Industrie & Technik

<h2>Bei Transportunfällen helfen</h2><p>Das Transportunfallinformations- und Hilfeleistungssystem (Tuis) der deutschen chemischen Industrie war im Jahr 2017 häufiger im Einsatz als im Vorjahr. Das Tuis unterstützt die öffentliche Feuerwehr, Werksfeuerwehren und die Polizei bei Transport- und Lagerunfällen mit Chemikalien. Die Zahl der Unfälle, in denen die Werksfeuerwehrmänner Spezialgerät nutzten, stieg von 46 im Jahr 2016 auf 90 ein Jahr später. Im Jahr 2017 beriet das Tuis telefonisch in 807 Situationen, 2016 waren es 554.</p><p>Torid Bick, Frankfurt am Main</p><h2>BP kauft BHP-Schieferölgeschäft</h2><p>Der britische Ölkonzern BP übernimmt für 10,5 Mrd. US-Dollar das US-Schieferölgeschäft vom australisch-britischen Rohstoffkonzern BHP Billiton. Damit erhält BP Zugang zum ertragreichen Permian-Becken in New Mexiko und Texas. Zudem erhöhen die Briten mit der Transaktion ihren Anteil an der Schieferölförderung in den USA von 14 auf 17 % und ihren Anteil am US-Ölvorkommen von 17 auf 29 %. Die übernommenen Aktivitäten produzieren rund 190 000 Barrel Öläquivalent. Im Gegenzug will BP Geschäftsteile im Wert von 5 bis 6 Mrd. US-Dollar veräußern.</p><h2>Opec weitet Produktion aus</h2><p>Sowohl die erdölexportierenden Länder (Opec) als auch die kooperierenden Opec+-Staaten wollen in den kommenden Monaten das Förderlimit genauer einhalten. Bis vor kurzem hatten sie 1 Mio. Barrel Öl am Tag weniger gefördert als vereinbart, da einzelne Staaten ihre Förderquote nicht erfüllten, insbesondere Venezuela. Andere Staaten wie Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Kuwait oder das Nicht-Opec-Mitglied Russland sollen nun das Minus ausgleichen. Das Förderlimit gilt bis zum Jahresende, die Opec+-Staaten überlegen aber, langfristig mit der Opec zu kooperieren.</p><h2>Kunststoffbranche zufrieden</h2><p>50 % der befragten Unternehmen sahen einer Umfrage des Branchendienstes „KI – Kunststoff Information“ zufolge in den ersten sechs Monaten des Jahres eine positive Geschäftsentwicklung, während 15 % von einer negativen Entwicklung berichteten. Zu Jahresbeginn waren 53 % von besseren Geschäften ausgegangen und nur 6 % hatten schlechtere Geschäfte erwartet. Den Personalbestand erhöhten 45 % der Unternehmen, 8 % verringerten ihn. Für die zweite Jahreshälfte erwarten 30 % der Teilnehmer mehr Umsätze, und 18 % befürchten einen Rückgang. Negative Einflüsse durch die amerikanische Handelspolitik werden von 58 % erwartet, mit solchen durch die derzeitigen Entwicklungen in der Eurozone rechnen 41 %.</p><h2>Eintrübung im Maschinenbau</h2><p>Die deutschen Maschinenbauer senken ihre Umsatzprognosen. Der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PWC zufolge erwarten die befragten Manager für das Jahr 2018 ein Umsatzplus für die gesamte Branche von 3,8 %. Im Vorquartal waren sie noch von 4,8 % ausgegangen. Für das eigene Unternehmen rechnen die Teilnehmer mit einem Wachstum von 6,2 % (Vorquartal: 8 %). Sinkende Gewinnmargen werden von 8 %, sinkende Preise von 3 % befürchtet. Die Auslastungsquote liegt bei über 93 %, wobei etwa zwei Drittel der Unternehmen am Kapazitätslimit arbeiten.</p><p>Claudia Schierloh, Frankfurt am Main</p>

Meldung

Chemische Industrie: Aus den Branchen

Bei Transportunfällen helfenDas Transportunfallinformations- und Hilfeleistungssystem (Tuis) der deutschen chemischen Industrie war im Jahr 2017 häufiger im Einsatz als im Vorjahr. Das Tuis unterstützt die öffentliche Feuerwehr, Werksfeuerwehren und die Polizei bei Transport- und Lagerunfällen mi...

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<p>Das größte einzelgeförderte Wirkstoffforschungsprojekt in der Geschichte der Europäischen Union (EU) startete im Jahr 2012: die European Lead Factory (ELF) [Nachr. Chem. 2013, 61, 1239]. Für sechs Jahre wurden 196 Mio. Euro Budget aus EU- sowie Eigenmitteln der Partner zur Verfügung gestellt, unter anderem von der Innovative Medicines Initiative, der weltweit größten öffentlich-privaten Partnerschaft in den Life Sciences. Nun zieht die EU-Kommission eine positive Bilanz: „ELF is leading the way to discovering new medicines.“<sup>1)</sup></p><h2>Ein weiter Weg</h2><p>Wegen des langwierigen Prozesses in der Wirkstoffforschung und -entwicklung werden sich viele der durch die ELF angestoßenen Entwicklungen erst in den kommenden Jahren verwirklichen lassen. So dauert das Erforschen eines präklinischen Wirkstoffkandidaten in der Regel fünf bis sieben Jahre. Es folgen nochmals etwa sieben Jahre klinische Studien bis zur Marktreife eines neuen Medikaments.<sup>2)</sup></p><p>Da die frühe Wirkstoffforschung häufig auf akademischer Grundlagenforschung aufbaut, ist sie weit von der Kommerzialisierung entfernt. Diese Lücke zwischen naturwissenschaftlicher Grundlagenforschung und anwendungsorientierter Medikamentenentwicklung ist von der forschenden pharmazeutischen Industrie zum Teil nicht allein zu schließen. Dies ist der Ansatzpunkt der ELF (Abbildung).</p><figure><img src="https://media.graphcms.com/UhS9kjrVRQi68xaWJ9Pj"><figcaption><label>Abb. 1: </label>Die Lücke zwischen naturwissenschaftlicher Grundlagenforschung und anwendungsorientierter Medikamentenentwicklung ist der Ansatzpunkt der European Lead Factory. <named-content>Abbildung: ELF</named-content></figcaption></figure>
<p>Übergeordnetes Ziel war es, die Wirkstoffforschung in Europa voranzutreiben. ELF etablierte eine Screeninginfrastruktur inklusive einer Substanzbibliothek als Drug-Discovery-Plattform. Diese nutzten die Projektpartner, öffentliche Institutionen und Unternehmen im Sinne von Collaborative Innovation – also dem Teilen und Tauschen von Wissen und geistigem Eigentum.</p><h2>Substanzbibliothekensynthese</h2><p>Ein wesentlicher Bestandteil der ELF war es, eine weltweit einzigartige Substanzbibliothek zu erstellen. Dazu vereinte eine eigene virtuelle Synthesefabrik Medizinal- und Synthesechemiker aus Praxis und Forschung. So haben sieben kleine und mittlere Unternehmen (KMU) zusammen mit akademischen Partnern aus ganz Europa eine Substanzbibliothek mit 200 124 wirkstoffähnlichen Verbindungen geschaffen (Public Compound Collection). Sieben größere Pharmaunternehmen haben diese Bibliothek mit 326 486 Verbindungen aus ihrer Forschung zu einer Gesamtbibliothek mit 526 486 Verbindungen vereint. Sie steht für High-throughput-Screenings im ELF-Screeningcenter zur Verfügung.</p><p>Als Teil der ELF lieferten die Pharmaunternehmen die Verbindungen aus ihren eigenen Beständen nach stringenten Selektionskriterien, um vor allem die Screenings in der Startphase in die Wege zu leiten. Die großen Unternehmen sind Bayer, Janssen Pharmaceutica, Lundbeck, Astrazeneca, Merck, UCB und Sanofi – alle Mitglied der European Federation of Pharmaceutical Industries and Associations.</p><h2>Die Menge bringt Ideen</h2><p>Für das Design der neuen Substanzbibliothek war es entscheidend, einen chemischen Raum zu adressieren, der sich von den Substanzbibliotheken der Pharmapartner und von käuflichen Substanzbibliotheken unterscheidet. Taros Chemicals aus Dortmund koordinierte dazu ein Crowdsourcing, das mehr als 1000 Ideen für das Bibliotheksdesign lieferte.</p><p>Ein Komitee aus Medizinal- und Synthesechemikern prüfte die Vorschläge nach Kriterien wie Neuheit, wirtschaftliche Synthetisierbarkeit, wirkstoffähnliche physikochemische Eigenschaften, Diversität, medizinalchemische sowie -biologische Relevanz. Sinnvolle Vorschläge gab das Komitee frei.</p><p>Fünf KMU synthetisierten die freigegebenen Bibliotheken: Neben Taros als Konsortialführer Chemie waren Syncom und Mercachem aus den Niederlanden, Sygnature Discovery aus dem Vereinigten Königreich sowie Edelris aus Frankreich beteiligt. Immer wieder hob die EU die Schlüsselrolle der KMU als agiles, ergebnisorientiertes Bindeglied zwischen akademischer Forschung und Pharmaunternehmen hervor.</p><h2>Ergebnisse auf mehreren Ebenen</h2><p>Nicht nur die fristgerechte Produktion der geplanten 200 000 neuen Substanzen, sondern auch die Qualität der daraus entstandenden Substanzbibliothek übertrifft nach ersten Analysen die Erwartungen.<sup>3)</sup> Die vereinigte Substanzbibliothek wurde in bisherigen Screenings gegen 200 krankheitsrelevante, biologische Targetmoleküle in molekularen Assays getestet, und dabei wurden über 7500 Hitverbindungen identifiziert. Diese Hits – also wirkstoffähnlichen Substanzen, die mit einem getesteten Targetmolekül interagieren, sind Ausgangspunkte für die Entwicklung pharmazeutischer Wirkstoffe.</p><p>Die Ergebnisse der Bibliothek führten zu 90 wissenschaftlichen Veröffentlichungen, mehr als 80 Prozent davon in organischer und Medizinalchemie. Es gab sechs Patentanmeldungen und zwei Biotechgründungen:</p><p><list list-type="simple"><list-item></list-item></list></p><p>Die skandinavische Scandicure entwickelt neue Inhibitoren, die die nichtalkoholische Steatohepatitis (eine Entzündung bei einer Leberverfettung, die nicht durch Alkoholkonsum bedingt ist, NASH) und Typ-2-Diabetes zu behandeln. Im April 2018 ging Scandicure eine Forschungskooperation mit dem französischen Pharmaunternehmen Servier ein.</p><list-item><p>Keapstone Therapeutics aus Großbritannien forscht an Inhibitoren zur Behandlung der Parkinson-Krankheit, langfristig finanziert durch die Stiftung Parkinsons UK.</p></list-item><p></p><p>Darüber hinaus sind sich die Konsortialpartner und die EU einig: Das Aufsetzen und Führen dieser einzigartigen Drug-Discovery- Plattform – einschließlich der komplexen juristischen Modalitäten, etwa geistigen Eigentumsrechten – könnte als Vorlage für öffentlich-private Partnerschaften dienen.</p><h2>Zukunftspläne der ELF-Plattform</h2><p>Von Anfang an wurden Strategien integriert, um eine zukunftsfähige, unabhängige europaweite Drug-Discovery-Plattform mit hohem Einfluss auf die weltweite Wirkstoffforschung und Entwicklung zu gestalten. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, erklärten sich viele Partner der ELF bereit, auch nach dem offiziellen Projektende langfristig innerhalb dieser Plattform zusammenzuarbeiten.</p><p>Die wesentlichen Assets der ELF, also die neue Substanzbibliothek und das Screeningcenter, sollen zugunsten der europäischen Wirkstoffforschung weiter als integrierte Plattform verwertet werden.</p><p>Öffentliche und private Träger sowie gemeinnützige Organisationen könnten als Förderer von einem Screening durch die ELF profitieren. Ein erster Beitrag hierzu ist der IMI2-Call „European Screening Centre: unique library for attractive biology”. Er umfasst das Screening innovativer Substanzbibliotheken und ist somit ein erstes Anschlussvorhaben.</p><p>Dimitrios Tzalis ist promovierter Chemiker und CEO von Taros Chemicals in Dortmund. Er ist Mitglied im ELF Project Executive Board sowie Leiter des Chemiekonsortiums der ELF und somit für die Steuerung des Chemiekonsortiums zur Entwicklung und Produktion der neuen Substanzbibliothek <a href="https://verantwortlich.www.europeanleadfactory.eu" target="_blank">verantwortlich.www.europeanleadfactory.eu</a></p><h2>Quergelesen</h2><p>Mit 196 Millionen Euro Budget ist die European Lead Factory das größte einzelgeförderte Wirkstoffforschungsprojekt in der Geschichte der Europäischen Union.</p><p>Übergeordnetes Ziel ist es, neue Wirkstoffe zu finden, um schwere Krankheiten zu behandeln.</p><p>Die Drug-Discovery-Plattform vereint 30 Konsortialpartner aus Industrie und Universitäten.</p><p>Ergebnisse: eine Substanzbibliothek mit 200 124 Verbindungen, mehr als 7500 Hits, 90 wissenschaftliche Veröffentlichungen, sechs Patentanmeldungen, zwei Biotech-Start-up-Gründungen.</p>
<ul><h2>Literatur</h2><li>
<sup>1 </sup><a href="http://ec.europa.eu/research/infocentre/article_en.cfm?id=/research/headlines/news/article_18_02_26_en.html?infocentre&amp;item=Infocentre&amp;artid=47596" target="_blank">http://ec.europa.eu/research/infocentre/article_en.cfm?id=/research/headlines/news/article_18_02_26_en.html?infocentre&amp;item=Infocentre&amp;artid=47596</a></li><li>
<sup>2 </sup>T. Bartfai, G. V. Lees, Drug Discovery from Bedside to Wall Street, Elsevier Academic Press, 2006</li><li>
<sup>3 </sup>F. Giordanetto, D. Hamza, G. Müller et al., Drug Discov Today 2015, 20, 1310</li></ul>


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