Wissenschaft + Forschung

Künstliches Licht beeinflusst Pflanzenbestäubung auch am Tag | Nach Ergebnissen von Züricher Forschenden verändert künstliches Licht in der Nacht je nach Pflanzenart, wie viele Pflanzen-Bestäuber-Interaktionen es tagsüber gibt. Diese können steigen wie sinken. Auch die Aktivität der nachtaktiven Bestäuber ändert sich, wenn sie Licht tanken: Zweiflügler meiden das Licht eher, Käfer werden davon angezogen.Das Team weist darauf hin, wie wichtig es für das ökologische Gleichgewicht ist, Lichtverschmutzung zu minimieren.<ul class="references"><li>
1 Nat. Commun. 2021, doi: 10.1038/s41467-021-22011-8</li></ul>
Mg hält tRNA in Form | Wie ein Team des Max-Born-Instituts nun erstmals zeigt, sind Kontaktpaare von Magnesiumionen und Phosphatgruppen für die Struktur von Transfer-RNA (tRNA) verantwortlich. Zur Untersuchung kombinierten die Forschenden Schwingungsspektroskopie mit zweidimensionaler IR-Spektroskopie, wobei ein Mg-Ion in direkter Nachbarschaft einer Phosphatgruppe die Schwingungsfrequenz erhöht. Nach ihren Ergebnissen bildet eine tRNA-Struktur bis zu sechs Kontaktionenpaare aus, die die elektrostatische Energie senken und so die Tertiärstruktur stabilisieren.<ul class="references"><li>
2 J. Phys. Chem. B 2021, 125(3), 740</li></ul>
Spermidin: möglicher Jungbrunnen | Spermidin kommt natürlicherweise in jeder Zelle vor; seine Konzentration sinkt mit zunehmendem Alter. Studien an Mäusen zufolge führt eine gesteigerte Spermidinzufuhr zu weniger Nieren- und Leberschäden sowie zu einer besseren Glukoseversorgung im Gehirn. Zudem verloren die spermidinsupplementierten Mäuse weniger Haare als die Vergleichsgruppe. Spermidin wirkt überdies herzschützend, da es den Abbau der Telomere verlangsamt.Ob diese Ergebnisse auf Menschen übertragbar sind, bleibt zu untersuchen. Spermidin kommt vor allem in Weizenkeimen, Käse, Sojaprodukten und Hülsenfrüchten vor. In unseren Zellen aktiviert die Substanz die Autophagie.<ul class="references"><li>
3 GeroScience 2021, doi 10.1007/s11357-020-00310-0</li></ul>
Malaria mit Magneten nachweisen | Eine neue Analytik nutzt Blut, ein Magnetfeld und Licht, um eine Malariainfektion nachzuweisen. Plasmodien, die Malariaerreger, ernähren sich von Blut, bilden aber aus dem Hämoglobin für sie schädliche Abfallstoffe. Um diese unschädlich zu machen, wandelt der Einzeller sie in Hämozoin um. Diese nadelförmigen Kristallite sind im Gegensatz zu Hämoglobin magnetisch. In einem Magnetfeld ordnen sich die normalerweise unterschiedlich ausgerichteten Nadeln und ändern so die Polarisation eines Laserstrahls, der durch die Probe geschickt wird.Die neue Methode erkennt 82 Prozent aller Malariainfektionen und ist anders als der Goldstandard Lichtmikroskopie auch von Laien durchführbar.<ul class="references"><li>
4 Nat. Commun. 2021, 12, 969</li></ul>
Eliza Leusmann

Meldung

Aus den Biowissenschaften

Künstliches Licht beeinflusst Pflanzenbestäubung auch am Tag | Nach Ergebnissen von Züricher Forschenden verändert künstliches Licht in der Nacht je nach Pflanzenart, wie viele Pflanzen-Bestäuber-Interaktionen es tagsüber gibt. Diese können steigen wie sinken. Auch die Aktivität der nachtaktiven...

Historische Kulturgüter wie alte Kutschen lassen sich nun ohne Putzhilfen wie Wattestäbchen reinigen. Feinste Bläschen saugen Schmutz auf und wischen über Oberflächen.
Kunst ist der beste Weg, die Kultur der Welt zu begreifen,“ sagte Pablo Picasso (1881 – 1973). Die Oberflächen von Kunst- und Kulturgütern sind die Gesichter der Kunstwerke. Sie spiegeln unsere Geschichte wider, sind ein wichtiger Bestandteil unserer Identität und müssen erhalten werden.<h2>Zentimeter für Zentimeter</h2>Die Oberflächen historischer Kunst- und Kulturobjekte sind über Jahre hinweg Umwelteinflüssen ausgesetzt. Verschmutzungen beeinträchtigen nicht nur die Optik, sondern greifen auch die Materialien an. Es ist schwierig, solche Objekte zu säubern: Jede Oberfläche erfordert eine spezifisch zugeschnittene Reinigungsmethode, um etwa mineralische Verschmutzungen, Ruß, Gummireste, Pestizide, Fette, Salze oder Fasern zu entfernen, ohne das Kunstwerk zu beschädigen.Diese Arbeit ist derzeit mühsam und zeitaufwendig. Denn die Restauratoren können immer nur wenige Quadratzentimeter mit Wattestäbchen, Lösungsmitteln, Gelen oder Kompressen bearbeiten. Schwer zugängliche Oberflächen und -strukturen lassen sich so oft nur bedingt reinigen.Um die Oberflächen nicht zu beschädigen, ist in jedem Fall auf mechanisches Reinigen und aggressive Chemikalien zu verzichten, etwa auf Aliphate wie Hexan oder Siedegrenzbenzin, Alkohole wie Methoxypropanol, Ketone wie Methylethylketon oder Verdickungsmittel. Im Marstallmuseum in Schloss Nymphenburg befinden sich derzeit 40 historische Fahrzeuge der Könige und Kaiser vergangener Zeiten, die zu säubern sind. Diese historischen Fahrzeuge so zu bearbeiten wie beschrieben würde allerdings mehrere Jahre dauern.<h2>Schaum als Alternative</h2>Auf der Suche nach einer Alternative zu den bewährten Reinigungsmethoden testeten Restauratoren der bayrischen Schlösserverwaltung Schäume und erzielten erstaunliche Ergebnisse. Erstaunlich deshalb, weil Schäumen im Allgemeinen keine Reinigungswirkung zugesprochen wird.1) Es gibt zwar auf Schaum basierende Reinigungsmittel, etwa Teppichreiniger. Allerdings ist hierbei der Schaum nur die Applikationsform, er muss noch mechanisch in das zu reinigende Objekt eingearbeitet werden.Wie Forschungsergebnisse nun zeigen, reinigen geschäumte Reinigungsmittel wesentlich besser als ungeschäumte.1,2) Flüssige Schäume haben daher Potenzial, die Reinigung historischer Objekte zu bewältigen.Schäume reduzieren nicht nur die nötige Menge an Reinigungsmitteln um bis zu 90 Prozent, sondern erleichtern auch, schwer zugängliche Flächen zu säubern. Zu Beginn des Projekts stellten sich daher zwei Fragen: Warum reinigt das geschäumte Reinigungsmittel besser als das ungeschäumte? Und: Welche Eigenschaften muss ein Schaum haben, um effizient zu reinigen? Um diese Frage zu beantworten, wurden Reinigungstests auf Glasplatten mit Modellverschmutzungen durchgeführt, etwa aus gefärbtem Sonnenblumenöl oder Ruß.<h2>Doppelspritzentechnik und Tests</h2>Der Reinigungsschaum wird mit der von Gaillard und Team publizierten Doppelspritzentechnik hergestellt.3) Diese Methode liefert Schäume mit einer Blasengröße zwischen 10 und 20 µm3) und definiertem Flüssigkeitsgehalt. Der Schaum wird mit einem bioverträglichen Zuckertensid stabilisiert, um umwelt- und objektschonendes Reinigen zu gewährleisten.Für die Reinigungstests wurde der Reinigungsschaum auf eine mit gefärbtem, fluoreszierendem Sonnenblumenöl beschichtete Glasplatte aufgetragen. Der Reinigungsprozess lässt sich dadurch von der Unterseite der Glasplatte aus beobachten (Abbildung 1).4)<figure><img src="https://media.graphcms.com/GyuERpI8QYat7rqxLmM3"><figcaption><label>Abb. 1: </label>Reinigungstest: vor dem Auftragen des Reinigungsschaums auf die Modellverschmutzung (links), nach Auftragen des Schaums (Mitte) und nach der Einwirkzeit, vor Entfernen des Schaums.4)</figcaption></figure>
<h2>Wie Schaum reinigt</h2>Den Ergebnissen der Reinigungstests zufolge sind bei der Reinigung mit Schaum mehrere physikalische Mechanismen am Werk. Es ist bereits bekannt, dass Schäume ähnlich wie Schwämme Schmutz von Oberflächen wegsaugen (Abbildung 2).5,6)<figure><img src="https://media.graphcms.com/0UKu7ZUyQpSU7G2ki5sC"><figcaption><label>Abb. 2: </label>Um die Saugwirkung des Schaums zu beobachten, wird er auf fluoreszierendes Öl aufgetragen (links) und beobachtet. Mit der Zeit wird das Öl in die Plateau-Borders des Schaums gesaugt (rechts).</figcaption></figure>
Dieser Mechanismus ist effizienter, wenn die Schaumblasen zusätzlich auf den Oberflächen wischen.4) Die Mechanik des Wischens ähnelt dem Abwischen eines Tischs. Im Schaum ruft die inhärente Instabilität das Wischen hervor. Diese Instabilität beruht auf den Zerfallsprozessen Koaleszenz und Ostwald-Reifung, durch die sich die Schaumblasen kontinuierlich verändern (Abbildung 3). Die Koaleszenz, also das Platzen der Blasen im Schaum, ist sogar zu hören.4)<figure><img src="https://media.graphcms.com/QlsWe1KiS5CMQIcgnMlj"><figcaption><label>Abb. 3: </label>Wischaktivität der Schaumblasen auf einer Glasplatte mit gefärbtem Öl (grün). Sie resultiert aus Ostwald-Reifung (Vergrößern und Verkleinern der Schaumblasen), Koaleszenz (Platzen der Schaumblasen) und dem anschließenden Neuordnen der Schaumblasen.</figcaption></figure>
<h2>Die Reinigung optimieren</h2>Der Reinigungsprozess lässt sich durch Schäume mit der „richtigen Instabilität“ optimieren: Die Schäume müssen stabil genug sein, um den Schwamm-Effekt auszuüben, müssen aber gleichzeitig instabil genug sein, um optimales Wischen zu gewährleisten.4) Diese beiden Effekte wirken zusammen so stark, dass es reicht, den Schaum für eine gewisse Zeit auf der Oberfläche zu lassen, um sie zu reinigen. Dann wird er abgesaugt oder abgeblasen, also ohne weitere Oberflächenbelastung durch mechanische Aktion entfernt.Das grundlegende Prinzip wurde zuerst an Modelloberflächen erforscht.4) Kürzlich haben die Restauratoren in Schloss Nymphenburg das Konzept erstmals an den historischen Originaloberflächen der historischen Fahrzeuge im Marstall getestet. Ein aus Holz geschnitzter, vergoldeter Delfin am Krönungswagen Kaiser Karl VII. (gebaut 1721) erstrahlt dank Schaum nun im alten Glanz (Abbildung 4).<figure><img src="https://media.graphcms.com/LNSOfxocT7yESranvlR2"><figcaption><label>Abb. 4: </label>Historischer geschnitzter und vergoldeter Delfin am Krönungswagen von Kaiser Karl VII. vor der Reinigung (obenlinks) , während der Reinigung mit Schaum (oben rechts) und nach der Reinigung. Foto: Tamara Schad, Bayrische Schlösserverwaltung</figcaption></figure>
Ob sich der Schaum auch zur Reinigung senkrechter Oberflächen eignet, wurde am Wagscheid (Holz geschnitzt, vergoldet) am 1. Krönungswagen von König Max I. Joseph von Bayern aus dem Jahr 1813 untersucht (Abbildung 5). Der Schaum bleibt nicht nur während der kompletten Einwirkzeit von ein bis fünf Minuten auf dem Objekt, sondern säubert auch wie erhofft. Der Schaum reinigt zudem nicht nur glatte, sondern auch raue, nicht saugende und schwer zugängliche Oberflächen.<figure><img src="https://media.graphcms.com/819ue2GaTR6Vgjbqts4D"><figcaption><label>Abb. 5: </label>Senkrechte Stelle am Wagscheid (Holz geschnitzt, vergoldet) des 1. Krönungswagens von König Max I. Joseph von Bayern aus dem Jahr 1813 vor der Reinigung (oben links), während der Reinigung mit Schaum (oben rechts) und nach der Reinigung. Foto: Tamara Schad, Bayrische Schlösserverwaltung</figcaption></figure>
<h2>Andere Materialien</h2>Im nächsten Schritt soll getestet werden, ob Schaum auch historische Oberflächen reinigt, die nicht aus vergoldetem Holz bestehen. Zusätzlich soll der Reinigungsschaum optimiert werden, und zwar hinsichtlich Blasengröße, Ostwald-Reifung und Koaleszenz. Dabei sollte der Wassergehalt möglichst gering sein, um die Oberfläche nicht durch das herauslaufende Reinigungsmittel zu beschädigen. Zudem soll das Reinigungsmittel nicht in die Oberfläche eindringen, da dies den Feinschmutz tiefer in das Objekt einbringen würde. Anschließend soll der Schaum in einem Maßstab produziert werden, der zulässt, auch größere Objekte zu reinigen – bisher lassen sich nur zirka 60 mL des Schaums auf einmal herstellen.Das Projekt wird finanziert von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) und der Université de Strasbourg, Institut d’Études Avancées (USIAS), Frankreich.<h2>Die Autoren</h2>Diesen Beitrag verfassten Tamara Schad (oben), Cosima Stubenrauch (unten), Natalie Preisig, Wiebke Drenckhan, Heinrich Piening und Dirk Blunk. Stubenrauch ist seit 2009 Professorin am Institut für Physikalische Chemie der Universität Stuttgart, wo auch Preisig arbeitet. Schad promoviert seit Oktober 2018 in Stubenrauchs Arbeitsgruppe. Drenckhan ist Forschungsdirektorin der CNRS am Institut Charles Sadron in Straßburg. Piening leitet seit 1995 die Holzrestaurierung und das Labor für Archäometrie der Bayerischen Schlösserverwaltung, München. Blunk ist seit 2000 Forschungsgruppenleiter im Institut für Organische Chemie der Universität Köln.<div><img src="https://media.graphcms.com/KUHiM2DRVmBCWUli6CQE">

</div><div><img src="https://media.graphcms.com/uWAyFiXJRxCJXiv1yy3J">

</div><figure><img src="https://media.graphcms.com/tTLClAOsRMKM22c74RZc"><figcaption><label>Abb. 6: </label>Bild: Alex/AdobeStock</figcaption></figure>
<h2>AUF EINEN BLICK</h2>Bisher werden Kunstobjekte zentimeterweise mit Wattestäbchen, Lösungsmitteln, Gelen oder Kompressen gereinigt.Schäume saugen und wischen Schmutz von Oberflächen durch physikalische Effekte. So lassen sich auch schwer zugängliche Oberflächen und -strukturen reinigen.Die Methode ist bisher für goldbeschichtetes Holz erprobt, eignet sich vermutlich aber auch für andere Materialien.
<ul class="references"><li>
1 S. Jones, E. Rio, C. Cazeneuve et al., L. Nicolas-Morgantini, F. Restagno, G.S. Luengo, COLSUA 2016, 498: 268</li><li>
2 B. Fournel, S. Faure, J. Pouvreau, C. Dame, S. Poulain, Decontamination Using Foams: A Brief Review of 10 Years French Experience. Proceedings of 9th ASME International Conference on Radioactive Waste Management and Environmental Remediation, 2003, 37327: 1483</li><li>
3 T. Gaillard, M. Roché, C. Honorez et al., Int. J. Multiphas. Flow 2017, 96, 173–187</li><li>
4 T. Schad, N. Preisig, D. Blunk et al., J. Colloid Interf. Sci. 2021, 590, 311–320</li><li>
5 R. Mensire, K. Piroird, E. Lorenceau, Phys. Rev. E 2015, 92, 05314-(1–5)</li><li>
6 R. Mensire, J.T. Ault, E. Lorenceau, H.A. Stone, Europhys. Lett. 2016, 113, 44002-(1–6)</li></ul>

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