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In diesem Jahr findet das GDCh-Wissenschaftsforum Chemie 2015 (Wifo 2015) vom 30. August bis zum 2. September statt. An den Kongresstagen auf dem Gelände der Messe Dresden sind die Besucher eingeladen, den chemisch-wissenschaftlichen Vorträgen zu folgen, Kontakte zu knüpfen und nebenbei die Barock-Stadt Dresden kennen zu lernen.


<h2>Dresden und das Internationale Jahr des Lichts</h2>
Die Unesco hat das Jahr 2015 zum Internationalen Jahr des Lichts ausgerufen. Partner des Wissenschaftsforums Chemie ist die Physik. Damit will die GDCh den Kongress fächerübergreifend gestalten. Chemienobelpreisträger Stefan Hell, selbst Physiker, spricht in Dresden über Gesetzmäßigkeiten und Fortschritte von Fernfeldstrahlungsmustern optischer Nanoskopie.
Als Wissenschaftsstadt bietet Dresden den Besuchern des Wissenschaftsforums Veranstaltungen zum Jahr des Lichts. Die Technischen Sammlungen der Stadt Dresden im Museum Dresden präsentieren die Sonderausstellung “Hilights — Neues vom Licht”. Diese zeigt, was die Forschung in der Photonik für Wissenschaft, Technik und Kultur bedeutet. Das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) zeigt im Kino Thalia den Endzeit-Thriller “Hell — Die Sonne wird euch verbrennen” vom Jungregisseur Tim Fehlbaum.


<h2>Landschaftspark und Stadtbild</h2>
Die Messe Dresden, der Veranstaltungsort des Wissenschaftsforums, ist eingebettet in den Landschaftspark Ostragehege und liegt direkt am Schloss Albrechtsberg, nur wenige Gehminuten vom Stadtzentrum entfernt. Das Ostragehege hat eine besondere Vergangenheit. Caspar David Friedrich war um das Jahr 1832 von der Landschaft begeistert und gestaltete ein Ölgemälde mit dem alten Überschwemmungsgebiet der Elbe. Auf dem Gelände begannen im Jahr 1906 Bauarbeiten für einen über 36 Hektar großen Vieh- und Schlachtbetrieb, der 1910 eröffnet wurde. Nachdem sich 1990 die Handelsstrukturen änderten, wurde der Komplex mit 68 Einzelgebäuden stillgelegt. Heute dienen diese als Messehallen. Der Platz bietet Raum für Open-Air-Veranstaltungen, Grünflächen zur Entspannung und Gastronomie auf historischem Grund.
Das Stadtbild Dresdens prägen Frauenkirche, Kreuzkirche, Schloss und Dreikönigskirche, die von den Aussichtstürmen im Stadtzentrum zu sehen sind. Die Frauenkirche als Wahrzeichen Dresdens ist 91 Meter hoch, verfügt über 2000 Sitzplätze und trägt acht Glocken, von denen nur noch eine original aus dem 16. Jahrhundert ist. Erst 1993 wurde der Schutt des kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs zusammengefallenen Kirchturms unter archäologischer Aufsicht entsorgt. Nach zwölf Jahren Bauzeit wurde die Kirche im Oktober 2005 wieder eingeweiht.
Die evangelische Kreuzkirche steht direkt neben dem Rathaus, sie wurde mehrfach durch Brände oder Krieg zerstört und jedes Mal wieder aufgebaut. Bekannt ist der Dresdner Knaben- oder Kreuzchor, der im nächsten Jahr sein 800-jähriges Bestehen feiern. Das Zentrum Dresdens sowie große Teile der Vorstädte wurden während des Zweiten Weltkriegs im Jahr 1945 durch fünf aufeinanderfolgende Luftangriffe fast vollständig zerstört. Die Stadt brannte fünf Tage lang und über zwanzigtausend Menschen verloren ihr Leben. Die sowjetische Armee besetzte Dresden im Mai 1945. Die Stadt wurde erst seit Anfang der fünfziger Jahre wieder aufgebaut. Zuerst räumten Freiwillige im Stadtzentrum die Trümmer auf, und erste Baudenkmäler wurden langsam wieder hergestellt. Heute leben in der Landeshauptstadt des Freistaats Sachsen etwa 531 000 Menschen.
Der Antikriegsroman “Schlachthof 5 oder der Kinderkreuzzug” von Kurt Vonnegut beschreibt die alliierten Luftangriffe 1945 in Dresden. Der Autor, ein US-Amerikaner, damals in deutscher Gefangenschaft, versteckte sich im Schlachthof, als Briten und Amerikaner die Stadt in der Nacht vom 13. auf den 14. Februar bombardierten. In Dresden lebten zu der Zeit etwa 640 000 Einwohner und ungefähr eine halbe Million osteuropäischer Flüchtlinge. Erst 20 Jahre nach den Geschehnissen begann Vonnegut das Buch über die Tage im Schlachthof und sein Leben zu schreiben.


<h2>Kultur …</h2>
Insgesamt hat Dresden 48 Museen, 60 Galerien und Ausstellungsorte sowie 36 Theater und Bühnen. Gegenüber dem Eingangsbereich der Messe in den denkmalgeschützten Gebäuden gibt es Konzerträume, das Seehaus und die Seebühne mit Café, Bar und Lounge sowie die Eventhalle “Erlwein Capitol”.
Das Deutsche Hygienemuseum eröffnete im Jahr 1930 und verbindet bis heute Wissenschaft, Kultur und Gesellschaft. Die diesjährige Dauerausstellung heißt “Abenteuer Mensch” und zeigt Bilder des Menschen in der Wissenschaft, informiert über die Ernährung als Körperfunktion und Kulturleistung und beschäftigt sich mit Sexualität und Bewegung. Im Museum gibt es unter anderen das Gläserne Labor für Schüler, die dort Zeit mit molekular- und zellbiologischen Analysen verbringen können.
Die Agentur Avantgarde bietet eine Nachtführung durch die Semperoper, die an mehreren Wochentagen um 23 Uhr beginnt, sowie jeden Nachmittag kombinierte Führungen durch Oper und Altstadt. Dazu können Teilnehmer das historische grüne Gewölbe mit 3000 Werken aus der Juwelier- und Goldschmiedekunst in der Schatzkammer bewundern.
Das Sommertheater spielt im Bärenzwinger (Festung Dresden) und zeigt am Sonntagabend das Stück “Esmeraldas Glöckner — Ein Shakespeare a là Notre-Dame”.
Der botanische Garten im Großen Garten verlangt keinen Eintritt und zeigt im Freigelände und in den Gewächshäusern von Mai bis September über 10 000 Pflanzen aus aller Welt. Auf dem Geländen finden Besucher außerdem den Zoo Dresden. Weitere Sehenswürdigkeiten sind August der Starke als Goldener Reiter, ein Wahrzeichen der Stadt, und das Barockbauwerk Zwinger. Darin befindet sich ein Museum für Porzellan, die Gemäldegalerie der alten Meister sowie eine Gartenanlage mit Brunnen, Skulpturen und Wasserkunst.


<h2>… und Wissenschaft</h2>
Einige Forschungseinrichtungen haben ihren Sitz in Dresden, darunter das Leibniz-Institut für Polymerforschung. Außerdem gibt es das Max-Planck-Institut für die Chemische Physik fester Stoffe. Die Technische Universität Dresden besteht seit 1828 und forscht an 14 Fakultäten. Die Universität ist wie die Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden mit acht Fakultäten wie dem Fachbereich Chemieingenieurwesen eine der wichtigsten wissenschaftlichen Institutionen. An beiden Hochschulen studieren insgesamt über 41 000 Menschen. Damit gehört Dresden zu den größten universitären Standorten in den neuen Bundesländern.
Stefanie Romund ist freie Mitarbeiterin der Nachrichten aus der Chemie.


Anreise
Die Straßenbahn Linie 10 erreicht das Messegelände vom Hauptbahnhof aus in 30 Minuten. Vom Flughafen Dresden kommen Besucher alle 30 Minuten mit der Linie 2 in Richtung City und können am Bahnhof Mitte in die Linie 10 umsteigen. Mit dem PKW verlassen Besucher die Autobahn über die Abfahrt Dresden Neustadt oder die Abfahrt Dresden Altstadt.
Unterkunft
Neben den Zimmerkontingenten der GDCh finden Teilnehmer Hotels online über die Internetseite der Messe Dresden. Die Stadt bietet neben den günstigen Hotels wie Ibis budget oder AHA auch Bed-and-Breakfast-Unterkünfte, Wellness- oder 5-Sterne-Hotels. Online empfiehlt die Messe Dresden z. B. das Innside by Meliá mitten im Stadtkern oder das Achat Comfort Dresden sowie das Pullmann Dresden Newa.
City Cards
Für diejenigen, die sich gern unabhängig in Dresden bewegen wollen, eignet sich eine der neuen Dresden Cards, wie die Dresden City Card, die für zwei Tage gilt und für 35 Euro erhältlich ist. Inbegriffen sind Bus- und Bahnfahrten, freier Eintritt zu den Museen, viele ermäßigte Preise für Kultur, Gastronomie und Ausflüge.
Reisestipendien
Diplomanden und Doktoranden sowie Studierende melden sich online bis zum 30. Juni für eine Förderung an. Voraussetzung ist ein Vortrag oder ein Poster auf dem Wissenschaftsforum. Antragsformular unter: <ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.wifo2015.de/stipendien.html" target="_blank">www.wifo2015.de/stipendien.html</a></ext-link>
Links
Dresdner Lichtjahr: <ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.dresdner-lichtjahr.de" target="_blank">www.dresdner-lichtjahr.de</a></ext-link> IYL2015: <ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.jahr-des-lichts.de" target="_blank">www.jahr-des-lichts.de</a></ext-link> 
Museen Dresden: <ext-link ext-link-type="uri"><a href="http://museen-dresden.de" target="_blank">http://museen-dresden.de</a></ext-link>
Botanischer Garten: <a href="https://goo.gl/ftlB81" target="_blank">goo.gl/ftlB81</a>
Technische Sammlungen: <ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.tsd.de" target="_blank">www.tsd.de</a></ext-link>
Thalia Kino: <ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.thalia-dresden.de" target="_blank">www.thalia-dresden.de</a></ext-link>
GDCh-Zimmerkontingente: <a href="https://goo.gl/Pc2DC7" target="_blank">goo.gl/Pc2DC7</a>
Hotels Messe Dresden: <ext-link ext-link-type="uri"><a href="http://goo.gl/A760p1" target="_blank">http://goo.gl/A760p1</a></ext-link>

Artikel

Barock im Licht

In diesem Jahr findet das GDCh-Wissenschaftsforum Chemie 2015 (Wifo 2015) vom 30. August bis zum 2. September statt. An den Kongresstagen auf dem Gelände der Messe Dresden sind die Besucher eingeladen, den chemisch-wissenschaftlichen Vorträgen zu folgen, Kontakte zu knüpfen und nebenbei die Baroc...

Blickpunkt

Vor etwa 60 000 Jahren verließ eine kleine Population des Homo sapiens die afrikanische Heimat und machte sich daran, die übrigen Kontinente zu erobern. Im Nahen Osten trafen sie zunächst auf Neandertaler, deren Vorfahren bereits mehr als eine halbe Million Jahre früher ausgewandert waren und die nun eine kleine, aber nachweisbare Dosis ihrer Gene im Erbgut der Welteroberer hinterließen. Dies haben die Genomanalysen der Arbeitsgruppe von Svante Pääbo am Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie in Leipzig gezeigt.
Dieser Gang der Ereignisse bedeutet nicht nur, dass die Wurzeln der Menschheit in Afrika liegen. Da der Rest der Weltbevölkerung nur von einem kleinen Teil der damals bereits vielfältigen afrikanischen Bevölkerung abstammt, gibt es innerhalb der heutigen afrikanischen Bevölkerung größere und weiter zurückreichende genetische Unterschiede als zum Beispiel zwischen Europäern und den Ureinwohnern Amerikas und Australiens.
Die Vielfalt, der Ursprung unserer Art und die medizinischen Probleme, welche die Bevölkerung Afrikas heute plagen, wären gute Gründe gewesen, der Untersuchung afrikanischer Genome Priorität einzuräumen. Doch die Forschung konzentrierte sich auf Männer europäischer Abstammung.
Erst im Jahr 2008 wurde das erste Genom eines Afrikaners sequenziert, eines Yoruba aus Nigeria. Im Februar 2010 kamen weitere afrikanische Genome hinzu, die nun erstmals auch auf der Genomebene einen Einblick in die genetische Vielfalt der afrikanischen Bevölkerung erlaubten. Es handelte sich um fünf Personen verschiedener ethnischer Gruppen, darunter (als einziger Prominenter) der südafrikanische Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu, der den Bantu angehört (Abbildung 1).1 Die übrigen vier entstammten verschiedenen Völkern der Khoisan, zu denen die Viehzüchter der Khoikhoi sowie die Jäger und Sammler der San gehören.
Bereits diese kleine Stichprobe zeigte unerwartete Vermischungen zwischen den Bantu und den Jägern und Sammlern der San. Umfassendere Untersuchungen mit hunderten von Genomen bestätigten dies und lieferten weitere Einblicke in die Migrationsgeschichte der Menschheit sowie Ansatzpunkte für medizinische Anwendungen.


<h2>Völkerwanderungen</h2>
Das vom Wellcome Trust zusammen mit afrikanischen Forschern vor Ort betriebene Großprojekt African Genome Variation Project (AGVP) hat inzwischen 320 komplette Genome von Menschen aus sieben getrennten Bevölkerungsgruppen in Süd-, West- und Ostafrika sequenziert und für 1481 Personen aus 18 ethnischen Gruppen einen kleineren Datensatz erhoben, der den genetischen Typus anhand zahlreicher (in diesem Fall 2,5 Millionen) genetischer Marker ermittelt. Deren Anwesenheit lässt sich simultan mit einem Array im Chipformat ermitteln.
In einer ersten ausführlichen Analyse dieser Daten ziehen Deepti Gurdasani vom Sanger-Institut in Hinxton bei Cambridge und ein vielköpfiges internationales Autorenteam nun Schlussfolgerungen über den urzeitlichen Migrationshintergrund der Menschheit und geben erste Hinweise auf medizinisch nützliche Einzelheiten.2
Trotz der tief in der Urzeit unserer Art verwurzelten genetischen Vielfalt in Afrika fanden die Forscher, dass sich die Volksgruppen vergleichsweise wenig auseinander entwickelt haben. Dies deutet auf anhaltende Wanderbewegungen hin, die den Genpool des Kontinents homogenisierten. Am einflussreichsten war wohl die Ausbreitung der Bantu, die vor etwa 5000 Jahren begann und schließlich die südliche Hälfte Afrikas umfasste.
Ursprünglich war die Verbreitung der Bantu-Sprachen das wichtigste Indiz für diese Wanderungsbewegung. Doch mit zunehmender Verbesserung der genetischen Daten gewinnen Anthropologen jetzt ein vollständigeres Bild, das sich sowohl auf genetische als auch auf kulturelle Indizien stützt.3 Die Bantu hielten Herden und drängten auf ihrem Vormarsch wohl einheimische Populationen von Jägern und Sammlern zurück, darunter die oben erwähnten San. In den Genomen der AGVP-Studie lässt sich auch ein gewisses Maß an Vermischung mit den Stämmen der Jäger und Sammler nachweisen. Deren genetische Marker sind bis zu knapp einem Viertel in der aktuellen Bantu-Bevölkerung vorhanden.


<h2>Medizinische Forschung</h2>
Da der afrikanische Kontinent bis heute unter hoher Kindersterblichkeit und unzureichender medizinischer Versorgung leidet, findet dort noch eine ausgeprägte natürliche Selektion zugunsten von widerstandsfähigeren Individuen statt. Dies hat zur Folge, dass das Erbgut der Menschen weiterhin von den vorherrschenden tödlichen Krankheiten mitgeprägt wird.
Das Schulbuchbeispiel ist die Sichelzellenanämie (Abbildung 2). Das Gen dieser Blutanomalie führt in doppelter Ausfertigung zur Anämie, schützt aber die Träger mit nur einem Allel vor Malaria. Diese Schutzwirkung ist in Afrika ein so signifikanter Überlebensvorteil, dass das Gen sich dort trotz der schwerwiegenden Nebenwirkung verbreitet hat.
Die internationale Initiative Human Heredity and Health in Africa (H3Africa) will afrikanische Forscher in dem Bemühen unterstützen, die jetzt beginnende Analyse von afrikanischen Genomdaten medizinisch nutzbar zu machen und weitere solche Verbindungen zu erforschen.4 Es gibt zum Beispiel eine Mutation des Gens für Apolipoprotein L1, die bei Amerikanern afrikanischer Herkunft als Risikofaktor für gefährliche Komplikationen bei Nierenkrankheiten und Aids identifiziert wurde. Man vermutete, dass diese Genvariante sich vor etwa 10 000 Jahren in Afrika ausbreitete, da sie ihre Träger vor der von Trypanosomen verbreiteten Schlafkrankheit schützte. Genetische Untersuchungen in Afrika untermauerten diese Hypothese. In manchen Fällen mag die Identifizierung solcher natürlicher Schutzmechanismen nicht nur das Verständnis der Krankheit verbessern, sondern auch bei der Entwicklung neuer Therapieformen helfen.
Der medizinischen Anwendung der Genetik stellen sich in Afrika einige besondere Herausforderungen. Auf ganz grundlegender Ebene bedeutet die größere und historisch tiefer verwurzelte genetische Vielfalt, dass bisher überwiegend an Menschen europäischer Herkunft katalogisierte Haplotypen Afrikanern nicht viel nützen. Die Bestimmung des Haplotyps erfasst nicht nur die Genvarianten an sich, sondern auch, in welchem der beiden Exemplare des Chromosoms sie auftreten. Dies liefert für eine gegebene Zahl von Varianten mehr Kombinationsmöglichkeiten, und so lassen sich medizinische oder verwandtschaftliche Zusammenhänge besser erkennen.
In Afrika haben sich diese genetischen Erkennungsregionen weiter auseinander entwickelt als im Rest der Welt, und sie müssen daher auch mit zusätzlichem Aufwand erforscht werden. Einen kleinen Trost bietet immerhin die Zersplitterung der Genmarker in kleinere Einheiten. Hat man einen solchen Marker einmal mit einer Krankheit assoziiert, dann ist der Rahmen, in dem die schuldige Mutation aufzuspüren ist, bereits kleiner und leichter zu handhaben.
Darüber hinaus gibt es strukturelle Probleme, die mit der Armut der meisten afrikanischen Länder und der fehlenden Infrastruktur an modernen Forschungseinrichtungen zusammenhängen. Dies fördert die Abwanderung fähiger Nachwuchskräfte, was in einem Teufelskreis wieder den Fortschritt der Forschung hemmt.
Die H3Africa-Initiative geht auch diese strukturellen Probleme an: Sie fördert die Kapazitäten und die Zusammenarbeit innerhalb Afrikas sowie Datenbanken und Probensammlungen. Wenn afrikanische Forscher genetische Daten bei einer internationalen Datenbank einreichen, wird die übliche Sperrfrist von sechs bis neun auf zwölf Monate ausgedehnt, während der sie ihre Daten exklusiv selbst nutzen können, damit besser ausgestattete Labors in Europa oder Nordamerika sie nicht überflügeln.
Letztendlich sind auch kulturelle Hürden zu überwinden. Menschen, die fernab der heutigen Technik ihren kulturellen Traditionen treu geblieben sind, haben nicht immer Verständnis für die Vorteile und Erfordernisse moderner medizinischer Forschung. Hier ist oft Geduld erforderlich, und es sollte ersichtlich sein, dass die Projekte von Einheimischen ausgehen und der einheimischen Bevölkerung nützen, um jeglichen Verdacht einer erneuten Ausbeutung auszuschalten.


<h2>Ausblick</h2>
Angesichts elementarer Versorgungsprobleme und politischer Instabilität in vielen Ländern Afrikas mag die Genomsequenzierung manchen als ein Luxus erscheinen. Die jetzt entstehende Genom-Datenbank der AGVP ist jedoch eine Grundlage, um die medizinische Versorgung der ganzen Bevölkerung zu verbessern. Detailliertere Einblicke in die genetische Vielfalt helfen zum Beispiel auch, genetisch bestimmte Unterschiede in der Wirksamkeit von Medikamenten zu erkennen und bei der Verschreibung zu berücksichtigen.
Diese Arbeiten stehen erst am Anfang. Hunderte von Genomen und Tausende von Datensätzen sind nötig, um ein angemessenes Bild von der wahren genetischen Vielfalt unserer Spezies in Afrika zu liefern. Gleichzeitig werden die neuen Erkenntnisse auch der Krankheitsbekämpfung dienen und uns ein besseres Verständnis unserer Herkunft geben. Mehr noch als die viel gefeierte Erstsequenzierung des menschlichen Genoms nützt diese Erforschung unserer genetischen Vielfalt tatsächlich der gesamten Menschheit.
Michael Groß <ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.michaelgross.co.uk" target="_blank">www.michaelgross.co.uk</a></ext-link>


<h2>China's next Topmodel</h2>
Spitzhörnchen der Gattung Tupaia belangeri sind den Primaten stammesgeschichtlich nahe verwandt und dienen daher als Studienmodell für Erkrankungen beim Menschen wie Hepatitis, Kurzsichtigkeit, Altersleiden, Sozialstress und Depression. Als Topmodell qualifiziert die Spitzhörnchen aber vor allem ihre im Vergleich zum Körpergewicht große Hirnmasse und ihre Freude an der Vermehrung — zudem sind sie leicht zu halten.
Spitzhörnchen sind in den tropischen Wäldern Südwestchinas und seiner Nachbarländer weit verbreitet. Die chinesische Akademie der Wissenschaften veröffentlichte jetzt einen Bericht über Arbeiten an ihrem Institut für Zoologie in Kunming, Provinz Yunnan, die im Jahr 2012 mit der Genomanalyse des Spitzhörnchens einen ersten Höhepunkt erreichten. Die Arbeitsgruppe von Yonggang Yao betreibt eine Webseite über Genetik und physiologische Studien an diesem Tiermodell.
<ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.treeshrewdb.org" target="_blank">www.treeshrewdb.org</a></ext-link>
Rolf Schmid, <ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.window-to-china.eu" target="_blank">www.window-to-china.eu</a></ext-link>


<h2>Max-Planck-Forschungsprogramm Synthetische Biologie</h2>
Im April startete das Forschungsprogramm Maxsynbio zur synthetischen Biologie. 13 Forschungsgruppen von neun Max-Planck-Instituten und der Universität Erlangen-Nürnberg nehmen an dem Netzwerk teil. Die Wissenschaftler wollen künstliche Zellen konstruieren, die in der biotechnischen Produktion von Nutzen sein können.
Auch Geisteswissenschaftler sind an dem Programm beteiligt. Sie beschäftigen sich mit den ethischen, rechtlichen und sozialen Fragen zur synthetischen Biologie.
<ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.mpg.de/7424658/MaxSynBio" target="_blank">www.mpg.de/7424658/MaxSynBio</a></ext-link>


<h2>Sauerstoffaktivierendes Enzym strukturell aufgeklärt</h2>
Han et al. haben die sauerstoff-aktivierende Form des Enzyms Deoxyhypusin-Hydroxylase (DOOH) strukturell aufgeklärt. Das Enzym katalysiert die Oxidation der seltenen Aminosäure Deoxyhypusin in menschlichen Zellen.
Die Schwierigkeit der Strukturaufklärung von Enzymen besteht oft in der Kurzlebigkeit der aktiven Zwischenstufen. Sie sind meistens nur über Sekunden stabil. Die sauerstoffaktivierende Form der DOOH hingegen ist einige Tage beständig.
Die Kenntnis der Struktur kann helfen, Oxidationsreaktionen in der Industrie kostengünstiger zu machen.



<ul>
<li>
1 

 
S. C. Schuster, 
W. Miller, 
A. Ratan et al., 
<source>Nature 
(2010), 
463, 
943.
</li>
<li>
2 

 
D. Gurdasani, 
T. Carstensen, 
F. Tekola-Ayele et al., 
<source>Nature 
(2015), 
517, 
327.
</li>
<li>
3 

 
C. de Filippo, 
K. Bostoen, 
M. Stoneking, 
B. Pakendorf, 
<source>Proc. R. Soc. Lond. B 
(2012), 
279, 
3256.
</li>
<li>
4 

 
<article-title>H3Africa Consortium</article-title> 
<source>Science 
(2014), 
344, 
1346.
</li>
</ul>

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