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Was ist eigentlich Aspartam?

Aspartam, das etwa 200mal stärker als Zucker süßt, ist in vielen Lebensmitteln und Getränken (Softdrinks, Milchprodukte, Kaugummi, u.a.m.) als Süßstoff enthalten und in über 90 Ländern als Lebensmittelzusatzstoff (E-Nummer: E951) für den menschlichen Verzehr zugelassen. Viele Menschen nutzen solche Produkte, um ihre tägliche Kalorienzufuhr zu reduzieren. Aspartam ist einer von 11 in der EU zugelassenen Süßstoffen. 

Im Sommer 2023 verursachten verschiedene Meldungen, dass die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC), Aspartam als „möglicherweise krebserregend“ eingestuft hat, große Aufregung. Dazu steht weiter unten im Beitrag mehr.

Struktur von Aspartam

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Abb. 1: Strukturformel von Aspartam (YikrazuulAspartame, Wikimedia Commons, gemeinfrei)

Aspartam ist der generische Name für die chemische Verbindung N-(L-αAspartyl)-L-phenylalanin-methylester. Es ist ein Dipeptid der beiden natürlichen α-Aminosäuren L-Asparaginsäure und L-Phenylalanin [1].

Hinweis auf „Phenylalanin-Quelle“

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Abb. 2: L-Asparaginsäure (NEUROtikerL-Asparaginsäure - L-Aspartic acid, Wikimedia Commons, gemeinfrei)

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Abb. 3: L-Phenylalanin (NEUROtikerL-Phenylalanin - L-Phenylalanine, Wikimedia Commons, gemeinfrei)

Die Substanz wurde 1965 durch Zufall in den USA entdeckt als Forscher an der Synthese des Peptidhormons Gastrin arbeiteten. Gastrin wird im Magen-Darm-Trakt des Menschen gebildet und beeinflusst die Produktion von Magensäure.

Schon lange war bekannt, dass die natürliche lebenswichtige Aminosäure L-Phenylalanin bitter, ihr spiegelbildliches Isomer D-Phenylalanin hingegen süß schmeckt (siehe auch Faszination Chemie: Was sind eigentlich Enantiomere?). Umso überraschender war die starke Süßungskraft von Aspartam.

Beim Abbau im menschlichen Körper wird Aspartam in die beiden Aminosäuren L-Asparaginsäure und L-Phenylalanin aufgespalten, die in vielen proteinhaltigen Nahrungsmitteln natürlich vorkommen (Abb. 2 und 3). Deshalb ist auf den Verpackungen von Lebensmitteln bzw. Getränken, die Aspartam enthalten, der Hinweis „enthält eine Phenylalanin-Quelle“ aufgedruckt. Dies ist wichtig für Menschen, die aufgrund der angeborenen Stoffwechselstörung „Phenylketonurie“ eine Phenylalanin-arme Diät einhalten müssen.

Als weiteres Stoffwechselprodukt entsteht beim Abbau von Aspartam auch Methanol CH3OH, allerdings in sehr geringen, nicht schädlichen Mengen.

Freigabe als Lebensmittelzusatzstoff

Erste Verträglichkeitsstudien von Aspartam, ein weißes Pulver, das in Wasser und vielen organischen Lösungsmitteln nur schwer löslich ist, ergaben widersprüchliche Ergebnisse. Erst 1981 – 16 Jahre nach der Entdeckung der Substanz – hat die amerikanische Food and Drug Administration (FDA) eine Zulassung für Aspartam in den Vereinigten Staaten erteilt. Die Substanz wurde unter dem Namen „NutraSweet®“ vermarktet. Weitere Handelsnamen sind „Candarell®“ und „Equal®“.

In Deutschland wurde Aspartam im Jahr 1990 als Lebensmittelzusatzstoff freigegeben. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat den Süßstoff im Jahr 2013 komplett neu bewertet und seine Verwendung in den erlaubten Mengen als sicher eingestuft. Nach einer Stellungnahme der EFSA vom Juni 2021 wären für eine aktualisierte Bewertung von Aspartam und seinen Kombinationen mit anderen Süßungsmitteln neue, zusätzliche Daten erforderlich.

Ist Aspartam krebserregend?

Im Juli 2023 ging durch die Presse, dass die Internationale Agentur für Krebsforschung (International Agency for Research on Cancer, IARC), eine Einrichtung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) mit Sitz im französischen Lyon, den Süßstoff Aspartam als „möglicherweise krebserregend“ eingestuft hat (s. zum Beispiel [2]).

Die Einstufung erfolgte in die unterste Kategorie 2B, die rund 320 Substanzen (Stand: April 2022) enthält. Darunter befinden sich beispielsweise der Dieselkraftstoff (Schifffahrt), die Mobilfunkstrahlung oder der Aloe-Vera-Extrakt. Für die Substanzen der Kategorie 2B gibt es Anhaltspunkte dafür, dass sie die Auslösung von Krebs fördern könnten, aber keinen wissenschaftlichen Beweis dafür, dass dies wahrscheinlich ist [3].

Das klang trotzdem beunruhigend, weil Aspartam in vielen Lebensmitteln und Getränken enthalten ist.

Unbedenklich in den verwendeten Mengen

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Abb. 4.: Hauptsitz der EFSA im italienischen Parma (Foto: Carlo DaniEFSA Parma HeadquartersCC BY-SA 4.0)

Aber schon kurze Zeit später kam Entwarnung durch Experten und die damit befassten Behörden wie z.B. die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA). Die Fachwelt erwartet, dass die üblichen konsumierten Mengen an Aspartam zu keinen gesundheitlichen Problemen führen und daher die bisherigen gesetzlichen Vorgaben und die bisher geltenden Grenzwerte für den täglichen Konsum nicht geändert werden müssen. In der EU werden 40 Milligramm/Kilogramm Körpergewicht/pro Tag als unbedenklich angesehen.

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Abb. 5: Coca Cola Zero (Foto: Jorge BarriosCoca Cola Zero 02, Wikimedia Commons, gemeinfrei)

Im Allgemeinen sind bei Aspartam-haltigen Produkte keine Mengen angegeben. Coca Cola Schweiz aber hat für seine Produkte „Coca-Cola zero®“ und „Coca-Cola light®“ einen Aspartamgehalt von etwa 130 Milligramm pro Liter angegeben [4]. In anderen europäischen Ländern dürften die Mengen ähnlich sein.

Die erlaubte Tagesdosis (ADI-Wert = Acceptabke Daily Intake) liegt bei 40 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht. Dann könnte ein 60 kg schwerer Mensch rund 18 Liter gefahrlos trinken, dies entspricht 54 Dosen á 0,33 L, ehe er an die empfohlene Höchstmenge stößt. Ein 80 kg schwerer Mensch könnte schon 24 Liter, also 72 Dosen Cola trinken. Solche Mengen schafft man gar nicht zu trinken. Analoge Berechnungen lassen sich auch für Aspartam-haltige Lebensmittel durchführen.

Einen Beitrag darüber, warum man bei solchen Stoffen zwischen der Gefahr und dem Risiko unterscheiden muss, findet sich hier auf Faszinationchemie.de

Es gibt also beim üblichen Genuss Aspartam-haltiger Produkte keine konkreten Belege für ein erhöhtes Krebsrisiko. In den derzeit akzeptierten und von der Industrie eingesetzten Mengen sind Aspartam und seine Stoffwechselprodukte für den menschlichen Verzehr sicher. Man muss somit nicht auf diesen Süßstoff verzichten, jedoch ist – wie in vielen anderen Bereichen des täglichen Lebens – Zurückhaltung sinnvoll und geboten.


Der Beitrag wurde vom Arbeitskreis Öffentlichkeitsarbeit der Seniorexperten Chemie, einer Fachgruppe der Gesellschaft Deutscher Chemiker, erstellt. 

Autor: Prof. Dr. Eberhard Ehlers (bearbeitet durch kjs, Redaktion FaszinationChemie)

Quellen

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Aspartam

[2] https://www.sueddeutsche.de/gesundheit/gesundheit-aspartam-und-krebsrisiko-was-ist-ueber-den-suessstoff-bekannt-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-230714-99-397147

[3] https://en.wikipedia.org/wiki/IARC_group_2B

[4] https://www.coca-cola.com/ch/de/about-us/faq/wie-viel-aspartam-steckt-in-cocacola-produkten-und-welche-wirkun


In unserer Rubrik „Chemie überall“ geht es um chemische Verbindungen oder chemische Verfahren, die wir im Alltag nutzen oder um Substanzen, die immer mal wieder in den Schlagzeilen sind. Die Beiträge in leicht verständlicher Form sind von Chemikerinnen und Chemikern geschrieben. Alle Beiträge der Reihe: https://faszinationchemie.de/chemie-ueberall

Titelbild: Monika Wisniewska/stock.adobe

Dieser Artikel erschien zuerst auf faszinationchemie.de.

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