Wissenschaft + Forschung

Nachwachsende Zähne beim T. rex | Der Tyrannosaurus rex wechselte regelmäßig seine Zähne. Das haben Forscher der Charité Berlin durch eine Computerchromatographie des Dino-Schädels herausgefunden. Die neuen Zähne wuchsen in der Wurzel der alten Zähne und lösten diese auf. Außerdem fielen sie in einer bestimmten Reihenfolge aus, sodass das Gebiss funktionsfähig blieb. Meist war unter jedem Zahn schon ein Ersatzzahn ausgebildet. RT<ul><li>
1 Historical Biology 2019, <a href="https://doi.org/10.1080/08912963.1675052" target="_blank">https://doi.org/10.1080/08912963.1675052</a></li></ul>
Bewegung verändert visuelle Wahrnehmung | Wenn sich Menschen bewegen, nehmen sie visuelle Eindrücke anders wahr. Neurowissenschaftler der Universität Würzburg haben die Gehirnaktivitäten von Probanden beim Umherlaufen gemessen. Menschen, die sich bewegten, haben das periphere Gesichtsfeld stärker ausgelesen als den zentralen Teil. Das periphere Gesichtsfeld gibt Informationen über Richtung und Geschwindigkeit der Bewegung. RT<ul><li>
2 PLOS Biology 2019, <a href="https://doi.org/10.1371/journal.pbio.3000511" target="_blank">https://doi.org/10.1371/journal.pbio.3000511</a></li></ul>
Bakterien binden Kohlenstoff mit Calvin-Zyklus | Die Bakterien der Gruppe Thiobara leben symbiotisch in den Kiemen von Tiefseemuscheln. Da sie dort viel Sauerstoff finden, nutzen sie den Calvin-Zyklus, um Kohlenstoff zu fixieren und Nahrung herzustellen. Wie die Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Marine Mikrobiologie vermuten, haben die Bakterien die notwendigen Gene durch andere Symbiosen ihrer Vorfahren entwickelt haben. RT<ul><li>
3 Isme Journal 2019, doi: 10.1038/s41396–019–0508–7</li></ul>
Umgebung von Tumorzellen entscheidet über Leben und Tod | Der CD95-Ligand aktiviert den Rezeptor CD95, der auf Krebszellen vorkommt. Das wirkt sich unterschiedlich aus: Bei einzelnen Zellen führt die CD95-Aktivierung zum Tod der Tumorzelle. Ist sie jedoch von anderen Krebszellen umgeben, beschleunigt sich das Wachstum. Das teilt das Deutsche Krebsforschungszentrum mit. Nun wollen Forscher versuchen, wachstumsfördernde Signale in tödliche umzuwandeln. RT<ul><li>
4 Cell Reports 2019, doi: 10.1016/j.celrep.2019.10.054</li></ul>
C aus Glycolsäure wird im Meer zu CO2 | Verarbeiten Einzeller Algenbiomasse, entsteht unter anderem Glycolsäure. Forscher zweier Max-Planck-Institute haben nun ermittelt, was mit dem Kohlenstoff dieses Moleküls passiert: Die Säure wird über den β-Hydroxyaspartatzyklus abgebaut. Diesen schließt eine Iminreduktion, sodass der enthaltene Kohlenstoff verlustfrei zu CO2 wird. Baupläne für diesen Stoffwechselweg kommen in bakteriellen Genomsequenzen 20-mal häufiger vor als alle anderen postulierten Abbaurouten für Glycolsäure. EL<ul><li>
5 Nature 2019, 575, 500</li></ul>
Mehr Pflanzen, die HCO3– nutzen | Je mehr Hydrogencarbonat im Wasser, desto mehr Hydrogencarbonatnutzer unter den Wasserpflanzen – dies hat ein Umweltwissenschaftler der Universität Duisburg-Essen ermittelt. Inzwischen gebe es immer mehr solcher Pflanzen, allerdings nur in Seen, nicht in Flüssen. Als Ursache für die basischeren Gewässer vermutet der Forscher die Landwirtschaft und die dezimierten Wälder. EL<ul><li>
6 Science 2019, 366, 878</li></ul>
Rebecca Tomann, Eliza Leusmann

Meldung

Aus den Biowissenschaften

Nachwachsende Zähne beim T. rex | Der Tyrannosaurus rex wechselte regelmäßig seine Zähne. Das haben Forscher der Charité Berlin durch eine Computerchromatographie des Dino-Schädels herausgefunden. Die neuen Zähne wuchsen in der Wurzel der alten Zähne und lösten diese auf. Außerdem fielen sie in e...

Das Virus, das die Covid-19-Pandemie verursacht, ist ebenso wie die Erreger von Sars, Mers und diversen Versionen der Grippe von Tieren auf den Menschen übergesprungen. Um künftige Pandemien zu vermeiden, müssen wir die Wege, auf denen sie zu uns gelangen, erkennen und blockieren.
Infektionskrankheiten gehen immer wieder von Tieren auf den Menschen über, man nennt sie Zoonosen. Zu Epidemien wie der Pest im Mittelalter oder jetzt der Covid-19-Pandemie kommt es erst, seit Menschen zu Tausenden und später zu Millionen zusammenleben.Eine Gruppe von Jägern und Sammlern mag an einer Infektionskrankheit zugrunde gehen. Aber damit reißt die Übertragungskette ab, und die anderen Gruppen, die in ihrem eigenen Revier jagen und sammeln, sind nicht betroffen. Erst Landwirtschaft hat das Zusammenleben in Städten und Staaten ermöglicht, unter deren Bevölkerungen sich ein Krankheitserreger ausbreiten kann; erst als Epidemie, um sich dann unter den Überlebenden als abgeschwächte Infektionskrankheit auf Dauer zu etablieren. Beispiele sind Erkältungen und Kinderkrankheiten wie die Windpocken. Heutzutage ist die Population, in der ein Erreger sich ausbreiten kann, oft die ganze Weltbevölkerung.Krankheiten, die sich erstmals auf den Menschen übertragen – etwa durch Rekombination genetischer Elemente neu zusammengesetzte Grippeviren wie H5N1 –, sind gefährlicher als lange etablierte. Bei den Grippeviren findet sich die Quelle oft in domestizierten Tieren wie Geflügel oder Hausschweinen.Bei den Coronaviren, wie den Erregern von Sars, Mers und Covid-19, bilden Fledermäuse ein natürliches Reservoir, andere Tierarten dienen als Überträger.<h2>Die Krone der Viren</h2>Coronaviren sind ein Gruppe kugelförmiger RNA-Viren mit einer Membranhülle, die im Elektronenmikroskop wie die Gashülle (Corona) eines Sterns aussieht. Sie wurden in den 1960er Jahren beim Menschen im Zusammenhang mit Erkältungen entdeckt und auch bei Tieren gefunden, bei denen sie Atemwegserkrankungen oder Durchfall auslösen.Das Corona-Erkältungsvirus ist offenbar schon so lange im Umlauf, dass es kaum noch Gefahr bedeutet. Coronaviren, die neu auf den Menschen überspringen, sind dagegen gefährlich, wie sich in den Jahren 2002 und 2003 zeigte: Damals breitete sich das Severe Acute Respiratory Syndrome, kurz Sars aus, eine neuartige Atemwegserkrankung. Ausgehend vom Süden Chinas infizierte dieser zunächst unbekannte Erreger rund 8000 Menschen. Von diesen starben etwa zehn Prozent. Erst nachdem sich die Krankheit in 17 Ländern ausgebreitet hatte, wurde sie gestoppt. Sie trat seit 2004 nicht wieder auf. Der Erreger, Sars-Cov, war im April 2003 identifiziert worden.Als tierische Quelle des Erregers galt zunächst der Fleckenmusang (Paradoxurus hermaphroditus, Abbildung S. 63), eine Schleichkatzenart. Doch wie weitere Nachforschungen ergaben, war dieser vermutlich nur der Überträger und hatte sich seinerseits bei Fledermäusen angesteckt. Im Jahr 2017 entdeckten Shi Zheng-Li und Cui Jie vom Wuhan Institut für Virologie in einer Höhle in der Yunnan-Provinz eine gemischte Population mehrerer Fledermausarten aus der Familie der Hufeisennasen (Rhinolophidae, Abbildung S. 63), die genau dieses Sars-Virus beherbergten.1)<figure><img src="https://media.graphcms.com/xWN6sM52SUixqXM2c5v0"><figcaption><label>Abb. 1: </label>Der Fleckenmusang (Paradoxurus hermaphroditus, oben) galt zunächst als Wirt des Sars-Cov-Virus, der Anfang der 2000er Jahre die Sars-Epidemie auslöste. Dann wurde aber eine Population von Fledermäusen aus der Familie der Hufeisennasen als Reservoir identifiziert (unten: Große Hufeisennase Rhinolophus ferrumequinum). Fotos: Krishnakumarvairassery, Wikipedia, CC BY-SA 3.0 und Prof. emeritus Hans Schneider (Geyersberg), Wikipedia, CC BY 3.</figcaption></figure>
<h2>Warum Fledermäuse nicht erkranken</h2>Fledermäuse sind generell bemerkenswert tolerant gegen Viren, die für Menschen tödlich sein können. Sie bilden zum Beispiel auch das natürliche Reservoir für Ebola- und Marburg-Viren. Dass Fledermäuse von diesen Viren nicht sichtbar krank werden, liegt vermutlich an ihrem Leben in der Luft.Der hohe Energieverbrauch beim Fliegen führt zu Stressreaktionen, etwa DNA im Cytosol, auf die unser Immunsystem mit Entzündungssymptomen wie Schwellung oder Fieber reagieren würde. Damit die Fledermäuse nicht vom normalen Flugstress krank werden, ist ihre Entzündungsreaktion stärker gehemmt als die unsrige. Positiv daran ist, dass Fledermäuse eine starke Immunantwort in Form von Antikörpern und Killerzellen gegen Viren einsetzen können, ohne dabei Symptome zu entwickeln. Viren reagieren darauf, indem sie sich schneller replizieren. Dies bekommen dann die menschlichen Opfer von Fledermausviren zu spüren, die auf diese Art Krankheit nicht eingestellt sind.2)<h2>Keine Kamele küssen</h2>Der nächste bedrohliche Ausbruch einer Coronaviruskrankheit war Mers (Middle East Respiratory Syndrome), eine Krankheit, die im Jahr 2012 in Saudi-Arabien erstmals identifiziert wurde. Der Erreger stammt von einer anderen Art als der von Sars.Nach den Statistiken der Weltgesundheitsorganisation WHO hat es bis Januar dieses Jahres rund 2500 registrierte Fälle von Mers gegeben, darunter 862 Todesfälle. Trotz der relativ hohen Sterblichkeit von gut einem Drittel gilt dieses Virus nicht als globale Bedrohung, da sich seine Verbreitung recht gut blockieren lässt. Offenbar ist die Ansteckung von Mensch zu Mensch eher unwahrscheinlich. Aber es kommt immer wieder zu Neuinfektionen, die von einem Tier ausgehen, nämlich dem Dromedar (Camelus dromedarius).Das Virus scheint wiederholt auf den Menschen übergegangen zu sein, denn neue Erkrankungsfälle lassen sich nicht auf den ersten Ausbruch im Jahr 2012 zurückführen.Ein von den Gesundheitsbehörden in Saudi-Arabien verbreiteter Aufruf, den Tieren nicht zu nahe zu kommen, hat allerdings zu einer Gegenbewegung geführt. Wie der britische Fernsehsender BBC im Jahr 2014 berichtete, haben Kamelhalter auf sozialen Medien Videos veröffentlicht, in denen sie ihre Kamele küssen. Dies mag erklären, warum es immer wieder neue Mers-Ausbrüche gibt, zuletzt im November 2019.Auch in Pakistan und im Sudan sind Menschen, die eng mit Kamelen zusammenleben, gefährdet, sich mit Mers-Erregern anzustecken, wie zwei neuere Untersuchungen zeigen.3,4)Mers-Ansteckung zwischen Menschen gibt es vor allem im medizinischen Bereich. Deshalb haben Emmie de Wit und Mitarbeiter am National Institute of Allergy and Infectious Diseases in Hamilton, USA, im Tierversuch getestet, ob das antivirale Medikament Remdesivir – vorbeugend eingenommen – hilft. Das scheint so zu sein.5) Remdesivir ist ein Nucleotid-Analogon, das ursprünglich als Medikament gegen die Ebola-Krankheit entwickelt wurde, und möglicherweise auch gegen andere RNA-Viren wirkt. Es wird derzeit als möglicher Schutz vor Covid-19 getestet.<h2>Schuppentiere im Verdacht</h2>Covid-19 (Abbildung S. 64) führt zwar nicht so oft zum Tod wie Sars oder Mers, ist aber ansteckender.<figure><img src="https://media.graphcms.com/xXxTywnRWDSqxnsh3jIw"><figcaption><label>Abb. 2: </label>Transmissionselektronenmikroskop-Bild von Sars-Cov-2, dem Erreger der Covid-19-Pandemie. Das gezeigte Virus wurde aus einem Patienten in den USA isoliert. Die Zacken auf der Oberfläche geben den Coronaviren ihren Namen (kronenartig). Foto: NIAID-RML, Wikipedia, CC BY 2.0</figcaption></figure>
Der Ursprung der Pandemie lässt sich bis zu einem Wildtiermarkt in der Millionenstadt Wuhan zurückverfolgen. Dort standen nebst Geflügel und Fisch exotische Wildtiere tot und lebendig zum Verkauf, darunter Fledermäuse und Schuppentiere. Nach dem Ausbruch von Covid-19 ist in China seit Februar der Verkauf von Wildtieren gesetzlich verboten.Das neue Virus, das schon wenige Wochen nach Beginn der Epidemie identifiziert wurde,6) ähnelt dem Sars-Erreger und könnte ebenso wie dieser von den Hufeisennasen kommen. Als Überträger wird diesmal das vom Aussterben bedrohte Schuppentier verdächtigt, das in Asien trotz der Artenschutzbestimmungen gejagt und verkauft wird. Die Schuppen nutzt die traditionelle chinesische Medizin, das Fleisch wird gegessen. Schuppentiere rollen sich bei Gefahr wie Igel zusammen. Das schützt sie allerdings nicht davor, dass Menschen sie in dieser Form einfach in die Tasche stecken und mitnehmen.Ping Liu, Wu Chen und Jin-Ping Chen vom Guangdong Institute of Applied Biological Resources in Guangzhou fanden hohe Konzentrationen von Coronaviren im Blut malaiischer Schuppentiere (Manis javanica), welche die Behörden von Tierschmugglern konfisziert hatten.7)Obwohl es bei dieser im Oktober 2019 publizierten Untersuchung um den Artenschutz ging, wiesen die Autoren bereits darauf hin: Ein Übergang Sars-artiger Erreger von Schuppentieren auf Menschen sei denkbar und könnte eine Epidemie auslösen.Shen Yongyi und Xiao Lihua von der South China Agricultural University in Guangzhou verglichen die RNA-Sequenzen dieser Schuppentier-Coronaviren mit denen der aktuellen Pandemie und fanden eine auffällige Ähnlichkeit sowohl in der Sequenz des RNA-Genoms als auch in einem wichtigen Abschnitt des viruscodierten Proteins, der für die Wechselwirkung mit menschlichen Zellen verantwortlich gemacht wird.8) Demnach ist es plausibel, dass ein Schuppentier auf dem Markt von Wuhan Ursprung der Infektion war.Wildtiere wie die Hufeisennasen und die Schuppentiere kommen normalerweise nicht mit Menschen in Kontakt – sondern nur dann, wenn Menschen ihren Lebensraum zerstören und die Tiere jagen. In Afrika zum Beispiel steigt das Risiko neuer Ebola-Ausbrüche mit der Zerstörung der Lebensräume bestimmter Fledermausarten. Artenschutz, das können wir aus der gegenwärtigen Pandemie lernen, schützt nicht nur Wildtiere, sondern auch Menschen.Der promovierte Chemiker Michael Groß arbeitet als freier Wissenschaftsjournalist in Oxford, England. <a href="https://www.michaelgross.co.uk" target="_blank">www.michaelgross.co.uk</a><h2>AUF EINEN BLICK</h2>Viren und andere Krankheitserreger gehen immer wieder von Tieren auf Menschen über. Besonders gefährlich sind diese Zoonosen, seit sie sich wegen enger Besiedlung stark ausbreiten können.Die Viren verändern sich mit der Zeit und passen sich an den Wirt an. So grassiert seit den 1970er Jahren ein Coronavirus, das inzwischen nur noch Erkältungen auslöst; neue Viren wie Sars-Cov-2 dagegen sind gefährlicher.Wir können solchen Erkrankungen vorbeugen, indem wir Wildtieren ihr Leben und ihren Lebensraum lassen.
<ul><li>
1 B. Hu et al., PLoS Pathog. 2017, 13, e1006698</li><li>
2 C. Brook, eLife 2020, 9, e48401</li><li>
3 J. Zheng et al., Emerg. Infect Dis. 2019, 25, 2307–2309</li><li>
4 E. Farag et al., Emerg. Infect Dis. 2019, 25, 2333–2335</li><li>
5 E. de Wit et al., Proc. Natl. Acad. Sci. USA 2020, 117, <a href="https://doi.org/10.1073/pnas.1922083117" target="_blank">https://doi.org/10.1073/pnas.1922083117</a></li><li>
6 L.-L. Ren et al., Chin. Med. J. 2020, doi: <ext-link ext-link-type="doi">10.1097/CM9.0000000000000722</ext-link></li><li>
7 P. Liu, W. Chen, J.-P. Chen, Viruses 2019, 11, 979</li><li>
8 S. Yongyi, X. Lihua, Curr. Biol. 2020, 30, <a href="https://doi.org/10.1016/j.cub.2020.03.022" target="_blank">https://doi.org/10.1016/j.cub.2020.03.022</a></li></ul>

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