Blickpunkt Prozess

<h2>Wissenschaftler kehren zurück</h2>
Rekrutierungsprogramme holten seit dem Jahr 1994 etwa 2500 chinesische Naturwissenschaftler und Ingenieure aus dem Ausland an Institute der chinesischen Akademie der Wissenschaften (Chinese Academy Of Sciences, CAS) zurück. Die Rückkehrer erhalten 2 Mio. Yuan (etwa 240 000 Euro) für die Laborausstattung und 0,6 Mio. Yuan (etwa 70 000 Euro) an Umzugshilfen. Mehr als 80 Prozent der Rückkehrer kommen aus englischsprachigen Ländern, die meisten aus den USA. Die CAS beschäftigt etwa 50 000 Naturwissenschaftler an 117 Instituten und Außenstellen.


<h2>Westchina stärken</h2>
China wünscht Auslandsinvestitionen in Westchina: in die medizinische Versorgung, den Zugang zu sauberer Energie, die Nutzung biologischer Ressourcen und den Gerätebau. Mit solchen Infrastrukturmaßnahmen fördert die chinesische Akademie der Wissenschaften und die chinesische Entwicklungs- und Reformkomission im Rahmen des im Jahr 2000 beschlossenen “Go West”-Programms zunächst für acht Jahre zwölf Regionen. Dazu gehören Teile von Sichuan, Tibet und der inneren Mongolei.


<h2>Umwelt verbessern</h2>
Der chinesische Staatsrat will mit 1,7 Trillionen Yuan (etwa 200 Mrd. Euro) in den nächsten vier Jahren Chinas Luftqualität verbessern. Dies ist eine Antwort auf die Luftverschmutzung im Frühjahr 2013, die fast 600 Millionen Chinesen und über 40 Städte betraf. Politische und investive Maßnahmen sollen SOx, NOx, Staub, Ozon und flüchtige organische Verbindungen reduzieren. Ein Programm, um die Wasserqualität zu verbessern, ist in Vorbereitung.
Rolf D. Schmid, <ext-link ext-link-type="uri"><a href="http://www.window-to-china.eu" target="_blank">http://www.window-to-china.eu</a></ext-link>


<h2>Wettbewerbsfähig bleiben</h2>
Bei F+E erhöht die Chemie ihr Engagement auch im Ausland.
9,6 Mrd. Euro investierte im Jahr 2012 die deutsche chemisch-pharmazeutische Industrie in Forschung und Entwicklung (F+E) im Inland. Das sind sechs Prozent mehr als im Jahr zuvor. Die Unternehmen planen, dieses Jahr die Ausgaben auf etwa 10 Mrd. Euro zu erhöhen [Nachr. Chem. 2013, 61, 915]. Sie kommen damit in Deutschland auf “sieben Prozent aller weltweiten Forschungsausgaben in Chemie und Pharmazie”, sagt Andreas Kreimeyer, Vorsitzender des Ausschusses Forschung, Wissenschaft und Bildung im Verband der Chemischen Industrie. Mit F+E generiere die Chemie Einnahmen effektiver als jede andere Branche. Auch im Hinblick auf die Forschungsintensität — den Anteil der F+E-Ausgaben am Umsatz — liege die deutsche Chemie neben der Schweiz und Japan vorn.
Die F+E-Aufwendungen der deutschen Chemie im Ausland entsprachen zirka 50 bis 60 Prozent der Aufwendungen in Deutschland. Das ergibt für das Jahr 2012 ein zusätzliches Volumen von etwa 5 Mrd. Euro. Dieses F+E-Engagement sorgt dafür, dass Unternehmen Arbeitsplätze im Ausland besetzen und dort statt auf dem Heimatmarkt Nachwuchs suchen. Kreimeyer sagte dazu: “Selbstverständlich rekrutieren wir vor Ort. Wer in Asien mitmachen will, muss dort in den Hochschulen und in der Forschung dabei sein.”
Sophie Kopsch, Frankfurt


<h2>Für unreife Prozesse</h2>
So werden Produktionstechniken industrietauglich.
In der Forschungsfabrik für die Kleinserienproduktion von Lithiumionenzellen am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) werden neue Produktionstechniken im Zusammenhang mit der E-Mobilität entwickelt. Für Projektleiter Jürgen Fleischer lassen sich damit “noch unreife Produktionsprozesse in einem frühen Stadium validieren, automatisieren und damit industrietauglich machen”. So entstand mit der Stuttgarter M+W Group ein neuartiges Trockenraumkonzept (Foto).
 Die nahezu 1500 Quadratmeter große Produktionshalle befindet sich auf dem Gelände des Campus Nord des KIT. Andreas Gutsch, der das Projekt koordiniert, lädt “alle interessierten Unternehmen mit Wertschöpfung in Deutschland ein, die Möglichkeiten dieser Forschungsfabrik zu nutzen”.
Die Beschaffung der ersten Anlagentechnik erfolgte mit Förderung durch das Bundesministerium für Wirtschaft im Jahr 2012. MB

Blick nach China

Wissenschaftler kehren zurück Rekrutierungsprogramme holten seit dem Jahr 1994 etwa 2500 chinesische Naturwissenschaftler und Ingenieure aus dem Ausland an Institute der chinesischen Akademie der Wissenschaften (Chinese Academy Of Sciences, CAS) zurück. Die Rückkehrer erhalten 2 Mio. Yuan (etwa 2...

Die Wechselwirkung von Biotech mit anderen Branchen kann die Biotechnik schnell vorantreiben. Das Thema ist wichtig, denn die Biotechnologie steht für Nachhaltigkeit, Kreativität und Neues.


<h2>Pharma und Biotech</h2>
Die Kombination von biotechnischen und chemischen Herstellungsmethoden, um mehr Innovationen zu realisieren, ist häufig eine Frage des Willens. Wichtig dabei sind Möglichkeiten zum gegenseitigen Austausch, eine gerechtere Verteilung der Ergebnisse und der Umsätze sowie die gemeinsame Nutzung von Knowhow bis hin zu Open-Innovation-Ansätzen.
Zudem ist die Fähigkeit entscheidend, Eigenes zu hinterfragen und Fremdes zuzulassen. In der Pharmaindustrie scheint dies bereits zu gelingen; man schaue sich hierzu den Pharmariesen Abbott an, der seine Biopharmazeutika erforschende Sparte zwecks höherer Effizienz kurzerhand in eine eigene Gesellschaft ausgliedert: Abbvie.3 Bei Sanofi bläst nach starren Jahren des Vorgängers Hoechst und der zentralistischen Zeit des französischen Headquarters ein frischer Wind. Dem unkonventionellen F+E-Geschäftsführer Jochen Maas nimmt man ab, dass Externalisation mehr ist als alter Wein in neuen Schläuchen. Das Not-invented-here-Syndrom scheint die Pharmaindustrie überwunden zu haben.4,5
Angesichts der Zahlen ist das auch notwendig:6 In den drei Jahren von 2009 bis 2011 gaben weit über 2000 internationale Pharmaunternehmen jährlich 128 Mrd. US-Dollar für die Entwicklung neuer Wirkstoffe aus, von 2002 bis 2004 waren es 78 Mrd. US-Dollar. Erschreckend dabei ist, dass bis zu 50 Prozent der Entscheidungen über das Wohl und Wehe eines Medikamentenprogramms keiner wissenschaftlichen oder medizinischen Überlegung folgen. Allein finanzielle oder strategische Managemententscheidungen sind Ursache hierfür, Wissensvernichtung inklusive.


<h2>Stärken stärken und mehr Fokus</h2>
Da erscheint es besser, die Vorselektion von zum Beispiel Medikamentenkandidaten der Biotechindustrie zu überlassen und die Verträge so zu stricken, dass alle etwas davon haben. Wenn über 90 Prozent aller präklinischen Biopharmazeutika keinen Euro zum Umsatz beitragen werden,6 muss über andere Aufgabenverteilungen und eine noch stärkere Spezialisierung nachgedacht werden. Beitragszahler werden es danken. Der Medical Need — die medizinische Notwendigkeit für bisher nicht behandelbare Erkrankungen, Wirkstoffe zu entwickeln — darf nur temporär für höhere Gesundheitsausgaben stehen.7
Eine Effizienzsteigerung durch Neuausrichtung der Wertschöpfungsketten erscheint daher unausweichlich. Niemand geht dabei so weit, wie der mehrfache Unternehmensgründer, Serial Entrepreneur Karsten Henco, Biochemiker und Mitgründer von Qiagen, dem deutschen Biotechvorzeigeunternehmen. Er rät Biotechunternehmen von eigenen klinischen Studien ab und hilft mit seiner Beteiligungsgesellschaft HS Life Sciences stattdessen, früh mit Pharmaunternehmen werthaltige Deals zu verhandeln.8 


<h2>Chemie und Biotech mit gemeinsamem Potenzial</h2>
Die chemische Industrie ist noch nicht so interdisziplinär wie die Pharmaindustrie.9 Dass es kaum Chemiegründungen gibt — aufgrund guter Jobs in der Branche, häufig hoher Investitionskosten und ausbaufähigem Gründergeist in Chemiestudiengängen10 — verzögert noch vielfach den interdisziplinären Brückenschlag zu kleinen und mittleren Biotechunternehmen. Wegweisend agiert der Gründer des Zwingenberger Unternehmens Brain, Holger Zinke: In zwanzig langen Jahren baute er beachtliche Chemiekooperationen auf, darunter mit BASF, Ciba, Clariant, DSM, Evonik Degussa, Henkel, Nutrinova, Sandoz, Schering, Südzucker und Symrise.11
Die Biotechnologie wird unseren chemischen Alltag noch viel stärker revolutionieren (Kasten) und das in immer kürzeren Abständen. Die bisher einseitige Sicht auf den Hochrisikobereich Medikamentenforschung könnte bisher auch den Blick für andere Geschäftsmodelle versperrt haben. Die technischen Erfolge der Biotechnologie sind aber zu umfassend, als dass sich die Entwicklung aufhalten ließe. Genomics, Proteomics und Metabolomics zeigen das Wissen um die molekularen Zusammenhänge und den Weg zu mehr Natürlichkeit, Vielfalt und interdisziplinären stofflichen Neuschöpfungen. Der langsame Weg in der Entwicklung eines Unternehmens von der Technologieplattform über Serviceangebote bis schließlich zu eigenen Produkten bietet womöglich ausgewogenere Geschäftsmodelle als reine Kapital verschlingende Hochrisikoprojekte. Wohldurchdachtes Unternehmertum statt nur High Risk. Der Medikamentenhersteller Morphosys und der Enzymspezialist Brain zeigen, dass das geht. Beide Unternehmen wurden Anfang der 1990er Jahre gegründet und beweisen seit zwei Jahrzehnten nachhaltiges und inzwischen sehr erfolgreiches Durchhaltevermögen in der medizinischen und der industriellen Biotechnik.


<h2>Zulieferer Biotech</h2>
Die Biotechnologie wird als eine der Basisinnovationen gesehen, die unser Wohlstandswachstum für mehr als 50 Jahre mitbestimmt. Wachstumsgrenzen sind nicht erkennbar.12,13 Vielleicht ginge die Umsetzung zu mehr Produkten aber schneller.
Ob sich die Biotechindustrie als eigenständige Branche sehen muss? Vielleicht wäre die Rolle als Querschnittsbranche ohne eigene Statistik viel wertvoller (Tabelle). Die Branche hat im Kern keine 10 000 Mitarbeiter.14 Nach Zählung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung sind es 17 430 und noch einmal 17 760 in den Großunternehmen.15 Statt Zahlen von Mitarbeitern und Unternehmen sollten die jährlich mit anderen erreichte Wertschöpfung und die Erfolgsgeschichten in den Mittelpunkt rücken.
Wenn gleichzeitig die Pharmaindustrie lernte, gerechter zu teilen, weil Zugang zu Technologie schon einen Wettbewerbsvorsprung enthält, setzte das motivierende Kräfte frei. Die Biotechbranche jedoch nur in herkömmlichen Statistiken zu erfassen, greift zu kurz. Die Automobilzulieferer machen es vor, wie Zulieferer zu einer weltweit führenden Industrie beitragen.
Und die Chemieindustrie? Sie darf keine Potenziale verschenken. Insbesondere der Mittelstand mit den Arbeitsplätzen von morgen darf biotechnologisch mutiger werden.
Holger Bengs, Geschäftsführer von BCNP Consultants, Frankfurt am Main, besuchte die erste Handelsblatttagung Biotech. Ohne Blatt vor dem Mund wurde diskutiert — die vergangenen Jahre in der Biotechindustrie standen auf dem Prüfstand. <a href="mailto:bengs@bcnp-consultants.com">bengs@bcnp-consultants.com</a>


<h2>Künftige Alltagsprodukte</h2>
Biotechnische Spinnenseiden, gewoben als verbesserte Tiefenfilter nicht nur in Staubsaugern; Amsilk, Planegg/Martinsried.
 Kompartimente von Milchsäurebakterien in Zahncremes, um Karies vorzubeugen; Organobalance, Berlin.
 Kohlendioxidverwertung aus Rauchgas durch Mikroorganismen; Brain, Zwingenberg.
 (S)-2-Methyl-1,4,5,6-tetrahydropyrimidin-4-carbonsäure (Ectoin) aus extremophilen Mikroorganismen als Stabilisator in Kosmetika; Bitop, Witten.



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3 

 <ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.abbott.de" target="_blank">www.abbott.de</a></ext-link>, Pressemitteilung vom 21. März 2012.
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4 

 J. Maas, M. Brönstrup, Interview, <ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.goingpublic.de" target="_blank">www.goingpublic.de</a></ext-link>
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5 

 Goingpublic Magazin, Biotechnologie 2013.
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6 

 A.T. Kearney, Unleashing Pharma from the R&amp;D Value Chain, 2013.
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7 

 BCG und <a href="https://vfa.bio" target="_blank">vfa.bio</a>, Medizinische Biotechnologie in Deutschland 2013.
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8 

 K. Henco, Vortrag auf der 1. Handelsblatttagung Biotech, 2. Juli 2013.
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9 

 ZEW, Innovationsmotor Chemie, 2005.
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10 

 Auch der erstmals von der GDCh angebotene Kurs “Als Chemiestudent ins Unternehmertum” musste mangels Interesse abgesagt werden.
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11 

 Brain unterhält mehr als 70 Kooperationen, <ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.brain-biotech.de" target="_blank">www.brain-biotech.de</a></ext-link>.
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12 

 
H. Bengs, 
M. Bayer, 
<source>Investieren in Biotechnologie — simplified, <publisher-name>Finanzbuch Verlag</publisher-name>, <publisher-loc>München</publisher-loc>, 2008.

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13 

 Leo A. Nefiodow, Der sechste Kondratieff, <ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.kondratieff.net" target="_blank">www.kondratieff.net</a></ext-link>
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14 

 Ernst &amp; Young, Deutscher Biotechnologie-Report 2013.
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15 

 BMBF, Deutsche Biotechnologie-Branche 2013.
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