Gesellschaft Deutscher Chemiker

Meinungsbeitrag

Die Transformation transparent machen

Nachrichten aus der Chemie, Dezember 2022, Seite 3, DOI, PDF. Login für Volltextzugriff.

Von Wiley-VCH zur Verfügung gestellt

Schon Marie Curie, vor 111 Jahren mit dem Chemie-Nobelpreis ausgezeichnet, hat sich keine Illusionen gemacht: „Ich habe gelernt, dass der Weg des Fortschritts weder kurz noch unbeschwerlich ist.“ – Die Worte beschreiben nach wie vor, um was es für uns als Chemikerinnen und Chemiker geht. Vernunft, Wissen und Forschungsdrang sind bis heute unsere wichtigsten Instrumente, um Fortschritt zu ermöglichen. Doch damals wie heute haben Fakten auch Feinde. Unsere Entscheidungsträger in Politik und Wirtschaft müssen in einer komplexeren Welt als jemals zuvor schwerwiegende Entscheidungen schnell und richtig treffen. Halbwahrheiten, Fake News und populistische Parolen sind dabei ihre ständigen Begleiter und versuchen, den Blick auf wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse und sachliche Argumente zu vernebeln. In Europa haben heute Angst, Sorge und Unsicherheit Konjunktur.

All das darf Naturwissenschaftler nicht davon abbringen, weiter an einer besseren Zukunft zu arbeiten. Vernunft und Wissen behalten ihren Wert. Als Chemikerinnen und Chemiker können wir nicht alle Probleme dieser Welt allein lösen – aber wir können für den Fortschritt zum Besseren substanziell etwas beitragen. Mit praxistauglichen Lösungen und Produkten antworten wir auf die großen globalen Herausforderungen unserer Zeit. Es reicht uns dafür nicht, lediglich alte Wege besser zu machen. Wir kümmern uns auch um neue, alternative Routen.

Wissenschaftlicher Forschung kommt dabei zugute, dass sie sich niemals mit einem schlichten „weiter so“ zufriedengeben kann. Forschung bedeutet immer, Etabliertes und Bekanntes zu hinterfragen, Neuland zu betreten, Erkenntnis voranzutreiben.

Wenn unsere Gesellschaft intensiv über eine bessere Zukunft diskutiert und sich Zielmarken setzt, dann ist das nur der erste Schritt zu mehr Klimaschutz, weniger Ressourcenverbrauch und besseren Recyclingkreisläufen. Erfolg aber entsteht erst, wenn wir diese Pläne und Ziele verwirklichen. Dafür ist der Beitrag einer modernen und leistungsstarken Chemie unverzichtbar.

Fortschritt ist ein fortlaufender Prozess – doch derzeit fordert er unserer Branche besonders viel ab: Was wir als „Rethinking Chemistry“ erdacht haben und umsetzen, ist kein Fortschritt in gewohntem Tempo, sondern ist Teil einer schnellen, gigantischen Transformation. Unsere Gesellschaft insgesamt steuert um, und die Chemie begleitet das aktiv: Mit Material für leistungsfähige Windräder, die umweltschonend Strom erzeugen. Mit innovativen Membranen, die grünen Wasserstoff kostengünstiger machen. Mit Verfahren, die das Recycling von Lithium aus Elektroautobatterien in Schwung bringen sollen.

Die Chemie in Deutschland verinnerlicht nachhaltigen Fortschritt also nicht nur: Sie macht ihn gesamtgesellschaftlich erst möglich. Diese Tatsache sollten wir in der Öffentlichkeit noch deutlicher als bisher platzieren. Denn viele gesellschaftlichen Bereiche sind derzeit von Vertrauensverlusten betroffen. Argwohn, Misstrauen und Zweifel gedeihen. Diese allgemeine Vertrauenserosion macht auch vor der Chemie nicht halt.

Hier gilt es, mit Transparenz glaubwürdig gegenzuhalten, denn Transparenz schafft Vertrauen. Wenn wir weltweit weg wollen von fossilen Energieträgern, um den Klimawandel zu bremsen, wenn wir in Europa weg wollen von gefährlichen Abhängigkeiten in der Energie- und Rohstoffversorgung, dann brauchen wir nicht nur politischen Willen und gesellschaftlichen Konsens dafür. Dann sind auch praxistaugliche Lösungen notwendig. Wir als Chemie stellen sie bereit. Lassen Sie uns darüber reden.

Dr. Harald Schwager Stellvertretender Vorsitzender des Vorstands, Evonik Industries, Essenhttps://media.graphassets.com/NN4aB08IRrexlmhz6VZO

LeitartikelRethinking Chemistry

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