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Nachrichten aus der Chemie: Das Bundesministerium für Bildung und Forschung schreibt auf seiner Homepage: Die Exzellenzinitiative hat an den deutschen Universitäten eine große struktur- und profilbildende Wirkung entfaltet, sie schafft neue forschungsfreundliche Strukturen und fördert die interdisziplinäre …
Gernot Frenking: … das ist selbstbeweihräuchernde PR. Die Wahrheit ist, dass die Exzellenzinitiative der Wissenschaft von politischer Seite oktroyiert wurde, sie war kein Wunsch der Wissenschaftler selbst. Deutschland hat mit der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der Alexander-von-Humboldt-Stiftung und dem Deutschen Akademischen Auslandsdienst richtige Juwelen der Forschungsförderung. Andere Länder beneiden uns um diese Einrichtungen. Da hätte es keine Exzellenzinitiative gebraucht.
Nachrichten: Aber die DFG war doch in den Auswahlprozess bei der Exzellenzinitiative eingebunden?
Frenking: Und hat zum Glück die schlimmsten Auswüchse verhindert. Ursprünglich wollten die Politiker das ja alleine machen. Aber am prinzipiellen Problem konnte auch die DFG nichts ändern. Vernünftig wäre: Ein Wissenschaftler versucht, für seine Ideen Gelder zu bekommen. In der Exzellenzinitiative hieß es dagegen: Hier ist das Geld, kommt ihr mal mit Ideen.
Nachrichten: Aber viele dieser Ideen waren doch so schlecht nicht …
Frenking: Und deshalb wäre man mit diesen Ideen in den bestehenden Förderprogrammen bereits erfolgreich gewesen. Insbesondere in der ersten Förderperiode sind die Exzellenzgelder ja vor allem an Universitäten und an Forschungseinrichtungen geflossen, die sowieso schon gut bedacht waren. Das überrascht aber nicht, denn dort waren ja die guten Leute. Gute Leute bekommen in Deutschland auch ausreichend Geld.
Nachrichten: Aber verkennen Sie da nicht, dass es der Exzellenzinitiative nicht in erster Linie um Forschungsförderung sondern um Strukturbildung ging?
Frenking: Wie sieht diese Strukturbildung denn aus? Nehmen Sie mal an, es laufen Leute durch die Wüste, die durstig sind und trinken wollen. Wenn Sie Wasser hätten, würden Sie denen doch jeweils individuell das zu trinken geben, was sie benötigen. Wenn Sie es aber à la Exzellenzinitiative angehen, würden Sie einen Eimer Wasser nehmen und es einem der Dürstenden über den Kopf kippen. Der hat dann zwar auch ein bisschen was zu trinken, aber hauptsächlich ist er klatschnass.
Nachrichten: Nettes Bild, aber was hat das mit den Universitäten zu tun?
Frenking: Die hatten plötzlich sehr viel Geld und standen nun unter dem Druck, Strukturen und Programme zu entwickeln sowie Stellen auszuschreiben. Hauptarbeit war das Geldverteilen und nicht mehr die Forschung. Und das bei Leuten, die auf Grund ihrer sehr guten Leistungen eigentlich gar keine Probleme hatten, Geld zu bekommen.
Nachrichten: Immerhin hat die Exzellenzinitiative den Wettbewerb unter den deutschen Universitäten belebt, oder?
Frenking: Ihre Frage impliziert, dass es früher keinen Wettbewerb bei der Mittelvergabe gab. Das ist falsch. Wir hatten nie ein Gießkannenprinzip in Deutschland — es ging immer nach Leistung. Es gab immer Fachbereiche oder einzelne Fächer an Universitäten, die plötzlich viel besser werden konnten als andere. In Deutschland war es früher möglich, dass Forscher von kleinen Universität mit einem Forschungsantrag über die DFG oder über die Humboldt-Stiftung ausreichend Mittel zur Verfügung bekamen, um hervorragende Forschung zu machen. Ich behaupte deshalb, dass die so genannten strukturbildenden Maßnahmen der Exzellenzinitiative eher den Wettbewerb verzerren. Es werden künstlich Eliteuniversitäten konstruiert und als junger Forscher, der etwas werden will, müssen sie an eine dieser Universitäten. Wenn sie es nicht zu einem frühen Zeitpunkt schaffen, dorthin zu wechseln, haben sie wesentlich geringere Chancen.
Nachrichten: Aber sehen Sie das nicht zu schwarz, die bewährten DFG-Förderinstrumente gibt es ja immer noch?
Frenking: Ja, und hier kann man bereits eine verheerende Wirkung der Exzellenzinitiative erkennen: An dieser Stelle fehlt jetzt das Geld. Nehmen wir mal die DFG-Einzelanträge. In der Vergangenheit gab es ein Ampelsystem. Wenn die Gutachter also einen Antrag für gut hielten, ging er durch. Das ist inzwischen abgeschafft. Es gibt eine Notengebung wie beim Eiskunstlaufen; die Gutachter heben zum Schluss eine Karte mit einer Wertungszahl hoch. Diese Zahlen werden addiert und an Hand des vorhandenen Geldes wird dann entschieden, bis zur welcher Gesamtpunktzahl ein Antrag bewilligt wird. Das führt dazu, dass im Bereich der Einzelförderung Anträge nicht bewilligt werden — trotz hervorragender Gutachten.
Nachrichten: Die Exzellenzinitiative nimmt also anderen Förderinstrumenten Gelder weg?
Frenking: Ja. Wir hätten in Deutschland kein Finanzierungsproblem — dank der Exzelleninitiative haben wir aber ein Verteilungsproblem. Peter Chen von der ETH Zürich, der als auswärtiger Gutachter die erste Förderperiode begleitete, schrieb kurz danach in einem Spiegel-Artikel, er würde inzwischen der Meinung zustimmen, man solle das Geld in die bestehenden Programme der DFG packen. Damit hat er vollkommen Recht.


<h2>Viel Schatten und vielleicht ein wenig Licht</h2>
Nachrichten: Ich möchte trotzdem nochmal als Fürsprecher der Exzellenzinitiative auftreten. Die mediale Fixierung auf die dritte Förderlinie, die Zukunftkonzepte, verstellt ja auch den Blick darauf, dass es noch zwei andere Förderlinien — Graduiertenschulen und Exzellenzcluster — gab. Gerade bei den Clustern war es doch sicher ein Gewinn der Exzellenzinitiative, dass Universitäten außeruniversitäre Forschungseinrichtungen näher an sich binden konnten?
Frenking: Ich bezweifle, ob es der Exzellenzinitiative bedurfte, damit solche Kooperationen verstärkt aufkamen. An einigen Orten mag das der Fall sein, das will ich nicht bestreiten. Die Exzellenzinitiative hat vielleicht nicht nur Schaden angerichtet, aber Aufwand und Ertrag stehen in keinem Verhältnis. Wissenschaftler suchen sich ihre Kooperationen auf Grund ihres Arbeitsgebiets und ihres Interesses. Dazu braucht es kaum strukturbildende Maßnahmen. Die können helfen, aber wir leben in Zeiten des Internets und der schnellen Kommunikation. Ich benötige das Forschungszentrum nicht bei mir in der Nähe, um effiziente Zusammenarbeit zu erzeugen. Ich halte die Behauptung, dass nur wegen der Exzellenzinitiative solche Cluster entstanden sind, für übertrieben — zumal es mit Sonderforschungsbereichen oder Schwerpunktprogrammen ähnliche Förderkonzepte ja schon gab.
Nachrichten: Hat die Exzellenzinitiative deutschen Forschungsmanagern aber nicht geholfen, den Wert wissenschaftlicher Forschung in die Öffentlichkeit und ins politische Bewusstsein zu bringen? Klappern gehört nun mal zum Handwerk — auch wenn mancher an der reinen Lehre orientierte Wissenschaftler darüber die Nase rümpft.
Frenking: Zu letzteren zähle ich mich übrigens nicht, ich habe schon als junger Mann gesagt: In der Wissenschaft ist es so — man darf nicht nur Fahrrad fahren, man muss auch ab und zu mal klingeln. Vielleicht liegt hier vielleicht tatsächlich ein kleines Stückchen eines positiven Effekts der Exzellenzinitiative. Die Wissenschaft ist ein wichtiger Teil der Gesellschaft. Die Gesellschaft gibt uns Geld. Wir arbeiten mit Steuergeldern und müssen auch zeigen, wofür wir sie verwenden.
Nachrichten: Durch die Exzellenzinitiative ist die deutsche Grundlagenforschung immerhin aus ihrem Elfenbeinturm herausgetreten.
Frenking: Die Chemie hat nie in einem Elfenbeinturm gelebt. Auch für andere Wissenschaftsbereiche ist es zumindest fragwürdig, so etwas zu behaupten. Grundlagenforschung ist ähnlich der Kunst eine Kulturleistung und ein Wert an sich. Auf der anderen Seite wissen wir aber, dass das Wissen, das die Grundlagenforschung generiert, im Gegensatz zur Kulturleistung häufig praktisch nutzbar ist. In der Vergangenheit gab es in Deutschland ein gutes Verhältnis zwischen Grundlagenforschung und angewandter Forschung bis hin zur Industrie, speziell in der Chemie.
Nachrichten: Die Exzellenzinitiative wird aller Voraussicht nach nicht über das Jahr 2017 hinaus verlängert werden. Also alles bestens?
Frenking: Ich befürchte, dass sich das auf kurzfristigen Erfolg ausgerichtete Denken der Politik in der Forschungsförderung nicht mehr zurückdrängen lassen wird. Ich habe große Sorgen, wenn ich etwa sehe, was sich in Großbritannien tut. Dort sind die Fördermittel schon danach ausrichtet, ob die geförderten Anträge und Programme möglichst schnell profitable Anwendungen finden. Ich hoffe sehr, dass so etwas in Deutschland nicht passiert.
Mit Gernot Frenking sprach Nachrichten-Redakteur Christian Remenyi.

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“Aufwand und Ertrag stehen in keinem Verhältnis”

Nachrichten aus der Chemie: Das Bundesministerium für Bildung und Forschung schreibt auf seiner Homepage: Die Exzellenzinitiative hat an den deutschen Universitäten eine große struktur- und profilbildende Wirkung entfaltet, sie schafft neue forschungsfreundliche Strukturen und fördert die interdi...

Blickpunkt

Prof.Dr.

Fluor ist anders. Fluor ist ein Element der Extreme. In jedem Fall ist Fluor etwas Besonderes:1 Es ist das elektronegativste Element des Periodensystems; und so ist es nicht verwunderlich, dass Organofluorverbindung in einigen Fällen bizarre Eigenschaften zeigen.2 Interessanterweise gibt es fast keine Organofluorverbindungen biologischer Herkunft.3 So weiß die Natur auch nicht, wie sie mit der C-F-Bindung umgehen soll. Die Medizinalchemie nutzt dieses Phänomen, um die Stabilität von Medikamenten zu erhöhen, weshalb viele neue Arzneimittel ein Fluoratom enthalten.
Obwohl eines der reaktivsten Elemente, ist Fluor nicht nur in der Medizin wegen seiner Stabilität geschätzt. Auch im Alltag verlassen wir uns auf die geringe Reaktivität von Organofluorverbindungen, etwa in Teflonbeschichtungen oder Kühlmitteln. Als solches hat diese Molekülklasse auch negative Schlagzeilen gemacht, da Organofluorverbindungen als Treibhausgase wirken.4


<h2>Unreaktive Organofluorverbindungen</h2>
Woher kommt der vermeintliche Gegensatz zwischen hoher Reaktivität von Fluor und hoher Stabilität von Organofluoverbindungen? Die große Bereitschaft von Fluor (F2), Verbindungen einzugehen, lässt sich weitgehend auf zwei Faktoren zurückführen:
Erstens die äußerst geringe homolytische Dissoziationsenergie von nur 159 kJ·mol—1 (im Vergleich zu 243 kJ·mol—1 für Cl2 oder 345 kJ·mol—1 für eine C-C-Bindung) mit der Folge, dass F2 sehr leicht Radikale mit der entsprechenden Folgechemie bildet.5
Zweitens besitzt Fluor ein sehr hohes Redoxpotenzial von +3,06 V im Sauren und +2,87 V im Basischen.
Weitere einzigartige Eigenschaften wie die höchste Elektronegativität aller Elemente (3,98), die hohe Elektronenaffinität (3,45 eV) und die extreme Ionisierungsenergie (17,4 eV) lassen sich auf die spezielle Position im Periodensystem zurückführen. Fluor ist das erste Element mit p-Orbitalen, das durch Aufnahme eines Elektrons Edelgaskonfiguration erhält. Aus demselben Grund ist Fluor unter den einatomigen Anionen dasjenige mit dem geringsten Ionenradius (133 pm) und der geringsten Polarisierbarkeit.
Diese Eigenschaften machen Organofluorverbindungen so unreaktiv. Zur Beschreibung werden dipolare Resonanzstrukturen zwischen C und F vorgeschlagen, die auf die fast optimale Überlappung der 2s- und 2p-Orbitale mit den entsprechenden Orbitalen des Kohlenstoffs zurückzuführen sind (Abbildung 1). So steigt die Stabilität einer Organofluorverbindung mit der Zahl der Fluoratome am selben Kohlenstoff.
Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass Fluor kaum als reaktiver Synthesebaustein eingesetzt wird. Eine Ausnahme ist die Reaktion von fluorierten Olefinen oder Aromaten. Olefine und im besonderen Aromaten zeichnen sich durch eine hohe Elektronendichte am Zentrum des π-Systems aus. Deswegen gehen solche Verbindungen bereitwillig Reaktionen mit elektrophilen Reagenzien ein. Die Einführung von Fluoratomen, besonders in Perfluorverbindungen, dreht die Elektronenverteilung komplett um: Durch den elektronenziehenden Effekt ist die negative Ladung an der Peripherie des Molekülskeletts lokalisiert und führt damit zu einer positiven Ladungsverteilung am Zentrum des π-Systems. So zeigen diese Moleküle auch eine entgegengesetzte Reaktivität und reagieren bevorzugt mit nukleophilen Reagenzien. Die Umhybridisierung von sp2 nach sp3 durch solch einen Angriff schwächt ebenfalls die Abstoßung zwischen den freien Elektronenpaaren des Fluors und den π-Orbitalen der sp2-hybridisierten Kohlenstoffatome. Dies favorisiert zusätzlich diesen Reaktionsmodus.
Direkte Transformationen durch C-F-Bindungsaktivierung — zum Beispiel in C-C-Bindungen — sind jedoch im Gegensatz zu anderen C-Halogen-Bindungen eher selten.6 Trotzdem sind mittlerweile effiziente übergangsmetallkatalysierte Methoden zur C-F-Bindungsaktivierung etabliert. Eines der ersten Systeme publizierten Herrmann und Mitarbeiter vor über zehn Jahren (Abbildung 2, oben).7 In diesem Beispiel katalysiert ein Ni-Carbenkomplex eine Kumada-Kreuzkupplungsreaktion von Arylfluoriden mit Arylgrignardkupplungspartnern.
Seitdem hat sich das Feld stark weiterentwickelt; mittlerweile stehen viele Transformationen von Arylfluoriden durch Übergansmetallkatalyse zur Verfügung. So präsentierten Tobisu et al. kürzlich ein generell anwendbares Protokoll für die Suzuki-Kreuzkupplung von Arylfluoriden (Abbildung 2, unten).8 Auch dieses nutzt einen Nickelkatalysator.


<h2>Direkte C-F-Bindungsaktivierung</h2>
C-F-Bindungen direkt, also ohne Übergangsmetalle, zu funktionalisieren, ist eine besondere Herausforderung. Im Jahr 2008 berichtete die Gruppe um Ozerov über die direkte Hydrodefluorierung von Perfluoralkylgruppen durch ein Silyl-ium - Carboran - Katalysatorsystem (Abbildung 3).9 
Das Prinzip basiert auf der Spaltung der C-F-Bindung durch Einwirkung einer Lewis-Säure. Konventionelle Säuren benötigen sehr hohe Temperaturen, um die C-F-Bindung zu spalten. Ozerov und Mitarbeiter zeigten, dass silyliumbasierte Lewis-Säuren effektiv den C-F-Bindungsbruch bei milden Bedingungen induzieren. Bei der Hydrodefluorierung (HDF) ist die Fluorabstraktion durch das Silylium-Ion gekoppelt mit einer Hydridabstraktion von einer Si-H-Bindung durch das resultierende Carbokation.
Die Triebkraft dieser Reaktion ist die höhere Energie der Si-F- gegenüber der C-F-Bindung, bzw. der C-H- gegenüber der Si—H Bindung. So ist die Reaktion mit etwa 190 kJ·mol—1 thermodynamisch bevorzugt. Um die Reaktion katalytisch durchzuführen, muss die aktive Silyliumspezies generiert werden. Schlüssel zum Erfolg war ein Gegenion, das zum einen schwach koordinierend ist und zum anderen nicht zersetzt wird durch den Transfer einer anionischen Gruppe auf eine Lewis- oder Brønstedt-Säure. Ein halogeniertes Monocarboran als unterstützendes Gegenion erlaubt es, Perfluoralkylgruppen effizient zu aktivieren. Gleichzeitig stellt es einen langlebigen Katalysezyklus sicher.
Da die Reaktion sehr spezifisch für die Aktivierung von Alkyl-F-Bindungen ist, wurde die Reaktion in aromatischen Lösungsmitteln durchgeführt. Als Nebenprodukt entsteht in diesen Fällen ebenfalls das Friedel-Crafts-Addukt (9). Dies ist nicht überraschend, da während der Reaktion ein hoch reaktives Carbokation (10) generiert wird, das dann auch mit schlechten Substraten, wie 1,2-Dichlorbenzol (13) reagiert. Dies ist ein elegantes Beispiel für eine C-C-Bindunsgknüpfung aus einer C-F-Bindung katalysiert durch eine Silyliumspezies.


<h2>Aromaten kuppeln</h2>
Wie sich über C-F-Bindungsaktivierung Aromaten direkt kuppeln lassen, entdeckten kürzlich Siegel und Mitarbeiter (Abbildung 4).10 Formal handelt es sich bei dieser Reaktion um eine Friedel-Crafts-Reaktion eines Phenylkations mit einem weiteren Aromaten. Solch eine Reaktion widerspricht in zweifacher Hinsicht den gängigen Grundlagen der Syntheseplanung: Die hohe Stabilität der C-F-Bindung macht eine Reaktion ungünstig und die thermodynamische Instabilität von Phenylkationen limitiert deren Anwendung in der organischen Chemie.
Beide Widrigkeiten sind durch einen ähnlichen Silylium-Trick wie bei Ozerov in eleganter Weise zu meistern. Auch Siegel und Mitarbeiter machten sich die hohe Bindungsenergie der Si-F- im Vergleich zur C-F-Bindung zu Nutze. Zugabe von Me2Si(Mesitylen)2 (22) zu Mesitylen-H+ [CB11H6Cl6]— initiiert den katalytischen Prozess. Mesitylen-H+ protoniert Me2Si(Mesitylen)2 (22) und dieses zerfällt dann zur aktiven Silyliumspezies (24). Diese abstrahiert nun das Fluor von der C-F-Bindung des Substrats (17), um das hochaktive Phenylkation zu bilden. Dieses greift dann in einer Friedel-Crafts-Reaktion intramolekular einen anderen Aromaten an. Rearomatisierung führt dann wiederum zu einer Protonierung von Me2Si(Mesitylen)2 (22) und der Katalysezyklus schließt sich. Mit dieser Methode synthetisierten Siegel und Mitarbeiter effizient eine Reihe von polycyclischen Aromaten (25) — (27).


<h2>Polycyclische Aromaten</h2>
Um gespannte aromatische Moleküle wie Fullerene oder Fullerenfragmente herzustellen, ist die Methode von Siegel weniger geeignet, da sie in diesen Fällen deutlich geringere Ausbeuten liefert. Fullerene waren bisher nur durch rationale Synthese in kleinsten Mengen durch Flash-Vakuum-Pyrolyse (FVP) oder auf Pt(111)-Oberflächen herstellbar.11 Amsharov et al. demonstrierten jedoch kürzlich, wie Substrate ähnlich denen von Siegel cyclisiert werden können. Dabei dient δ-Al2O3 als Katalysator (Abbildung 5).12 Dieses Protokoll liefert die gewünschten polycyclischen Aromaten bei vergleichsweise milden Bedingungen schon ab 100 ºC und zwar ohne Lösungsmittel. Dieses Merkmal ist deshalb wichtig, da in den meisten Fällen die Vorläufer für die Cyclisierung schlecht löslich sind.
Für den Mechanismus schlagen die Autoren eine Koordination des F-Atoms mit einem Al-Atom des heterogenen Katalysators als ersten Schritt vor. Für die nachfolgende Eliminierung ist ein konzertierter cyclischer Übergangszustand wahrscheinlich. Dabei treten nur in geringem Umfang Nebenreaktionen auf, wie sie auch bei alternativen Methoden wie der FVP beobachtet werden, wo radikalische Intermediate postuliert werden.13
Neben dem gewünschten Produkt wird ebenfalls eine Al-F-Bindung aufgebaut, die mit 659 kJ·mol—1 noch energiereicher ist als die oben erwähnte Si-F-Bindung.14 Diesen Energiegewinn nutzten auch schon Terao et al., als sie mit Organoaluminiumreagenzien C-F- in C-X-Bindungen (X = Cl, C, H, O, S, Se, Te, N) überführten.15 Amsharov und Mitarbeiter demonstrierten ihre neue Methode eindrucksvoll an einer Reihe von nichtplanaren polycyclischen Kohlenwasserstoffen; alle waren in exzellenten Ausbeuten isolierbar (Abbildung 6).


<h2>Ausblick</h2>
Obwohl Organofluorverbindungen im Allgemeinen als chemisch inert gelten, gibt es nun seit kurzem kreative und effektive Methoden, um C-F-Bindungen zu aktivieren. Dadurch lassen sich Moleküle synthetisieren, die nur schwer durch alternative Transformationen zugänglich sind. C-F-Bindungsaktivierungen erlauben es, neue Syntheserouten zu designen. Besonders in der Aromatenchemie, die für molekulare Materialien von großem Interesse ist, bieten solche Methoden neue Wege. Deswegen dürfen wir uns auch in Zukunft auf die Entwicklungen in der C-F-Bindungsaktivierung freuen.
Blickpunkt Synthese will zur Beschäftigung mit neuen synthetischen Verfahren oder eleganten und wichtigen Synthesen aus der Literatur anregen. Die Rubrik betreut in diesem Jahr Hermann A. Wegner. Er ist Habilitand an der Universität Basel und beschäftigt sich mit der Entwicklung neuer Lewis-Säure-katalysierter Reaktionen sowie schaltbaren funktionalen molekularen Materialien. <a href="mailto:hermann.wegner@unibas.ch">hermann.wegner@unibas.ch</a>



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