Wissenschaft & Forschung

Prof.Dr.

1,2,3-Triazol-5-ylidene sind eine Klasse von mesoionischen Carbenen, die derzeit oft als Liganden rwendet werden. Sie zeigen ungewöhnliche Bindungssituationen und Donoreigenschaften. Metallkomplexe solcher Liganden eignen sich für die homogene Katalyse, ahmen Enzymfunktionen nach und finden Anwendung in Photochemie und medizinischer Forschung.
<h2>Donoreigenschaften und Bindungssituation</h2>Über das erste Beispiel eines 1,2,3-Triazol-5-ylidens in metallgebundener Form wurde im Jahr 2008 berichtet.1a) Erst zwei Jahre später wurde ein MIC in der Art eines 1,2,3-Triazol-5-ylidens in freier Form dargestellt (Abbildung 1).1b) Mittlerweile gibt es eine weitere Route, solche Carbene zu synthetisieren.2)<figure><img src="https://media.graphcms.com/mSepkobDQ1pZEJ40Wosw"><figcaption><label>Abb. 1: </label>a) Zwei Syntheserouten für die Herstellung von 1,2,3-Triazolylidenen; b) Zerfallsweg für 1,2,3-Triazolylidene; c) Lebensdauer unterschiedlich substituierter 1,2,3-Triazolylidene bei Raumtemperatur; d) Umlagerung von Imidazol-4-ylidenen.</figcaption></figure>
Der exakte Zerfallsweg solcher freien MIC wurde untersucht: Das klassische Wanzlick-Gleichgewicht (Dimerisierung der Carbeneinheiten), das von normalen NHC-Verbindungen bekannt ist, greift nicht für ungebundene MIC. Stattdessen basiert der primäre Zerfallsweg auf einem Alkylgruppentransfer zu dem Carben-C-Atom (Abbildung 1, unten, S. 718).1b) Diese Beobachtung hat zwei Konsequenzen für die Stabilität solcher freier MIC: Da es kein Wanzlick-Gleichgewicht gibt, beeinflusst die Größe der Substituenten in Nachbarschaft zum Carben-C-Atom nicht die Stabilität der Carbeneinheit. Und da der Alkylgruppentransferpfad die Hauptzerfallsroute ist, sollte die Alkylgruppe die freien Carbene stabilisieren. Letzteres wurde dadurch bestätigt, dass ein freies MIC mit einem N-Methylsubstituenten nur für einige Stunden im festen Zustand bei Zimmertemperatur stabil ist. Dagegen zerfällt das entsprechende MIC mit einem N-Isopropylsubstituenten sogar über drei Tage nicht.1b)Die Lebenszeit freier MIC steigt auf mehrere Wochen, wenn statt Alkyl- Arylsubstituenten am N3-Atom verwendet werden.3) Synthesen solcher arylsubstituierter 1,2,3-Triazol-5-ylidene durch Kupfer(I)-katalysierte Azid-Alkin-Cycloadditionsreaktion sind jedoch unbekannt. Stattdessen werden solche MIC durch die formale Cycloaddition von Alkinen oder Alkinäquivalenten mit 1,3-Diaza-2-azoniaallensalzen hergestellt. Der Zerfallsweg für freie Imidazol-4-ylidene, die ebenfalls MIC sind, ähnelt dem für 1,2,3-Triazol-5-yliden beschriebenen.1b,3)Ein Vergleich der Bindungssituation zwischen 1,2,3-Triazolen und 1,2,3-Triazol-5-ylidenen zeigt: Die Bindungen innerhalb des Rings sind bei den Erstgenannten lokalisiert und bei den Zweitgenannten eher delokalisiert. DFT-Berechnungen von 1,2,3-Triazol-5-ylidenen liefern Singulett-Triplett-Abstände zwischen 55,4 und 59,4 kcal·mol–1 und einen dementsprechend großen Homo-Lumo-Abstand.3) Beide Parameter deuten auf die Stabilität solcher Carbene hin.Wie Analysen der Grenzorbitale solcher Carbene zeigen, ist das Homo überwiegend durch ein freies σ-Elektronenpaar am Kohlenstoffatom charakterisiert. Das höchstbesetzte π-Orbital ist das C4-C5-bindende Homo-1, das laut den Autoren der Originalpublikation energetisch signifikant niedriger als das Homo ist. Das Lumo hat einen sehr kleinen Koeffizienten am Carben-C. Wie diese Berechnungen außerdem zeigen, ist das Homo der 1,2,3-Triazol-5-ylidene verglichen mit Imidazol-2-ylidenen destabilisiert. Verglichen jedoch mit Imidazol-4-ylidenen ist das Homo des 1,2,3-Triazol-5-ylidens stabilisiert.3) Dieser Trend spiegelt sich in den Donoreigenschaften der verschiedenen Carbenklassen wider.<h2>Donoreigenschaften der MIC</h2>MIC haben außergewöhnliche σ-Donoreigenschaften. Diese korrelieren mit der Heteroatomstabilisierung um das Carben-C, die niedriger ist als die von NHCs. Eine Möglichkeit, die Donoreigenschaften von Liganden zu quantifizieren, ist, den Tolman Electronic Parameter (TEP) zu bestimmen.Normalerweise liefern die CO-Banden der entsprechenden carbenhaltigen Rhodium(I)-Carbonyl- oder Iridium(I)-Carbonylkomplexe TEP-Werte für Carbenliganden. Solche Analysen liefern TEP-Werte um 2045 cm–1 für 1,2,3-Triazol-5-ylidene.1,3) Diese Werte sind kleiner als die für entsprechende Imidazol-2-ylidene, was zeigt, dass 1,2,3-Triazol-5-ylidene stärkere Donoren sind als Imidazol-2-ylidene.Die sterischen Eigenschaften solcher Liganden lassen sich leicht durch die Substituenten in ortho-Stellung zum Carben-C variieren. Die Modifizierung der elektronischen Eigenschaften und damit ihrer Donorfähigkeit dagegen ist schwierig. Die üblichen Substituenten an den N1-, N3- und C4-Atomen eines 1,2,3-Triazol-5-ylidens scheinen die Donoreigenschaften solcher Carbene kaum zu beeinflussen.3)Die TEP-Werte für Imidazol-4-ylidene und Pyrazol-4-ylidene, die ebenfalls MIC sind, sind sogar noch geringer als die der 1,2,3-Triazol-5-ylidene. Das macht diese beiden Ligandenklassen zu den am stärksten donierenden Carbenen, die heute bekannt sind (Abbildung 2).1b) Allerdings ist es immer noch schwierig, MIC zu funktionalisieren, die auf Imidazolylidenen und Pyrazolylidenen basieren.<figure><img src="https://media.graphcms.com/N6gZC5BS1e9CZ2UnwPZj"><figcaption><label>Abb. 2: </label>Tolman Electronic Parameter verschiedener mesoionischer Carbene.</figcaption></figure>
<h2>Ligandentypen und Synthese von Metallkomplexen</h2>Die ersten 1,2,3-Triazol-5-yliden-Liganden waren monodentat.1a) Aufgrund der modularen Syntheseroute ließ sich diese Situation jedoch schnell ändern, und etliche multidentate Liganden mit zusätzlichen Donoren und unterschiedlichen Formen wurden verfügbar.4) Diese Liganden binden entweder multidentat an ein Metallzentrum, oder sie binden an mehrere Metallzentren und liefern damit multinukleare Komplexe.Auch wenn freie 1,2,3-Triazol-5-ylidene isoliert wurden: Die typische Syntheseroute von Metallkomplexen solcher Liganden führt über das Triazoliumsalz zur In-situ-Darstellung des Carbens, das an das gewünschte Metallzentrum bindet. Für die Synthese solcher Metallkomplexe sind vier allgemeine Routen bekannt (Abbildung 3).4)<figure><img src="https://media.graphcms.com/Y6kTlMSOTeafa6KS5xLz"><figcaption><label>Abb. 3: </label>Routen zur Synthese von Triazolylidenkomplexen.</figcaption></figure>
Die am häufigsten verwendete Syntheseroute ist die Transmetallierung von Silber. Diese Route eignet sich gut für 4d- und 5d-Metalle, jedoch nicht für 3d-Metalle. Einige 3d-Metallkomplexe mit MIC sind durch basenvermittelte Protonenabstraktion hergestellt worden.Bei einer Route, die im Jahr 2015 entwickelt wurde, wird Kupfer transmetalliert. Diese Synthese ist attraktiv, jedoch lassen sich die dazu nötigen Triazoliumchloride nur schwierig herstellen.Die Routen in Abbildung 3 liefern verschiedene Metallkomplexe. Nach mononuklearen Komplexen mit monodentaten 1,2,3-Triazol-5-ylidenliganden liegt der Fokus nun mehr auf Metallkomplexen mit Chelatliganden, auf multinuklearen Komplexen, die polytopische MIC-Liganden enthalten, und auf Metallkomplexen, in denen das 1,2,3-Triazol-5-yliden zusätzlich funktionalisiert ist, etwa mit Alkinen oder Halogeniden. Die meisten Komplexe basieren auf 4d- und 5d-Metallen. Es wurden jedoch bereits im Jahr 2011 Kupfer(I)-Komplexe beschrieben,5) und immer mehr 3d-Metallkomplexe tauchen in der Literatur auf.4) Abbildung 4 (S. 720) zeigt einige Metallkomplexe.<figure><img src="https://media.graphcms.com/PnLNPOhSWODZ0YDTJ6gA"><figcaption><label>Abb. 4: </label>Metallkomplexe mit 1,2,3-Triazolylidenliganden sowie die Au-MIC-katalysierte Synthese von Dihydrooxazol und einige photochemisch relevante Ruthenium(II)- und Eisen(II)-Komplexe.</figcaption></figure>
<h2>Katalyse: Klick, Elektro, latent</h2>Die wohl bekannteste Anwendung von Metallkomplexen mit einem 1,2,3-Triazol-5-ylidenliganden ist die klassische homogene Katalyse.4) Solche Metallkomplexe sind effiziente (Prä)Katalysatoren für Kreuzkupplungen, Hydrosilylierungen, Transferhydrierungen, Oxidationen, Oxygenierungen oder α-Arylierungen.4)Kupfer kombiniert mit MIC liefert (Prä)Katalysatoren für die Azid-Alkin-Cycloaddition.5,6) Dass Liganden, die mit der Klick-Methode synthetisiert wurden, dieselbe Reaktion katalysieren, erscheint zunächst nicht offensichtlich. Das ursprüngliche Klick-Rezept mit Kupfersulfat und Ascorbat funktioniert insbesondere dann nicht, wenn Substrate reaktionsträge gegenüber Cycloadditionen sind oder mehrere Cycloadditionen gleichzeitig ablaufen müssen. Aus diesem Grund wurden Liganden entwickelt, welche die Klick-Katalyse beschleunigen, etwa Kupfer(I)-NHC-Komplexe. Kupfer(I)-MIC-Komplexe wie (1) und (2) sind aber noch leistungsfähiger als ihre NHC-Gegenstücke.Dikupfer(I)-MIC-Komplexe wie (3) katalysieren Klick-Reaktionen sogar noch besser sind als ihre mononuklearen Pendants.6) Diese Tatsache untermauert den im Jahr 2013 veröffentlichten Mechanismus der Klick-Reaktion, der die Bedeutung einer Dikupfereinheit als Intermediat hervorhebt.7)Die Bedeutung solcher Kupfer(I)-MIC-Komplexe in der Klick-Katalyse zeigt sich daran, dass mit ihr aus internen Alkinen Triazole und tripodale Triazolliganden hergestellt werden. Zudem werden sie eingesetzt, um Klick-Reaktionen mit azidfunktionalisierten Oberflächen zu katalysieren.4) All diese Reaktionen funktionieren nicht mit dem ursprünglichen Klick-Protokoll.Der Cobalt(III)-Komplex (4) ist ein Elektrokatalysator, der in saurem Medium Wasserstoff aus Protonen erzeugt.8) Dieser Komplex hat eine Überspannung von 130 mV – die niedrigste bekannte Überspannung für diese Art der Katalyse in einem organischen Medium (meist zwischen 300 und 700 mV). Diese Überspannung liefert eine Umsatzfrequenz von 400 s–1.Wie NMR-Untersuchungen bestätigen, sind die Metall-Carbenbindung in solchen chelatisierenden MIC-Liganden überraschend robust gegenüber Protonierung. Mit MIC-Liganden lassen sich also die Funktionen von Enzymen modellieren.Der Rutheniumkomplex (5) katalysiert die Ringschlussmetathese in Abbildung 5 (S. 720), er liefert innerhalb von 20 Minuten bei Zimmertemperatur vollständigen Umsatz.9) Damit ist er effizienter als im Handel erhältliche Katalysatoren. Der geschwindigkeitsbestimmende Schritt dieser Reaktion ist die Protonierung am N2-Atom des koordinierten 1,2,3-Triazol-5-ylidens (Abbildung 5). Vermutlich dissoziiert durch die Protonierung das entsprechende Triazoliumsalz, und es entsteht die aktive Form, die dann in den Katalysezyklus eintritt. Da die Protonolyse die Katalyse initiiert, ist der Komplex ein latenter Katalysator. Er lässt sich also bei Bedarf aktivieren, was ihn für industrielle Anwendungen attraktiv macht. Komplex (5) ist aktiver als entsprechende Komplexe mit nur einem NHC-Liganden.9)<figure><img src="https://media.graphcms.com/rDg8WAXQyGywVvnHtVy3"><figcaption><label>Abb. 5: </label>Ringschlussmetathese mit einem Ru-Triazolyliden-Katalysator.</figcaption></figure>
<h2>Ein redoxschaltbarer Katalysator</h2>Um herauszufinden, wie sich die elektronischen und damit die Donoreigenschaften von 1,2,3-Triazol-5-ylidenen einstellen lassen, wurden MIC synthetisiert, die einen Ferrocenylsubstituenten enthalten. Daraus wurden die entsprechenden Iridium-CO-Komplexe (6), (7) und (8) hergestellt.10) Wie Cyclovoltammetrie kombiniert mit IR-Spektroskopie zeigt, lassen sich solche MIC und ihre Metallkomplexe reversibel an der Ferrocenyleinheit oxidieren. Dieser Oxidationsschritt beeinflusst die Donoreigenschaften der MIC.10b) Daraus ergibt sich ein TEP von 2045 cm–1 für (8), der den Werten anderer MIC ähnelt.Während der Einelektronenoxidation ändert sich der TEP zunächst zu 2057 cm–1 und, sobald die zweifach oxidierte Form entstanden ist, zu 2068 cm–1 (Abbildung 6, S. 721).10b) Elektronenreiche MIC lassen sich also durch einen Oxidationsschritt in eher elektronenarme Liganden umwandeln. Dieses Konzept wurde genutzt, um die katalytische Aktivität der Gold(I)-Komplexe (9) und (10) im Rahmen der Oxazolinsynthese zu untersuchen (Schema 6). Der neutrale Komplex (10) ist in dieser Reaktion nahezu inaktiv. Der einfach oxidierte, kationische Komplex (10)+ jedoch bildet das Produkt quantitativ innerhalb von 24 Stunden bei Raumtemperatur.10c)<figure><img src="https://media.graphcms.com/qOqtmH1xQDqDFFy6Ik8K"><figcaption><label>Abb. 6: </label>Oben: Tolman Electronic Parameter in Abhängigkeit vom Ladungsgrad des Komplexes. Unten: Au-MIC katalysierte Synthese von Dihydrooxazol.</figcaption></figure>
Die katalytische Aktivität lässt sich durch Rückreduktion des Komplexes in seine neutrale Form aus- und durch Oxidation wieder anschalten – das erste Beispiel einer echten redoxschaltbaren Gold(I)-Katalyse.10c) Diese Beobachtung stimmt mit der Idee überein, dass elektronenarme Liganden ein Lewis-azides Gold(I)-Zentrum liefern, das ein guter Katalysator ist. Weder Kupfer- noch Silberadditive sind nötig, damit der Katalysator funktioniert.10b,c)<h2>Anwendungen über die Katalyse hinaus</h2>Außer für Katalyse werden 1,2,3-Triazol-5-ylidene eingesetzt, um Hauptgruppenverbindungen zu stabilisieren, oder für metallfreie Katalysen.11) Außerdem wurden Metallkomplexe solcher Liganden als potenzielle Antikrebsmittel getestet.4)Ein Gebiet, auf dem diese Metallkomplexe herausragen, ist die Photochemie. Der angeregte 3MLCT-Zustand von Komplex (11) hat eine Lebensdauer von Nanosekunden, die 2500-fach größer ist als die des entsprechenden Terpyridin-Komplexes [Ru(terpy)2]2+.12a) Die Lebensdauer des angeregten Zustand von Komplex (12) beträgt einige Mikrosekunden.12b) Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass sich mit MIC die Eigenschaften des angeregten Zustands in Metallkomplexen beeinflussen lassen.Eine Neuigkeit bei MIC-Metallkomplexen sind die photochemischen Eigenschaften der Komplexe (13) und (14).13) Beim Eisen(II)-Komplex (13) hat der angeregte 3MLCT-Zustand eine Lebensdauer von 13 ps, was für einen Eisenkomplex lang ist.13a) Die Lebensdauer des angeregten Zustands vom Eisen(III)-Komplex (14) beträgt sogar 100 ps, die längste je beobachtete Lebensdauer eines Eisenkomplexes.13a,b)Der Komplex (14) photoluminesziert bei Raumtemperatur. Dies resultiert möglicherweise daraus, dass die Emission von einem 2LMCT-Zustand ausgeht, woraus ein spinerlaubter Übergang vom angeregten Zustand in den Grundzustand folgt. Diese Beobachtungen sind beispiellos in der Photochemie von Gruppe-8-Metallkomplexen.<h2>Quergelesen</h2>Die Cycloaddition von Aziden und Alkinen als modulare Syntheseroute macht mesoionische Carbenliganden zugänglich.Die Heteroatomstabiliserung um das Carben-C-Atom ist in MICs geringer als in N-heterocyclischen Carbenen.MICs gehören zu den am stärksten donierenden Carbenen. Um sie als Liganden einzusetzen, wird meist Silber transmetalliert. Die Reaktion ist auch mit Kupfer möglich.<h2>Vitakasten</h2>Sinja Klenk, Jahrgang 1989, ist seit November 2013 Doktorandin im Arbeitskreis von Biprajit Sarkar. Im Rahmen ihrer Promotion befasst sie sich mit der Synthese multinuklearer Komplexe, der Untersuchung der elektronischen Eigenschaften sowie dem Einsatz mesoionischer Gold(I)-Komplexe in der redoxschaltbaren Katalyse.<div><img src="https://media.graphcms.com/KBThYV45Q3e5RvNOZq9z">

</div>Lisa Suntrup, Jahrgang 1989, ist seit 2014 Doktorandin im Arbeitskreis Sarkar und forscht an der Nutzung mesoionischer Carbene als Liganden für Übergangsmetallkomplexe und deren Nutzung in der homogenen (Elektro-)Katalyse.<div><img src="https://media.graphcms.com/qpLPE1zWS6uyF2dpvixU">

</div>Biprajit Sarkar, Jahrgang 1977, ist Professor an der Freien Universität Berlin. Seine Forschungsinteressen sind Synthese und Charakterisierung von funktionellen Metallkomplexen chinoider und mesoionischer Carbenliganden sowie die Erforschung ihrer Anwendungsmöglichkeiten.<div><img src="https://media.graphcms.com/dtx6toy9SzeMWtiHLKBb">

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<ul><h2>Literatur</h2><li>
1 a) P. Mathew, A. Neels, M. Albrecht, J. Am. Chem. Soc. 2008, 130, 13534; b) G. Guisado-Barrios, J. Bouffard, B. Donnadieu, G. Bertrand, Angew. Chem. Int. Ed. 2010, 49, 4759.</li><li>
2 S. Hohloch, W. Frey, C.-Y. Su, B. Sarkar, Dalton Trans. 2013, 42, 11355.</li><li>
3 J. Bouffard, B. K. Keitz, R. Tonner et al., Organometallics 2011, 30, 2617.</li><li>
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5 S. Hohloch, C.-Y. Su, B. Sarkar, Eur. J. Inorg. Chem. 2011, 3067.</li><li>
6 S. Hohloch, L. Suntrup, B. Sarkar, Inorg. Chem. Front. 2016, 3, 67.</li><li>
7 B. T. Worrell, J. A. Malik, V. V. Fokin, Science 2013, 340, 457.</li><li>
8 M. van der Meer, E. Glais, I. Siewert, B. Sarkar, Angew. Chem. Int. Ed. 2015, 54, 13792.</li><li>
9 B. K. Keitz, J. Bouffard, G. Bertrand, R. H. Grubbs, J. Am. Chem. Soc. 2011, 133, 8498.</li><li>
10 a) L. Hettmanczyk, S. Manck, C. Hoyer, S. Hohloch, B. Sarkar, Chem. Commun. 2015, 51, 10949. b) L. Hettmanczyk, L. Suntrup, S. Klenk, C. Hoyer, B. Sarkar, Chem. Eur. J. 2017, 23, 576. c) S. Klenk, S. Rupf, L. Suntrup, M. van der Meer, B. Sarkar, Organometallics 2017, 36, 2026.</li><li>
11 a) M. Arrowsmith, J. Böhnke, H. Braunschweig et al., Chem. Eur. J. 2017, 23, 12210. b) P. Eisenberger, B. P. Bestvater, E. C. Keske, C. M. Crudden, Angew. Chem. Int. Ed. 2015, 54, 2467.</li><li>
12 a) B. Schulze, D. Escudero, C. Friebe et al., Chem. Eur. J. 2011, 17, 5494. b) D. G. Brown, N. Sanguantrakun, B. Schulze, U. S. Schubert, C. P. Berlinguette, J. Am. Chem. Soc. 2012, 134, 12354.</li><li>
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Artikel

Anders als die anderen: mesoionische Carbene

1,2,3-Triazol-5-ylidene sind eine Klasse von mesoionischen Carbenen, die derzeit oft als Liganden rwendet werden. Sie zeigen ungewöhnliche Bindungssituationen und Donoreigenschaften. Metallkomplexe solcher Liganden eignen sich für die homogene Katalyse, ahmen Enzymfunktionen nach und finden Anwen...

Die fundamentale Biochemie der Lebensprozesse, vom genetischen Code bis zur Zusammensetzung der Proteine, ist bei allen Zelllebewesen einheitlich. Verblüffende Unterschiede gibt es hingegen bei der Zusammensetzung der Zellmembran: Sie ist bei Archaebakterien anders als bei anderen Lebensformen. Die Suche nach Gründen führt zum gemeinsamen Vorfahren aller Zellen.
Archaebakterien (Archaeen) fielen zunächst in einer genetischen Untersuchung zur Verwandtschaft der mikrobiellen Arten auf, die der US-amerikanische Mikrobiologe und Evolutionsbiologe Carl Woese (1928 – 2012) an der Universität von Illinois ersonnen hatte. Aufgrund des fehlenden Zellkerns galten Archaeen bis dahin zusammen mit den Bakterien als Prokaryonten. Wie Woeses Ergebnisse allerdings zeigen, unterscheiden sich beide Gruppen voneinander ebenso deutlich wie von den Eukaryonten, die einen Zellkern haben und zu denen alle vielzelligen Lebewesen gehören. Im Jahr 1977 schlug Woese deshalb vor, diese drei Gruppen als fundamentale Domänen des Lebens zu betrachten. Ihr Verwandtschaftsverhältnis zueinander und zu dem gemeinsamen Vorfahren war damals noch offen.Wie wir inzwischen wissen, sind die Eukaryonten aus einer Fusion von Bakterien und Archaeen entstanden.1) Demnach ist die älteste Verzweigung im Stammbaum des Lebens die zwischen Bakterien und Archaeen. Was diese beiden Domänen gemeinsam haben, stammt vermutlich von dem gemeinsamen Vorfahren, einer Mikrobe mit dem Kürzel Luca (last universal cellular ancestor).<h2>Anders verpackt</h2>Archaeen sind ungewöhnlich in ihrer Vorliebe für unwirtliche Lebensräume. Diese erfordern, sich an Hitze, Kälte, pH-Extreme oder hohe Salzgehalte anzupassen (Foto rechts). Ihre ungewöhnliche Lebensweise wurde in den vergangenen vier Jahrzehnten intensiv erforscht, wobei das Archaeenzentrum der Universität Regensburg unter Karl Otto Stetter international führend war. Die deutlichste Abweichung von der Schulbuch-Biochemie ist die Zusammensetzung ihrer Membranen.<figure><img src="https://media.graphcms.com/nfrPZIqJSUan5Ip7LFWO"><figcaption><label>Abb. 1: </label>Der Grand Prismatic Spring im Yellowstone National Park. Die heiße Quelle ist mit 75 mal 91 Metern die größte in den USA. Sie ist etwa 70 °C warm, eine Temperatur, die den dort vorkommenden Archaeen nichts ausmacht. <named-content>Quelle: Wikipedia/Jim Peaco, National Park Service</named-content></figcaption></figure>
Für eine Doppelschichtmembran braucht man eine hydrophobes Kettenmolekül und eine hydrophile Kopfgruppe. Bei Bakterien und Eukaryonten sind die Kettenmoleküle Fettsäuren, und die Kopfgruppen bestehen aus Glycerin-3-Phosphat, das mit den Fettsäuren durch Esterbindungen verknüpft ist.Nichts davon trifft auf Archaeen zu. Hier sind die Kettenmoleküle Alkohole auf Isoprenoidbasis, die dementsprechend eine Etherbindung mit der Glycerinkopfgruppe eingehen. Und diese liegt in einer anderen stereochemischen Form vor, es handelt sich demnach um ein Glycerin-1-Phosphat (Formelschema links).<figure><img src="https://media.graphcms.com/CKdHu6HRySP6zXuGfz9Q"><figcaption><label>Abb. 2: </label>Oben: Archaeenmembran. 1: Isoprenseitenkette, 2: Etherbindung zur l-Glycerinkopfgruppe (3), die eine Phosphatgruppe trägt. Mitte: Bakterien- und Eukaryontenmembran. 5: Fettsäureseitenkette, 6: Esterbindungen zur d-Glycerinkopfgruppe (7) mit Phosphatgruppe (8). Unten: 9: Lipiddoppelschicht in Bakterien, Eukaryonten und den meisten Archaeen, 10: Lipidmonoschicht, die nicht in allen Archaeen vorkommt. <named-content>Quelle: Wikipedia/Franciscosp2</named-content></figcaption></figure>
Dieser Unterschied lässt sich leicht erklären, wenn man bedenkt, dass der Vorläufer in unserem Stoffwechsel, Dihydroxyaceton, symmetrisch ist, aber prochiral. Hängen wir an dieses Molekül ein Phosphat, gibt es nur ein Produkt, denn beide Hydroxylgruppen sind symmetrisch und äquivalent. Doch wenn wir die Ketongruppe reduzieren und mit dem Kettenmolekül verknüpfen, dann kann dieses von der einen oder der anderen Seite kommen. Und wie der Zufall es wollte, wählten die Bakterien den einen Weg und die Archaeen den anderen.Wenn die Wahl der Stereochemie und die des Kettenmoleküls erst nach der Aufspaltung zwischen den beiden Domänen erfolgte, wie sah es dann bei dem gemeinsamen Vorfahren Luca aus? Die auffällige Diskrepanz hat zu Hypothesen inspiriert. Manche glauben, dass Luca gar keine Membran hatte, oder nur eine noch nicht ausgereifte unbestimmter Zusammensetzung. Oder vielleicht eine Mischung der beiden heute noch vertretenen Typen.<h2>Den Vorfahr herstellen</h2>Um zu testen, ob die Urmembran aus beiden heute vorhandenen Typen bestand, haben zwei Arbeitsgruppen aus den Niederlanden eine Variante des Bakteriums Escherichia coli erzeugt. Die Membran dieser Abwandlung von Arnold Driessen an der Universität Groningen und John van der Oost an der Universität Wageningen ist eine Mischung beider Typen.2)Bei einem früheren Versuch hatten die Bakterien nur einen Anteil von etwa einem Prozent an archaeentypischen Membranbausteinen in ihre Membran integriert. Die Autoren steigerten diesen Anteil auf dreißig Prozent. Wie sie feststellten, passen die Bakterien dabei auch die Stereochemie der Glycerinkopfgruppe an die Gepflogenheiten der Archaeen an, nutzen also ebenfalls Glycerin-1-Phosphat als Kopfgruppe. Der Mechanismus dieser unerwarteten Reaktion ist noch zu klären.Zunächst wuchsen die Bakterien mit der gemischten Membran langsamer als der unveränderte Laborstamm, kehrten dann aber zu einer normalen Wachstumsrate zurück. Da Archaeen oft gegen extreme Umweltbedingungen resistent sind, testeten die Forscher auch die Hybridform auf ihre Belastbarkeit: Sie hält Hitze, Frost und 1-Butanol ein wenig besser stand als normale Colibakterien.Die Autoren halten aufgrund ihrer Ergebnisse gemeinsame Vorfahren mit einer gemischten Membran für plausibel. Darüber hinaus hoffen sie , dass sich die stressresistenten Mischmembranen vielleicht in der Biotechnologie als nützlich erweisen – denn dort ist ja oft gewünscht, Fermentationsprozesse etwa mit Hitze oder anderen Extrembedingungen zu kombinieren.<h2>Eine Frage der Energie</h2>Luca war sich also nicht sicher, wie eine Membran aufgebaut sein sollte. Daher ist es verblüffend, dass wir mindestens ein Membranprotein kennen, das sich eindeutig diesem gemeinsamen Vorfahren zuordnen lässt: die ATP-Synthase oder FoF1-ATPase. Diese molekulare Maschine verknüpft den Energiestoffwechsel mit dem Fluss von Ionen durch die Membran. Welchen Nutzen hat dieses Enzym einem Organismus gebracht, der keine ausgereifte Membran besaß?Vor einigen Jahren schlug Nick Lane mit seiner Arbeitsgruppe am University College London eine Erklärung für dieses Paradoxon vor. Solange es keine anderen Ionenkanäle gab, konnte die ATP-Synthase nur dazu dienen, natürliche pH-Gradienten zu nutzen. Diese gibt es etwa in alkalischen Hydrothermalschloten, und zwar an der Grenzfläche zwischen dem austretenden Wasserstrom und dem umgebenden Meerwasser.3)Die Londoner Arbeitsgruppe entwickelte ein Modell, um Energie aus einem solchen natürlichen pH-Gradienten zu gewinnen. Das funktionierte nur, wenn die Membran durchlässig für Wasserstoffionen war. Denkbar wäre, dass ein urzeitlicher Membrantyp nur aus Lipidmolekülen ohne die Glycerinkopfgruppe bestand und Ionen durch einen Richtungswechsel der Kette transportierte. Konkret: Wenn ein Wasserstoffion an die Säuregruppe der Fettsäure bindet, wird diese neutralisiert und wandert leichter durch die hydrophobe Membran. Auf der anderen Seite kann sie das Wasserstoffion wieder abgeben.In Kombination mit ATP-Synthase und einem ausgeprägten pH-Gradienten – auch das zeigen Lane und Mitarbeiter mit ihren Modellrechnungen – liefert ein solcher Mechanismus einer urzeitlichen Zelle Energie.<h2>Gemäßigtere Gefilde</h2>Der nächste Evolutionsschritt nach der ATP-Synthase wäre dann die Entwicklung des Natrium-Proton-Antiporters gewesen, also eines Ionenkanals, der Natrium- und Wasserstoffionen sich in entgegengesetzte Richtung bewegen lässt. Dieser brachte Natriumionen ins Spiel, und Zellen konnten auch schwache pH-Gradienten nutzen und sich in Habitate mit weniger extremen Bedingungen ausbreiten. Nach den Modellrechnungen aus Lanes Labor ermöglichte dieser Fortschritt der Evolution die Aufteilung in die beiden Arten, aus denen die Bakterien und Archaeen hervorgingen.Mit der Entwicklung spezifischer Ionenkanäle war die Durchlässigkeit der Membranen für Wasserstoffionen nicht mehr nützlich. Beide Domänen entwickelten unabhängig voneinander die Versiegelung der Membran mit einer Glycerinkopfgruppe. Zufällig führten diese Lösungen, obwohl einander so ähnlich, zu spiegelbildlichen Ergebnissen.Michael Groß ist freier Wissenschaftsjournalist in Oxford, England. <a href="https://www.michaelgross.co.uk" target="_blank">www.michaelgross.co.uk</a><h2>Quergelesen</h2>Die Doppelschichtmembranen von Bakterien und Eukaryonten bestehen aus Fettsäuren und Glycerin-3-Phosphat, die durch Esterbindungen verknüpft sind.Die Membranen von Archaeen bestehen aus Alkoholen und Glycerin-1-Phosphat, die durch Etherbindungen verknüpft sind.Der Vorfahr von Bakterien und Archaeen hatte vermutlich eine noch nicht ausgereifte Membran, die möglicherweise beiden heutigen Versionen ähnelte.
<ul><h2>Literatur</h2><li>
1 A. Spang, J. H. Saw, S. L. Jørgensen et al., Nature 2015, 521, 173–179.</li><li>
2 A. Caforio, M. F. Siliakus, M. Exterkate et al., Proc. Natl. Acad. Sci. USA 2018, 115, 3704–3709.</li><li>
3 V. Sojo, A. Pomiankowski, N. Lane, PLoS Biol. 2014, 8, e1001926.</li></ul>

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Anders als die anderen: mesoionische Carbene

Donoreigenschaften und Bindungssituation

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