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Biotechnologie für Chemiker, Teil 18

Gentechnik

Gentechnisch modifizierte bzw. veränderte Mikroorganismen (GMO bzw. GVO)

Ist bei einer biotechnologischen Fermentation mit anschließendem Downstreamprozeß die Produktausbeute nicht hoch genug, gibt es ein Problem mit der Wirtschaftlichkeit des Verfahrens, d.h. es rechnet sich nicht. Wenn in Vorversuchen alle möglichen denkbaren Parameter zur Erhöhung der Ausbeute gescheitert sind, wird in der Regel die Gentechnik angewendet. Gentechnik basiert auf den biotechnologischen Methoden und Verfahren, einschließlich der Kenntnisse in der Molekularbiologie und Genetik.

Wenn also Mikroorganismen für einen Einsatzzweck optimiert werden, so handelt es sich hierbei nicht um Neuzüchtungen, sondern um gentechnisch veränderte. Das Wort beinhaltet schon den Ort, an dem etwas geändert wurde, nämlich an den Genen bzw. am Genom. Nahezu jede Zelle beinhaltet eine DNA, unabhängig davon, ob sie in cyclischer Form wie bei Prokaryoten oder in offener Form wie bei Eukaryoten vorliegt. Die dafür genutzten Techniken reichen von der Polymerase-Kettenreaktion (PCR) über die DNA-Sequenzierung und Klonierung bis hin zum Gen-Knockout.

Mit thermostabilen DNA-Polymerasen kann im sogenannten Protein-Engineering ein bestimmtes Proteindesign dargestellt werden. Eine außerordentlich thermostabile DNA-Polymerase wurde schon 1969 aus Thermus aquaticus isoliert und trägt den Namen Taq-Polymerase. Ein weiteres Beispiel hierzu wäre die Pfu-Polymerase aus Pyrococcus furiosus. Dieser zu den thermophilen Archaeen gehörende Mikroorganismus hat ein Temperatur-Optimum von 100 Grad Celsius und beinhaltet als einziger das Element Wolfram.

Bei der DNA-Sequenzierung wird die Nukleotidabfolge in einem DNA-Molekül bestimmt. Weil es sich hierbei um das Genom handelt, hat sich ein neuer Begriff etabliert, nämlich jener der Genomik. Sie ist die analytische Schlüsselmethode zur DNA-Klonierung. In der Literatur sind mehrere Methoden zur DNA-Sequenzierung zu finden.

Da viele biochemische Prozesse über die Genregulation gesteuert werden und über die Transkription und Translation Proteine unterschiedlichster Bauart gebildet werden, die wiederum biochemische Prozesse katalysieren, liegt es nahe, sich die Gene genauer anzuschauen, um diese für den jeweiligen biotechnologischen Prozeß zu optimieren.

Bei einem so komplexen Gebilde, wie die DNA sie darstellt, leuchtet es jedem Chemiker ein, daß eine gentechnische Veränderung keine einfache labortechnische Aktion ist, sondern spezielle Stoffe benötigt, die genau dies ermöglichen. Um 1970 herum gelang es einigen Forschern, die mit bestimmten Bakterienstämmen arbeiteten, ein Restriktionsenzym zu isolieren, das es ermöglichte, ganz spezifische „Schnitte“ an der DNA vorzunehmen. Damit war die Geburtsstunde der Molekularbiologie bzw. der Gentechnik eingeläutet.

Und wieder ist es ein passendes Enzym mit einer ganz bestimmten Struktur, das als sogenannte Endonuklease aus dem DNA-Doppelstrang eine entsprechende Gensequenz herauslöst. Bakterien können von sogenannten Bakteriophagen befallen werden. Dies sind Viren, die aus einer DNA bestehen und im Wirtsbakterium Veränderungen bis hin zum Zelltod hervorrufen können. Durch die Restriktionsenzyme wird die „feindliche“ DNA so verändert, daß sie keinen Schaden mehr anrichten kann, also ein Abwehrmechanismus aufgebaut.

Mit einem solchen Restriktionsenzym werden also chemische Bindungen im DNA-Rückgrat, das abwechselnd aus Phopshat- und Desoxyribose-Einheiten besteht, gelöst. Es handelt sich um eine Esterbindung, die hier hydrolytisch gespalten wird. Doch die speziellen Restriktionsenzyme können nicht nur an „gegenüberliegenden“ Stellen angreifen, sondern auch versetzt und auch die Länge der „abgeschnittenen“ DNA-Stücke ist ebenfalls variabel. Es gibt 5 verschiedene Arten, die Typ I, II, III, IV oder V genannt werden und sich im „Schnittmuster“ unterscheiden. Nummer V ist die von Sommer 2020 bekannte und in vielen Medien, wegen Verleihung des Nobelpreises an zwei Damen (Emmanuelle Charpentier und Jennifer Doudna) aus der medizinischen Forschung, berichtete „Gen-Schere“ bzw. CRISPR/CAS.

Seit etwa 1970 wird gentechnisch geforscht und der erste Modell-Mikroorganismus war Escherichia coli, also das bekannte Darmbakterium, das in Symbiose mit uns Menschen lebt. Möchte man also Proteine biotechnologisch herstellen und die Ausbeute ist nicht hoch genug, dann kann durch die genannten Methoden eine Überexpression eines Proteins bewirkt werden, d.h. dessen Menge steigt an. Mit Genexpression ist das Ablesen des DNA-Abschnitts, also die Transkription, mit der daraus folgenden Bildung einer Boten- bzw. Messenger-RNA, einschließlich der Translation am Ribosom in ein entsprechend gefaltetes Protein gemeint.

Natürlich kann man dies auch auf andere Prozesse übertragen und damit einen besonderen Einfluß auf die biotechnologische Herstellung eines Produkts nehmen. Oft ist es allerdings auch eine Preis- und vor allem Zeitfrage, denn dieser Vorlauf kostet recht viel Zeit und Geld, so daß es nur für bestimmte Anwendungen mit hoher Wertschöpfung in Frage kommt.
Aber auch diese Forschung ist noch „im Fluss“, so daß sich in Zukunft wahrscheinlich noch weitere Möglichkeiten für biotechnologische Fermentationen ergeben werden. Hier wird in Zukunft die Bioinformatik noch weitere interessante Beiträge leisten.

Biotechnologie für Chemiker

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