Industrie & Technik

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Löwenzahn soll den Gummibaum als Rohstofflieferant für Naturkautschuk ergänzen.Seit dem Jahr 2013 befassen sich der Biologe Dirk Prüfer und der Molekularbiologe Christian Schulze-Gronover damit, aus dem Milchsaft des Russischen Löwenzahns (Taraxacum koksaghyz) Gummi zu gewinnen (Abbildung 1). Prüfer ist Professor für Biotechnologie an der Universität Münster und Schulze-Gronover arbeitet am Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Oekologie in Münster. Die beiden kooperieren mit dem Reifenhersteller Continental (Abbildung 2). Der Milchsaft der Pflanze enthält Latex, die flüssige Form von Naturkautschuk, dem Hauptbestandteil von Gummi.<figure><img src="https://media.graphcms.com/GmPEjYKaQiKXB4MGa4VE"><figcaption><label>Abb. 1: </label>Abb. 1. Russischer Löwenzahn, Taraxacum koksaghyz. <named-content>Foto: WWU/Peter Grewers.</named-content></figcaption></figure>
<figure><img src="https://media.graphcms.com/Wjxu18LPRem0iTQLaGID"><figcaption><label>Abb. 2: </label>Gewinnen Gummi aus dem Milchsaft des Russischen Löwenzahns (v. l.): Christian Schulze-Gronover, Carla Recker von Continental und Dirk Prüfer. <named-content>Foto: Dirk Mahler, Fraunhofer.</named-content></figcaption></figure>
<h2>Alternative zum Gummibaum</h2>Autoreifen bestehen zu 10 bis 30 Prozent aus Naturkautschuk und Reifen von Lastwagen bis zu 40 Prozent. Insgesamt verarbeitet die Industrie 80 Prozent des Naturkautschuks zu Reifen.Bisher roden Anbauländer wie Thailand, Indonesien und Malaysia Regenwald für neue freie Anbauflächen des Gummibaums (Hevea brasiliensis), um die steigende Nachfrage an Naturkautschuk zu decken. Pilzbefall und Krankheiten in Monokulturen lassen den Baumbestand immer wieder sinken, und die erste Ernte eines jungen Gummibaums ist erst nach sieben Jahren möglich. Die Transportwege vom Anbauland zur Verarbeitung sind weit. Zusätzlich sind die verarbeitenden Unternehmen abhängig von den Anbauländern. Dabei gibt es Alternativen zum Gummibaum.<h2>Russischer Löwenzahn</h2>2500 Pflanzenarten sind derzeit bekannt, die Latex enthalten. Nicht aus allen lässt sich Kautschuk gewinnen. Entweder ist die Menge an Latex zu gering oder die Polyisoprenketten im Latex, die mindestens 5000 Monomere lang sein sollten, sind zu kurz oder mit anderen Verbindungen vermischt. So enthält der heimische Löwenzahn (Taraxacum sect. Ruderalia) zu wenig Milchsaft. Von allen Löwenzahnarten eignet sich nur der Russische Löwenzahn für die Kautschukproduktion.Äußerlich unterscheidet sich die aus dem Kaukasus stammende Pflanze kaum vom heimischen Löwenzahn. Sie ist lediglich etwas kleiner. In der Natur kommt die mehrjährige Pflanze nur noch im Tian-Shan-Gebirge in Turkestan vor. Russischer Löwenzahn wächst in gemäßigtem Klima auf nährstoffarmen Böden, also auch in Europa (Abbildung 3).<figure><img src="https://media.graphcms.com/JM0CwVIS9qAAaoZqLpyA"><figcaption><label>Abb. 3: </label>Abb. 3. Mögliche Anbaugebiete für den Russischen Löwenzahn (orange) und den Gummibaum.</figcaption></figure>
Die Pfahlwurzeln produzieren den weißen klebrigen Milchsaft, der in allen Pflanzenteilen vorkommt und sie vor Fressfeinden oder Umwelteinflüssen wie Temperaturschwankungen schützt. Durchschnittlich 30 Prozent des Milchsaftes aus der Wurzel sind Latex.<h2>Altbekannt</h2>Bereits während des Zweiten Weltkriegs befassten sich Wissenschaftler damit, Kautschuk aus Russischem Löwenzahn zu gewinnen. Dirk Prüfer erzählt: „Stalin sagte: Die Sowjetunion besitzt alles, nur Kautschuk fehlt.“ Mit dem Russischen Löwenzahn gelang es den sowjetischen Forschern, 15 Prozent Kautschuk in der Wurzeltrockenmasse der Pflanze zu erreichen. Nach Ende des Kriegs galt Naturkautschuk aus Löwenzahn als überflüssig und das Wissen darüber geriet in Vergessenheit.Prüfer und Schulze-Gronover haben über Züchtung Enzyme aus der Pflanze entfernt, die den Kautschuk unnutzbar machen und den Milchsaft bräunlich verfärben. Auch haben die Forscher die Keimungsrate des Saatguts von zirka 3 Prozent auf 70 bis 80 Prozent gesteigert.Die Forscher erhöhten den Anteil an Milchsaft im Russischen Löwenzahn auf 4 Prozent in der Trockenmasse. Ihr Ziel sind 15 Prozent Kautschuk in der Wurzeltrockenmasse der Pflanze, so wie zu Stalins Zeiten. Damit würden sie eine Tonne Kautschuk pro Hektar Russischem Löwenzahn gewinnen und die Produktionskapazität läge etwa gleich hoch wie beim Gummibaum. Auf einem Hektar geben 600 Bäume einen maximalen Ertrag von anderthalb Tonnen Kautschuk.Im Jahr 2015 lag global die Produktion von Naturkautschuk bei zwölf Mio. Tonnen. Das entspricht 40 Prozent des weltweiten Bedarfs an Kautschuk.„Um den Weltbedarf mit Russischem Löwenzahn zu decken, benötigt man eine Fläche so groß wie Österreich“, sagt Dirk Prüfer. Der Milchsaft aus Löwenzahn kann als alternativer Rohstoff für Naturkautschuk den Markt ergänzen. Ersetzen kann der Löwenzahn den Gummibaum nicht.<h2>Herstellung von Kautschuk</h2>Erste Versuche zum Anbau gibt es in Bayern seit dem Jahr 2012. Dort säen Bauern Ende März den Russischen Löwenzahn auf zehn Hektar Land. Nach sieben Monaten ernten sie die Pflanzen samt Wurzeln, waschen den Löwenzahn und trennen die Wurzeln von den Blättern.Die getrockneten Wurzeln quellen in heißem Wasser. Danach mahlen Maschinen die Wurzeln, und Naturkautschuk wird frei.Um bei Züchtungen das Endprodukt nicht aus den Augen zu verlieren, arbeiten Prüfer und Schulze-Gronover mit Continental zusammen. Der Reifenhersteller überwacht die Qualität des Kautschuks und des daraus entstehenden Gummis. Der Naturkautschuk aus dem Gummibaum und dem Russischen Löwenzahn haben die gleiche Qualität.Bei dem bisherigen Verfahren ist es allerdings nicht möglich, das flüssige Latex zu gewinnen, sondern nur direkt den Kautschuk als Feststoff.Continental hat im Jahr 2014 den ersten Prototypen eines Autoreifens aus Löwenzahnkautschuk präsentiert. An Reifen für Lastwagen, Motorlagern und Gelenkwellen aus Kautschuk des Russischen Löwenzahns arbeitet das Unternehmen seit dem Jahr 2015.Seit letztem Jahr baut der Reifenhersteller eine Produktionskette im mecklenburg-vorpommerischen Anklam, die vom Russischem Löwenzahn bis zu den Autoteilen reichen soll.Sarah Bernhardt ist freie Mitarbeiterin der Nachrichten aus der Chemie.
<ul><h2>Quellen</h2><li>
1 <ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.fraunhofer.de/de/presse/presseinformationen/2015/Juni/naturkautschuk-aus-loewenzahn.html" target="_blank">www.fraunhofer.de/de/presse/presseinformationen/2015/Juni/naturkautschuk-aus-loewenzahn.html</a></ext-link></li><li>
2 <ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.continental-reifen.de/autoreifen/media-services/newsroom/taraxagum" target="_blank">www.continental-reifen.de/autoreifen/media-services/newsroom/taraxagum</a></ext-link></li><li>
3 <ext-link ext-link-type="uri"><a href="https://www.ime.fraunhofer.de/de/presse_medien1/motorlager-aus-loewenzahn.html" target="_blank">www.ime.fraunhofer.de/de/presse_medien1/motorlager-aus-loewenzahn.html</a></ext-link></li></ul>

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Autoteile aus Löwenzahn

undefined Löwenzahn soll den Gummibaum als Rohstofflieferant für Naturkautschuk ergänzen.Seit dem Jahr 2013 befassen sich der Biologe Dirk Prüfer und der Molekularbiologe Christian Schulze-Gronover damit, aus dem Milchsaft des Russischen Löwenzahns (Taraxacum koksaghyz) Gummi zu gewinnen (Abbildu...

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Die Pflanze Stevia rebaudiana stammt aus Südamerika. Seit Jahrhunderten nutzt dort die indigene Bevölkerung Stevia, um Speisen und Getränke zu süßen, sowie als Heilmittel. In der Europäischen Union sind Steviolglycoside seit Dezember 2011 unter der Bezeichnung E960 als Lebensmittelzusatz zugelassen. Der Weg dahin war steinig, da es im Vorfeld Kontroversen über die Risiken gab. In Studien erwiesen sich Steviainhaltsstoffe als unbedenklich, sodass die Lebensmittelindustrie die Substanzen verstärkt einsetzt.Das Pflanzenextrakt der Stevia enthält eine Menge Steviolglycoside. Von allen das süßeste und am wenigsten bittere ist Rebaudiosid A, das daher Bestandteil vieler kommerzieller Steviaprodukte ist. Der natürliche Extrakt enthält als Hauptkomponente Steviosid, das allerdings bitter schmeckt. Ist der Gehalt an Steviosid in verarbeiteten Produkten zu hoch, entspricht das Endprodukt nicht den Qualitätsstandards und den Erwartungen der Kunden. Daher ist eine verlässliche Qualitätskontrolle erforderlich.Leider sind die zwei Substanzen, Rebaudiosid A und Steviosid, in der HPLC ein kritisches Peakpaar. An diesem Punkt muss eine neue Methode ansetzen, sie muss in der Lage sein, die beiden Substanzen zu trennen.<h2>Getrennte Peaks</h2>Für die Analyse von Steviolglycosiden verwendet das Joint FAO/WHO Expert Committee on Food Additives, Jecfa, routinemäßig HPLC; die Jecfa-Methode dauert 35 Minuten. Um die Analytik zu beschleunigen und robuster zu gestalten, wurde auf Basis der Jecfa-Methode eine UHPLC-Methode entwickelt. Vorteil einer schnelleren Methode kann beispielsweise sein, dass in der Lebensmittelproduktion die Eingangskontrolle von Steviachargen schneller abläuft. Durch die im Vergleich zur HPLC höheren Auflösung und Empfindlichkeit trennt die UHPLC das kritische Peakpaar Steviosid und Rebaudiosid A eindeutig, sodass beide Substanzen quantifizierbar sind.Zur Entwicklung der UHPLC-Methode diente ein Nexera-X2-Method-Scouting-System mit zwei quaternären Pumpen, einem Probengeber und einem Säulenofen mit einem Schaltventil für sechs Säulen. Ein Photodiodenarray diente als Detektor. Es wurden verschiedene Kombinationen aus mobiler und stationärer Phase untersucht und die vielversprechendste optimiert.Die analytischen Parameter der resultierenden UHPLC-Methode stehen im Kasten. Als stationäre Phase diente eine Standard-C18- Phase von ACE. Mobile Phase war ein NaH2PO4-Puffer (pH 2,8) in Wasser (A) und ein Acetonitril-Wasser-Gemisch (B). Die Methode wurde auf einer binären Nexera X2 von Shimadzu mit einem 5-Kanal-Degasser (DGU-20A5R), einem Autosampler (SIL-30AC) und einem Säulenofen (CTO-20AC) optimiert. Ein Diodenarraydetektor (SPD-M30A) erfasste die eluierenden Substanzen.<figure><img src="https://media.graphcms.com/dmyjFGBPTxCptjgsnnE2"><figcaption><label>Abb. 1: </label>Chromatogramm des Steviolglycosid-Standards, detektiert bei einer Wellenlänge von 200 nm.</figcaption></figure>
Alle neun Steviolglycoside eluieren in weniger als vier Minuten und sind basisliniengetrennt (Abbildung).<h2>Analytische Parameter der UHPLC-Methode</h2><list list-type="simple"><list-item></list-item></list>Mobile Phase: 10 mM NaH2PO4, pH 2,8, A: in H2O, B: in MeCN/H2O (80:20, v/v)<list-item>Gradient: 39,5 % – 48,0 % B in 4 min</list-item><list-item>Laufzeit: 7 min</list-item><list-item>Flussrate: 0,6 mL·min–1</list-item><list-item>Temperatur: 50 °C</list-item><list-item>Injektionsvolumen: 1 μL</list-item><h2>Validierung</h2>Die Methode wurde mit einem Labsolution-Validat-Interface validiert. Der direkte Import der Methode in das Validat-Projekt überträgt die relevanten Informationen inklusive der Komponententabelle. Die Software ist konform mit 21 CFR Part 11 und verfügt über die mathematischen und statistischen Prozeduren, die für eine Validierung nötig sind.Nach dem Import der Methode erstellt die Software einen Validierungsplan anhand der Prüfparameter, die der Anwender für jede Substanzen festgelegt hat. Die aus dem Validierungsplan erstellte Probensequenz wird automatisch in das Labsolution-Programm importiert, und der Anwender startet dann die Messung. Die Software benennt die Dateien mit den Daten so, dass das Programm die Messdaten aus der Labsolution automatisch in die Validat-Software zurück exportiert, welche die Daten dann auswertet.<h2>Fazit</h2>Die neue UHPLC-Methode ist so robust, dass sie sich ohne Einschränkungen für die Routineanalytik eignet. Nach einer Probenaufarbeitung ist damit auch der Gehalt an Steviaglycosiden in Lebensmitteln bestimmbar.Die Validat-Software validiert die UHPLC-Methode in wenigen Minuten. Die Software wertet die Messergebnisse automatisch aus und erstellt einen Validierungsreport nach den Definitionen, die der Nutzer vorher festgelegt hat. Die Automatisierung dieses Prozesses verhindert menschliche Fehler weitgehend, da es beispielsweise nicht erforderlich ist, Messergebnisse manuell zu kopieren.Stefan Vosskötter ist seit dem Jahr 2016 Produktspezialist bei Shimadzu Deutschland in Duisburg. Er hat an der Saxion Hogeschool in Enschede, Niederlande, und der Universität Düsseldorf studiert und über hochauflösende Radikalanionen-Photoelektronenspektroskopie promoviert. <a href="mailto:info@shimadzu.de">info@shimadzu.de</a>

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