Blickpunkt

Der nächste Schritt bei der Umsetzung der europäischen Chemikalienpolitik ist die Zulassung von besonders besorgniserregenden Stoffen (substances of very high concern, SVHC) [Nachr. Chem. 2009, 57, 45]. Dabei gibt es für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) verstärkt Herausforderungen, die nicht direkt mit der Zulassung selbst zusammenhängen. Sie sind darauf zurückzuführen, dass Reach das erste Gesetz ist, das direkt von der europäischen Kommission bestimmt und umgesetzt wird. So sind verbindliche Zwischenentscheide über die Verwendung eines SVHC durch nationale oder europäische Fachbehörden nicht vorgesehen. Ausschließlich die Mehrheit der Kommissare der EU-Kommission entscheidet über eine Zulassung. Alle Diskussionen oder behördlichen Vorgehen — national wie europäisch — haben lediglich Empfehlungscharakter. Dies ist für viele Betriebe ungewohnt.
Ein weiterer Faktor ist die Beweislastumkehr: Mussten Betriebe nach deutschen Gesetzen bisher handeln, wenn ein Risiko nachgewiesen war, müssen sie nach Reach nun nachweisen, dass kein Risiko besteht oder dass sie es ausreichend beherrschen.


<h2>Die Autorisierung erreichen</h2>
Besonders für kleine und mittlere Betriebe ist es schwierig nachzuweisen, dass sie ein Risiko angemessen beherrschen. Außerdem ist nachzuweisen, dass es keinen Ersatz für die betreffende Substanz gibt. Letzteres trifft häufig auf aus Chrom(VI)-Elektrolyten abgeschiedene Chromschichten zu. Zentraler Punkt für das weitere Vorgehen ist, dass das betroffene Unternehmen genau beschreibt, wie es die Substanz in der betrieblichen Praxis anwendet. Eine Maßgabe, wie detailliert die Beschreibung sein muss, gibt es nicht.
Die betroffenen Betriebe haben mehrere Möglichkeiten, um einen SVHC zu verwenden:
1. Der Lieferant des Stoffs beantragt und erhält eine Autorisierung. Der nachgeschaltete Anwender verwendet den Stoff im Rahmen dieser Autorisierung. Diese Lösung ist für Standardverwendungen denkbar. Sie kann allerdings die Entwicklung einschränken, da die Autorisierung neue Anwendungen nicht berücksichtigt.
2. Der Anwender beteiligt sich an einem Verbund betroffener Betriebe. Solche Kooperationen gibt bereits; sie unterscheiden in Interessenslage und Vorgehensweise.
3. Der Anwender beantragt die Autorisierung seiner spezifischen Anwendung selbst. Dies bedeutet gerade für die nachgeschalteten Anwender einen hohen, von KMU zumeist nicht realisierbaren Aufwand.
4. Eine Verwendung, die viele unter Standardbedingungen nutzen, erhält eine allgemeine Zulassung. Allerdings muss eine Zulassung an eine juristische Person erteilt werden, so dass diese Lösung nicht wahrscheinlich ist.
Für welche der Möglichkeiten sich ein Betrieb auch entscheidet — er muss immer seine eigene Verwendung so definieren, dass das Risiko als angemessen beherrscht gilt und damit eine Zulassung zu erwarten ist. Diese Definition muss er entweder an seinen Lieferanten weiterleiten (bei Punkt 1) oder dem Verbund zur Verfügung stellen (bei Punkt 2). Der zum Teil hohe Spezialisierungsgrad des nachgeschalteten Anwenders macht Verallgemeinerungen schwierig, sodass spezielle Anwendungen nicht in die Lieferanten- oder Verbundsicherheitsberichte aufgenommen werden. Im Zeitraum 2011 bis 2012 gingen bei der europäischen Chemikalienbehörde Echa genau 100 Stoffsicherheitsberichte (Chemical Safety Reports, CSR) von nachgeschalteten Anwendern ein. In 91 Fällen war der Grund, dass der Vorlieferant die jeweilige Verwendung trotz Gesprächen nicht in den CSR aufgenommen hatte.


<h2>Kooperationen bei Chromaten</h2>
Unterschiedliche Interessen, wirtschaftliche Abhängigkeiten, politische Intentionen und unklare Bewertungen der Datenlage versperrten einen gemeinsamen Weg bei der Autorisierung von Chromaten. So bildeten sich Zusammenschlüsse, die — jeder für sich — einen Konsens erreichten. Dies kann eine vertikale Struktur entlang der Lieferkette (Punkt 1) oder ein Zusammenschluss von anwendenden Betrieben mit eher horizontaler Struktur sein (Punkt 2).
Die vertikale Struktur konzentriert sich auf Standardanwendungen. Den Antrag auf Zulassung stellt ein Lieferant, der möglichst am Beginn der Lieferkette steht. Hierbei besteht allerdings die Gefahr, dass sich Anwender mit Spezialanwendungen nicht wiederfinden, die Alternativen nicht genügend abzugrenzen sind oder der sozioökonomische Nutzen nicht ausreichend zu spezifizieren ist.
Die horizontale Struktur berücksichtigt möglichst viele spezifische Verwendungen. Sie legt deshalb den Schwerpunkt auf allgemeinere Bewertungskriterien. Zu klären ist dabei die Form des Zulassungsantrags.
Es kristallisieren sich immer mehr spezifische Verbünde heraus. Manche bearbeiten sogar nur eine einzelne Anwendung mit einer großen wirtschaftlichen Bedeutung. Einige der Verbünde zur Zulassung von Chrom(VI)-Verbindungen sind
Vecco:1 Verein zur Wahrung von Einsatz und Nutzung von Chromtrioxid und anderen Chemikalien in der Oberflächentechnik. Substanzen: Chromtrioxid, von Chromtrioxid abstammende Säuren und deren Oligomere, zukünftig relevante Substanzen zur Oberflächenbehandlung
CTAC:1 The Chromium Trioxide Reach Authorization Consortium; Substanz: Chromtrioxid
Fuschidec:2 Funktionale Schichten mit dekorativem Charakter in der Sanitärindustrie; Substanz: Chromtrioxid
Isla Mathieson (Regulatory Scientist) / TSGE (UK);1 Substanzen: Chromtrioxid und Chrom(VI)-Hydroxysulfat
Hinzu kommen Initiativen aus spezifischen Anwendungsbereichen wie der Luft- und Raumfahrtindustrie.
Es ist zu erwarten, dass die Zahl der Konsortien weiter zunehmen wird, da die Möglichkeiten der einzelnen Konsortien begrenzt sind durch von Reach unabhängige finanzielle und rechtliche Aspekte sowie durch unterschiedliche Interessen.


<h2>Nach der Zulassung</h2>
Wichtig ist für KMU auch die Zeit nach der Zulassung. Viele Anwender verwenden mehrere Stoffe, bei denen eine Zulassung diskutiert werden kann. Jedes Konsortium muss sich deshalb bereits jetzt darauf vorbereiten, weitere Substanzen zu bearbeiten. Neben den rein fachlichen Arbeiten ist es erforderlich die Entscheidungswege zu betrachten sowie Basisdaten zur europaweiten Beurteilung des Risikos der jeweiligen Substanzen zu erarbeiten.
Nach der Zulassung sind Entwicklungen notwendig, die das Risiko weiter verringern oder Alternativen aufzeigen. Denn nach Reach wird nur eine zeitlich befristete Zulassung von Stoffen für bestimmte Anwendungen erteilt. In regelmäßigen Abständen überprüft die Echa, ob sich aufgrund von technischen Entwicklungen die Voraussetzungen für eine Zulassung geändert haben und daraus eine andere Beurteilung resultiert. Das Konsortium muss Wege entwickeln, die kleinen und mittleren Betriebe nach der Zulassung zu begleiten. Dies kann ein Konsortium mit horizontaler Struktur aufgrund ähnlicher Betroffenheit der Betriebe eher leisten. So will Vecco weitere Substanzen bearbeiten und begleitet die Betriebe langfristig.


<h2>Fazit</h2>
Eine Zulassung nach Reach stellt die Vertreter einer klein- und mittelständisch orientierten Branche wie der Oberflächentechnik vor besondere, branchenspezifische Probleme.
Ein vertrauensvoller Austausch innerhalb der Lieferkette sowie zwischen den Anwendern und den Behörden ist zwingend notwendig. Innerhalb eines Konsortiums kommt es auf eine gleichberechtigte Auseinandersetzung mit den Sorgen jedes einzelnen Betriebs an.
Schließlich ist es für ein Konsortium notwendig, eine Zulassung langfristig zu begleiten, zu erhalten und damit die geforderten technischen Weiterentwicklungen soweit wie möglich zu unterstützen und gemeinsam mit den Betrieben zu realisieren, um deren Existenz langfristig zu sichern.
Uwe König ist promovierter Chemiker mit dem Schwerpunkt Technologieentwicklung. Als Mitgesellschafter der Eupoc vertritt er die Bereiche Technologie, Entwicklung und Nachhaltigkeit in Deutschland und Europa. <a href="mailto:koenig.uwe@eupoc.de">koenig.uwe@eupoc.de</a>


<h2>Einwand oder Einspruch?</h2>
Frage 72:
Ich beziehe mich auf Ihren letzten Beitrag [Nachr. Chem. 2013, 61, 1240], in dem Sie die Möglichkeit vorgestellt haben, während des Prüfungsverfahrens einen Einwand gegen eine Patentanmeldung zu erheben. Ich hatte bislang gedacht, ein Patent sei vor allem durch einen Einspruch nach der Erteilung angreifbar. Gibt es eigentlich Gründe für einen kostenpflichtigen Einspruch, wenn man auch einen derartigen Einwand vor der Erteilung erheben kann?
Antwort:
Aus gutem Grund bleibt das Einspruchsverfahren, welches sich an eine Patenterteilung anschließt, das Standardverfahren, wenn es um die Abwehr von Patenten geht, die “eigentlich” nicht hätten erteilt werden sollen. Der Hauptgrund, das Einspruchsverfahren zu wählen, liegt darin, dass der Einsprechende Verfahrensbeteiligter ist. Damit kann der Einsprechende am besten auf das Verfahren Einfluss nehmen, z. B. Anträge und Beweismittel in das Verfahren einbringen. Vor allem kann der Einsprechende die Argumente und Beweismittel des Patentinhabers durch eigene Angaben entkräften oder widerlegen.
So kommt es manchmal vor, dass eine chemische Verbindung, die zum Patent angemeldet wurde, bereits vor der Anmeldung in einer Publikation beschrieben war, dort aber mit einer falschen Strukturformel angegeben ist. Wenn die Nachsynthese der Vorschrift klar und eindeutig zu der später patentgeschützten Verbindung führt, dann ist die frühere Publikation Stand der Technik und das Patent muss widerrufen werden. Den Beweis, dass die Nachsynthese eines publizierten Verfahrens klar und eindeutig zu einer bestimmten Verbindung führt, obwohl deren Strukturformel in einer Publikation falsch angegeben wurde, ist praktisch nur im Einspruchsverfahren zu führen.
Gegen eine Bestätigung des Patentes durch die zuständige Abteilung kann der Einsprechende Beschwerde einlegen und somit die Überprüfung durch eine zweite unabhängige Kammer bewirken. Dies ist eine sehr starke Stellung, die in keiner Weise vergleichbar ist mit den im früheren Beitrag geschilderten Möglichkeiten eines Einwandes vor der Patenterteilung. Darüber hinaus bleiben dem Patentinhaber weniger Verteidigungsmöglichkeiten, wenn das Patent erst einmal erteilt wurde. Dies alles spricht dafür, im Zweifelsfall einen Einspruch einzulegen. Ein Einwand vor Patenterteilung kann dann sinnvoll sein, wenn der Sachverhalt klar und eindeutig ist und die Patenterteilung noch längere Zeit auf sich warten lässt. Die Kostenersparnis der amtlichen Einspruchsgebühren (Deutsches Patent: 200 Euro Europäisches Patent: 745 Euro) ist normalerweise nicht entscheidend.
Sinnvoll kann ein solcher Einwand auch sein, wenn die Patentansprüche unklar formuliert sind: Kurioserweise ist die Unklarheit von Patentansprüchen kein Einspruchsgrund.
Fragen für Thomas Seuß an: <a href="mailto:nachrichten@gdch.de">nachrichten@gdch.de</a>. Info zur kostenfreien Beratung unter <ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.gdch.de/rechtsberatung" target="_blank">www.gdch.de/rechtsberatung</a></ext-link>



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1 

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2 

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Artikel

Chrom‐Autorisierung unter Reach für kleine und mittlere Betriebe

Der nächste Schritt bei der Umsetzung der europäischen Chemikalienpolitik ist die Zulassung von besonders besorgniserregenden Stoffen (substances of very high concern, SVHC) [Nachr. Chem. 2009, 57, 45]. Dabei gibt es für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) verstärkt Herausforderungen, die nicht...

Prof.Dr.

Die (bio)analytischen Wissenschaften setzen Nanopartikel in vielfältiger Form und für viele Zwecke ein. Einige Nanopartikel — etwa fluoreszierende Nanopartikel aus Silicat1 oder Silicon2 — dienen der Biokonjugation oder (zellulären) Bildgebung, weil sie sehr hell und stabil sind.
Deutlich interessanter sind Nanomaterialien mit Eigenschaften, die weder von entsprechenden Molekülen (oder gar Atomen) noch den entsprechenden Bulkphasen bekannt sind. Bei den Kohlenstoffmodifikationen sind dies Nanodiamanten, Graphen und seine Verwandten (Graphitoxid, Graphenoxid, reduziertes Graphenoxid) sowie die Kohlenstoffpunkte (carbon dots) mit ihrer hellen Fluoreszenz. Die ein- und mehrwandigen Nanoröhren zählen zwar nicht zu den Partikeln, bilden aber wichtige Klassen derartiger Nanomaterialien.
Die Graphene bilden eine sehr uneinheitliche Klasse von Materialien, und die Daten in der Literatur sind widersprüchlich. Ideales Graphen — also in Form einer reinen Monolage ohne Wechselwirkung mit anderen Materialien und ohne Fremdelemente wie Sauerstoff oder Wasserstoff — wurde bis heute nicht hergestellt. Graphene3 und C-Nanoröhren4 stoßen besonders in der elektrochemischen Sensorik auf Interesse.
Zudem lassen sich viele Metalloxide und -sulfide und auch Metalle als Nanopartikel gewinnen. Die Quantendots aus der Gruppe der Cadmium- und Zinksulfide und Telluride waren früher ein ärgerlicher kolloidaler Niederschlag, heute sind sie ein willkommenes Nanomaterial. Auch Nanopartikel aus Gold zeigen ungewöhnliche optische und elektrochemische Eigenschaften, die für die Bioanalytik interessant sind.


<h2>Eigenschaften für die Sensorik</h2>
Nanopartikel gibt es als Dots oder in der Form von Stäben, Körnern, Korallen, Hörnern, Reis oder Drähten. Chinesische Autoren sind hier recht kreativ (auch bei der Erfindung neuer Namen). Halbleitermaterialien, also die Elemente der 3. bis 5. Hauptgruppen, deren Oxide und dotierte Modifikationen sind ebenfalls weit verbreitet. Dazu kommen nanostrukturierte und nanoporöse Materialien sowie metallorganische Gerüstmaterialien.
Aus chemischsensorischer und biosensorischer Sicht sind Nanomaterialien wegen ihrer besonderen elektrischen, katalytischen oder optischen Eigenschaften interessant. Manche Partikel zeigen exzellente elektrische Leitfähigkeit, andere katalytische Effekte (z. B. bei der Oxidation von Methanol), und wiederum andere optische Effekte wie plasmonische Resonanz, Quanteneffekte oder die Fähigkeit zur Umwandlung von IR-Licht in sichtbares Licht.


<h2>Elektrische und katalytische Eigenschaften</h2>
Sensoren für Alkohole (vor allem Methanol) und brennbare Gase nutzen die katalytischen Eigenschaften von Nanomaterialien, wobei der Sensor den Oxidationsstrom misst. Solche Sensoren sind nur wenige Mikrometer groß und finden beispielsweise Einsatz in Brennstoffzellen, in Batterien und in der Automobil- und Luftfahrtindustrie. Zur Erinnerung: Ein typisches deutsches Auto enthält mehr als 100 physikalische und chemische Sensoren.
Elektrochemische (Bio)sensoren sind gekennzeichnet durch niedrige Arbeitspotenziale und Nachweisgrenzen. In vielen Fällen genügt es, die Nanomaterialien — beispielsweise Edelmetallnanopartikel5 — dem Elektrodenmaterial zuzusetzen, um Verbesserungen zu erzielen, etwa bei Robustheit oder Nachweisempfindlichkeit. Das für die (enzymatische) Bioanalytik wichtige H2O2 ist auf diese Weise bei sehr niedrigen (&lt; 200 mV) Arbeitspotenzialen nachweisbar,6 was die Methode wenig störanfällig macht.
Ein Beispiel für Empfindlichkeitssteigerung ist ein elektrochemischer Sensor für Wasserstoff, bei der ein Palladium-Graphen-Komposit das konventionelle Graphen ersetzt.7 Cyclovoltammetrische Untersuchungen zeigen eine hohe, Pd-bedingte elektrokatalytische Aktivität bei graphenbedingter deutlich verbesserter Leitfähigkeit. Wasserstoff weisen diese Sensoren schon in 0,5 %iger Konzentration nach. Das Ansprechverhalten einer derartigen Elektrode hängt zudem von der Zahl der aufgetragenen Lagen am Palladium-Graphen-Komposit ab (Abbildung 1). Elektroden nur mit Graphen zeigen keine Signaländerungen.
Auch Glucose, die immer noch überwiegend mit Enzymelektroden bestimmt wird, ist durch Zusatz von metallischen oder oxidischen Nanopartikeln zur Messelektrode sogar ohne Enzyme, bei relativ niedrigen Potenzialen und im neutralen pH-Bereich erfassbar.8


<h2>Optische Eigenschaften: Fluoreszenz</h2>
Vom Kohlenstoff (dessen drei Hauptmodifikationen nicht fluoreszieren) sind fluoreszierende Nanoformen bekannt, darunter das Fulleren C70, diverse Nanoröhren, Graphenoxid und die Kohlenstoff-Dots (C-Dots). Letztere lassen sich besonders einfach zum Beispiel durch hydrothermale Carbonisierungen gewinnen,9,10 zeigen eine relativ helle Fluoreszenz und sind gut membrangängig. Sie finden daher Anwendung im zellulären Imaging.
Die Fluoreszenz von C-Dots ist multichrom, die Farbe hängt somit von der Anregungswellenlänge ab und verschiebt sich mit deren Zunahme ebenfalls nach Rot (Abbildung 2).
Neben den reinen Anfärbungen von Zellen mit fluoreszierenden Nanomaterialien finden Nanopartikel auch ihren Einsatz in planaren Sensoren, zum Beispiel für Sauerstoff, welche die Löschung der Lumineszenz im Imaging nutzen. Beispiele sind die Sauerstoffbestimmung in Hauttumoren11 oder die Bestimmung des Luftdrucks an Flugzeugmodellen im Windtunnel.12 Die verschiedenen Verfahren der Bildgebung wurden kritisch verglichen.13
Unter den vielen anderen Nanopartikeln mit ungewöhnlichen neuen Eigenschaften stechen die aufkonvertierenden (upconverting) Nanopartikel (UCNP), zum Beispiel mit ErIII, TmII oder YbIII dotierte hexagonale Kristalle vom Typ NaYF4, besonders hervor. Die UCNP haben die besondere Eigenschaft, Nah-Infrarotlicht in sichtbare Fluoreszenz umzuwandeln, und zwar durch einen sequenziellen 2-Photonen-Absorptionsprozess. Abbildung 3 zeigt ein typisches Emissionsspektrum. Man kann hier also die Lumineszenz gegen einen schwarzen Hintergrund messen, da viele Untersuchungsmaterialien bei einer Anregung von 980 nm kaum mehr fluoreszieren, und wenn schon, dann oberhalb von 980 nm. Da viele Materialien für IR-Licht der Wellenlänge von 980 nm gut durchlässig sind, erreichen diese UCNP nicht nur eine 2-dimensionale Bildgebung,14 sondern sollen bald auch Ergebnisse für 3-D-Imagings bis in Gewebetiefen von 2 bis 5 cm liefern. Auch in die chemische Sensorik haben UCNP Eingang gefunden, beispielsweise für die Bestimmung von pH-Werten, Sauerstoff und Schwermetallen.15 In der Bioanalytik haben sich solche Nanopartikel als besonders geeignete Marker erwiesen.16


<h2>Blick in lebende Zellen</h2>
Neben den bisher behandelten Verfahren, die auf Nanopartikeln beruhen, die besondere elektrochemische, optische oder andere Eigenschaften aufweisen, sind Nanopartikel auch nur aufgrund ihrer geringen Größe von Interesse. Klassische Sensoren sind beispielsweise für Untersuchungen an lebenden Zellen mit ihrer typischen Größe von 10 µm einfach zu groß. Man hat zwar versucht, optische Sonden (Indikatoren) direkt in die Zelle einzuschleusen und dort fundamentale Größen wie pH-Wert, Sauerstoff, Glucose- oder Calcium(II)-Gehalt zu bestimmen. Die meisten dieser Ergebnisse sind aber zum Teil arg verfälscht, wie man inzwischen weiß. Viele Indikatoren wechselwirken mit den Proteinen des Cytosols, wodurch sich beispielsweise der pKa-Wert ändert. Dieses vielfach unterschätzte Problem ließe sich umgehen, indem man die Sonde in ein Schutzpolymer einbaut. Dieses Schutzpolymer verhindert die Wechselwirkung mit Proteinen, lässt aber Analyte, Ionen oder gelösten Sauerstoff frei eindiffundieren. Nanosensoren dieser Art sind in den letzten Jahren in großer Zahl entstanden.17
Wir haben uns auf Nanosensoren für pH-Werte und Sauerstoff konzentriert. Neben intrazellulären Anwendungen spielen auch Aspekte der hohen räumlichen Auflösung eine bedeutende Rolle, die ohne den Einsatz von Nanopartikeln nicht möglich wäre.
Mit optischer Spektroskopie können auch zwei oder mehr Indikatoren gleichzeitig ausgelesen werden. Daraus resultieren duale Nanosensoren (Abbildung 4).18 Hier wurde ein 12 nm großes Partikel mit einem silikatversteiften Kern aus einem kommerziellen Komposit aus Polypropylenoxid und Polyethylenglycol mit einem tiefrot fluoreszierenden Sauerstoffindikator eingefärbt (Sauerstoff dringt im Gegensatz zu Protonen gut ein). Der Kern wurde danach mit einem Polyethylenglycol ummantelt, das mit dem grün fluoreszierenden pH-Indikator Fluoresceinisothiocyanat angefärbt ist. Im Kern befindet sich zudem ein hellrot fluoreszierender Referenzfarbstoff, auf dessen Intensität sich die Messungen der grünen und tiefroten Fluoreszenz beziehen. Derartige duale Nanosensoren verfolgen Änderungen im pH-Wert der Zelle sowie lokale Änderungen im O2-Partialdruck in Echtzeit.


<h2>Fazit</h2>
Die Kleinheit von Nanopartikeln sowie ihre oft ungewöhnlichen optischen, elektrischen oder katalytischen Eigenschaften bieten der Sensorik eine Vielzahl von Möglichkeiten. Allerdings gibt es auch eine Reihe von Publikationen, die den Einsatz von Nanomaterialien zwar groß herausstreichen, dessen Ergebnis aber nicht besser und gelegentlich sogar schlechter ist als ohne Nanopartikel. Hier ist ein ausgewogener Vergleich mit dem Stand der Technik unumgänglich. Dessen ungeachtet hat die Nanotechnik die Analytik zu neuen Höhen geführt. Dies wird sich wohl noch in dem Maß verstärken, in dem neue Materialien verfügbar werden.
Otto S. Wolfbeis, Jahrgang 1947, war bis zum Jahr 2012 Professor am Institut für Analytische Chemie der Universität Regensburg. Seine Forschung umfasst (faser)optische chemische Sensoren und Biosensoren, fluoreszente Sonden, Marker und analytische Methoden, sowie neue (Nano)materialien für die (optische) Sensorik einschließlich Imaging. Neben einer Reihe einschlägiger Publikationen hat er mehrere Buchreihen herausgegeben und Konferenzreihen initiiert. Sein h-Index lag im September 2013 bei 73. Er ist Kurator der Angewandten Chemie, Editor-in-chief der Microchimica Acta und Editor von Methods and Applications in Fluorescence. <ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.wolfbeis.de" target="_blank">www.wolfbeis.de</a></ext-link>


<h2>QUERGELESEN</h2>
Nanopartikel, beispielsweise aus Edelmetall, verbessern die Nachweisempfindlichkeit und Robustheit elektrochemischer Sensoren.
Fluoreszierende Nanopartikel, etwa aus Kohlenstoffmodifikationen, werden im zellulären Imaging eingesetzt sowie bei der zwei- und dreidimensionalen Bildgebung in biologischem Gewebe.
Bei Messungen in lebenden Zellen dürfen Sensormaterialien nicht mit den Proteinen in der Zelle wechselwirken. Dies erreicht man mit Sensorpartikeln, die von einem Schutzpolymer umhüllt sind.


<h2>Fresenius-Lecture</h2>
Dieser Artikel ist eine kurze Übersicht über einige der Themen, die Otto S. Wolfbeis im Rahmen seiner Fresenius-Lectures im vergangenen Jahr vorgetragen hat. Bei dieser Vorlesungsreihe berichten Hochschulanalytiker aus dem deutschsprachigen Raum in den GDCh-Ortskolloquien aus ihren aktuellen Forschungsgebieten.
Die Fresenius-Lecture gibt es seit dem Jahr 2011 und wird mit bis zu drei Vortragenden jährlich fortgeführt. Die GDCh-Fachgruppe Analytische Chemie bestimmt die Referenten. In diesem Jahr hält Boris Mizaikoff, Institut für Analytische und Bioanalytische Chemie der Universität Ulm, die Fresenius-Lecture.



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