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Nachrichten aus der Chemie: Die August-Wilhelm-von-Hofmann-Denkmünze ist der internationalste GDCh-Preis und wird folgerichtig auf der Euchems Conference verliehen — dem Treffpunkt der europäischen Chemie. Gibt es so etwas wie eine europäische Chemie überhaupt?
Martin Quack: Die Chemie ist überall auf der Welt dieselbe — und wenn es Zivilisationen außerhalb unserer Galaxis gibt, dann werden die auch die gleiche Chemie haben. Die Chemie, die Naturwissenschaften insgesamt sind universell. Aber die Menschen, die Chemie betreiben, die organisieren sich regional, national und übernational. Das halte ich für etwas Gutes.
Nachrichten: Dennoch ist dies Ihre erste Euchems-Tagung?
Quack: Ja. Ich gehe nicht so viel auf große Tagungen, muss ich sagen. Ich ziehe kleine Tagungen vor. Dazu kommt noch eine Eigenart von mir: Ich bemühe mich, bei einer Tagung die ganze Zeit da zu sein. Zum einen als Form der Selbstdisziplin. Ich finde es nicht schön, wenn jemand nur für seinen eigenen Auftritt erscheint und dann gleich wieder abfliegt. Zum anderen ist es bei Tagungen möglich, Talente zu entdecken. Das kann man aber nur, wenn man sich Zeit nimmt und sich Neues anhört auch von jungen Menschen, die einem vorher unbekannt waren. Aber gerade bei großen Tagungen mit Parallelsitzungen hat man schnell das Gefühl, jetzt gerade an anderer Stelle etwas zu verpassen. Insofern sind kleine Tagungen wissenschaftlich fruchtbarer und schon aus Zeitgründen kann man dann nicht auch auf viele große Tagungen gehen.
Nachrichten: Seit der Exzellenzinitiative herrscht in Deutschland ja nun Exzellenz an allen Orten. Bekommen sie an der ETH nicht schon ein bisschen Angst vor so viel Exzellenz jenseits der Grenze?
Quack: Nein, Angst bekommen wir gar nicht. Wenn man an der ETH arbeiten darf, ist das ein sehr großer Vorteil und sicher auch eine Ehre. Aber es ist gut, wenn Universitäten mit uns konkurrieren, obwohl es natürlich schade ist, in der Konkurrenz dann Kollegen zu verlieren.
Nachrichten: Auch nach Deutschland?
Quack: Uns hat die Max-Planck-Gesellschaft beispielsweise gerade den jungen Kollegen Vahid Sandoghdar wegberufen. Gerade die MPG war immer schon eine starke Konkurrenz für die ETH. Die Exzellenzinitiative hat sicher die Konkurrenz in den letzten Jahren dadurch verstärkt, dass auch Universitäten nun mit guten Argumenten und mehr finanziellen Mitteln punkten können. Als ich vor etwa 20 Jahren einen Ruf an ein MPI ablehnte, gab es rein materiell keine starken Beweggründe nach Deutschland zu gehen. Heute sind die materiellen Rahmenbedingungen deutlich besser als früher und oft auch besser, als es die ETH wohl leisten kann.
Nachrichten: Hat sich in Zürich Ihre Sicht auf die deutsche Forschungslandschaft verändert?
Quack: Nein, eigentlich nicht. An sich ist die deutsche Hochschullandschaft dadurch geprägt — das wird oft falsch gesehen —, dass es punktuell hervorragende Wissenschaftler gibt oder auch Gruppen von Wissenschaftlern, die eine große Stärke an bestimmten Hochschulen haben. Es ist nicht so wie in den USA, wo eine Hochschule insgesamt besonders gut ist oder besonders schlecht. Die deutsche Hochschullandschaft ist viel demokratischer. Deshalb mag ich auch dieses großsprecherische Wort “Exzellenz” für Institutionen nicht so besonders. Große Leistungen sind individuell. Natürlich kann man daraus auch eine Summe ziehen, aber ich würde zum Beispiel immer einem jungen Wissenschaftler empfehlen, zu einer herausragenden Person zu gehen und nicht an eine “exzellente” Institution.
Nachrichten: Was sind die Vorzüge der Schweiz mit ihrem System der Eidgenössischen Hochschulen?
Quack: Die ETH Zürich ist ja zusammen mit der EPF Lausanne in der Schweiz einzigartig, denn beide haben Bundesförderung — und zwar eine sehr gute Förderung. Allerdings wird die Finanzkraft der ETH oft überschätzt.
Nachrichten: Bundesuniversitäten werden in Deutschland auch immer wieder diskutiert. Wäre das eine gute Idee?
Quack: Ja, so etwas könnte man machen. Es gibt aber auch andere Möglichkeiten. Zum Beispiel gab es in Deutschland vor dem Ersten Weltkrieg eine sehr besondere Position in Berlin: die Akademieprofessur der preußischen Akademie der Wissenschaften. Mit dieser Position wurde beispielsweise Einstein von der ETH Zürich nach Berlin weggelockt.


<h2>Vom Nutzen der Abgrenzungen</h2>
Nachrichten: Sie erhielten die August-Wilhelm-von-Hofmann-Denk- münze explizit als Physikochemiker. Welche Berechtigung haben die Fachdisziplinen in der modernen Naturwissenschaft noch?
Quack: Ich sage meinen Studentinnen und Studenten immer, es gibt nur eine Naturwissenschaft. Aber trotzdem sind Abgrenzungen sinnvoll. Es gibt ein Weltmeer, aber es ist hilfreich und praktisch, den pazifischen, indischen und atlantischen Ozean zu definieren. Wichtig ist nur, dass man sich klar macht: Es gibt keine Grenze, alle Begrenzungen sind künstlich und unbestimmt. Meine Forschung umfasst beispielsweise auch Fragen aus der Hochenergiephysik, die wir mit molekülspektroskopischen Methoden untersuchen. Es ist ein sehr herausforderndes Projekt zur molekularen Paritätsverletzung, das mir am Herzen liegt. Für mich und viele weitere Physikochemiker ist also der Austausch mit der Physik viel wichtiger als für andere Chemiker.
Nachrichten: Sie sind Vorsitzender der Deutschen Bunsengesellschaft für Physikalische Chemie: Wo verläuft denn die Grenze zwischen DBG und GDCh?
Quack: Auch das ist eine rein praktische Grenzziehung. Die Frage der Nähe oder Nicht-Nähe zur GDCh diskutieren wir ja auch innerhalb der Bunsengesellschaft. Fast einstimmig waren wir aber etwa bei einer Diskussion im ständigen Ausschuss der DBG kürzlich der Ansicht, dass es sinnvoll ist, die Bunsengesellschaft als eigenständige Gesellschaft zu behalten.
Nachrichten: Aus traditionellen Gründen?
Quack: Nicht nur wegen der Tradition. Die Bunsengesellschaft hat viele Besonderheiten. Wir haben ja nicht nur eine enge Beziehung zur GDCh, sondern auch zur Deutschen Physikalischen Gesellschaft. Wir könnten ja auch unter das Dach der DPG gehen, denn viele unserer Mitglieder sind Physiker.
Nachrichten: Gerhard Ertl wurde ja heute morgen vor seinem Plenarvortrag fälschlicherweise als studierter Chemiker vorgestellt.
Quack: Und das wurde gleich korrigiert! Sie sehen also, in einer rein chemischen Gesellschaft würden sich viele Physiker vielleicht nicht mehr so zu Hause fühlen. Ein zweiter Grund, warum die DBG unabhängig bleiben möchte, ist, dass sie sich nicht primär als eine nationale Gesellschaft sieht. Wir haben immer auch Mitglieder aus Österreich und der Schweiz in den Leitungsgremien der DBG. Die DBG ist — weltweit, soviel ich weiß — die einzige Gesellschaft, die als unabhängige Gesellschaft noch die physikalische Chemie vertritt. Es wäre schade, wenn man diese Besonderheit aufgeben würde.


<h2>“Sich nicht entmutigen lassen”</h2>
Nachrichten: Bei den beiden letzten Tagungen der DBG haben Sie als Vorsitzender jeweils eine umfangreiche und nachdenkliche Ansprache an die Mitglieder gerichtet. Vor zwei Jahren sprachen Sie den Klimawandel an. Liegt Ihnen dieses Thema besonders am Herzen?
Quack: Absolut. Aus meiner Sicht ist der Klimawandel — neben einer möglichen globalen nuklearen Auseinandersetzung — die größte bekannte Bedrohung für die Menschheit. Das Risiko wird immer noch unterschätzt.
Nachrichten: Im Mai 2012 sprachen Sie dann über das Publikationswesen oder -unwesen sowie über Forschungsförderung.
Quack: Ja, in erster Linie über die Chancen und Risiken der Forschungsförderung, wobei allerdings auch das Publikationswesen eine Rolle spielte. Ich wollte insbesondere den jungen Leute Folgendes sagen: Man sollte sich nicht von Äußerlichkeiten — also von Preisen oder von der Höhe eines Salärs oder von Publikationen in einer besonders populären Zeitschrift — beeinflussen lassen. Als junger Forscher soll man nach dem suchen, was man gerne macht. Auf diesem Forschungsgebiet soll man sich die Fragen stellen, deren Beantwortung wissenschaftlich neue Erkenntnisse bringt. Oft sind solche Probleme schwierig. Dann heißt es, sich nicht zu schnell entmutigen zu lassen. Eigentlich soll man sich überhaupt nicht entmutigen lassen. ≪


<h2>ZUR PERSON</h2>
Martin Quack, Jahrgang 1948, ist seit dem Jahr 1983 Professor für physikalische Chemie an der ETH Zürich und leitet dort die Gruppe “Molekulare Kinetik und Spektroskopie”.
Quack studierte Chemie und chemische Physik in Darmstadt, Grenoble und Göttingen und promovierte im Jahr 1975 in Lausanne. Er habilitierte sich im Jahr 1978 in Göttingen und war von 1982 bis 1983 Professor in Bonn.
In den Jahren 2011 und 2012 war Quack 1. Vorsitzender der Deutschen Bunsengesellschaft für Physikalische Chemie.

Artikel

“Es gibt nur eine Naturwissenschaft”

Nachrichten aus der Chemie: Die August-Wilhelm-von-Hofmann-Denkmünze ist der internationalste GDCh-Preis und wird folgerichtig auf der Euchems Conference verliehen — dem Treffpunkt der europäischen Chemie. Gibt es so etwas wie eine europäische Chemie überhaupt? Martin Quack: Die Chemie ist überal...

Stickstoffhaltige aromatische Heterocyclen sind wichtige molekulare Grundbausteine, sowohl in der Natur als auch in der organischen Synthese. Pentagonale Strukturen, die sich beispielsweise von Pyrrol oder Imidazol ableiten lassen, sind häufig in bioaktiven Substanzen wie Vitaminen, Hormonen oder Cofaktoren und folglich auch in pharmazeutischen Wirkstoffen wiederzufinden. Tri- und Tetrazole hingegen sind in der Natur weit gehend unbekannt. Dennoch haben in jüngster Zeit vor allem Triazole in der biomolekularen Chemie an Bedeutung gewonnen. Dies beruht in erster Linie auf dem Erfolg mehrerer Varianten der Huisgen-Cycloaddition, die als Azid-Alkin-Cycloadditionen (AAC) zusammengefasst werden (Abbildung 1).
Die im Jahr 2002 von Meldal1 und Sharpless2 erstmals beschriebene Kupfer(I)-katalysierte Azid-Alkin-1,3-dipolare Cycloaddition (CuAAC) hat als Prototyp der Klick-Reaktionen Berühmtheit erlangt. Sie eignet sich, um unter milden Bedingungen 1,2,3-Triazolstrukturen mit einem 1,4-Substitutionsmuster chemo- und regioselektiv aufzubauen. Dabei wird eine Reihe von reaktiven Gruppen toleriert, weshalb Schutzgruppen an den Resten der beteiligten Azid- und Alkinkomponenten oft nicht notwendig sind. Einen einfachen selektiven Zugang zu 1,5-disubstituierten 1,2,3-Triazolen bietet die Ruthenium(II)-katalysierte Variante (RuAAC). Sie ist allerdings mit bestimmten Funktionalitäten wie Carboxygruppen oder wässrigen Lösungen nicht kompatibel.


<h2>Biokonjugationsschnittstelle</h2>
Peptide besitzen eine Reihe von reaktiven Gruppen wie Amine, Alkohole, Thiole und Carboxy-Funktionen. Diese bestimmen die biologische Wirkung, etwa zur Bildung bestimmter Sekundärstrukturen und zur selektiven Bindung an ein Zielprotein. Allerdings machen es diese reaktiven Gruppen schwierig, Peptide gezielt, beispielsweise durch selektive Anknüpfung eines Reportermoleküls, chemisch zu modifizieren. Dieses Problem umgehen nichtnatürliche Aminosäuren oder Adaptermoleküle, die es erlauben, während der Festphasenpeptidsynthese Azid- oder Alkinreste zu installieren. Anschließend sind durch CuAAC chemoselektive Modifikationen an dem ungeschützten Peptid in wässrigem Milieu durchführbar.
Diese Strategie macht es nicht nur möglich, effektiv Fluoreszenz- oder Radioreportermoleküle anzuknüpfen, sondern auch größere biomolekulare Strukturen kontrolliert aufzubauen. So lassen sich auf Gerüstmolekülen wie cyclischen Dekapeptiden oder organisch-anorganischen Hybridplattformen Peptidliganden in mehrfacher Ausfertigung präsentieren (Abbildung 2).3—5 Solch multivalente Strukturen zeigen gegenüber den einzelnen Liganden oft verbesserte Bindeeigenschaften. So kann die Bindung an Oberflächen mit vielen Zielmolekülen (beispielsweise mit Zellmembranen) durch mehrere gleichzeitige Interaktionen signifikant gesteigert werden (Avidität). Sehr umfassend wurde diese Strategie zur oligovalenten Präsentation von RGD-Peptiden angewandt.3—5 Das RGD-Motiv zeigen lineare oder cyclische Peptide, die mit der Aminosäuresequenz Arginin-Glycin-Asparaginsäure Integrinrezeptoren binden und inhibieren können. Dies macht sie unter anderem als Angiogenesehemmer in der Tumortherapie und für die gerichtete Tumordiagnose interessant.
Das Potenzial dieser Konjugationsstrategie lässt sich durch Kombination mit anderen biokompatiblen Reaktionen wie der Maleimidkonjugation oder der Oximligation ausschöpfen. So koppeln unter perfekter Regiokontrolle in einer sequenziellen Eintopfreaktion gleich drei unterschiedliche Arten von Liganden mehrfach an ein Gerüstmolekül.5 Damit ist der Weg frei für die Synthese modular aufgebauter heteromultivalenter Konstrukte, die in einem Molekül mehrere Funktionen vereinen — beispielsweise Reportereigenschaften oder die Fähigkeit zu gerichtetem Wirkstofftransport.


<h2>Amidmimetika</h2>
1,2,3-Triazole sind — abhängig von den Substituenten — in der Regel gut wasserlöslich. Des Weiteren ähneln ihr Polaritätsprofil und ihre Fähigkeit, Wasserstoffbrückenbindungen zu bilden, einer nativen Amidbindung.
Amidbindungen sind die zentralen Kopplungsschnittstellen zwischen einzelnen Aminosäuren und bilden somit das Rückgrat von Peptiden und Proteinen. Es gibt sie aufgrund des partiellen Doppelbindungscharakters lediglich in zwei Konformationen: cis und trans. Dabei sind cis-Amide nur sehr selten und fast ausschließlich vor Prolinresten anzutreffen. Allerdings sind sie, wenn sie auftreten, für die Struktur und somit auch für die Funktion des Peptids oder Proteins essenziell.
Sowohl cis- als auch trans-Peptidbindungen lassen sich in bioaktiven Molekülen durch 1,2,3-Triazole unter Erhalt der Funktionalität ersetzen.6,7 Dabei werden zwei aufeinander folgende Aminosäuren ersetzt durch eine nichtnatürliche Baueinheit, deren Struktur das ausgetauschte Dipeptid nachahmt. Von besonderem Wert ist dabei, dass durch die Wahl des Substitutionsmusters des im Rückgrat intergrierten 1,2,3-Triazols eine bestimmte Amidkonformation fixiert werden kann. Ein 1,4-disubstituierter Baustein entspricht einem trans-Amid und das 1,5-Gegenstück einem cis-Amid.
Eine entsprechende Studie wurde am Beispiel einer monocyclischen Variante des Tetradecapeptids Sunflower-Trypsin-Inhibitor-1 (SFTI-1) durchgeführt.7 Dieses natürlich vorkommende Molekül bindet das Verdauungsenzym Trypsin und blockiert somit das aktive Zentrum für ein Substrat. SFTI-1 besitzt eine Inhibitorschleife, die nicht nur ideal in die Substrattasche der Protease passt, sondern auch über ein cis-Prolin und eine Disulfidbrücke konformationell eingespannt wird. Dies ist essenziell für die hoch affine Interaktion zwischen dem Inhibitor und dem Zielenzym. Die Kristallstrukturanalyse von Inhibitor-Trypsin-Komplexen zeigte die strukturelle Übereinstimmung der entsprechenden triazolhaltigen SFTI-1-Mimetika mit der nativen Konformation des natürlichen Peptids (Abbildung 3). Zusätzlich bestätigten die in Enzym-Inhibitionsassays gemessenen Inhibitionskonstanten die Funktionalität der gezeigten Peptidomimetika.
Diese Methode bietet nun die Möglichkeit, cis-Amidbindungen gezielt in synthetischen Peptiden einzuführen und festzuhalten, ohne dabei auf Prolinreste angewiesen zu sein. Dies erweitert den Strukturraum für rationales Design bioaktiver Peptide.


<h2>Disulfidbrückenersatz</h2>
Neben der cis-Amidbindung ist auch die Disulfidbrücke ein wichtiges Strukturelement in SFTI-1. Ohne Makrocyclisierung und in linearer Form verliert das Peptid deutlich an Bioaktivität. Allerdings ist gerade eine Disulfidbrücke, die durch Reaktion zweier Thiolgruppen an Cysteinresten entsteht, unter reduktiven Bedingungen labil; Enzyme wie Thioredoxin können sie in biologischen Systemen spalten. Es gab deshalb Versuche, cystinhaltige Peptide durch alternative Makrocyclisierungsstrategien redoxstabil zu machen. Hierfür bieten sich Triazolbrücken an (Abbildung 4, S. 35).8—10 Zu diesem Zweck ersetzen azid- und alkinfunktionalisierte nichtnatürliche Aminosäuren die Cysteine in der Sequenz des entsprechenden Peptids. Bereits während der Peptidsynthese an der festen Phase schließt sich der Seitenkettenring. Im Fall des SFTI-1 ist ein 1,5-Substitionsmuster im 1,2,3-Triazol, das durch Ruthenium(II)-Katalyse (RuAAC) entsteht, den 1,4-disubstituierten Varianten über CuAAC vorzuziehen. Sowohl In-vitro-Inhibitionsassays als auch In-silico-Experimente zeigen, dass die entsprechenden Triazolbrücken der nativen Disulfidbrücke in Struktur und Funktion am nächsten kommen (Abbildung 5).8,9


<h2>Ausblick</h2>
Zunehmend kommen weiterentwickelte Azid-Akin-Cycloadditionsvarianten zum Einsatz. Neben den vorgestellten Kupfer(I)- und Ruthenium(II)-katalysierten Reaktionen ist vor allem die spannungsgetriebene Azid-Akin-Cycloaddition (SPAAC) eine viel versprechende Konjugationsmethode.11 In ihr dient die Ringspannung in Cycloalkinen zur Reaktionsbeschleunigung, so dass die Methode ohne Übergangsmetallkatalysatoren auskommt. Dies ermöglicht ihren Einsatz direkt in biologischen Systemen, weshalb diese Methode auch bioorthogonale Chemie genannt wird. Im Hinblick auf die Konjugation biomolekularer Liganden ist SPAAC so der CuAAC überlegen. Allerdings verläuft sie nicht regioselektiv und eignet sich deshalb schlechter für bioisostere Bausteine.


<h2>QUERGELESEN</h2>
Sowohl trans- als auch cis-Amidbindungen lassen sich mit 1,4- und 1,5-disubstituierten 1,2,3-Triazolen ersetzen und dadurch einfrieren.
Triazolbasierte cis-Amidmimetika sind nicht auf einen Prolinrest angewiesen.
Disulfidbrücken lassen sich ebenfalls durch Triazole ersetzen, wobei hier 1,5-disubstituierte 1,2,3-Triazolbrücken die beste sterische Übereinstimmung liefern.


Um der Bedeutung der Biochemie im Spektrum der unterschiedlichen Chemiedisziplinen gerecht zu werden, schreiben Nachwuchswissenschaftler der GDCh-Fachgruppe Biochemie regelmäßig in den Nachrichten aus der Chemie zu grundlegenden und aktuellen Themen ihres Fachs.
Martin Empting ist Postdoktorand am Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS) in der Abteilung Wirkstoffentwicklung und -optimierung von Rolf Hartmann. Empting studierte Chemie mit Hauptfach Biochemie an der TU Darmstadt. In seiner Promotion von 2009 bis 2012 bei Harald Kolmar an der TU Darmstadt beschäftigte er sich mit Peptidchemie und Wirkstoffentwicklung. <a href="mailto:empting@biochemie-tud.de">empting@biochemie-tud.de</a>



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