, TX, 8 — 10 April, 2013.
</li>
<li>
<sup>3 </sup>

D. N. Harry, D. E. Putzig, R. Moorhouse, T. DelPesco, P. Jernakoff, “Chemical Structures of Group 4 Metal Crosslinkers for Polygalactomannans”, SPE paper 50731, SPE International Symposium on Oilfield Chemistry, The Woodlands, TX, 16 — 19 February, 1999.
</li>
<li>
<sup>4 </sup>

 
J. Kramer, 
R. K. Prud'homme, 
P. Wiltzius, 
P. Mirau, 
S. Knoll, 
“<article-title>Comparison of galactomannan crosslinking with organotitanates and borates</article-title>” 
<source>Coll. &amp; Polym. Sci. 
(1988), 
266, 
145–<lpage>155.</lpage>
</li>
<li>
<sup>5 </sup>

J. Plank, T. Hurnaus, unveröffentlichte Ergebnisse.
</li>
<li>
<sup>6 </sup>

Der US-amerikanische Film “Gasland” zeigte drastisch, wie Methangas Wasserhähne zum Brennen bringt. Eine Untersuchung der 12C/13C- und Deuterium-Isotopenverteilung in diesem Methan durch die State of Colorado Oil &amp; Gas Conservation Commission sowie durch die US-amerikanische Umweltschutzbehörde EPA ergab allerdings, dass dieses Methan biogenen Ursprungs war und nicht aus Fracking-Aktivitäten im Schiefergestein stammte: T. Saba, “Evaluating claims of groundwater contamination from hydraulic fracturing”, Oil &amp; Gas Journal, 1. Juli 2013, 80 — 89.
</li>
<li>
<sup>7 </sup>


D. B. Stewart, 
“<article-title>George P. Mitchell and the Barnett Shale</article-title>”, 
<source>J. Petrol. Techn., 
2013, Nov., 
58–<lpage>68.</lpage>

</li>
<li>
<sup>8 </sup>


“<article-title>Shale gas and oil: fundamentally changing global energy markets</article-title>”, 
<source>Oil &amp; Gas Journa, 
2. Dez. 2013, Nov., 
55.

</li>
<li>
<sup>9 </sup>

W. Sturbeck, “Die Energiepreisschere”, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 3. Aug. 2013, 13.
</li>
<li>
<sup>10 </sup>

Qatar, das erdgasreichste Land im Nahen Osten, hat als Folge des Fracking-Booms in den USA die Exploration nach neuen Vorkommen bereits vorerst eingestellt. Die bestehenden Erdgasfelder können den derzeitigen Bedarf problemlos decken. Erwähnenswert ist, dass Abu Dhabi den Fracking-kritischen Film “Promised Land” mitfinanziert hat.
</li>
<li>
<sup>11 </sup>

“Technically Recoverable Shale Oil and Gas Resources: An Assessment of 137 Shale Formations in 41 Countries Outside the United States”, US Energy Information Administration, Juni 2013.
</li>
<li>
<sup>12 </sup>

“Companies in the News”, World Oil, Juni 2013, 186.
</li>
<li>
<sup>13 </sup>


T. Dunnahoe, 
“<article-title>Dry fracing transforms water use in unconventional developments</article-title>”, 
<source>Oil &amp; Gas Journa, 
2. Sept. 2013, Nov., 
64–<lpage>65.</lpage>

</li>
</ul>


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